Bundesgerichtshof:
Urteil vom 16. März 2005
Aktenzeichen: VIII ZR 25/04
(BGH: Urteil v. 16.03.2005, Az.: VIII ZR 25/04)
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. Dezember 2003 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 2. Februar 2004 aufgehoben und das Urteil der 3.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 4.
Dezember 2002 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. Mai 2003 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 578.568,84 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 116.654,62 € seit dem 22. Juli 2000, aus weiteren 335.995,90 € seit dem 26. August 2000 und aus weiteren 40.386,45 € seit dem 5. April 2001 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den von ihr in der Siedlungsabfalldeponie zu S. aus Deponiegas erzeugten Strom bis zu einer Leistung von 2,25 Megawatt gemäß dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien abzunehmen und zu vergüten.
Im übrigen werden die Klage abgewiesen und die Rechtsmittel zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten ihrer Streithelferin, die diese selbst zu tragen hat.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH, die unter anderem in S. bei Berlin eine Deponie für Siedlungsabfälle betreibt. Ihre Gesellschafter sind seit Juni 1993 mit je einem hälftigen Geschäftsanteil die Länder Berlin und Brandenburg. Zu der Deponie S. gehört eine Sonderabfallverbrennungsanlage (SAV). Am 22. September/1. Oktober 1993 schloß die Klägerin mit der Beklagten, der Betreiberin des regionalen Stromnetzes, einen Einspeisevertrag über die Lieferung der in der SAV S. mit einer Leistung von rund 1 Megawatt erzeugten elektrischen Energie. Nach § 4 des Vertrages wird die gelieferte Energie gemäß dem in der Anlage befindlichen Preisblatt vergütet. Nach § 5 gilt der Vertrag zunächst bis zum 31. Dezember 1993 und dann jeweils ein Jahr weiter, wenn er nicht jeweils drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Im Jahr 1997 nahm die Klägerin in der Abfalldeponie S. ein neues Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Verstromung von Deponiegas in Betrieb. Am 6./12. Februar 1997 vereinbarten die Parteien einen Nachtrag zu dem Einspeisevertrag vom 22. September/1. Oktober 1993, wonach die Klägerin der Beklagten bei im übrigen gleichen Bedingungen nunmehr aus ihren beiden Anlagen elektrische Energie mit einer Leistung von maximal 2,25 Megawatt liefert. Dabei waren sich die Parteien darüber einig, daß die aus dem BHKW in das Netz der Beklagten eingespeiste Leistung in der im Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz - StrEG) vorgesehenen Höhe vergütet werden sollte. Die Klägerin erstellte in der Folgezeit entsprechende Rechnungen, die von der Beklagten beglichen wurden.
Im Juli 2000 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien. Die Beklagte vertrat die Ansicht, die Klägerin könne für den Strom aus dem BHKW S. keine Vergütung nach dem inzwischen an die Stelle des Stromeinspeisungsgesetzes getretenen Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) verlangen, da der Strom gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG von dem Gesetz nicht erfaßt werde. Mit Schreiben vom 29. September 2000 kündigte die Beklagte den Einspeisevertrag zum 31. Dezember 2000. Zugleich bot sie der Klägerin den Abschluß eines neuen Vertrages zu geänderten Bedingungen an. Die Klägerin widersprach der Kündigung wegen Versäumung der Kündigungsfrist, da ihr das Kündigungsschreiben erst am 4. Oktober 2000 zugegangen sei. Mit Schreiben vom 11. April 2001 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Einspeisevertrages. Erneut bot sie der Klägerin die Vergütung des aus dem BHKW in ihr Netz eingespeisten Stroms zu marktüblichen Preisen an.
