Landgericht Essen:
Urteil vom 12. Januar 2006
Aktenzeichen: 43 O 133/05
(LG Essen: Urteil v. 12.01.2006, Az.: 43 O 133/05)
Tenor
hat die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht C.,
den Handelsrichter C. und
den Handelsrichter L.
für R e c h t erkannt:
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts
Essen vom 10.11.2005 wird aufrechterhalten.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits
trägt die Antragsgegnerin.
Tatbestand
Der Antragsteller ist ein Verein zur Wahrung des lauteren Wettbewerbs, die in H. ansässige Antragsgegnerin betreibt Möbel-Discounthäuser in Deutschland.
Der Antragsteller hat behauptet, die Antragsgegnerin verstoße durch die Werbung mit der Ankündigung "Schwedisches Möbellager" gegen §§ 3, 5 UWG, weil die von ihr vertriebenen Möbel nicht aus Schweden stammten, sondern es sich lediglich um Möbel im "typisch schwedischen Stil" handele. Er habe erstmalig am 27.10.05 durch ein Beschwerdeschreiben von der Werbung Kenntnis genommen.
Auf den am 10.11.05 eingegangenen Antrag des Antragstellers hat der Vorsitzende gegen die Antragsgegnerin am 10.11.05 folgende einstweilige Verfügung erlassen:
Der Antragsgegnerin wird untersagt, im Wettbewerb handelnd, in der an Letztverbraucher gerichteten Werbung mit der Ankündigung "Schwedisches Möbel-Lager" zu werben, sofern die dort angebotenen Waren nicht tatsächlich in Schweden gefertigt wurden oder von schwedischen Herstellern stammen.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, angedroht.
Dagegen richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin, die behauptet, die beanstandete Werbung sei nicht wettbewerbswidrig. Die maßgebende Verkehrskreise erwarteten nicht, dass die angebotenen Möbel aus Schweden stammten. Ebenso wenig wie bei Konkurrenzunternehmen (IKEA, Dänisches Bettenlager) erwarteten die Käufer bei ihr, dass die Möbel in Schweden gefertigt seien oder aus Schweden stammten. Tatsächlich seien die Möbel in Dänemark gefertigt, wie sich aus Emails der Lieferantin ergebe. Die Hölzer stammten aus Schweden. Dort seien sie auch zu fertigungsgerechten Produkten weiter verarbeitet worden. In einem früheren Rechtsstreit betreffend die Werbung von IKEA sei bereits vorgetragen worden, dass einer Emnid-Umfrage zufolge nur 2% der Befragten aus der Verwendung des Werbeslogans "IKEA - das unmögliche Möbelhaus aus Schweden" auf in Schweden hergestellte bzw. von dort importierte Möbel geschlossen hätten. Im Übrigen müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller bereits früher von ihrer Werbung Kenntnis gehabt habe als er behaupte.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.
Er tritt dem Widerspruch entgegen. Die Verweisung auf Konkurrenzunternehmen hält er für rechtlich irrelevant und die Angaben der Antragsgegnerin zur Herkunft der Waren für nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Gründe
Der Widerspruch der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die einstweilige Verfügung war vielmehr zu bestätigen. Mit seiner Werbung für ein "Schwedisches Möbel-Lager" verstößt der Antragsgegner nämlich gegen §§ 3, 5 UWG.
Mit Recht wirft der Antragsteller der Antragsgegnerin vor, mit der Werbung für ein "Schwedisches Möbel-Lager" die Verbraucher irrezuführen.
Es liegt nämlich auf der Hand, dass auch der aufgeklärte Verbraucher bei den in einem "Schwedischen Möbel-Lager" angebotenen Möbeln erwartet, dass diese aus Schweden stammen. Selbst wenn er nach längerem Überlegen im Hinblick auf andere, aus der Presse bekannte Fälle (IKEA) weniger geneigt ist, an die Herkunft der Möbel im schwedischen Stil aus Schweden zu glauben, wird er doch annehmen, dass es sich um eine Verkaufsstätte eines schwedischen Unternehmens handelt. Beides trifft jedoch nicht zu (zu den Einzelheiten vergl. Baumbach/Hefermehl-Bornkamm, § 5 UWG Rdnr. 4.196 ff.). Das ist außer Streit. Auf die von der Antragsgegnerin in den Vorgrund gerückten Herkunft von Vorprodukten (Holz) kommt es nicht an. Bei Möbeln ist nämlich für die Qualitätserwartung des Verbrauchers nicht das Holz und dessen Herkunft maßgebend, sondern die Endherstellung und das Finish.
Der Einstufung der Werbung der Antragsgegnerin als irreführend steht auch nicht entgegen, dass sie in der beanstandeten Werbebroschüre den "Naturholzmöbel Discounter" "Schwedisches Möbel-Lager" als ansässig im "S.Möbel Diskount Zentrum" anpreist. Die Werbung der Antragsgegnerin ist nämlich aus Marketinggründen so gestaltet, dass der Verbraucher irrig zu der Meinung gelangt, bei dem Anbieter "Schwedisches Möbel-Lager" handele es sich um einen Anbieter, der von dem weiterhin beworbenen Anbieter "S. Der Möbel-Discounter" verschieden ist. Dieser Irrtum wird noch dadurch bestärkt, dass die Antragsgegnerin unter ihrem Dach auch für weitere zwei Anbieter wirbt, nämlich den "Markenküchen Discounter" "Mega-Küchen-Welt" und den "Design-Möbel Discounter" "trend Discount".
Für den Verbraucher entsteht so der Eindruck, in den Verkaufsräumlichkeiten der Antragsgegnerin befänden sich vier verschiedene Anbieter. Tatsächlich sind jedoch zumindest zwei der Anbieter mit der Antragsgegnerin identisch.
Der Kammer fehlt auch nicht die erforderliche Sachkunde. Grundsätzlich kann sie als Teil der angesprochenen Verkehrskreise selbst beurteilen, ob die beanstandete Werbung irreführend ist oder nicht (Baumbach-Hefermehl-Bornkamm, § 5 UWG Rdnr. 3.6).Das ist auch hier der Fall. Um einen Grenzfall wie den von der Antragsgegnerin aufgezeigten IKEA-Fall (BGH GRUR 1984, 467) handelt es sich hier nicht. Dort war nicht nur aufgrund der Bezeichnung "Möbelhaus aus Schweden" fraglich, ob das Publikum mit der seinerzeitigen IKEA-Werbung nicht nur die Herkunft des Möbelhauses aus Schweden, sondern auch die Herkunft der Möbel verbindet. Diese Frage betraf auch die seinerzeitige Emnid-Umfrage. Im vorliegenden Fall trifft der Vorwurf der Irreführung die Antragsgegnerin jedoch selbst dann, wenn man letztlich davon ausgehen wollte, der Verbraucher verbinde damit einen aus Schweden stammenden Anbieter. Die Antragsgegnerin stammt nämlich nicht aus Schweden, sondern aus H. Im Übrigen wirbt sie auch nicht mit einem Möbel-Lager aus Schweden, sondern hat eine bewusst zweideutige Formulierung gewählt.
Auf die besonderen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt es nach § 12 Abs. 2 UWG nicht an. Dass hier gleichwohl ausnahmsweise beide dem Erlass entgegen stehen, hat die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
LG Essen:
Urteil v. 12.01.2006
Az: 43 O 133/05
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