Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 14. Februar 2008
Aktenzeichen: 1 K 4447/06

(VG Köln: Urteil v. 14.02.2008, Az.: 1 K 4447/06)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beigeladene zu 1) betreibt im Internet unter der Domain einen Auskunftsdienst für inländische Telefonnummern. Die Beigeladene zu 2) bietet vergleichbare Auskunftsdienste für telefonische Nachfragen unter den Rufnummern 00000 und 00000 sowie für SMS unter der Rufnummer 00000 an.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der E. C. bzw. der C. -U. und Eigentümerin der von dieser errichteten Telekommunikationsnetze. Sie vergibt an Endnutzer Telefonnummern und betreibt einen bundesweiten telefonischen Auskunftsdienst, der unter der Rufnummer 00000 Auskünfte über inländische Telefonnummern erteilt. Über ihre Tochtergesellschaft E1. -GmbH gibt sie zusammen mit einer Vielzahl regionaler Telefonbuchverlage Teilnehmerverzeichnisse in Printmedien heraus und betreibt zudem einen Internetauskunftsdienst.

Die hierfür notwendige Datenverwaltung der Klägerin ist so organisiert, dass zunächst die Daten ihrer eigenen Teilnehmer mit sämtlichen zur Abwicklung des Geschäftsverhältnisses erforderlichen Informationen in ihrer Kundendatenbank ANDI (Anmeldedienst) erfasst werden. Der für die Übernahme in ein Teilnehmerverzeichnis bestimmte Teil dieser Daten wird in eine gesonderte Teilnehmerdatenbank DaRed (Datenredaktion) eingespeist, von der aus Daten für Zwecke der Veröffentlichung in eigenen und auch in fremden Teilnehmerverzeichnissen und Auskunftsdiensten zur Verfügung gestellt werden. In die Datenbank DaRed werden nicht nur Daten eigener Kunden der Klägerin, sondern über eine technische Schnittstelle auch Daten von Kunden anderer Unternehmen, die Rufnummern vergeben und mit denen die Klägerin einen entsprechenden Vertrag geschlossen hat, eingespeist (sog. Carrierdaten).

Die genannten Daten werden in einem „öffentlichen" Unterverzeichnis von DaRed geführt, sofern weder der betroffene Teilnehmer noch ein etwaig datenliefernder Dritter Anbieter einer Veröffentlichung der Daten in Verzeichnissen dritter Anbieter widersprochen haben. Die Daten aus diesem „öffentlichen" Unterverzeichnis werden dritten Anbietern zur Veröffentlichung in ihren Auskunftdiensten zur Verfügung gestellt. Aus dem gleichen Verzeichnis werden auch die Auskunftdienste der Klägerin versorgt. Letztere erhalten darüber hinaus aber auch Daten aus einem „nichtöffentlichen" Unterverzeichnis von DaRed. Hierbei handelt es sich zum einen um Daten, die der betroffene Teilnehmer oder sein datenliefernder dritter Anbieter ausdrücklich allein von der Klägerin beauskunftet wissen will, zum anderen um sog. Exklusivdaten, die nicht anlässlich der Beauftragung des Teilnehmeranschlusses erhoben werden, sondern vom Auskunftsdienst der Klägerin 00000 selbst recherchiert worden sind (eigenrecherchierte Daten) oder die von den mit der E1. -GmbH verbundenen Verlagen unabhängig vom Teilnehmernetzbetrieb beschafft und der Klägerin zur Verfügung gestellt worden sind (Verlegerdaten). Die Beigeladenen verwenden für ihre Auskunfteien Daten, die ihnen von der Klägerin aus ihrer Datenbank DaRed gegen Zahlung eines Entgeltes zur Verfügung gestellt werden. Rechtsgrundlage hierfür sind jeweils gleichlautende Verträge, die die Beigeladene zu 2) im August 2004 und die Beigeladene zu 1) im März 2005 mit der Klägerin abgeschlossen haben. In § 1 der jeweiligen (Standard-)Verträge regeln diese die Überlassung der bei der Sparte U1. der Klägerin verfügbaren Teilnehmerdaten. Für die Überlassung von Teilnehmerdaten anderer Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit gilt die Vereinbarung nur insoweit, als diese anderen Anbieter einer Weitergabe der Datensätze ihrer Kunden durch die U1. zugestimmt oder nicht widersprochen haben.

Im Dezember 2005 machten die Beigeladenen gegenüber der Klägerin geltend, dass nach ihren Feststellungen verschiedene unter den Auskunftsdiensten der Klägerin erhältliche Teilnehmerdatensätze ihnen nicht übermittelt worden seien und deshalb über ihre eigenen Auskunftsdienste nicht hätten zur Verfügung gestellt werden können. Die Klägerin teilte den Beigeladenen daraufhin unter dem 04. Januar 2006 mit, dass es sich bei keinem der genannten Datensätze um herauszugebende Standardkundendatensätze gehandelt habe. Mit Schreiben vom 09. Januar 2006 bat die Beigeladene zu 1) verschiedene andere Netzbetreiber um Übermittlung ihrer Teilnehmerdaten zur Aufnahme in ihre Auskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse, die indes überwiegend eine Überlassung ihrer Teilnehmerdaten mit Rücksicht darauf ablehnten, dass eine solche bereits an die Klägerin erfolgt sei.