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Beklagte für den dieser in der Zeit von April 2000 bis einschließlich März 2001 aus dem BHKW S. gelieferten Strom auf Zahlung des Unterschiedsbetrages zwischen der von der Beklagten gezahlten marktüblichen Vergütung und der sich aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ergebenden Vergütung in Anspruch genommen. Im einzelnen hat sie nach näherer Berechnung Zahlung von 578.568,84 € (1.131.582,31 DM) nebst Verzugszinsen begehrt. Ferner hat die Klägerin die Feststellung beantragt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr den in der Abfalldeponie S. aus Deponiegas erzeugten Strom bis zu einer Menge (gemeint: Leistung) von 2,25 Megawatt gemäß dem ErneuerbareEnergien-Gesetz abzunehmen und zu vergüten. Die Beklagte hat der V.
AG (V. ) den Streit verkündet, die ihrerseits der H.
AG und der B. AG & Co. KG den Streit verkündet hat. Letztere ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Die Parteien haben insbesondere darüber gestritten, ob die Kündigung der Beklagten vom 29. September 2000 fristgemäß erfolgt ist und ob der Strom aus dem BHKW S. gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG von diesem Gesetz nicht erfaßt wird. Insoweit hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG gelte wie schon die in § 1 Nr. 2 StrEG nach der hierzu gegebenen Gesetzesbegründung nur für Wasserkraftwerke. Weiter haben die Parteien darüber gestritten, ob § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG gegebenenfalls gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt und ob sich die Klägerin hierauf berufen kann. Die Beklagte hat hilfsweise mit einer Forderung auf Rückzahlung überhöhter Vergütung für Stromeinspeisung aus dem BHKW in der Zeit von Januar 1998 bis einschließlich März 2000 in näher berechneter Höhe von 722.580,06 € (1.413.243,75 DM) aufgerechnet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der -vom Berufungsgericht zugelassenen -Revision, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Feststellungsklage sei unbegründet. Der im BHKW aus Deponiegas produzierte Strom unterfalle zwar den nach § 2 Abs. 1 EEG förderungsfähigen Energien. Da das BHKW jedoch zu über 25% den beiden Bundesländern Berlin und Brandenburg gehöre, finde das Erneuerbare-Energien-Gesetz nach seinem § 2 Abs. 2 Nr. 2 keine Anwendung. Der klare Wortlaut dieser Vorschrift differenziere nicht nach Anlagetypen, sondern stelle auf die Person des Betreibers ab. Die Auslegung durch die Klägerin widerspreche dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe die erneuerbaren Energien fördern wollen. Das sei ohne die gesetzliche Festschreibung einer nach Marktverhältnissen überhöhten Vergütung nicht möglich gewesen. Einer solchen Förderung hätten finanzstarke Betreiber von Energieerzeugungsanlagen wie Bund und Länder nicht bedurft. Aus den von der Klägerin angeführten Gesetzesmaterialien zu der Ausnahmeregelung in § 1 Nr. 2 StrEG ergebe sich nichts anderes. Danach habe der Gesetzgeber insoweit insbesondere an bereits errichtete Wasserkraftwerke gedacht, deren Weiterbetrieb beziehungsweise Ausbau ihm in finanzieller Hinsicht gesichert erschienen sei. Dies erkläre sich vor dem Hintergrund, daß Wasserkraftwerke 1990 nahezu die einzigen Erzeuger erneuerbarer Energien gewesen seien. Andere Erzeugungsanlagen hätten daher nicht angeführt werden können. Ein Versehen des Gesetzgebers bei der Fassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG sei auszuschließen, da er die Vorschrift trotz mehrerer Gesetzesnovellen unverändert gelassen habe. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG bestünden nicht. Dabei könne dahinstehen, ob die Klägerin Trägerin von Grundrechten sei und sich auf deren Verletzung berufen könne. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG sei nicht ersichtlich. Bund und Länder einerseits sowie Kommunen und Privatpersonen andererseits seien nicht gleich im Sinne des Art. 3 GG.
