Landgericht Bonn:
Beschluss vom 16. März 2015
Aktenzeichen: 37 T 171/15
(LG Bonn: Beschluss v. 16.03.2015, Az.: 37 T 171/15)
Tenor
Die Beschwerde vom 12.02.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EUR wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2012 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers.
Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 28.11.2014, zugestellt am 04.12.2014, angedroht.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin Einspruch nicht eingelegt. Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 06.02.2015 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt.
Gegen die ihr am 10.02.2015 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 13.02.2015 Beschwerde eingelegt.
Mit der Beschwerdeführerin bekannt gemachter Entscheidung vom 26.02.2015 hat das Bundesamt für Justiz der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
1.
Durch Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuches vom 04.10.2013 (BGBl. I, S. 3746) sind u.a. die für das Verfahren relevanten §§ 264, 335, 335a Abs. 1, 2 und 4 HGB geändert worden. Gemäß der Übergangsregelung des Art. 70 Abs. 1 und 3 EGHGB sind die Neuregelungen jedoch auf das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht anwendbar, da es sich auf einen Jahresabschluss mit Abschlussstichtag vor dem 31.12.2012 bezieht. Anzuwenden sind somit die bis zum 27.12.2012 geltenden alten Fassungen (a.F.).
2.
Die gemäß § 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 4 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Bundesamt für Justiz hat das Ordnungsgeld, das sich ausschließlich gegen die Gesellschaft, nicht gegen die Geschäftsführung richtet und auch keine Nachschussverpflichtung der Gesellschafter begründet, zu Recht festgesetzt. Die Beschwerdeführerin hat die Frist zur Einreichung des Jahresabschlusses per 01.12.2011 bis 30.11.2012 beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers nach § 325 Abs. 1 S. 2 HGB versäumt; der Jahresabschluss ist bis zum heutigen Tage nicht veröffentlicht worden.
Das Gesetz erachtet die Frist in § 325 Abs. 1 S. 2 HGB generell als ausreichend für die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht. Der Umstand, dass der Festsetzung des Ordnungsgelds nach § 335 Abs. 1 HGB eine Fristsetzung nach § 335 Abs. 3 S. 1 HGB vorauszugehen hat, ändert nichts daran, dass die gesetzliche Frist nach § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB versäumt ist.
Die ordnungsgeldbewehrte Offenlegungspflicht unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie ist im Hinblick auf die Haftungsbeschränkungen von Kaptalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften ohne Vollhafter insbesondere zum Gläubigerschutz und zur Gewährleistung der Markttransparenz geeignet, erforderlich und verhältnismäßig; das gilt auch für kleine Kapitalgesellschaften, für die die offen zu legenden Jahresabschlussunterlagen beschränkt sind. Andere Auskunfts- und Schutzmöglichkeiten (Kreditauskunft, Einsicht in Geschäftsunterlagen durch die finanzierende Bank, Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzverwaltung oder der Berufsgenossenschaft, Eigentumsvorbehalt, dingliche Sicherheit, Bürgschaft) ersetzen die Offenlegung der Jahresabschlussunterlagen nicht. Da auch kein Zwang zum Betrieb eines Handelsgeschäfts in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bzw. Personenhandelsgesellschaft ohne Vollhafter besteht und diese sich auf die Offenlegungspflicht einrichten kann, ist die ordnungsgeldbewehrte Offenlegungspflicht verhältnismäßig (vgl. BVerfG vom 11.03.2009, Az. 1 BvR 3413/08, NJW 2009, 2588; vom 10.09.2009, Az.: 1 BVR 1636/09, vom 01.02.2011, Az.: 2 BvR 1236/10; veröffentlicht unter www.bundesverfassungsgericht.de; ebenso schon LG Bonn, Beschl. v. 30.06.2008 - 11 T 48/07, veröffentlicht unter www.nrwe.de). Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.03.2009 (1 BvR 3413/08) knüpft die Verhängung des Ordnungsgeldes in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise an die Versäumung der für die Offenlegung von Jahresabschlüssen geltenden Frist des § 325 Abs. 1 Satz 2 HGB und der in § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB bestimmten Nachfrist an und dient unter anderem dem Zweck der Sanktionierung des Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht (vgl. auch 1 BvR 956/11, Beschl. v. 18.04.2011; 1 BvR 874/11, Beschl. v. 18.04.2011; 1 BvR 822/11, Beschl. v. 13.04.2011; 1 BvR 555/11, Beschl. v. 24.03.2011; 1 BvR 488/11, Beschl. v. 24.03.2011; 1 BvR 441/11, Beschl. v. 16.03.2011; 1 BvR 412/11, Beschl. v. 16.03.2011; 2 BvR 1236/10, Beschl. v. 01.02.2011; 1 BvR 1636/09, Beschl. v. 11.03.2009; 1 BvR 3413/08, Beschl. v. 11.03.2009; 1 BvR 3582/08, Beschl. v. 11.02.2009, sämtl. unter www.bundesverfassungegericht.de). Im Einklang hiermit nennt § 335 Abs. 1 Satz 1 HGB als Grund für die Verhängung des Ordnungsgelds ausdrücklich den - zurückliegenden - Verstoß gegen die Offenlegungspflicht nach §§ 325, 325a HGB (BVerfG, Beschl. v. 11.03.2009 -1 BvR 3413/08 -, II. 2. lit. a) bb)).
Auch verletzt die Anwendung von § 325 HGB im Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB weder die Berufsausübungsfreiheit der offenlegungspflichtigen Gesellschaft nach Art. 12 Abs. 1 GG noch ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG. Mögliche Eingriffe in diese Grundrechte sind durch die mit der Offenlegung der in § 325 Abs. 1 HGB bezeichneten Rechnungslegungsunterlagen verfolgten, in erheblichem Allgemeininteresse liegenden Zwecke eines effektiven Schutzes des Wirtschaftsverkehrs durch Information der Marktteilnehmer und einer Kontrollmöglichkeit der betroffenen Gesellschaften vor dem Hintergrund deren nur beschränkter Haftung jedenfalls gerechtfertigt (BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 01.02.2011 - 2 BvR 1236/10 -, BB 2011, 1136 f.; BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 - 1 BvR 1636/09 -, juris).
Das Bundesverfassungsgericht hat in der vorzitierten Entscheidung vom 11.03.2009 - 1 BvR 3582/08 -. NJW 2009, 2588f. = ZIP 2009, 2094 f.) hierzu unter anderem ausgeführt:
..."§ 335 kann vertretbar dahin verstanden werden, dass die Festsetzung eines Ordnungsgelds allein an die Versäumung der für eine Offenlegung von Jahresabschlüssen geltenden Frist des § 325 Abs. 1 Satz 2 HGB und der in § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB bestimmten Nachfrist anknüpft, mithin auch dann gerechtfertigt ist, wenn die Offenlegung zwar verspätet, aber noch vor der Festsetzung erfolgt ist.
Der Wortlaut der Vorschrift legt bereits nahe, dass § 335 HGB in solchen Fällen zum Zweck einer Sanktionierung des Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht anwendbar ist. Der in ihrer amtlichen Überschrift und dem Normtext verwendete Begriff des Ordnungsgelds bezeichnet - anders als der des Zwangsgelds - eine nichtstrafrechtliche Sanktion für eine begangene Zuwiderhandlung (vgl. Art. 5, Art. 6 Abs. 1 EGStGB). Im Einklang hiermit nennt § 335 Abs. 1 Satz 1 HGB als Grund für die Verhängung des Ordnungsgelds ausdrücklich den - zurückliegenden - Verstoß gegen die Offenlegungspflichten nach §§ 325, 325a HGB. § 335 Abs. 3 Satz 4 HGB knüpft die Festsetzung allein an den fruchtlosen Ablauf der gesetzten Nachfrist. Für die Möglichkeit einer Ordnungsgeldfestsetzung auch noch nach - wenngleich verfristeter - Vorlage des Jahresabschlusses spricht ferner § 335 Abs. 3 Satz 5 HGB, wonach im Fall geringfügiger Fristüberschreitung eine Herabsetzung des Ordnungsgelds erfolgen kann. Diese Bestimmung ist auch nicht zwingend allein auf den Fall eines bereits festgesetzten Ordnungsgelds zu beziehen, sondern kann dahin verstanden werden, dass bei nachträglicher Offenlegung von der in der Androhung nach § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB genannten Höhe des Ordnungsgelds abgewichen werden darf.
