Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2010
Aktenzeichen: 15 W (pat) 31/05
(BPatG: Beschluss v. 25.03.2010, Az.: 15 W (pat) 31/05)
Tenor
1.
Der Beschluss des Patentamts wird aufgehoben.
2.
Die Sache wird zur weiteren Entscheidung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Anmelderin reichte am 23. Dezember 2002 beim Deutschen Patentund Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Verfahren zum Betreiben eines Gassensors und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens"
ein, die am 15. Juli 2004 in Form der DE 102 60 720 A1 veröffentlicht wurde.
Mit Beschluss vom 27. April 2005 wies die Prüfungsstelle für Klasse G 01 N des Deutschen Patentund Markenamts die Anmeldung zurück. Dem Beschluss lagen die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 10 folgenden Wortlauts zugrunde:
Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde mit mangelnder Neuheit gegenüber der Lehre der Druckschrift DE 198 18 050 A1 (3) begründet.
Im Erstbescheid der Prüfungsstelle war darüber hinaus ausgeführt worden, dass Vorrichtungen gemäß den Ansprüchen 8 und 9 gegenüber den Druckschriften DE 100 15 282 A1 (1) oder DE 195 36 577 C2 (2) nicht mehr neu seien. Im Übrigen handele es sich bei den Merkmalen der Unteransprüche 2 bis 7 sowie 10 um naheliegende Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens, die im Wesentlichen aus den genannten Druckschriften sowie aus den weiteren ermittelten Druckschriften DE 101 47 408 (4) und DE 199 44 555 A1 (5) bekannt seien bzw. nicht über das Fachwissen hinausgingen.
Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2005 legte die Anmelderin Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss ein. Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 hat sie zur Abgrenzung gegenüber der DE 198 18 050 A1 (3) eine geänderte Anspruchsfassung mit den Ansprüchen 1 bis 6 sowie geänderte Beschreibungsseiten 2 bis 4b sowie 8 bis 10a eingereicht und im Übrigen angeregt, im Hinblick auf den bereits anberaumten Verhandlungstermin ins schriftliche Verfahren überzugehen. Die geänderte Anspruchsfassung lautet:
"1. Verfahren zum Betreiben eines in einem Abgassystem (11) mit einem Speicherkatalysator (26) einer Brennkraftmaschine (12) angeordneten Gassensors (21,22), der zumindest eine Gaskomponente im Abgas detektiert, mit einer Heizungsenergieversorgung (46) zum Beheizen des Gassensors (21, 22), dadurch gekennzeichnet, dass zumindest zwei unterschiedliche Betriebsarten der Brennkraftmaschine (12) vorgesehen werden und dass der Gassensor (21, 22) in einer ersten Betriebsart, bei welcher ein zyklischer Wechsel zwischen einem Speicherbetrieb und einem Regenerierbetrieb des Speicherkatalysators (26) vorgesehen ist, zumindest während des Regenerierbetriebs mit einer von der Heizungsenergieversorgung (46) vorgegebenen Absenkbetriebstemperatur betrieben wird, die unter der Nennbetriebstemperatur liegt, bei welcher in katalytisch wirkenden Teilen (31, 33) des Gassensors (21, 22) ein thermodynamisches Gleichgewicht auftritt, und dass der Gassensor (21, 22) in einer weiteren Betriebsart der Brennkraftmaschine (12) mit der Nennbetriebstemperatur betrieben wird.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Gassensor (21, 22) ein Lambdasensor vorgesehen ist, der auf dem Prinzip einer Nernstzelle beruht, bei der bei einem Abgas eines stöchiometrischen Verbrennungsprozesses eine sprungförmige Änderung eines Abgassignals (23, 24) auftritt.
3.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Absenkbetriebstemperatur in einem gesteuerten Betrieb ohne Ermittlung eines Betriebstemperatur-Istwertsignals (41) des Abgassensors (21, 22) eingestellt wird.
4.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Absenkbetriebstemperatur in einem geregelten Betrieb eingestellt wird, bei dem eine Ermittlung eines Betriebstemperatur-Istwertsignals (41) des Abgassensors (21, 22) vorgesehen ist, das ein Temperaturregler (42) mit einem Betriebstemperatur-Sollwertsignal (50) vergleicht.