Auch die Leistungsklage sei unbegründet. Bei Abschluß der Nachtragsvereinbarung seien sich die Parteien darüber einig gewesen, daß die sich aus dem Stromeinspeisungsgesetz ergebende Vergütung zu zahlen sei. Es könne dahinstehen, ob diese Vereinbarung mit dem Außerkrafttreten des Stromeinspeisungsgesetzes und dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum 1. April 2000 automatisch hinfällig geworden sei. Es könne auch die Wirksamkeit der Kündigung des Vertragsverhältnisses dahinstehen. Die Beklagte könne dem Zahlungsverlangen der Klägerin jedenfalls einen Anspruch auf Vertragsanpassung nach den Regeln der Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) entgegenhalten. Danach sei ein Kündigungsrecht ausgeschlossen, wenn eine Vertragsanpassung möglich und den Parteien zumutbar sei. Das sei vorliegend der Fall. Beide Parteien hätten angenommen, der von der Klägerin produzierte Strom unterfalle dem Stromeinspeisungsgesetz beziehungsweise dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Grund dafür sei die unrichtige Interpretation des Gesetzes gewesen, wonach in § 1 Nr. 2 StrEG nur Wasserkraftwerke des Bundes und der Länder gemeint seien. Die Änderung der Geschäftsgrundlage führe zu einer Vertragsanpassung mit der Folge, daß die Beklagte der Klägerin ab dem 1. April 2000 nur noch die marktübliche Vergütung habe zahlen müssen.
II.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung des Unterschiedsbetrages zwischen der von der Beklagten gezahlten marktüblichen Vergütung und der sich aus dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz -EEG) vom 29. März 2000 (BGBl. I S. 305) -in der hier noch anwendbaren ersten Fassung -ergebenden Vergütung für den in der Zeit von April 2000 bis einschließlich März 2001 aus dem BHKW S. gelieferten Strom in der unstreitigen Höhe von 578.568,84 € (1.131.582,31 DM) zu Unrecht verneint.
a) Es kann dahingestellt bleiben, ob sich dieser Anspruch aus dem Einspeisevertrag der Parteien vom 22. September/1. Oktober 1993 in Verbindung mit der Nachtragsvereinbarung vom 6./12. Februar 1997 ergibt. Er steht der Klägerin jedenfalls aus den §§ 3, 4 EEG zu. Der Anspruch aus §§ 3, 4 EEG kann unabhängig vom Abschluß eines Einspeisevertrages unmittelbar eingeklagt werden (Senatsurteil BGHZ 155, 141, 159 ff.).
aa) Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind hier gegeben. Als Betreiberin eines Netzes zur allgemeinen Versorgung ist die Beklagte nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EEG verpflichtet, Strom aus den in § 2 Abs. 1 Satz 1 EEG aufgeführten erneuerbaren Energien abzunehmen und nach §§ 4 ff. EEG zu vergüten. Um solchen Strom handelt es sich bei dem Strom aus dem BHKW S.
. Nach der unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts wird er aus Deponiegas gewonnen. Darüber, daß das Netz der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 EEG zur Aufnahme des Stroms technisch geeignet ist und die kürzeste Entfernung zum Standort des BHKW S. aufweist, besteht zwischen den Parteien kein Streit. Die Höhe der Vergütung für Strom aus Deponiegas ergibt sich aus § 4 EEG. Der danach gegebene Vergütungsanspruch aus §§ 3, 4 EEG steht der Anlagenbetreiberin, mithin der Klägerin, zu (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 2003 -VIII ZR 161/02, ZNER 2003, 234 unter B I 1).
bb) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Anwendung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und damit auch dessen §§ 3 und 4 hier gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift wird nicht erfaßt Strom aus Anlagen, die zu über 25% der Bundesrepublik Deutschland oder einem Land gehören. Das trifft auf das BHKW S. nicht zu. Dieses gehört entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht den Ländern Berlin und Brandenburg, sondern der Klägerin.
(1)
Das BHKW steht im Eigentum der Klägerin, deren Geschäftsanteile zu je 50% von den Ländern Berlin und Brandenburg gehalten werden. Dies hat das Landgericht in seinem erstinstanzlichen Urteil unangegriffen festgestellt, und hiervon gehen auch die Revision und die Revisionserwiderung aus.
