Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2006
Aktenzeichen: 5 W (pat) 439/04
(BPatG: Beschluss v. 15.03.2006, Az.: 5 W (pat) 439/04)
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zu der Antragstellerin und zu dem Antragsgegner auferlegt.
Gründe
I Der Antragsgegner ist Inhaber des aus der Patentanmeldung P 44 22 448.6 mit dem Anmeldetag 29. Juni 1994 hervorgegangenen und am 24. Juli 1997 eingetragenen Gebrauchsmusters mit der Bezeichnung "Die Sichtfläche eines Betonfertigteils bildendes Schalungsteil". Die Schutzdauer des Gebrauchsmusters ist auf 10 Jahre verlängert worden. Der Eintragung liegen die mit den Anmeldeunterlagen eingereichten Schutzansprüche 1 bis 7, Beschreibung Seiten 1 bis 5 und Figuren 1 bis 3 zugrunde.
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2001, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 13. Oktober 2001, ist von der A... GmbH in B..., Antrag auf Löschung des Gebrauchsmusters gestellt worden. Als Lö- sungsgrund hat die Antragstellerin fehlende Neuheit gegenüber einer geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung angegeben.
Der Antragsgegner hat diesem Antrag widersprochen.
Mit Beschluss vom 3. Mai 2004 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts das Gebrauchsmuster im Umfang der Schutzansprüche 5 bis 7 teilgelöscht, soweit diese nicht auf die Schutzansprüche 1 bis 3 rückbezogen sind. Der weitergehende Löschungsantrag wurde zurückgewiesen. Die Kosten des Löschungsverfahrens sind zu 2/3 der Antragstellerin und zu 1/3 dem Antragsgegner auferlegt worden. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
In der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2006 hat der Antragsgegner sein Gebrauchsmuster im Umfang der Schutzansprüche vom 3. Mai 2004 verteidigt.
Die ursprünglich eingereichten, eingetragenen Schutzansprüche 1 bis 7 lauten:
"1. Die Sichtfläche eines Betonfertigteils bildendes Schalungsteil aus faserverstärktem, feinkörnigen Material, das in das Betonfertigteil eingegossen wird, wobei an der Nahtstelle zwischen dem Schalungsteil und dem Beton an der Unterseite eine Wassernase ausgespart wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Schalungsteil (1) an der Nahtstelle zum Beton an seiner Unterseite ein der Form der Wassernase entsprechendes Profil (2) aus gummielastischem, an dem Schalungsteil haftenden Material aufweist.
2. Schalungsteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Profil (2) an seiner Unterseite Stege (2a) aufweist, die über die Unterseite des Schalungsteils geringfügig vorstehen.
3. Schalungsteil nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Profil (2) aus Gummi besteht, dessen Oberfläche wenigstens an der dem Schalungsteil (1) zugewandten Seite eine für die Haftung am Schalungsteil ausreichende Rauhigkeit aufweist.
4. Schalungsteil nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass in das Schalungsteil Metallstücke (7) eingespritzt sind.
5. Die Sichtfläche eines Betonfertigteils bildendes Schalungsteil aus faserverstärktem, feinkörnigen Material, das in das Betonfertigteil eingegossen wird, insbesondere nach einem der Ansprüche 1 - 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Schalungsteil einstückig als Winkelteil ausgebildet ist.
6. Schalungsteil nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Schenkellängen (8, 9) entsprechend den jeweiligen Anforderungen des Einzelfalls gefertigt sind.
7. Schalungsteil nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass es an seiner Eckkante eine Fase (10) aufweist."
Die im Beschwerdeverfahren verteidigten Schutzansprüche 1 bis 7 in der Fassung vom 3. Mai 2004 lauten:
"1. Die Sichtfläche eines Betonfertigteils bildendes Schalungsteil aus faserverstärktem, feinkörnigen Material, das in das Betonfertigteil eingegossen wird, wobei an der Nahtstelle zwischen dem Schalungsteil und dem Beton an der Unterseite eine Wassernase ausgespart wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Schalungsteil (1) an der Nahtstelle zum Beton an seiner Unterseite ein der Form der Wassernase entsprechendes Profil (2) aus gummielastischem, an dem Schalungsteil haftenden Material aufweist.
2. Schalungsteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Profil (2) an seiner Unterseite Stege (2a) aufweist, die über die Unterseite des Schalungsteils geringfügig vorstehen.
3. Schalungsteil nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Profil (2) aus Gummi besteht, dessen Oberfläche wenigstens an der dem Schalungsteil (1) zugewandten Seite eine für die Haftung am Schalungsteil ausreichende Rauhigkeit aufweist.