Am 20. Februar 2006 beantragten die Beigeladenen daraufhin beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Anordnung (Az.: 84 O 14/06), mit im Wesentlichen dem Ziel, die Klägerin zur Überlassung ihres gesamten für eine Veröffentlichung zugelassenen Teilnehmerdatenbestandes an die Beigeladenen zu verpflichten. Diesen Antrag nahmen sie in der Folgezeit zurück. Ein parallel hierzu auf Veranlassung der Beigeladenen eingeleitetes Bußgeldverfahren wurde von der Bundesagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) mit der Begründung eingestellt, schwierige Rechtsfragen zum Umfang telekommunikationsrechtlicher Pflichten seien nicht im Bußgeldverfahren zu klären.

Mit Schreiben vom 08. Mai 2006 (eingegangen am 11. Mai 2006), beantragten die Beigeladenen bei der Bundesnetzagentur die Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens nach § 47 Abs.3 iVm § 133 TKG, mit dem Begehren, die Klägerin zu verpflichten, einmalig ihren gesamten vorhandenen, für eine Veröffentlichung in einem telefonischen Auskunftsdienst zugelassenen Teilnehmerdatenbestand zur Verfügung zu stellen und arbeitstäglich den Zugriff auf ein jeweils am vorangegangenen Arbeitstag erstelltes Update von sämtlichen der Klägerin zur Verfügung stehenden Teilnehmerdaten zum Download zu ermöglichen bzw. mittels einer über ISDN-Leitung anwählbaren Website zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung führten die Beigeladenen u.a. aus, die Klägerin enthalte ihnen gezielt Daten gewerblicher Telefonteilnehmer vor, indem sie ursprünglich in der Datenbank vorhandene Standardeinträge eines Teilnehmers lösche, sobald dieser einen Auftrag für einen werblichen Eintrag in ein Telefonverzeichnis erteile. Die Beigeladenen hätten gegen die Klägerin gemäß § 47 Abs. 1 und 2 TKG einen Anspruch auf Herausgabe aller bei ihr vorhandenen Teilnehmerdaten, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft. Der Herausgabeanspruch umfasse auch die der Klägerin übermittelten Teilnehmerdaten dritter Carrier und die von der Klägerin so bezeichneten eigenrecherchierten Daten und Verlegerdaten (Exklusivdaten). Auch sei unbeachtlich, wenn ein Teilnehmer die Veröffentlichung seiner Daten auf bestimmte Telefonverzeichnisse und Auskunftsdienste beschränken wolle, da mit der Veröffentlichung der Daten in einem Auskunftsmedium der Tatbestand des § 47 Abs. 2 S. 1 TKG erfüllt und damit der Herausgabeanspruch dritter Anbieter entstanden sei.

Die Klägerin machte u.a. geltend, sie sei nach § 47 TKG weder zur Herausgabe der Exklusivdaten noch der ihr übermittelten Teilnehmerdaten dritter Carrier verpflichtet. Letzteres, weil sich die in § 47 TKG geregelte Verpflichtung nur auf Teilnehmerdaten von eigenen Kunden beziehe, an die das verpflichtete Unternehmen selbst Rufnummern vergeben habe. Im Übrigen finde bei werblichen Einträgen keine Löschung von Standardeinträgen statt. Schließlich könne ihr nicht angelastet werden, wenn Teilnehmerdaten durch dritte Carrier nicht oder nur unvollständig an die Klägerin weitergegeben würden.

Mit Beschluss vom 11. September 2006 verpflichtete die Bundesnetzagentur die Klägerin unter Ablehnung des Antrages im Übrigen,

den Beigeladenen zu Bedingungen, die denjenigen des § 47 Absatz 1, Absatz 2 Satz 4 und Absatz 4 Satz 1 Halbsatz 1 TKG sowie ergänzend ihren Vereinbarungen vom August 2004 bzw. März 2005 in der jeweils gültigen Fassung entsprächen, Teilnehmerdaten auch von denjenigen Teilnehmern zur Verfügung zu stellen, welche ihre Daten nur von einem oder mehreren bestimmten Unternehmen veröffentlicht wissen wollten. Gleiches gelte für Teilnehmerdaten, hinsichtlich derer ein Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit eine Veröffentlichung nur von einem oder mehreren bestimmten Unternehmen wünsche.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Antrag sei unzulässig, soweit er sich auf die Herausgabe von Daten der Klägerin und dritter Anschlussanbieter beziehe, die ihre Daten von unbestimmten Unternehmen veröffentlicht wissen wollten. Insoweit sei die Klägerin bereits nach dem eigenen Verständnis ihrer im August 2004 und März 2005 mit den Beigeladenen geschlossenen Verträge verpflichtet, den Beigeladenen die genannten Daten zur Verfügung zu stellen. Gegebenenfalls seien die Beigeladenen darauf zu verweisen, ihre Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg einzuklagen.

Der Antrag sei hingegen zulässig und begründet, soweit er die Verpflichtung zur Übermittlung von Teilnehmerdaten betreffe, deren Veröffentlichung nach Wunsch des Teilnehmers oder seines Teilnehmernetzbetreibers nur von einem oder mehreren bestimmten Unternehmen vorgenommen werden solle. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 S. 1 TKG seien insoweit erfüllt.

