Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juni 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 254/99
(BPatG: Beschluss v. 15.06.2000, Az.: 25 W (pat) 254/99)
Tenor
Die Beschwerden der Widersprechenden werden zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Bezeichnung ZARTRA ist unter der Nummer 395 12 536 als Marke für "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel" in das Markenregister eingetragen worden.
Widerspruch erhoben haben die Inhaberinnen der beiden älteren Marken, nämlich der seit dem 9. September 1964 für "pharmazeutische Präparate" eingetragenen Marke 793 866 ANTRA und der seit dem 20. August 1993 unter anderem für "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel " eingetragenen Marke 2 042 965 ASTRA.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts die Benutzung der Widerspruchsmarke ANTRA bestritten. Nach Vorlage von Benutzungsunterlagen hat sie erklärt, daß sie die Benutzungseinrede in bezug auf ein "Präparat gegen Magen-/Darmerkrankungen" nicht aufrechterhalte. Eine über diesen zugestandenen Warenbereich hinausgehende Benutzung hat die Widersprechende nicht geltend gemacht. Im Beschwerdeverfahren hat die Inhaberin der angegriffenen Marke schließlich auch die Benutzung der Widerspruchsmarke ASTRA bestritten.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr in Bezug auf beide Widerspruchsmarken verneint und die Widersprüche zurückgewiesen. Im Hinblick auf jeweils mögliche Warenidentität sei zunächst ein strenger Maßstab an die Beurteilung des Ähnlichkeitsbereichs der Marken geboten. Dieser sei in Anbetracht der gesteigerten Aufmerksamkeit auch bei den Laien zu mindern. Obwohl die jeweils gegenüberstehenden Bezeichnungen in der Silbenzahl, in der Vokalfolge und in der Wortendung "tra" übereinstimmten, bestehe allenfalls eine mittlere klangliche Ähnlichkeit. Angesichts der deutlichen klanglichen Abweichungen an den Wortanfängen lasse sich die Verwechslungsgefahr zwischen den jeweils kollidierenden Marken noch sicher ausschließen. Auch aus anderen Gesichtspunkten bestehe keine Verwechslungsgefahr.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Widersprechenden, die übereinstimmend beantragen, die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Sie führen im wesentlichen gleichlautend aus, daß im Hinblick auf mögliche Warenidentität strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen seien, die in klanglicher Hinsicht nicht erfüllt seien. Die Markenwörter stimmten bei fast gleicher Wortlänge in der Vokalfolge, der Silbenzahl und in der Endung "tra" überein. Die Unterschiede in der Anfangssilben kämen im Hinblick auf die Vokalübereinstimmung wenig zum Tragen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.
Auch wenn angesichts möglicher Warenidentität jeweils strenge Anforderungen an den Markenabstand gestellt würden, bestehe zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr. Die Übereinstimmung der Marken in der Endung "TRA" reiche nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen, zumal es in der Warenklasse 5 eine erhebliche Anzahl von Marken mit der Endung "TRA" gebe, so daß der Verkehr seine Aufmerksamkeit verstärkt den Anfangssilben schenken werde. Die Anfangsbestandteile würden sich trotz des übereinstimmenden Vokals "A" auffällig voneinander abheben. Außerdem werde sich bei der angegriffenen Marke die Assoziation zu dem Wort "zart" einstellen, was die Unterscheidung der Marken zusätzlich erleichtere.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluß der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden der beiden Widersprechenden sind zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG.
In der Sache haben die Beschwerden jedoch keinen Erfolg. Die nach § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG erhobenen Widersprüche sind von der Markenstelle zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen worden. Es besteht auch nach Auffassung des Senats zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Benutzungsfragen können dahinstehen, da schon nach der Registerlage keine Verwechslungsgefahr besteht.
Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarken aus, da entgegenstehende Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind.
Die Ähnlichkeit der Vergleichsmarken ist nach Auffassung des Senats in keiner Richtung derart ausgeprägt, daß unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und der Warenlage die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zu bejahen wäre. Auch wenn Warenidentität angenommen wird und breite Verkehrskreise uneingeschränkt berücksichtigt und deshalb strenge Anforderungen an den Markenabstand gestellt werden, wird die jüngere Marke diesen Anforderungen gegenüber beiden Widerspruchsmarken gerecht.
In klanglicher Hinsicht stimmen die relativ kurzen und leicht erfaßbaren Vergleichsmarken "ZARTRA" und "ANTRA" bzw "ZARTRA" und "ASTRA" zwar bei gleicher Silbenzahl, ähnlichem Sprechrhythmus und gleicher Vokalfolge in der Schlußsilbe "tra" überein. Demgegenüber unterscheiden sie sich aber in den Wortanfängen markant, was um so stärker ins Gewichts fällt, weil der Verkehr Wortanfänge erfahrungsgemäß stärker zu beachten pflegt als nachfolgende Wortteile (so ständige Rechtsprechung, vgl hierzu zB BGH GRUR 1995, 50 ff, 53 - Indorektal/Indohexal) und deshalb hier sogar weniger starke Abweichungen eher wahrnimmt als im Wortinnern. Die angegriffene Marke beginnt mit dem klangstarken konsonantischen Laut "Z", der in den Widerspruchsmarken keine Entsprechung findet. Entgegen der Auffassung der Widersprechende wird dieser Unterschied auch durch die Vokalübereinstimmung im Vokallaut "A" nicht in einer die Verwechslungsgefahr begründenden Weise überlagert. Darüber hinaus unterscheiden sich die Vergleichsbezeichnungen auch im weiteren konsonantischen Laut der Anfangssilbe, nämlich "R" gegenüber "N" bzw "R" gegenüber "S" nicht nur unerheblich, was nach Auffassung des Senats zu markant unterschiedlichen Anfangssilben und insgesamt noch zu einem deutlich unterschiedlichen Gesamteindruck der jeweils zu vergleichenden Bezeichnungen führt.
Auch in schriftbildlicher Hinsicht heben sich die relativ kurzen und übersichtlichen Vergleichsmarken in allen verkehrsüblichen Wiedergabeformen durch die Abweichungen an den regelmäßig stärker beachteten Wortanfängen ausreichend voneinander ab, was von der Widersprechenden wohl auch so gesehen wird, da die Beschwerden nur mit der klanglichen Nähe der Marken begründet worden sind. Angesichts der Kürze der Markenwörter wirkt sich im übrigen der "Mehrbuchstabe" bei der angegriffenen Marke erkennbar unterschiedlich auf die Wortlänge der zu vergleichenden Bezeichnungen aus.
Angesichts der klaren Unterschiede der Vergleichsbezeichnungen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht kann dahinstehen, ob Bedeutungsanklänge innerhalb der Markenwörter verwechslungsmindernd wirken.
Nach alledem konnten die Beschwerden der Widersprechenden keinen Erfolg haben.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.
Kliems Brandt Knoll Pü
BPatG:
Beschluss v. 15.06.2000
Az: 25 W (pat) 254/99
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