4. Schalungsteil nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass in das Schalungsteil (1) Metallstücke (7) eingespritzt sind.
5. Die Sichtfläche eines Betonfertigteils bildendes Schalungsteil aus faserverstärktem, feinkörnigen Material, das in das Betonfertigteil eingegossen wird, nach einem der Ansprüche 1 - 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Schalungsteil einstückig als Winkelteil ausgebildet ist.
6. Schalungsteil nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Schenkellängen (8, 9) entsprechend den jeweiligen Anforderungen des Einzelfalls gefertigt sind.
7. Schalungsteil nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass es an seiner Eckkante eine Fase (10) aufweist."
Im Verfahren ist folgender druckschriftlich belegter Stand der Technik:
D1 FR 2 643 010 A1 D2 FR 2 645 565 A1 D3 US 4 223 502 Im Löschungsverfahren sind zum Beleg der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung folgende Dokumente vorgelegt worden:
LA2 Rechnung der A... GmbH, Nr. 9814950, vom 30. Mai 1994 LA3 "A... (B)", A... GmbH, Preisliste 11/94 mit handschriftlichem Eintrag "Am 25.4.00 an Hr. C... überge- ben"
LA4 wie LA3 mit zusätzlicher handschriftlicher und zeichnerischer Ergänzung "Profil aus gummielastischem Material"
LA5 Zeichnungsblatt "ABS-Mundstück" mit handschriftlichen Ergänzungen Im Beschwerdeverfahren sind folgende Dokumente vorgelegt worden:
B1 Schreiben der Patent- und Rechtsanwälte Dr. D... u. a.
vom 23. Februar 2001 B2 Eidesstattliche Versicherung des Herrn E... vom 16. Ok- tober 2000 B3 Handskizze mit handschriftlichen Eintragungen auf einem Briefbogen der Firma F... GmbH & Co.
B4 Angebot der Antragstellerin an die Firma F... GmbH & Co. vom 13. Januar 1993 B5 Reisebericht des Herrn E... vom 30. Mai 1994 B6 Anstellungsvertrag zwischen Herrn E... und der Antrag- stellerin B7 Einbau-Vorschlag mit Datum 3. Juni 1994 B8 Angebotsschreiben der Antragstellerin vom 6. Juni 1994 B9 Rechnung Nr. 9816075 vom 15. Juli 1994 B10 "A... (B)", Preisliste 11/94 der Antragstellerin Die Antragstellerin führt aus, der zugrunde liegende Löschungsantrag sei zwar obsolet geworden, da das angegriffene Streitgebrauchsmuster wegen Zeitablaufs mittlerweile erloschen sei. Sie stelle nun aber einen Feststellungsantrag, der auf die Feststellung, dem Gegenstand des ursprünglich angegriffenen Gebrauchsmusters könne von Beginn an keine Schutzwirkung zugesprochen werden, gerichtet sei. Ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis macht die Antragstellerin insoweit geltend, als sie vom Antragsgegner aus dem deutschen Teil eines zum Gebrauchsmuster korrespondierenden europäischen Patents und aus dem Gebrauchsmuster selbst vor dem Landgericht Düsseldorf in Anspruch genommen worden sei. Vor dem OLG Düsseldorf habe der Antragsgegner eine Unterlassungserklärung der Antragstellerin für eine bestimmte Ausführungsform erreicht, die mit vorliegendem Feststellungsbegehren hinfällig werden könnte, insbesondere auch im Hinblick auf die teilweise Kostentragungspflicht der Antragstellerin.
Sie begründet ihre Beschwerde mit fehlender Schutzfähigkeit wegen offenkundiger Vorbenutzung und führt hierzu aus, die neuheitsschädliche Vorbenutzungshandlung beruhe auf der Lieferung eines Schalungsteils mit allen im Schutzanspruch 1 angegebenen Merkmalen durch die Antragstellerin. Insbesondere sei es dabei um ein Schalungsteil gegangen, bei dem man eine am Schalungsteil haftende Dreikantleiste vorgesehen habe. Weil keine Geheimhaltungspflicht mit der bestellenden Firma G... vereinbart gewesen sei, habe allein mit Kennt- nisnahme des Bestellgegenstandes eine beliebige Anzahl von Sachverständigen Personen von dem Schalungsteil Kenntnis nehmen können. Hierzu wird Zeugenbeweis angeboten.
Die Antragstellerin räumt ein, dass sich das bestellte Schalungsteil möglicherweise noch durch ein der Wassernase entsprechendes Profil aus gummielastischem Material unterscheide. Dieses Merkmal könne jedoch die Schutzfähigkeit nicht begründen, da es aus der D3 ohne weiteres bekannt gewesen sei, Aussparungen an Schalungsteilen mit Profilen aus gummielastischem Material aufzufüllen, insbesondere um eine Dichtwirkung gegenüber den flüssigen Betonbestandteilen zu erzielen.