Welche Daten Teilnehmerdaten seien, ergebe sich aus § 47 Abs. 2 S. 1 iVm § 104 TKG. Die Daten müssten daher in einem Teilnehmerverzeichnis veröffentlicht worden sein, damit überhaupt ein Herausgabeanspruch entstehen könne. Hierbei genüge allerdings nicht jedwede Veröffentlichung in einem Teilnehmerverzeichnis. Die von § 47 TKG in Bezug genommene Veröffentlichung stelle sich als Kehrseite des in § 21 TKV enthaltenen Anspruchs der Kunden auf Aufnahme in ein öffentliches Teilnehmerverzeichnis dar. Teilnehmerdaten im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 TKG seien daher diejenigen Daten, die ein Teilnehmer seinem Anbieter von Sprachtelekommunikationsdienstleistungen mit der Bitte um entgeltfreie Veröffentlichung nach § 21 TKV überlassen habe und die in der Folge in einem Teilnehmerverzeichnis veröffentlicht worden seien. Hieraus ergebe sich, dass sog. Verleger- oder eigenrecherchierte Daten nicht herauszugeben seien, da sie nicht zur entgeltfreien Veröffentlichung vom Teilnehmer überlassen worden seien.

Im Übrigen seien die zur entgeltfreien Veröffentlichung überlassenen Daten vom Verpflichteten jedoch herauszugeben und zwar auch dann, wenn es sich um Teilnehmerdaten anderer Anbieter von Kommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit handele.

Die in § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG in Bezug genommenen datenschutzrechtlichen Regelungen sowie urheberrechtliche Bestimmungen stünden dem Anspruch nicht entgegen. § 21 Abs. 1 TKV bestimme, dass der Kunde lediglich einen Anspruch auf Eintragung in ein nicht notwendig anbietereigenes Teilnehmerverzeichnis habe. Hieraus folge, dass sich sein Veröffentlichungsanspruch nicht auf die Auswahl des Anbieters des jeweiligen Auskunftsmediums erstrecke. Infolgedessen sei eine vom Teilnehmer oder einem Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit verfügte Beschränkung des Kreises veröffentlichungsberechtigter Anbieter für den nach § 47 Abs. 1 TKG Verpflichteten unbeachtlich.

Der Bescheid der Bundesnetzagentur wurde der Klägerin und den Beigeladenen jeweils am 13. September 2006 zugestellt.

Am 10. Oktober 2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Eine am gleichen Tage von den Beigeladenen erhobene Klage (1 K 4463/06) haben diese zwischenzeitlich zurückgenommen.

Die Klägerin trägt vor: Soweit sie im Bescheid der Bundesnetzagentur vom 11. September 2006 verpflichtet worden sei, auch Teilnehmerdaten von Teilnehmern anderer Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit herauszugeben, sei der Bescheid rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten.

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Weitergabe der Teilnehmerdaten dritter Carrier ergebe sich zunächst nicht aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG. Die dort geregelte Verpflichtung zur Datenweitergabe sei nämlich an die Rufnummernvergabe geknüpft und betreffe deshalb nur Teilnehmerdaten von Endkunden, an die das verpflichtete Unternehmen selbst Rufnummern vergeben habe.

Hierfür spreche auch, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 08. Juni 2006 (- 6 B 22.06 -) zu § 78 Abs. 3 TKG entschieden habe, dass von der Vorschrift nur solche Unternehmen betroffen seien, die an Endnutzer Rufnummern vergeben hätten und deshalb im Besitz der für die Erstellung von Teilnehmerverzeichnissen notwendigen Informationen seien. Diese Verknüpfung müsse in gleicher Weise für die Bereitstellungsverpflichtung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG gelten.

Eine Weitergabeverpflichtung in Bezug auf Carrierdaten lasse sich auch nicht aus § 47 Abs. 2 Satz 2 TKG herleiten. Die Annahme der Bundesnetzagentur, der Satzteil „soweit sie dem Unternehmen vorliegen" beziehe sich auf alle Daten, unabhängig davon, auf welche Weise und von wem das Unternehmen diese erhalten habe, sei unzutreffend. Die Formulierung beziehe sich nach dem Satzbau der Vorschrift ausschließlich auf „zusätzliche Angaben wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer". Die betreffende Klausel regele also nur den Umfang der bereitzustellenden Daten, nicht deren Herkunft.

Dieses Ergebnis werde auch durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt. Im Regierungsentwurf zu § 45 Abs. 1 TKG sei vorgesehen gewesen, „jedes Un- ternehmen, das Rufnummern an Endnutzer vergebe" zur Herausgabe der Teilnehmerdaten zu verpflichten (BT-Drucksache 15/2316, S. 21). Das im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Betreiben des Bundesrates hinzu gekommene Tatbestandsmerkmal „Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit" habe lediglich den Kreis der Verpflichteten einschränken, nicht hingegen die Rufnummernvergabe als Grund für die Verpflichtung ersetzen sollen.

Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus dem von der Beklagten gesehenen Zusammenhang von § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG und § 21 TKV a.F.. Dieser spreche eher gegen eine Verpflichtung zur Weitergabe von Carrierdaten. Denn nach § 21 TKV könne der Teilnehmer von seinem Anbieter lediglich verlangen, in ein allgemein zugängliches Teilnehmerverzeichnis unentgeltlich eingetragen zu werden. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, die Teilnehmerdaten auch an weitere Anbieter zur Erstellung von Teilnehmerverzeichnissen etc. herauszugeben, ergebe sich aus der Vorschrift gerade nicht.

Dass sie - die Klägerin - nicht verpflichtet sei, Carrierdaten weiterzugeben, ergebe sich außerdem aus dem Zweck der in § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG statuierten Herausgabeverpflichtung. Diese diene nämlich nur der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen, nicht hingegen dem Zweck der Weitergabe an Dritte. Eine Weitergabeverpflichtung für Carrierdaten lasse sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht damit begründen, dass eine solche unter volkswirtschaftlichen Aspekten effizient sei und ein derartiges „One- stopshopping" zu Transaktionskostenersparnissen führe und den Wettbewerb auf nachgelagerten Märkten fördere. Die Vorschrift statuiere nämlich eine Verpflichtung jedes Nummern vergebenden Anbieters von Telekommunikation, und zwar unabhängig von seiner Marktstellung. Der Gesetzgeber habe deshalb gerade keine Modell eines „Onestopshopping" konzipiert.