Die Verweisung in § 335 Abs. 2 HGB auf die Verfahrensvorschriften der §§ 132 ff. FGG, die Zwangsmittel betreffen, steht der in den Ausgangsentscheidungen vorgenommenen Auslegung nicht entgegen; denn die Vorschriften des FGG sind nur für entsprechend anwendbar erklärt worden. Würde es sich bei dem von § 335 HGB vorgesehenen Ordnungsgeld um ein bloßes Beugemittel handeln, hätte ihre unmittelbare Geltung angeordnet werden können (vgl. § 335 Satz 1 HGB a.F.). Die Beibehaltung der Überschrift des Gesetzesabschnitts mit "Straf- und Bußgeldvorschriften, Zwangsgelder" trotz Wegfalls der die Verhängung von Zwangsgeld betreffenden Regelungen in § 335 HGB a.F. mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. November 2006 (BGBl I S. 2553) lässt die Auslegung des Bundesamts und des Landgerichts gleichfalls nicht als unvertretbar erscheinen. Da auch in den Gesetzesmaterialien als Zweck der geänderten Vorschrift die "Sanktionierung von Offenlegungsverstößen" genannt wird (Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, BTDrucks 16/2781, S. 82), erscheint die unterbliebene Angleichung der Überschrift des Unterabschnitts lediglich als ein Redaktionsversehen bei Neuregelung der Vorschriften."...
Mit der Verabschiedung des EHUG (Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister v. 11.10.2006 BGBl. I 2006, Nr. 52 v. 15.11.2006 S. 2553) ist EU-Richtlinien Rechnung getragen worden.
Die Erste Richtlinie 68/151/EWG (ABl. Nr. L 065, S. 8) sieht in Art. 2 (1) f) vor, dass sich die Pflicht zur Offenlegung hinsichtlich der Gesellschaften (namentlich AG und GmbH) auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung für jedes Geschäftsjahr zu erstrecken hat. Der EuGH hat bestätigt, dass diese Regelung uneingeschränkt umzusetzen und der Jahresabschluss offenzulegen ist (Rs C - 97/96, NZG 1998, 116, 117 Tz. 13 - 16 = ZIP 1998, 215 m. Anm. Schulze-Osterloh ZIP 1997, 2157, Leible ZHR 162 (1998), 594, Schön JZ 1999, 194, Crezelius ZGR 1999, 252, Hirte NJW 1999, 36 und EuGH ZIP1998, 1716 m Anm. Schulze-Osterloh (Schlussanträge Cosmas ZIP 1997, 1330). Er hat festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen verstoßen hat, dass sie keine geeigneten Sanktionen bezüglich der Einhaltung von Art. 2 (1) f) der Ersten Richtlinie 68/151/EWG getroffen hatte (Rs C-191/95, NZG 1998, 902 = ZIP 1998, 1716 mit Anm. Schulze-Osterloh; vgl. auch Baumbach/Hopt-Merkt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 335 Rn. 1).
Die Pflicht zur elektronischen Veröffentlichung von Unterlagen zur Rechnungslegung besteht seit dem 01.01.2007 durch die Slim IV-Richtlinie (Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003) europaweit, so dass diese auch in den meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten (online) recherchiert werden können.