(2)
Die Parteien streiten darüber, ob die Beteiligung an der Gesellschaft, die Eigentümerin der Anlage ist, den Begriff "gehören" im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG erfüllt. Für die Beantwortung dieser Frage kann dahingestellt bleiben, ob der Begriff "gehören" im Hinblick darauf, daß es sich bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG um einen Ausnahmetatbestand von der Abnahmeund Vergütungspflicht nach § 3 EEG handelt, eng oder, weil die Abnahmeund Vergütungspflicht nach § 3 EEG einen Eingriff in die Vertragsfreiheit darstellt, weit auszulegen ist, wie einerseits die Revision und andererseits die Revisionserwiderung geltend machen. Ferner bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob der Begriff "gehören" neben der rechtlichen Zuordnung zu einem Rechtsträger auch ein Betreiben der Anlage durch diesen voraussetzt (vgl. Salje, Stromeinspeisungsgesetz, 1. Aufl., § 1 Rdnr. 88). Unabhängig davon gehört im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG eine Anlage nicht einem Land, wenn sie -wie hier -im Eigentum eines selbständigen Unternehmens steht, an dem das Land beteiligt ist. Das folgt aus der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG.
(a)
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist gemäß Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien sowie zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes und des Mineralölsteuergesetzes vom 29. März 2000 (aaO) mit Wirkung vom 1. April 2000 an die Stelle des Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz -StrEG) vom 7. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2633), zuletzt geändert durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 730), getreten. Das Stromeinspeisungsgesetz enthält in § 1 Satz 2 Nr. 2 eine Ausnahmebestimmung, wonach nicht erfaßt wird "Strom aus Anlagen, die zu 25 vom Hundert der Bundesrepublik Deutschland, einem Bundesland, öffentlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmen oder Unternehmen gehören, die mit ihnen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes verbunden sind, es sei denn, daß aus diesen Anlagen nicht in ein Versorgungsgebiet dieser Unternehmen eingespeist werden kann". Diese Vorschrift unterscheidet vier Fälle, nämlich daß die Anlage dem Bund, einem Land, einem öffentlichen Energieversorgungsunternehmenoder einem Unternehmen, das mit dem Bund, dem Land oder dem öffentlichen Energieversorgungsunternehmen ("ihnen") im Sinne des § 15 AktG verbunden ist, gehört. Danach ist die hier in Rede stehende Beteiligung eines Landes (beziehungsweise des Bundes oder eines öffentlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmens) an dem Unternehmen, das Eigentümer der Stromerzeugungsanlage ist, in dem letzten Fall der Bestimmung besonders geregelt (Salje, aaO, § 1 Rdnr. 90 und Rdnr. 111; Herrmann, Anwendungsprobleme des Stromeinspeisungsgesetzes, S. 95 f.). Im Sinne des § 15 AktG verbunden sind unter anderem rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen nach § 16 AktG sind. Unternehmen sind insoweit auch der Bund und ein Land, wenn sie sich -wie hier die Länder Berlin und Brandenburg -an einem Unternehmen privater Rechtsform beteiligen (vgl. BGHZ 69, 334, 338 ff.; 135, 107, 113 f.). Wird somit die Beteiligung eines Landes (beziehungsweise des Bundes oder eines öffentlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmens) an dem Unternehmen, das Eigentümer der Stromerzeugungsanlage ist, in dem letzten Fall des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG besonders geregelt, ist es ausgeschlossen, daß derselbe Sachverhalt bereits von dem zweiten (beziehungsweise ersten oder dritten) Fall der Vorschrift erfaßt wird. Ansonsten hätte der letzte Fall keinen eigenständigen Regelungsgehalt. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Der zweite Fall beschränkt sich demgemäß (ebenso wie der erste und der dritte Fall) darauf, daß die Anlage einem Land (beziehungsweise dem Bund oder einem öffentlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmen) unmittelbar gehört.
Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes. Dort wird der letzte Fall des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG nicht gesondert erwähnt (BT-Drucks. 11/7816 S. 4 und BT-Drucks. 11/7971 S. 5, jeweils Einzelbegründung zu § 1). Zutreffend wird der Gesetzeszweck darin gesehen, es zu verhindern, daß sich Bund, Länder und öffentliche Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die wegen ihrer finanziellen Leistungskraft beziehungsweise wegen der Möglichkeit zur Abwälzung der Kosten auf die Stromabnehmer einer Förderung nicht bedürfen, dem Ausschluß von der Förderung entziehen, indem sie ihre Tätigkeit auf ein rechtlich selbständiges Unternehmen verlagern (Salje, aaO, Rdnr. 91). Demgemäß wird auch nach dem Gesetzeszweck die hier in Rede stehende Beteiligung eines Landes an dem Unternehmen, das Eigentümer der Stromerzeugungsanlage ist, nicht bereits von dem zweiten Fall, sondern erst von dem letzten Fall des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG erfaßt.
(b)
In das Erneuerbare-Energien-Gesetz sollten nach dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zunächst alle vier Ausnahmefälle des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG übernommen werden; lediglich die Gegenausnahme ("es sei denn ...") sollte inhaltlich geändert werden (BT-Drucks. 14/2341 S. 3, § 1 Abs. 2 Nr. 2). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens sind jedoch gemäß der Beschlußempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie (BT-Drucks. 14/2776 S. 3) allein die ersten beiden Ausnahmefälle des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG erhalten geblieben, so daß insoweit nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG nur noch Strom nicht erfaßt wird "aus Anlagen, die zu über 25% der Bundesrepublik Deutschland oder einem Bundesland gehören". In der Gesetzesbegründung (aaO S. 21) heißt es dazu, aus Gründen der Gleichbehandlung würden nunmehr auch Anlagen von Stromproduzenten, die bislang ausgeschlossen gewesen seien, in den Anwendungsbereich des Gesetzes aufgenommen. Danach ist es der erklärte Wille des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich des Gesetzes auf die letzten beiden Ausnahmefälle des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG zu erweitern. Das schließt es aus, die hier in Rede stehende, bislang in dem letzten Fall des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG geregelte Beteiligung eines Landes an dem Unternehmen, das Eigentümer der Stromerzeugungsanlage ist, nunmehr unter dem in § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG übernommenen zweiten Fall einzuordnen (vgl. Schönrock, Infrastruktur-Recht 2004, 64, 65; nicht eindeutig Salje, Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 97-99).
(c)
Das wird durch die weitere Entwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bestätigt. Nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren-Energien im Strombereich vom 18. November 2003 (veröffentlicht im Dokumentationsund Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge) sollten die bisherigen Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Gesetzes in § 2 vollständig entfallen. Gemäß § 21 Abs. 1 des Entwurfs sollten jedoch für Strom aus Anlagen, die bis zum Tag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommen waren, unter anderem die "bisherigen Vorschriften über Anlagen, die zu über 25% der Bundesrepublik Deutschland oder einem Land gehören", mit bestimmten Maßgaben weiter anzuwenden sein. Dazu hieß es in der Einzelbegründung, wie bislang sei das Merkmal des "Gehörens" eng auszulegen und auf die unmittelbare zivilrechtliche Eigentümerstellung des Bundes oder eines Landes an der Anlage beschränkt. Dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechend bestehe damit auch weiterhin für Strom, der in Anlagen von Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts erzeugt werde, ein Vergütungsanspruch nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2000. Gleiches gelte nach dem Willen des Gesetzgebers für Körperschaften des Privatrechts, selbst wenn die Anteile vollständig im Eigentum des Bundes oder eines Landes stünden. Insoweit ist der Entwurf zwar nicht in das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1918) eingegangen. Die vorgeschlagene Begründung zu § 21 des Gesetzentwurfs zeigt jedoch, daß auch nach Ansicht der an der Entstehung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes maßgeblich beteiligten Bundesregierung der hier in Rede stehende Fall der Beteiligung eines Landes an dem Unternehmen, das Eigentümer der Stromerzeugungsanlage ist, von § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG nicht erfaßt wird.
