Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 40/02
(BPatG: Beschluss v. 28.04.2003, Az.: 30 W (pat) 40/02)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. Dezember 2001 aufgehoben.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister als Bildmarke angemeldet ist für die Waren
"Geld oder geldwertmäßig betätigte Unterhaltungs- und Spielautomaten sowie Teile dieser Waren"
das Zeichensiehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung zurückgewiesen mit der Begründung, der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft. Es handele sich lediglich um die naturgetreue Wiedergabe der Frontscheibe eines Spiel- und Unterhaltungsautomaten, die keine über das Wesen der Ware hinausgehnde eigenartige oder verfremdende Gestaltung aufweise. Die Verwendung einzelner eingetragener Wort- bzw Wort/Bildmarken für die graphische Gestaltung der angemeldeten Marke vermöge die Schutzfähigkeit nicht zu begründen, da der Verkehr die angemeldete Marke nicht als Zusammensetzung einzelner Elemente wahrnehme, sondern als Abbildung der Frontplatte als Ganzes.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die angemeldete Bildmarke verfüge über eine ausreichend eigenartige Gestaltung mit herkunftshinweisenden Merkmalen, so daß auch ihre Abbildung die Unterscheidungskraft aufweise. Sie verweist dabei auf die in der angemeldeten Marke eingefügten Zeichen, nämlich die Bildmarke Nr 396 08 290 in Form eines Löwenkopfes, die Wortmarke "NSM" im oberen Bereich sowie die Bildmarke "sieben". Zudem weise die angemeldete Marke weitere besondere Gestaltungsmerkmale auf, die herkunftshinweisend wirkten, wie die charakteristische Kombination von drei weißen Feldern in der oberen Hälfte, die bei anderen Spielgeräten nicht üblich seien. Die eingetragenen Marken hätten auch im Gesamtbild herkunftshinweisende Wirkung, zumindest der mittig angeordnete Löwenkopf sei ein prägender Bestandteil, der dem Gesamtzeichen Unterscheidungskraft verleihe. Der Hauptkonkurrent der Anmelderin verwende nämlich an derselben Stelle auf der Spielfläche seine Marke in Form einer Sonne, so daß der Fachverkehr sich am selben Bereich der Spielfläche orientiere, um erkennen zu können, von welchem Hersteller der Spielautomat stamme. Der Verkehr erkenne daher in diesem Bildelement einen unterscheidungskräftigen Bestandteil der Marke.
II.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Eintragung der angemeldeten Bildmarke entgegenstehende Eintragungshindernisse im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 Markengesetz lassen sich nicht hinreichend sicher feststellen.
Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 Markengesetz sind Bezeichnungen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Dabei ist beim Zusammentreffen schutzfähiger mit schutzunfähigen Markenbestandteilen erforderlich, daß der schutzfähige Teil in der Marke so unübersehbar hervortritt, daß er noch als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt werden kann und der Verkehr nicht zu der Auffassung gelangen muß, die Marke bestehe ausschließlich aus schutzunfähigen Angaben. Dabei darf diese Frage nicht schematisch nach den Größenverhältnissen der einzelnen Bestandteile beantwortet werden, sondern es ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marke vermittelt, um feststellen zu können, ob der als solches schutzfähige Teil einer Kombinationsmarke der Marke insgesamt die Eintragungsfähigkeit verleihen kann. Dabei gilt der Grundsatz, daß der Gesamteindruck einer Kombinationsmarke nicht von kennzeichnungsschwachen oder gar schutzunfähigen Elementen geprägt wird, auch wenn diese stark herausgestellt sind, insoweit können auch relativ zurücktretende schutzfähige Bestandteile neben dominanten schutzunfähigen Elementen die Eintragungsfähigkeit begründen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG 6. Aufl § 8 Rdn 145 ff).
Die angemeldete Bildmarke betrifft die stilisierte weitgehend naturgetreue Abbildung der Frontscheibe eines Geldspielautomaten. Der Großteil der Bildfläche wird eingenommen von Bildbestandteilen in Form von graphisch gestalteten Flächen und Zahlen, die erkennbar in Ausgestaltung, Größe und Anordnung eine Funktion im Spiel dienen und damit echte Bestandteile der Spieloberfläche sind. Die Markenstelle ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß es sich um die bloße Abbildung der Ware selbst handelt.
Allerdings enthält die angemeldete Marke mit der Bildmarke Nr 396 08 290 in Form eines Löwenkopfes einen schutzfähigen Bestandteil, der den Schutz der Gesamtmarke begründet.
Nach dem nicht widerlegbaren Sachvortrag der Anmelderin ist die Grundausgestaltung der Spieloberflächen für Geldspielautomaten - ohne die durch die verschiedenen Sonderspieltypen bedingten Abweichungen zu berücksichtigen - nahezu identisch und differiert auch bei den verschiedenen Herstellern wenig. Die Aufteilung des vorhandenen Raumes der Spieloberfläche wird daher weitgehend durch die Spielfunktionen bestimmt, der einzig freie Raum, um einen Herstellerhinweis anzubringen, ist der von der Anmelderin für den Bildbestandteil Löwenkopf verwendete. Wie von der Anmelderin belegt, verwendet auch der wesentliche Mitbewerber der Anmelderin genau diese Stelle auf der Spieloberfläche, um seinen eigenen Herstellerhinweis in Form der Abbildung einer Sonne anzubringen.
Der angesprochene Verkehr, dem Spieloberfläche und Funktionsweise der Geldspielautomaten vertraut sind, kann, daher auf dem Zeichen trotz seines auf den ersten Blick verwirrend vielfältig erscheinenden Gesamteindrucks rasch und unschwer die den Spielablauf darstellenden und damit beschreibenden Bildteile erkennen. Diese wird er als rein beschreibend vernachlässigen und dann den Bildbestandteil Löwenkopf als herstellerspezifisches Merkmal erkennen. Auch einem im Spielablauf nicht so vertrauten Betrachter wird der Bildbestandteil Löwenkopf auffallen, da er an markanter Stelle in Augenhöhe mittig angeordnet ist und sich von den gestalteten Flächen und Zahlen augenfällig abhebt. Im Gegensatz zur Darstellung in der Anmeldung hat dieser Bildbestandteil in der Originalgröße nahezu Handtellergröße und hebt sich damit größenmäßig ausreichend von der Spieloberfläche ab.
Der Bildbestandteil Löwenkopf tritt damit noch so hervor, daß der Verkehr ihn noch als betrieblichen Herkunftshinweis erkennen kann.
Dieser hinreichend kennzeichnende "Überschuß", auf den der Schutz der eingetragenen Marke bezogen werden kann (Althammer/Ströele aaO § 8 Rdn 144) gibt dem Zeichen auch Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann Schramm Hartlieb Hu Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/30W(pat)40-02.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 28.04.2003
Az: 30 W (pat) 40/02
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