Eine Verpflichtung zur Weitergabe von Carrierdaten lasse sich auch nicht mit Art. 25 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie (URL) begründen. Dies habe der Österreichische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2004 (- Geschäftszahl 2004/03/0059 -) unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 25. November 2004 (Rs. C-109/03 - KPN Telecom BV, Slg. 2004, I-11273) überzeugend ausgeführt. Soweit die Bundesnetzagentur im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen sei, dass die Vorschrift zwar der Umsetzung von Art. 25 Abs. 2 URL diene, jedoch in EG-rechtlich zulässiger Weise über die Richtlinie hinaus gehe, sei dies unzutreffend. Der deutsche Gesetzgeber habe mit der die Herkunft der Daten regelnden Vorschrift des § 47 Abs.1 TKG lediglich der Richtlinie entsprechen wollen.

Eine Weitergabeverpflichtung der Klägerin bezüglich der Carrierdaten lasse sich auch nicht aus § 78 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 TKG ableiten, weil die Bundesnetzagentur ihr keine Universaldienstverpflichtung nach § 81 TKG auferlegt habe. Auf bloß faktische Universaldienstleister sei die in § 78 Abs. 3 TKG genannte Verpflichtung nicht anwendbar.

Schließlich stellte eine Weitergabeverpflichtung in Bezug auf Carrierdaten einen übermäßigen Eingriff in ihre Grundrechte aus Art. 14, 12 und 2 GG sowie einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG dar.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 11. September 2006 ( ) aufzuheben, soweit die in Ziff. 1 des Beschlusstenors der Klägerin auferlegte Verpflichtung sich auch auf die Daten von Teilnehmern anderer Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit als der Klägerin erstreckt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Die Klägerin sei zu Recht verpflichtet worden, Carrierdaten an Anbieter von Auskunftsdiensten oder Teilnehmerverzeichnissen weiterzugeben. Soweit in § 47 Abs. 1 TKG Unternehmen angesprochen seien, die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen und Rufnummern an Endnutzer vergeben, bedeute dies nicht, dass nur Teilnehmerdaten betroffen sein könnten, die das verpflichtete Unternehmen in seiner Eigenschaft als Anbieter von Telekommunikationsdiensten bzw. anlässlich der Vergabe von Rufnummern erhalte. Mit der ausdrücklichen Nennung der Verpflichteten würden lediglich bestimmte Unternehmen von der Weitergabepflicht ausgenommen. Auch beziehe sich der Satz „soweit sie dem Unternehmen vorliegen" nach dem eindeutigen Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 2 TKG auf alle Daten, die dem Unternehmen vorlägen, unabhängig davon, auf welche Weise oder von wem es diese erhalten habe. Die sogenannten Carrierdaten seien somit ebenfalls erfasst.

Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift spreche nicht gegen eine Verpflichtung zur Weitergabe von Carrierdaten.

Ferner ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des § 47 TKG, dass die Klägerin zur Weitergabe von Carrierdaten habe verpflichtet werden können. Zum einen sorge § 47 TKG im Interesse des Kunden für eine Weiterverbreitung seiner nach § 21 TKV in Verkehr gebrachten Daten. Zum anderen stelle § 47 TKG eine flächendeckende Grundversorgung mit öffentlich zugänglichen Teilnehmerverzeichnissen sicher und ermögliche allen Anbietern, dass sie unabhängig von ihrer Marktstellung auf den Endkundenanschlussmärkten gleichwohl Teilnehmerverzeichnisse und Auskunftsdienste anbieten und für Wettbewerb auf den Auskunftsmärkten sorgen könnten. Ein unnötiges Verschieben von Carrierdaten würde dem dargelegten Sinn und Zweck des § 47 TKG widersprechen.

Auch die richtlinienkonforme Auslegung des § 47 TKG stehe der Annahme einer Verpflichtung der Klägerin zur Weitergabe von Carrierdaten nicht entgegen. Dem Wortlaut des Art. 25 Abs. 2 URL lasse sich nicht entnehmen, dass von der Verpflichtung zur Weitergabe nur Teilnehmerdaten erfasst seien, die das verpflichtete Unternehmen in seiner Eigenschaft als Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit bzw. anlässlich der Vergabe von Rufnummern erhalte. Den Mitgliedstaaten stehe ein Umsetzungsspielraum zu, in dessen Rahmen sie die Verpflichtung zur Weitergabe von Carrierdaten normieren könnten.

Durch eine derartige Verpflichtung werde die Klägerin auch nicht in ihren Grundrechten verletzt.

Die Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt.

Sie verweisen auf die Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Dezember 2006 im Verfahren 21 K 5175/05.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Sie ist als Anfechtungsklage statthaft, da die von der Bundesnetzagentur im streitgegenständlichen Beschluss vom 11. September 2006 im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens nach § 47 Abs. 3 iVm § 133 Abs. 1 TKG getroffene verbindliche Entscheidung einen (streitentscheidenden) Verwaltungsakt darstellt,

vgl. Wilms in Beck`scher TKG-Kommentar § 133 Rdn. 44,45; auch § 47 Rdn. 52.

Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zunächst bestehen gegen den angefochtenen Beschluss in formeller Hinsicht keine Bedenken. Insbesondere hat die Bundesnetzagentur die Verfahrensvorschriften über das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG - soweit anwendbar - eingehalten.

Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 TKG hat die Beschlusskammer, soweit sich im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes Streitigkeiten zwischen Netzbetreibern oder Diensteanbietern ergeben und das Gesetz nichts anderes regelt, auf Antrag einer Partei nach Anhörung der Beteiligten eine verbindliche Entscheidung zu treffen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Zwar dürfte es sich bei den Beigeladenen nicht um Unternehmen im Sinne des § 133 Abs. 1 VwGO handeln, da diese keine öffentlichen Telekommunikationsnetze betreiben und - soweit erkennbar - auch keine Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit (§ 3 Nr. 25 TKG), sondern allenfalls Annexleistungen hierzu anbieten. Dies ist vorliegend jedoch unschädlich. Denn bei Streitigkeiten betreffend die Herausgabe von Teilnehmerdaten im Sinne des § 47 TKG kann auf die genannte Unternehmenseigenschaft verzichtet werden, da die Verweisung in § 47 Abs. 3 TKG auf die Vorschrift des § 133 TKG jedenfalls insoweit als Rechtsfolgenverweisung angesehen werden muss. Andernfalls liefe § 47 Abs. 3 TKG weitgehend leer, weil die an der Herausgabe von Teilnehmerdaten interessierten (bloßen) Anbieter von Teilnehmerverzeichnissen und Betreiber von Auskunftsdiensten häufig keine Netzbetreiber oder Telekommunikationsdienstleister sein werden.

Vgl. auch Wilms, Beck`scher TKG-Kommentar,§ 47 Rdn. 52.

Die sonstigen in § 133 Abs. 1 TKG aufgeführten Verfahrensvoraussetzungen sind erfüllt.

Der Antrag der Beigeladenen war auf Schlichtung einer konkreten Streitigkeit mittels einer bestimmten Maßnahme gerichtet, deren Erlass die Beigeladenen von der Bundesnetzagentur verlangt haben. Die Beigeladenen haben bei der Bundesnetzagentur die Verpflichtung der Klägerin zur Herausgabe sämtlicher Teilnehmerdaten unter Einschluss der eigenrecherchierten und Verlegerdaten sowie der sog Carrierdaten verlangt. Über die Berechtigung dieser Forderung bestand zwischen den Beteiligten Streit, wie sich aus dem jeweiligen Vorbringen im Verfahren vor der Bundesnetzagentur ergibt.

Die Beigeladenen verfügten auch über das notwendige Sachbescheidungsinteresse. Zwar lässt sich den Verwaltungsvorgängen nicht zweifelsfrei entnehmen, ob und inwieweit die Beigeladenen ihr mit dem Streitbeilegungsverfahren verfolgtes Anliegen vor Einleitung des Streitbeilegungsverfahrens erfolglos im Verhandlungsweg an die Klägerin herangetragen haben.

Vgl. zu dieser Voraussetzung für die Annahme eines Sachbescheidungsinteresses: BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2007 - 6 C 47.06 -.

Allerdings kann vom Erfordernis des erfolglosen Verhandelns dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn nach dem bei Einleitung des Streitbeilegungsverfahrens erreichten Verfahrensstand der Versuch einer Einigung über den konkret umstrittenen Punkt offensichtlich aussichtslos gewesen wäre.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2007, a.a.O.

Von einer derartigen Aussichtlosigkeit eines Einigungsversuchs war vorliegend auszugehen. Dies entnimmt das Gericht zum einen dem oben genannten Schriftwechsel zwischen den Beteiligten im Dezember 2005/Januar 2006, zum anderen und vor allem aber dem Umstand, dass die Beigeladenen sich vor Einleitung des Streitbeilegungsverfahrens veranlasst gesehen haben, beim Landgericht Köln die Verpflichtung der Klägerin zur Herausgabe sämtlicher Teilnehmerdaten - einschließlich der im vorliegenden Verfahren im Streit befindlichen sog. Carrierdaten - im Wege der einstweiligen Anordnung zu beantragen, da dies zeigt, dass die Klägerin zu einer freiwilligen Herausgabe der genannten Daten keineswegs bereit war.

Die Bundesnetzagentur hat auch auf der Grundlage des am 11. Mai 2006 eingegangenen Antrages - nach Anhörung der Klägerin - innerhalb einer Frist von 4 Monaten, nämlich am 11. September 2006, entschieden.

Auch materiellrechtlich ist die von der Bundesnetzagentur verfügte Verpflichtung der Klägerin zur Herausgabe der sog. Carrierdaten rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG.

Danach ist jedes Unternehmen, das Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt und Rufnummern an Endnutzer vergibt, verpflichtet, unter Beachtung der anzuwendenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen, jedem Unternehmen auf Antrag Teilnehmerdaten nach Absatz 2 Satz 4 zum Zwecke der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen zur Verfügung zu stellen.

Die Voraussetzungen für das Bestehen einer Verpflichtung der Klägerin gegenüber den Beigeladenen zur Herausgabe von Teilnehmerdaten sind dem Grunde nach erfüllt. Die Klägerin ist ein Unternehmen, dass Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt und Rufnummern an Endnutzer vergibt. Auch haben die Beigeladenen beantragt, ihnen Teilnehmerdaten zum Zwecke der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen zur Verfügung zu stellen.

Zu den danach von der Klägerin herauszugebenden Teilnehmerdaten gehören auch die vorliegend allein noch im Streit befindlichen Carrierdaten.

