Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juli 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 26/01

(BPatG: Beschluss v. 17.07.2001, Az.: 24 W (pat) 26/01)

Tenor

1. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Widersprechenden auferlegt.

Gründe

I Die farbige Wort-Bild-Marke 397 16 323 siehe Abb. 1 ist eingetragen worden für die folgenden Dienstleistungen:

"Pflegedienstleistungen für alte, kranke und behinderte Personen, Altenpflege, Altenkrankenpflege, Krankenpflege, Behindertenpflege, Dienstleistungen eines Alten und/oder Krankenpflegers, Haushaltshilfe, Körperpflege, Vornahme von Einreibungen, Reichung von Nahrung, Vornahme von Injektionen, insbesondere bei Insulinpflicht, Reichung von Medikamenten, Anlegen und Wechseln von Verbänden, Durchführung von Gesundheitsprophylaxen, Durchführung von Mobilisationen, Begleitung von Geh-, Seh- oder sonstige behinderten Personen, Dienstleistungen von Ambulanzkliniken, Durchführung von Massagen, physiotherapeutischen Behandlungen, Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit, Vermittlung von Unterkünften in Alten-, Senioren- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Übernahme von Vormundschaften und Betreuungen; Gepäckträgerdienste, Krankentransporte, Behindertentransporte, Beförderung von Passagieren, Reisebegleitung, Vermittlung von Reisen".

Die Eintragung dieser Marke wurde am 10. September 1997 veröffentlicht.

Dagegen ist Widerspruch eingelegt worden aus der farbigen Wort-Bild-Marke 2 019 870 siehe Abb. 2 Diese Marke ist seit dem 2. September 1992 für die folgenden Dienstleistungen in dem Register eingetragen:

"Ambulante Pflegedienstleistungen für Alte und Kranke, insbesondere Grundpflege in Form von Krankenbeobachtungen, Körperpflege, Hilfe bei der Nahrungsaufnahme, Tag- und Nachtwache, Lagern und Umbetten bei Inkontinenz, Behandlungspflege in Form von medizinischpflegerischer Betreuung und Versorgung, betreuungspflegerischer Leistungen und hauswirtschaftliche Versorgung."

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 1998 hat die Markeninhaberin im patentamtlichen Verfahren die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Mit Beschluß vom 23. August 1999 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, daß zwischen den konkurrierenden Marken keine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bestehe. Die Markenstelle hat diesen Beschluß im wesentlichen damit begründet, daß sich die Vergleichsmarken nicht verwechselbar nahe kämen. Dabei ist die Markenstelle auf den Umstand, daß die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hatte, insoweit eingegangen, als sie am Ende des Beschlusses festgestellt hat:

"... Die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke kann daher dahingestellt bleiben."

Zusammen mit diesem Beschluß wurde der Widersprechenden der Schriftsatz der Markeninhaberin vom 4. Mai 1998 zugestellt.

Gegen den Beschluß der Markenstelle richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. August 1999 aufzuheben und die angegriffene Marke 397 16 323 wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 019 870 zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Im Beschwerdeverfahren hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 12. Januar 2000 in vollem Umfang auf ihren Schriftsatz vom 4. Mai 1998 Bezug genommen. Der Widersprechenden ist dieser Schriftsatz der Markeninhaberin vom 12. Januar 2000 am 18. Januar 2000 zugestellt worden.

Der Senat hat auf Antrag der Widersprechenden Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17. Juli 2001 anberaumt. Die Widersprechende hat diesen Termin nicht wahrgenommen, sondern um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet, weil die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht gem § 43 Abs 1 iVm § 26 MarkenG glaubhaft gemacht hat, obwohl die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise gem § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG bestritten hat. Die Widerspruchsmarke war im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke länger als fünf Jahre in dem Register eingetragen. Daher hat die Markeninhaberin mit Erklärung im Schriftsatz vom 4. Mai 1998, wonach sie die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hat, in zulässiger Weise beide Einreden nach § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG geltend gemacht (vgl BGH GRUR 1998, 938 "DRAGON"; bestätigt ua durch BGH GRUR 99, 995 "HONKA").

Mit der zulässigen Erhebung der Nichtbenutzungseinrede entstand für die Widersprechende die Obliegenheit, Art und Umfang der Benutzung der Widerspruchsmarke in den einschlägigen Benutzungszeiträumen darzutun und glaubhaft zu machen. Die Widersprechende hat jedoch bis zur mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2001 keine Unterlagen für die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke eingereicht. Sie hat auch sonst nichts zu diesem Punkt vorgetragen.

Der Senat war nicht dazu gehalten, die Widersprechende gem § 82 Abs 1 Satz 1 iVm §§ 139, 278 ZPO auf ihre Verpflichtung nach § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG zur Glaubhaftmachung der Benutzung hinzuweisen. Zwar obliegt dem Gericht nach § 139 Abs 1 ZPO die Pflicht, auf die Beibringung der zur Rechtsfindung notwendigen Tatsachen und Beweismittel hinzuwirken (vgl Greger in Zöller ZPO, 22. Aufl 2001, § 139 Rdn 2). Diese Fürsorgepflicht findet jedoch im Gebot der Unparteilichkeit des Gerichts seine Grenze, wenn - wie hier - entsprechende Hinweise an eine Partei deren prozessuale Situation verbessern und gleichzeitig die der anderen Partei verschlechtern können (vgl BPatG GRUR 2000, 900 ff "Neuro-Vibolex"; Thomas-Putzo, 22. Aufl 1999, § 139 Rdn 1; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl 2000, § 43 Rdn 38).

Nachdem die Widersprechende auf die insoweit zulässige Einrede der Markeninhaberin gem § § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat, ist ihr Widerspruch gem § 43 Abs 1 Satz 3, Abs 2 Satz 2 MarkenG erfolglos und die Beschwerde bereits aus diesen Grunde zurückzuweisen.

Bei dieser Sachlage entspricht es der Billigkeit, der Widersprechenden gem § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren nicht einmal den Versuch unternommen, die von der Markeninhaberin zulässigerweise bestrittene Benutzung glaubhaft zu machen. Dabei hat die Widersprechende sowohl den Schriftsatz der Markeninhaberin vom 4. Mai 1998 erhalten, worin diese eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zum ersten Mal bestritten hatte, als auch den weiteren Schriftsatz der Markeninhaberin vom 12. Januar 2000, worin diese auf ihren früheren Schriftsatz vom 4. Mai 1998 in vollem Umfang Bezug genommen hat. Außerdem war auch in dem angefochtenen Beschluß darauf hingewiesen worden, daß die Frage nach der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke möglicherweise streitig war. Bei dieser Sach- und Rechtslage war für die Widersprechende von vornherein erkennbar, daß eine Durchführung des Beschwerdeverfahrens für sie nur dann Aussicht auf Erfolg haben könnte, wenn sie die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft machen würde. Indem sie zu diesem Punkt während des ganzen Beschwerdeverfahrens und auch in der auf ihren Antrag anberaumten mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2001 nichts vorgetragen hat, hat die Widersprechende das Beschwerdeverfahren in einer Weise betrieben, die von vornherein keine Erfolgsaussicht hatte (vgl BPatG GRUR 1996, 981, 982 "ESTAVITAL"; Althammer/Ströbele, aaO, § 71 Rdn 22).

Dr. Ströbele Dr. Schmitt Werner Bb/prö

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/24W(pat)26-01.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/24W(pat)26-01.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 17.07.2001
Az: 24 W (pat) 26/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/87010bd162f4/BPatG_Beschluss_vom_17-Juli-2001_Az_24-W-pat-26-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share