5.
Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach den Ansprüchen 1 und 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizungsenergieversorgung (46) die Absenkbetriebstemperatur durch eine variable Heizleistung einstellt, die von einem Betriebstemperatur-Istwertsignal (41) des Gassensors (21, 22) beeinflusst ist.
6.
Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass ein Schaltbetrieb der Heizungsenergieversorgung (46) vorgesehen ist, bei dem die Heizung (47) des Gassensors (21, 22) im zyklischen Wechsel in einer Einschaltphase mit einer Spannungsquelle (49) verbunden und in einer Abschaltphase getrennt ist, und dass die Heizleistung durch eine Beeinflussung der Zeitdauer zumindest einer der beiden Phasen eingestellt wird."
In der mündlichen Verhandlung wurde die Anmelderin darauf hingewiesen, dass die Ansprüche 5 und 6 dieser geänderten Anspruchsfassung mangels Neuheit nicht gewährbar sind. Daraufhin überreichte sie eine geänderte Anspruchsfassung, die nach Streichung der Ansprüche 5 und 6 nurmehr aus den Ansprüchen 1 bis 4 mit dem Wortlaut der mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 eingereichten Fassung besteht.
Der Vertreter der Anmelderin stellt den Antrag, den Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Seiten 2 bis 4b und 8 bis 10a gemäß Schriftsatz vom 23. Februar 2010, übrige Beschreibung, nämlich Seiten 1, 5 bis 7 wie Patentanmeldung, Figur 1 und Figur 2 gemäß Seite 1/1 wie Patentanmeldung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Auf die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen, weil das Patentbegehren eine eingeschränkte Fassung erhält, zu der die Prüfungsstelle sachlich noch nicht Stellung genommen hat (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PatG).
Durch die Einschränkung des beanspruchten Verfahrens auf das Betreiben eines in einem Abgassystem mit einem Speicherkatalysator einer Brennkraftmaschine angeordneten Gassensors in zwei unterschiedlichen Betriebsarten sowie durch den Verzicht auf die Vorrichtungsansprüche wurden die in dem Zurückweisungsbeschluss bzw. in dem Erstbescheid ausgeführten Mängel beseitigt.
Der angefochtene Beschluss enthält allerdings keine sachlichen Ausführungen zu den Unteransprüchen und damit auch keine Bewertung der Merkmale der ursprünglichen Unteransprüche 5 bis 7, die in den nunmehr geltenden Anspruch 1 aufgenommen sind. Auch aus dem Erstbescheid der Prüfungsstelle sind keine verwertbaren Ausführungen zu den Merkmalen der Unteransprüche 5 bis 7 zu entnehmen, sondern lediglich der pauschale Verweis auf die Druckschriften insgesamt.
Der Mangel an konkreten Angaben zu den Merkmalen der ursprünglichen Unteransprüche 5 bis 7 sowie zu den weiteren Ansprüchen 2 bis 4 der geltenden Anspruchsfassung ist durch diesbezügliche Nachrecherche im Stand der Technik zu beseitigen, das Rechercheergebnis und die patentrechtliche Bewertung der Anmelderin in einem (weiteren) Prüfungsbescheid mitzuteilen.
Dabei ist insbesondere der Frage nachzugehen, ob ein stromabwärts eines Speicherkatalysators geschalteter Gassensor, der bei einer gegenüber der Nennbetriebstemperatur abgesenkten Temperatur, ggf. während der Regeneration des Katalysators, betreibbar ist, bereits grundsätzlich bekannt oder durch den Stand der Technik nahegelegt ist. Bedeutsam könnte in diesem Zusammenhang auch die Frage sein, ob Lambdasonden oder Breitbandsensoren, die vor dem Katalysator(system) im Abgassystem angeordnet sind, nach den Kenntnissen des Standes der Technik auch bei abgesenkter Temperatur, ggf. während der Regeneration des Katalysators, betreibbar sind.
Der angefochtene Beschluss war somit aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Deutsche Patentund Markenamt zurückzuverweisen.
Feuerlein Schwarz-Angele Egerer Zettler Bb
BPatG:
Beschluss v. 25.03.2010
Az: 15 W (pat) 31/05
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