Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. März 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 370/99
(BPatG: Beschluss v. 29.03.2000, Az.: 29 W (pat) 370/99)
Tenor
1. Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 ist in Ziffer 1. des Tenors wirkungslos geworden.
2. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 in Ziffer 2. des Tenors aufgehoben.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die für Dienstleistungen der Klasse 42 eingetragene Marke Nr. 395 17 333
"SANOX"
ist Widerspruch eingelegt worden aus der für Waren der Klasse 1 eingetragenen prioritätsälteren Marke Nr. 846 676 "SAGOX".
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluß vom 29. September 1999 zurückgewiesen und der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. Bei dieser Entscheidung ist die Prüferin davon ausgegangen, die Widersprechende habe die zulässigerweise bestrittene Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, die Benutzungsunterlagen seien dem Deutschen Patent- und Markenamt rechtzeitig vor Beschlußfassung zugegangen.
Die Widersprechende hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht ihren Widerspruch mit Schriftsatz vom 21. März 2000 zurückgenommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten sowie den Inhalt der Amtsakte 395 17 333.7 verwiesen.
II.
1. Durch die Rücknahme des Widerspruchs aus der Marke 846 676 ist die Grundlage des Widerspruchsverfahrens gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 und 3 ZPO entfallen (vgl. dazu BGH BlPMZ 1998, 367 "Puma"; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 42 Rn. 34). Der Beschluß der Markenstelle ist daher in Ziffer 1. des Tenors wirkungslos geworden.
2. Die anhängig gebliebene Beschwerde der Widersprechenden gegen die Kostenentscheidung ist zulässig. Sie ist auch begründet, weil die Markenstelle wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels (Art. 103 Abs. 1 GG, § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG) von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und keine Gründe für eine Kostenauferlegung ersichtlich sind.
Aus der Amtsakte ist ersichtlich, daß die Benutzungsunterlagen am 28. August 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen und zunächst an die unzuständige Dienststelle Jena gesandt worden sind, weil als Aktenzeichen das der Widerspruchsmarke angegeben worden war, für deren Leitklasse die Dienststelle Jena zuständig war. Nach telephonischer Klärung am 22. September 1999 sind die Unterlagen an die für das anhängige Widerspruchsverfahren zuständige Markenstelle in München gesandt und am 5. September 1999 der Prüferin vorgelegt worden, als der angefochtene Beschluß bereits unterschrieben und zur Postabfertigung gegangen war.
Da die Prüferin die eingereichten Benutzungsunterlagen unberücksichtigt gelassen hat, ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt. Die Markenstelle ist gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, die Ausführungen eines Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, die bis zum Erlaß der Entscheidung eingegangen sind (vgl. BVerfG NJW 1993, 51; BGH GRUR 1997, 223, 224 "Ceco") und in ihre Erwägungen einzubeziehen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Schriftsatz der Widersprechenden vom 26. August 1999 samt Anlagen der Prüferin vor Weiterleitung des angefochtenen Beschlusses zur Kenntnis gelangt sind (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 329 Rn. 5; vgl. auch BGH GRUR 1997, 223, 224 "Ceco"), denn ein Schriftsatz ist bereits dann als zur Kenntnis der Prüferin gelangt anzusehen, wenn er dem Deutschen Patent- und Markenamt zugegangen ist (vgl. dazu BGH GRUR 1974, 210, 211). Selbst wenn man die Angabe eines falschen Aktenzeichens durch die Widersprechende in diesem Zusammenhang (entgegen BGH GRUR 1974, 210, 211) für erheblich halten würde, würde dies hier zu keinem anderen Ergebnis führen, weil das Deutsche Patent- und Markenamt jedenfalls zum Zeitpunkt der Weiterleitung des Beschlusses zur Postabfertigungsstelle durch die Prüferin am 30. September 1999 Kenntnis vom richtigen Aktenzeichen erlangt hatte.
Dieses damit rechtzeitig eingegangene Vorbringen der Widersprechenden hat die Markenstelle nicht zur Kenntnis genommen und nicht gewürdigt, sondern ihre Kostenentscheidung darauf gestützt, daß keinerlei Benutzungsunterlagen eingereicht worden seien, was aber nicht der Fall war. Auch sind keine sonstigen Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen würden, vom Normalfall abweichend, aus Billigkeitsgründen einer Beteiligten die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen (vgl. dazu Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 63 Rn. 5 ff.).
3. Wegen des Verfahrensfehlers entspricht es der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen (§ 71 Abs. 3 MarkenG, vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 71 Rn. 34 und 35).
Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Guth Cl/Na
BPatG:
Beschluss v. 29.03.2000
Az: 29 W (pat) 370/99
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