Die Fristsetzung nach § 335 Abs. 3 S. 1 HGB gibt der Kapitalgesellschaft sowie der Personenhandelsgesellschaft ohne Vollhafter lediglich die Möglichkeit, einer Festsetzung des Ordnungsgeldes zu entgehen. Die Nachfrist dient nicht dazu, den Jahresabschluss jetzt erst aufzustellen (vgl. LG Bonn, Beschl. v. 25.10.2012 - 32 T 892/12, BeckRS 2013, 18601; LG Bonn, Beschl. v. 13.01.2015 - 37 T 542/14 -; Beschl. v. 14.01.2015 - 37 T 603/14 -, ständige Rspr.; Kaufmann/Kurpat MDR 2014, 1,3.) Eine Herabsetzung des Ordnungsgelds ist nur für den Fall vorgesehen, dass die Frist des § 335 Abs. 3 S. 1 HGB geringfügig überschritten wird. Daraus ergibt sich, dass die Sechswochenfrist nicht etwa die Frist des § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB außer Kraft setzt. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob ein Jahresabschluss innerhalb der Sechswochenfrist erstellt werden kann. Die Frage, ob die Gesellschaft ein Verschulden trifft, ist maßgeblich auf die Einhaltung der Frist des § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB zu beziehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft im Einspruchsverfahren die Unterlassung der Einreichung rechtfertigen kann (§ 335 Abs. 3 S. 1 aE HGB). Das zeigt zwar, dass es nach der Konzeption des Gesetzes Gründe geben kann, die die Unterlassung bis zum Ende der Frist des § 335 Abs. 3 S. 1 HGB rechtfertigen können. Das ändert aber nichts daran, dass die Unterlassung im Verstoß gegen § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB liegt. Deshalb muss es bei der Bewertung des Verhaltens der Gesellschaft in erster Linie auf die Umstände ankommen, die zur Versäumung dieser Frist geführt haben.
Dabei reicht eine fahrlässige Fristversäumnis im Rahmen des § 335 HGB aus; § 10 OWiG findet insoweit keine Anwendung. Das Unterlassen der Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses ist (anders als die in § 334 HGB genannten Fälle) keine Ordnungswidrigkeit. Es wird demgemäß auch nicht durch eine Strafe oder ein Bußgeld sondern durch ein Ordnungsgeld geahndet. Dieses ist sowohl Beugemittel als auch repressive, (nur) strafähnliche Sanktion (s.o.). Auch dem Gesetzgebungsverfahren lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber nur vorsätzliches Handeln durch ein Ordnungsgeld geahndet sehen wollte. Ebenso wie bei dem Ordnungsgeld des § 890 ZPO reicht damit Fahrlässigkeit aus (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 890, Rz. 5 m.w.N. sowie OLG Köln, Beschluss vom 28.08.2000, GmbHR 2000, 1104; LG Bonn, Beschl. v. 22.07.2008 - 30 T 39/08 - sowie LG Bonn, Beschl. v. 14.11.2011 - 12 T 395/11 -; Waßmer, zisonline 2011, 647 [654 f.]).
Nach den angeführten Grundsätzen war die Nichteinhaltung der Einreichungsfrist mangels relevant entgegen stehenden Vorbringens der Beschwerdeführerin verschuldet. Die Beschwerdeführerin trifft insoweit auch im Rahmen eines der Amtsermittlung unterliegenden Verfahrens eine sekundäre Darlegungslast (vgl. LG Bonn, Beschl. v. 21.03.2011 - 35 T 1620/10, BB 2011, 1456; Kaufmann/Kurpat, MDR 2014, 1, 3). Es obliegt also zunächst der Beschwerdeführerin darzulegen, aufgrund welcher Umstände die Fristen nicht eingehalten wurden (vgl. auch LG Bonn, Beschl. v. 04.04.2012 - 35 T 1306/11). Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften ohne Vollhafter haben sich auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen einzustellen. Die Folgen der Nichterfüllung sind ihnen bekannt bzw. müssen ihnen bekannt sein; sie ergeben sich aus dem Gesetz. Die Beschwerdeführerin hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die gesetzliche Frist des § 325 Abs. 1 S. 2 HGB eingehalten wurde.