Was unter Teilnehmerdaten zu verstehen ist, bestimmt sich nach § 47 Absatz 2 TKG. Nach § 47 Absatz 2 Satz 1 TKG sind Teilnehmerdaten die nach Maßgabe des § 104 TKG in Teilnehmerverzeichnissen veröffentlichten Daten. Dies sind der auf Antrag des Teilnehmers in ein Verzeichnis eingetragene Name, seine Anschrift und zusätzliche mit seinem Einverständnis veröffentlichte Angaben wie Beruf, Branche und Art des Anschlusses sowie evtl. Angaben über Mitbenutzer. Darüber hinaus enthält § 47 Absatz 2 Satz 2 bis 4 TKG weitere Bestimmungen darüber, welche Daten als Teilnehmerdaten anzusehen sind. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 TKG gehören zu den Teilnehmerdaten neben der Nummer sowohl die zu veröffentlichenden Daten selbst wie Name, Anschrift und zusätzliche Angaben wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer, soweit sie dem Unternehmen vorliegen.

Aus dem Verweis auf § 104 TKG ergibt sich zunächst, dass die verlangten Daten in einem Teilnehmerverzeichnis veröffentlicht worden sein müssen, damit überhaupt ein Herausgabeanspruch entstehen kann. Hiervon kann bei den in Rede stehenden Carrierdaten ausgegangen werden, da die Klägerin diese in ihren Teilnehmerverzeichnissen (Telefonbüchern und Internetverzeichnissen etc.), um deren Vollständigkeit sicherzustellen, veröffentlicht haben wird. Dabei sind nur diejenigen Carrierdaten in den Blick zu nehmen, die unentgeltlich auf Wunsch der (Carrier-) Kunden nach § 21 TKV in ein Teilnehmerverzeichnis eingetragen worden sind, da die gegen Entgeltzahlung von der Klägerin in ihren Teilnehmerverzeichnissen geführten sog. eigenrecherchierten oder Verlegerdaten nach dem streitgegenständlichen Bescheid gerade nicht von der Klägerin bereitzustellen sind.

Auch inhaltlich handelt es sich bei den Carrierdaten um Teilnehmerdaten im Sinne des § 47 Absatz 2 TKG, soweit es um Nummer, Name, Anschrift und die in Absatz 2 Satz 2 TKG genannten zusätzlichen Angaben des Carrierkunden geht.

Einer Herausgabeverpflichtung der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass es sich bei den in Rede stehenden Carrierdaten nicht um Teilnehmerdaten ihrer eigenen Kunden, sondern um Daten von Kunden anderer Telekommunikationsunternehmen handelt.

Diese Annahme wird zunächst durch den Wortlaut des § 47 TKG gestützt. So spricht der Umstand, dass die in § 47 Absatz 2 Satz 1 TKG enthaltene Definition des Teilnehmerdatenbegriffs (die nach Maßgabe des § 104 TKG in Teilnehmerverzeichnissen veröffentlichten Daten) keinen Bezug zur Herkunft der Daten aufweist (anders etwa § 18 Abs. 1 Z. 4 des Österreichischen TKG: „ihre" Teilnehmerdaten) dafür, dass die Weitergabeverpflichtung in § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG sich auf alle dem verpflichteten Unternehmen - unabhängig von ihrer Herkunft - vorliegenden Teilnehmerdaten erstreckt, sofern diese in Teilnehmerverzeichnissen veröffentlicht sind.

Vgl. VG Köln, Urteil vom 13.Dezember 2006 - 21 K 5175/05 -, S. 13; ferner Wilms in Beck´scher Kommentar, a.a.O., § 47 Rdn. 27, 34, 35; Heun, Handbuch des Telekommunikationsrechts, 2. Aufl., Kap. H, Rz. 514.

Auch die einschränkungslose Formulierung in § 47 Abs. 2 Satz 2 TKG „hierzu gehören neben der Nummer sowohl die zu veröffentlichenden Daten selbst ....., soweit sie dem Unternehmen vorliegen", lässt entgegen der Auffassung der Klägerin eher darauf schließen, dass sich die Weitergabeverpflichtung auf alle dem Unternehmen vorliegenden Daten - unabhängig von ihrer Herkunft - beziehen soll,

Voß, Berliner Kommentar zum TKG, § 47 Rdn. 29,

Soweit nach § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG eine Herausgabeverpflichtung nur für Unternehmen bestehen soll, die Rufnummern an Endnutzer vergeben, ist dieser Einschränkung nicht zu entnehmen, dass sich die Weitergabeverpflichtung nur auf die Teilnehmerdaten der eigenen Kunden des in Anspruch genommenen Unternehmens und damit nicht auf die sog. Carrierdaten bezieht.

So aber Wissmann, Telekommunikationsrecht, Praxishandbuch, Kap. 5 Rdn. 49.

Die Vorschrift enthält mit dem Hinweis auf die Rufnummernvergabe lediglich eine Einschränkung des Kreises der zur Datenweitergabe Verpflichteten, die nicht denknotwendig eine inhaltliche Beschränkung des Umfangs der Weitergabeverpflichtung auf Teilnehmerdaten der eigenen Kunden zur Folge haben muss. Auch bei Annahme einer Verpflichtung zur Weitergabe von Carrierdaten würde die in Rede stehende Einschränkung des Kreises der Verpflichteten nicht sinnentleert, da durch die Verknüpfung von Weitergabeverpflichtung und Rufnummernvergabe sichergestellt ist, dass das verpflichtete Unternehmen tatsächlich überhaupt über Teilnehmerdaten (nämlich zumindest über die Daten seiner eigenen Kunden) verfügt.

