Finanzgericht Kassel:
Urteil vom 4. Mai 2005
Aktenzeichen: 6 K 1595/03
(FG Kassel: Urteil v. 04.05.2005, Az.: 6 K 1595/03)
Tatbestand
(Überlassen von Datev)
Der Kläger war bis Mitte des Jahres 1998 als freier Mitarbeiter bei einer Filmproduktionsfirma beschäftigt, die Lehrfilme erstellt. Ende Juli 1998 erwarb er die Urheberrechte an den Lehrfilmen, Folien und CDs und vermarktet diese seither im eigenen Namen unternehmerisch.
Er veräußerte Kopien der Filme, wobei auf den Firmen ein Aufkleber angebracht war, wonach die Urheber- und Leistungsschutzrechte nicht übertragen wurden. In den abgeschlossenen Verträgen war bestimmt (Blatt 49 der Gerichtsakte):
"Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten. Keine unerlaubte Vervielfältigung, Verleih, Vermietung, Aufführung, die öffentliche Wiedergabe, Verleihung, Sendung und jegliche Art der Vermarktung digitaler Medien..."
Der Kläger erklärte Umsätze aus der Veräußerung der Lehrfilme mit dem begünstigten Steuersatz von 7% nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 b und c Umsatzsteuergesetz (UStG).
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung (Bericht vom 12.07.2001) vertrat das FA die Rechtsauffassung, die Umsätze seien mit dem Regelsteuersatz zu besteuern und erließ am 06.09.2001 geänderte Bescheide. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 26.03.2003 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte das FA aus, bei den Verkäufen von bearbeiteten Videos und CDs seien laut den darauf angebrachten Aufklebern die Urheber und Leistungsschutzrechte nicht übertragen worden.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage und führt er aus: Die Veräußerung von Schulungsfilmen sei eine nach §12 Abs. 2 Nr.7 b und 7c UStG begünstigte Leistung. Die Käufer der Filme hätten diese selbstverständlich nicht zum Zwecke der Aufbewahrung, sondern zum Zwecke der Vorführung als Lehrfilm erworben. Der Aufkleber, wonach alle "Urheber und Leistungsschutzrechte" vorbehalten werden sollten, sei rechtlich unqualifiziert und unverbindlich. Zumindest das Vorführungsrecht sei mitübertragen worden. Ausgeschlossen sei nur die öffentliche Wiedergabe, nicht die Vorführung zu Schulungszwecken. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG reiche dies aus. Eine umfassende Urheberrechtsübertragung sei nicht erforderlich.
Der Kläger beantragt
die "fraglichen" Umsätze ermäßigt zu besteuern.
Das FA beantragt
die Klage abzuweisen.
Wegen des engen Zusammenhangs zwischen Lieferung und sonstiger Leistung komme es auf den Schwerpunkt der Leistung an. Da keine umfassende Einräumung der Nutzungs- und Verwertungs-, Vervielfältigungs- und Bearbeitungsrechte erfolgt sei, liege der Schwerpunkt in der Lieferung.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
1. Die Veräußerung von Lehrfilmen zu Schulungszwecken ist nicht nach § 12 Absatz 2 Nr.7 c UStG begünstigt. Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben. Wie der BFH bereits entschieden hat (Urteil vom 17.01.2002 V R 13/01, BFH/NV 2002, 777) setzt diese Begünstigungsvorschrift voraus, dass der Rechtsinhaber das Recht zur Verwertung des Werkes gemäß den Bestimmungen des Urhebergesetzes einräumt und nicht nur die bestimmungsgemäße Nutzung gestattet. Die Einräumung der Nutzungsrechte müsse Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung sein. Nach den vorliegend geschlossenen Verträgen war die Übertragung von Urheberrechten jedoch gerade weitgehend ausgeschlossen und lediglich die Vorführung - somit nur die bestimmungsgemäße Nutzung - gestattet. Damit enthalten die vorliegenden Verträge wegen des Vorführungsrechts nicht ihr Gepräge als sonstige Leistung zur Übertragung von Urheberrechten, die sich der Kläger weitestgehend vorbehalten hatte.
2. Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 12 Absatz 2 Nr.7 b UStG, durch die die öffentliche Filmvorführung begünstigt werden soll (BFH Urteil vom 29.11.1984 V R 96/84, BStBl II 1985, 271), sind ebenfalls nicht erfüllt.
a) Danach ist u.a. begünstigt die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen nicht jugendgefährdenden Inhalts. Der Kläger hat keine Filmvorführungen selbst durchgeführt noch Filme zu diesem Zweck überlassen, sondern Filme veräußert zum Zwecke der Vorführung in Schulungsgruppen. Zum einen setzt die Vorschrift des § 12 Absatz 2 Nr. 7 b voraus, dass das Recht eingeräumt wird, das Filmwerk öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 19 Absatz 4 UrhG; BFH Urteil vom 29.11.1984 V R 96/834, BStBl II 1985, 271; Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, § 12 Tz. 290; Waza in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 12 Tz. 29). Daran fehlt es, wenn der Kreis der Personen durch gegenseitige Beziehungen untereinander oder Beziehungen zum Veranstalter begrenzt ist. Nach den Vertragsbedingungen war die erforderliche Übertragung eines Rechts zur ö f f e n t l i c h e n Vorführung gerade ausgeschlossen. Der Teilnehmerkreis bestand nur aus zu schulenden "Personal".
b) Des weiteren handelt es sich bei einer Veräußerung der Filme nicht nur um eine Rechtsübertragung als sonstige Leistung, sondern gleichzeitig um eine Lieferung des Filmmaterials. Nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 29.01.1991 V B 154/89, BFH/NV 1991, 675) kommt es bei dieser einheitlichen Leistung, die Elemente der Rechtsübertragung und Sachübertragung enthält, auf dem Schwerpunkt der Leistung an. Gegenüber der Filmveräußerung kommt jedoch die Mitübertragung des Rechtes zur Vorführung im engen Schulungskreis als Erlaubnis zur bestimmungsgemäßen Benutzung unter Ausschluss der Übertragung jeden weitergehenden Urheberrechts keine ausschlaggebende Bedeutung zu (Husmann in Rau/Dürrwächter, UStG § 12 Tz. 24).
c) Eine weitergehende Steuerbegünstigung lässt sich auch aus der 6. EG-Richtlinie nicht entnehmen. Danach ist nach Anhang H Nr.8 nur die Übertragung von Urheberrechten durch Schriftsteller, Komponisten und ausübende Künstler begünstigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung.
FG Kassel:
Urteil v. 04.05.2005
Az: 6 K 1595/03
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