Soweit eingewandt wird, dass die Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin, die Firma J GmbH (HRB ..., AG C) aufgrund des über das Firmenvermögen eröffneten Insolvenzverfahrens in Auflösung sei, hat dies auf die Offenlegungspflicht für die Beschwerdeführerin keinen Einfluss.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 25.10.2010 - II ZR 115/09, ZIP 2010, 2446 ff.) hat die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach § 394 Abs. 1 FamFG zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines Rechtsstreits zu sein. Die Gesellschaft ist materiellrechtlich nicht mehr existent (BFG, Urt. v. 05.04.1979 - II ZR 73/78, BGHZ 47, 212; Urt. v. 29.09.1981 - VI ZR 21/80, ZIP 1981, 1268; Urt. v. 28.03.1996 - I ZR 11/94, NJW-RR 1996, 805 [806]; Scholz/K. Schmidt/Bitter, GmbHG, 10. Aufl., § 60 Rn. 57; Casper in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 60 Rn. 93 ff.; krit. Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 50 Rn. 44 ff.), es sei denn, es bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass bei der (erloschenen) Gesellschaft noch Vermögenswerte vorhanden sind (vgl. BGH, Urt. v. 04.06.1957 - VIII ZR 68/56, WM 1957, 975; BAG GmbHR 2003, 1009 [1010]). Mit dem Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafters wurde die Kommanditgesellschaft aufgelöst, da sie mangels Eintritts eines neuen Komplementärs nicht als werbende KG fortgeführt werden konnte (vgl. BayObLG BB 2000, 1211; BGH, BGHZ 8, 35 [37 f.]; Baumbach/Hopt-Roth, HGB, 36. Aufl. 2014, § 131 Rn. 5). Mit ihrer Auflösung scheidet die KG allerdings nicht grundsätzlich aus dem Geschäftsverkehr aus, sondern besteht mit allen Rechten und Pflichten fort (vgl. BGH, BGHZ 84, 379 [381]). /381). Mit der Vollbeendigung der Gesellschaft ist damit nicht zugleich die Firma (als Liquidationsgesellschaft) erloschen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschwerdeführerin selbst ihre Liquidation betreibt (die Auflösung ist im Handelsregister bislang nicht eingetragen). Auch in der Liquidation besteht gem. § 71 GmbHG eine Verpflichtung zur Erstellung einer handelsrechtlichen Bilanz fort (vgl. LG Bonn, Beschluss vom 28.07.2008, Az. 30 T 52/08). Nach § 71 Abs. 3 GmbHG und § 270 Abs. 3 AktG kann im Fall der Liquidation unter Umständen zwar von der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts durch einen Abschlussprüfer befreit werden. Daraus folgt im Umkehrschluss aber auch, dass der Jahresabschluss selbst trotz Liquidation der Kapitalgesellschaft aufzustellen und dann auch einzureichen ist. Innerhalb des Liquidationsverfahrens sind neben dem letzten Abschluss der werbenden Gesellschaft und der Liquidations-Eröffnungsbilanz einschließlich erläuterndem Bericht sowie der Liquidations-Schlussbilanz auch regelmäßige Liquidations-Jahresabschlüsse der in der Liquidation befindlichen Gesellschaft offenzulegen (§ 71 GmbHG, § 270 Abs. 1 AktG). Grundsätzlich endet nach der Gesetzeslage mit der Eröffnung des Liquidationsverfahrens das Geschäftsjahr der bisher werbenden Gesellschaft und es beginnt für das nunmehr in Liquidation befindliche Unternehmen ein neues Geschäftsjahr.