Soweit die Klägerin für ihre abweichende Auffassung auf die zu § 78 TKG ergangene Entscheidung des BVerwG,

Beschluss vom 08.Juni 2006 - 6 B 22/06 -,

verweist, gibt diese für die Frage der Herleitung einer Weitergabeverpflichtung für Carrierdaten aus § 47 TKG nichts her. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zum Begriff der in § 78 Abs. 3 TKG genannten „anderen Unternehmen" ausgeführt, dass hierunter solche Unternehmen zu verstehen seien, die an Endnutzer Rufnummern vergeben haben und deshalb im Besitz der für die Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses notwendigen Informationen sind. Jedoch finden sich in der genannten Entscheidung keine weiteren Ausführungen zum Umfang einer Datenweitergabeverpflichtung, geschweige denn zum Bestehen oder Nichtbestehen einer Verpflichtung zur Weitergabe von Carrierdaten.

Die Entstehungsgeschichte des § 47 Abs. 1 Satz 1 TKG und die Gesetzesbegründung stehen der genannten Auslegung abweichend von der Auffassung der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Im Gesetzgebungsverfahren sind lediglich auf Veranlassung des Bundesrates die Betreiber interner Netze und Dienste von der Herausgabeverpflichtung ausgenommen worden, indem der Verpflichtetenkreis auf Unternehmen beschränkt wurde, die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen.

Vgl. BT-Drucksache 15/2316 S. 117 zu Nr. 45 und BT-Drucksache 15/2345, S. 5 zu Nr. 45

Hieraus lässt sich für einen Willen des Gesetzgebers, die Weitergabeverpflichtung nicht auf Carrierdaten zu erstrecken, nichts herleiten.

Schließlich spricht nach Auffassung der Kammer auch eine an Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung für eine Erstreckung der Weitergabeverpflichtung auch auf Carrierdaten.

Der in § 47 TKG vom Gesetzgeber geschaffene Zugangstatbestand, der über Teilnehmerdaten verfügende Unternehmen zur Überlassung dieser Daten verpflichtet, dient der Gewährleistung umfassender Teilnehmerverzeichnis- und Auskunftsdienstleistungen in einem liberalisierten Telekommunikationsumfeld und der Herstellung tragfähiger Wettbewerbsstrukturen auf den Auskunfts- und Verzeichnismärkten.

Vgl. BT-Drucksache 15/2316, S. 72; Wilms in Beck`scher Kommentar, a.a.O. § 47 Rdn 1 und 15

Darüber hinaus besteht ein enger Zusammenhang zu § 78 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TKG, da die in diesen Vorschriften als Universaldienstleistung vorgesehene Verfügbarkeit umfassender öffentlicher Teilnehmerverzeichnisse in einem wettbewerbsorientierten Umfeld ohne einen gesetzlichen Zugang zu den Teilnehmerdaten nicht sichergestellt ist.

Wilms in Beck`scher Kommentar, a.a.O. § 47 Rdn 8

§ 47 TKG dient mit anderen Worten auch der Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung mit öffentlich zugänglichen Teilnehmerverzeichnissen und Auskunftsdiensten.

Diesem dargelegten Gesetzeszweck würde ein Ausschluss der in Rede stehenden Carrierdaten von der Weitergabeverpflichtung nach § 47 Abs. 1 TKG zuwiderlaufen, da die dann notwendige Beschaffung der Teilnehmerdaten bei jedem einzelnen Rufnummern vergebenden Unternehmen für die Betreiber von Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen zu wettbewerbserschwerenden Behinderungen bei der Erstellung und vor allem der permanent erforderlichen Aktualisierung ihrer Teilnehmerdatensammlungen führen würde. Zudem entstünden in diesem Falle - worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - zusätzliche Transaktionskosten in Form von Vertrags- und Suchkosten. Diese Erschwernisse und Behinderungen würden im Falle eines „Onestopshopping" vermieden, was wiederum der Gesetzesintention der Schaffung tragfähiger Wettbewerbsstrukturen auch auf den Auskunfts- und Teilnehmerverzeichnismärkten entspräche.

Das so gewonnene Auslegungsergebnis verstößt auch nicht gegen Art. 25 Abs. 2 URL, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Unternehmen, die Telefonnummern zuweisen, allen zumutbaren Anträgen, die relevanten Informationen zum Zweck der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen in einem vereinbarten Format und zu gerechten, objektiven, kostenorientierten und nichtdiskriminierenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen, entsprechen.

Es kann offenbleiben, ob unter den danach zur Verfügung zu stellenden „relevanten Informationen" auch die hier in Rede stehenden Carrierdaten zu verstehen sind. Der EuGH

- Urteil vom 25. November 2004 - Rs C-109/03 -, Slg. 2004, S I-11273 -

hat zum - nahezu gleichlautenden - Begriff der „entsprechenden Informationen" in Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld, ABl. EG Nr. L 101, S.24, (Richtlinie 98/10/EG) der Vorgängerbestimmung zu Art. 25 Abs. 2 URL, ausgeführt, dass dieser eng auszulegen sei und nur Daten meine, die Teilnehmer betreffen, die einen Eintrag in eine veröffentlichte Liste nicht abgelehnt haben und die ausreichen, um Nutzern eines Teilnehmerverzeichnisses die Identifizierung der Teilnehmer zu ermöglichen, die sie suchen. Die Daten umfassten grundsätzlich den Namen und die Anschrift der Teilnehmer, einschließlich der Postleitzahl, sowie die Telefonnummer oder die Telefonnummern, die die betreffende Organisation an sie vergeben hat (Basisdaten).