(d) Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob der von der Revision vertretenen Auffassung gefolgt werden könnte, Anlagen im Sinne des § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG und des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG seien ausschließlich Wasserkraftwerke, da nur diese in der Gesetzesbegründung zu § 1 StrEG (BT-Drucks. 11/7816 S. 4 und BT-Drucks. 11/7971 S. 5) aufgeführt seien. Ferner kann offen bleiben, ob entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EEG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt und sich die Beklagte hierauf berufen kann.
b) Die Hilfsaufrechnung der Beklagten gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin aus §§ 3, 4 EEG greift nicht durch. Der Beklagten steht der zur Aufrechnung gestellte Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung angeblich überhöhter Vergütung für Stromeinspeisung aus dem BHKW S. in der Zeit von Januar 1998 bis einschließlich März 2000 nicht zu. Die Beklagte hat die Vergütung nicht ohne rechtlichen Grund geleistet. Dieser ergibt sich unabhängig von dem Einspeisevertrag der Parteien vom 22. September/1. Oktober 1993 und der Nachtragsvereinbarung vom 6./12. Februar 1997 bereits aus §§ 2 und 3 des seinerzeit noch geltenden Stromeinspeisungsgesetzes.
Nach § 2 StrEG sind die Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien, darunter gemäß § 1 Satz 1 StrEG auch Deponiegas, abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 3 zu vergüten. Diese Voraussetzungen sind hier nach dem unstreitigen Sachverhalt gegeben. Die Anwendung des Stromeinspeisungsgesetzes ist nicht nach § 1 Satz 2 Nr. 2 StrEG ausgeschlossen. Nach dem oben (unter II 1 a bb (2) (a)) Ausgeführten handelt es sich bei dem BHKW S. zwar um eine Anlage, die zu über 25% einem Unternehmen (der Klägerin) gehört, das mit einem Land (den Ländern Berlin und Brandenburg) im Sinne des § 15 AktG verbunden ist. Es greift jedoch die Gegenausnahme ("es sei denn ...") ein, wonach Strom aus einer solchen Anlage nicht erfaßt wird, wenn aus ihr nicht in ein Versorgungsgebiet des betreffenden Unternehmens eingespeist werden kann. So ist es hier. Die Klägerin hat als Betreiberin von Abfalldeponien kein eigenes Versorgungsgebiet, in dem sie den von ihr erzeugten Strom absetzen kann, sondern liefert diesen Strom an die Beklagte, die ihrerseits das regionale Versorgungsnetz betreibt.
2.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auch die von der Klägerin beantragte Feststellung abgelehnt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr den in der Abfalldeponie S. aus Deponiegas erzeugten Strom bis zu einer Leistung von 2,25 Megawatt gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz abzunehmen und zu vergüten. Dieser Anspruch ergibt sich gemäß den obigen Ausführungen (unter II 1 a) aus §§ 3, 4 EEG.
3.
Der von der Klägerin neben dem Zahlungsanspruch geltend gemachte Zinsanspruch ist dem Grunde nach aus §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 BGB (gemäß Art. 229 § 5 EGBGB in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung) gegeben. Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 2000, 16. August 2000 und 27. März 2001 gemahnt und zum 21. Juli 2000, 25. August 2000 beziehungsweise 4. April 2001 zur Zahlung der jeweils insgesamt rückständigen Stromvergütung aufgefordert. Der Höhe nach ist der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch allerdings insoweit teilweise unbegründet, als die Klägerin nicht berücksichtigt hat, daß in den mit den beiden letzten Schreiben angemahnten Rückständen die bereits zuvor angemahnten Beträge enthalten sind.
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil, das die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückweist, keinen Bestand haben. Der Rechtstreit ist -auch bezüglich der von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderung -zur Endentscheidung reif, da es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben, und der Klage ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils mit geringfügigen Abstrichen an der Zinsforderung stattzugeben (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Dr. Deppert Ball Dr. Leimert Wiechers Dr. Wolst
BGH:
Urteil v. 16.03.2005
Az: VIII ZR 25/04
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