Gleiches gilt für die Beschwerdeführerin als GmbH & Co. KG, die über § 264a HGB den für Kapitalgesellschaften geltenden Publizitätspflichten der §§ 325 ff. HGB unterstellt ist (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, Anhang nach § 177a Rdnr. 51; Henze, in: Ebenroth/Boujong/Jost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, Anhang nach § 177a Rdnr. 167). Die über § 161 Abs. 2 HGB anwendbare Vorschrift des § 154 HGB steht dem nicht entgegen, da diese Norm lediglich die interne, der Vorbereitung der Vermögensverteilung dienende Rechnungslegungspflicht der Liquidatoren trifft (vgl. K. Schmidt, in: MünchKommHGB, 2. Aufl. 2006, § 154 Rdnr. 8 ff.; ders. in: Scholz, GmbHG, 8. Aufl. 1995, § 71 Rdnr. 37 jew. m.w.Nachw. z. Streitstand). Hiervon ist indes die sich aus dem Fortbestand der KG als Abwicklungsgesellschaft im Liquidationsstadium erklärende handelsrechtliche Pflicht zur externen Rechnungs- und Offenlegung der Jahresabschlüsse zu unterscheiden, die hierdurch nicht berührt wird (Hillmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 154 Rdnr. 5f.; Henze, ebenda, Anhang nach § 177a Rdnr. 227; K. Schmidt, a.a.O., § 154 Rdnr. 14; ders. in: Scholz, a.a.O., § 71 Rdnr. 37).
Es ist somit ein Jahresabschluss für das Rumpfgeschäftsjahr bis zur beschlossenen Auflösung der Gesellschaft (maßgeblicher Abschlussstichtag: der Tag vor Auflösung der Gesellschaft), eine Liquidationseröffnungsbilanz zum Stichtag der Auflösung sowie ein Jahresabschluss für das Geschäftsjahr in der Liquidationsphase zu erstellen und offenzulegen (erste Liquidationsjahresbilanz und weitere Liquidationsjahresbilanzen im Anschluss).
Anderes würde nur dann gelten, wenn die Beschwerdeführerin aus dem Handelsregister gelöscht worden wäre. Dies ist jedoch nach dem aktuellen Auszug aus dem elektronischen Handelsregister vom heutigen Tage nicht der Fall.
Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG - 1 BvR 3413/08 -, a.a.O., II. 2. lit. a) cc)). Sie hält sich im untersten Bereich des Rahmens des § 335 Abs. 1 S. 4 HGB (2.500 - 25.000 €). Das Ordnungsgeld soll auch zukünftigen pflichtwidrigen Verhaltens vorbeugen, deshalb muss es für den Betroffenen spürbar sein. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Ordnungsgeld sowohl um ein Beugemittel als auch um eine repressive, strafähnliche Sanktion handelt, die der Vermeidung künftiger Fristversäumnisse dient und einen vorausgegangenen Fristverstoß ahnden soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.03.2009 - BvR 3413/08 -, www.bundesverfassungsgericht.de; LG Bonn, Beschl. v. 30.06.2008 - 11 T 48/07 -; Beschl. v. 19.05.2009 - 31 T 343/09, jeweils veröffentlicht in NRWE; LG Bonn NZI 2008, 503, 504 f.; Stollenwerk/Krieg, GmbHR 2008, 575, 589,; vgl. auch Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum KapCoRiLiG, BT-Drucks. 14/2353, S. 30 und Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages BT-Drucks. 16/2781, S. 82 f.).
Soweit für die Beschwerdeführerin mit Rücksicht auf die beschlossene Liquidation finanzielle Schwierigkeiten bestehen, mag sie sich mit der Vollstreckungsstelle des Bundesamtes für Justiz in Verbindung setzen, um ggf. eine Stundung oder die Gewährung einer Ratenzahlung zu erreichen. Weitere Informationen sind insoweit unter Tel.: +49 228 99410-6504 bzw. www.bundesjustizamt.de/vollstreckung erhältlich.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 7 HGB).
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 335a Abs. 3 S. 1, 2 HGB, Art. 70 Abs. 3 S. 2 EGHGB, § 70 Abs. 1, Abs. 2 FamFG).
Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EUR.
LG Bonn:
Beschluss v. 16.03.2015
Az: 37 T 171/15
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