Der Österreichische VwGH

- Erkenntnis vom 17. Dezember 2004 - 2004/03/0059 - Juris -

hat aus dem letztgenannten Halbsatz „die die betreffende Organisation an sie vergeben hat" geschlossen, dass Art. 6 Abs. 3 Richtlinie 98/10/EG und damit auch Art. 25 Abs. 2 URL nach der maßgeblichen Auslegung des EuGH keine Verpflichtung begründe, Teilnehmerdaten anderer Betreiber zur Verfügung zu stellen.

Der Kammer erscheint allerdings zweifelhaft, ob der EuGH mit dieser Formulierung tatsächlich zu einer Weitergabeverpflichtung betreffend Teilnehmerdaten anderer Betreiber hat Stellung nehmen wollen, da es in seiner Entscheidung nur um den Umfang der weiterzugebenden Daten, d.h. um die Frage ging, ob nur „Basisdaten" oder auch sog. zusätzliche Daten (wie Branche, Beruf etc.) herauszugeben sind, und nicht um die hier maßgebliche Frage der Herkunft dieser Daten. Das Problem der Erstreckung der Weitergabepflicht auf sog. Carrierdaten ist in der genannten Entscheidung an keiner Stelle erwähnt. Dies alles bedarf jedoch keiner Vertiefung, da offen bleiben kann, ob der Auffassung des Österreichischen VwGH zu folgen ist.

Vorliegend geht es nämlich nicht um die vom Österreichischen VwGH entschiedene Frage, ob eine nationale Verpflichtung für Unternehmen, die gerade keine Weitergabe von Carrierdaten erfasst (Beschränkung der Verpflichtung der Betroffenen auf die Herausgabe „ihrer" Teilnehmerdaten), richtlinienkonform dahin ausgelegt werden kann, dass sie unter Berücksichtigung von Art. 25 Abs. 2 URL diese Carrierdaten doch erfasst, sondern um die Frage, ob Art. 25 Abs. 2 URL weitergehende nationale Verpflichtungen ausschließt.

Einen derartigen Ausschluss enthält die Richtlinie jedoch nicht.

Abgesehen davon, dass für weitergehende Befugnisse des nationalen Gesetzgebers bereits spricht, dass die Universaldienstrichtlinie lediglich die Festlegung eines von den Mitgliedstaaten zu gewährleistenden Mindestangebots bezweckt (Art. 2 Abs. 2 URL), hat der EuGH in seiner bereits genannten Entscheidung zu Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG

- EuGH,a.a.O., Ziff. 35 der Begründung -

ausdrücklich ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten dafür zuständig blieben, zu bestimmen, ob Dritten in einem bestimmten nationalen Kontext bestimmte zusätzliche Daten zur Verfügung zu stellen seien, da die Richtlinie mit der Verwendung der Worte „entsprechende Informationen" keine vollständige Harmonisierung der Kriterien anstrebe, die zur Identifizierung der Teilnehmer notwendig erscheinen könne. Entsprechendes muss nach Auffassung der Kammer auch für die Nachfolgeregelung in Art. 25 Abs. 2 TKG gelten, da der Begriff der „relevanten Informationen" ähnlich offen ist und deshalb Spielräume für den nationalen Gesetzgeber überlässt.

Soweit die Klägerin ausführt, die Gesetzesbegründung zu § 45 Abs. 2 des Gesetzentwurfs zeige, dass der Gesetzgeber nicht über die Richtlinie habe hinausgehen, sondern dieser habe entsprechen wollen, gibt dieses Argument für einen fehlenden Willen des Gesetzgebers, die Weitergabeverpflichtung des § 47 TKG auch auf Carrierdaten zu erstrecken, nichts her, da dem Gesetzgeber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Regelung weder die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 6 Abs. 3 Richtlinie 98/10/EG noch die einschränkende Rechtsprechung des Österreichischen VwGH bekannt sein konnte. Dies zeigt sich auch an der Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 2 TKG, in der gerade die - nach der (späteren) Rechtsprechung des EuGH nicht von der Weitergabeverpflichtung erfassten - Zusatzdaten als herauszugebende Teilnehmerdaten aufgeführt sind.

Schließlich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Annahme einer Verpflichtung zur Weitergabe von Carrierdaten, da ein hierin etwa liegender Eingriff in Eigentums-, Berufs- und allgemeine Handlungsfreiheit durch die - die jeweilige Grundrechtsschranke bzw. den Gesetzesvorbehalt ausfüllende - gesetzliche Regelung in § 47 TKG legitimiert ist , die aus den oben insbesondere zu Sinn und Zweck der Norm angeführten Erwägungen ihrerseits verhältnismäßig ist bzw. vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls entspricht. Ein Gleichheitsverstoß ist ebenfalls nicht ersichtlich, da die Carrierdatenweitergabeverpflichtung nicht nur die Klägerin, sondern - jedenfalls im Grundsatz - alle Rufnummern vergebenden Telekommunikationsdienstleister trifft.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO für die Klägerin abzuweisen. Es entsprach nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die auergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt und sich deshalb keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben, §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 Satz 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.






VG Köln:
Urteil v. 14.02.2008
Az: 1 K 4447/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/877e4b40743e/VG-Koeln_Urteil_vom_14-Februar-2008_Az_1-K-4447-06




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