Dass die Antragstellerin lange vor dem Anmeldetag des Gebrauchsmusters derartige Betonteile angeboten habe, gehe im Übrigen aus den mit Beschwerdeschriftsatz eingereichten Dokumenten eindeutig hervor.
Im Übrigen sei das Gebrauchsmuster auch im Umfang der Unteransprüche nicht schutzfähig.
Außerdem sei der Gegenstand des Gebrauchsmusters nicht ausreichend offenbart. Es werde nämlich nicht klar, wie erreicht werden könne, dass das Profil an dem Schalungsteil hafte, insbesondere da Feinzement in der Herstellungsform als Trennmittel eingesetzt werde. Darüber hinaus könne auch nicht nachvollzogen werden, warum die Stege gemäß Anspruch 2 über die Unterseite des Schalungsteils hervorstehen sollten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung aufzuheben und die Rechtsunwirksamkeit des Gebrauchsmuster festzustellen, Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Weiterhin erhebt der Antragsgegner Anschlussbeschwerde hinsichtlich der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses.
Der Antragsgegner berief sich u. a. auf folgende Unterlagen:
LG1 Die Verarbeitung eines Schalungsteils nach dem Streitgebrauchsmuster LG2 Prospekt "Aufkantungen und Abschalungen"
LG4 Erklärung der Firma H... vom 18. Januar 2002 LG5 EP 0 692 352 B1 (zum Streitgebrauchsmuster korrespondierendes europäisches Patent)
LG7 BPatG 3 Ni 58/01 betreffend LG5 LG8 Gutachten im Auftrag des Bundesgerichtshofs Der Antragsgegner bestreitet die angebliche, offenkundige Vorbenutzung. Er beantragt, die Akten der parallelen Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Anteil des europäischen Patents 0 692 352 (LG5) beizuziehen (3 Ni 58/01) (LG7). Diese Klage sei u. a. auch auf die vorliegenden Unterlagen gestützt gewesen und sei durch Urteil des Bundespatentgerichts abgewiesen worden. Mittlerweile sei die Sache vor dem BGH anhängig. Der Antragsgegner führt aus, der Gebrauchsmustergegenstand habe mit dem vermeintlich vorbenutzten Gegenstand nichts zu tun. Auch der Stand der Technik zeige einen völlig anderen Gegenstand. Schließlich sei der Gebrauchsmustergegenstand ausreichend offenbart.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Denn ein Löschungsanspruch gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG ist nicht gegeben. Das Gebrauchsmuster ist im Sinne der §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig, weil die Erfindung in den Anmeldeunterlagen so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann und weil der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 auch neu ist und auf einem erfinderischen Schritt beruht.
1. Ein Rechtschutzbedürfnis, das auf die Feststellung, dem Gegenstand des ursprünglich angegriffenen Gebrauchsmusters könne von Beginn an keine Schutzwirkung zugesprochen werden, gerichtet ist, ist gegeben, denn die Antragstellerin macht geltend, dass sie aus dem Gebrauchsmuster bereits in Anspruch genommen werde, was der Antragsgegner auch nicht bestritten hat (Busse, Patentgesetz 6. Auflage, Vor § 15 GbmG Rn. 9 i. V. m. § 81 PatG Rn. 49 ff.)
2. Die verteidigten Schutzansprüche sind zulässig, da sie bis auf die Streichung der Angabe "insbesondere" im Anspruch 5 mit den am Anmeldetag eingereichten Schutzansprüchen übereinstimmen. Außerdem ist die verteidigte Fassung der Schutzansprüche eine zulässige Beschränkung des Schutzbegehrens, denn durch den nunmehr geltenden, ausschließlichen Rückbezug des Schutzanspruchs 5 auf den Schutzanspruch 1 ist der verteidigte Schutzanspruch 1 gegenüber dem eingetragenen Schutzanspruch 5 eingeschränkt.
3. Dem Gebrauchsmuster liegt objektiv die Aufgabe zugrunde, bei Verwendung von Schalungsteilen aus faserverstärktem, feinkörnigen Material, die in Betonfertigteilen integriert werden, die Wassernasen in kostengünstiger Weise herzustellen (Streitgebrauchsmuster S. 3 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1).
4. Gelöst wird diese Aufgabe durch den Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1, der mit Gliederungspunkten versehen folgendermaßen lautet:
M1 Die Sichtfläche eines Betonfertigteils bildendes Schalungsteil aus faserverstärktem, feinkörnigen Material, M2 das in das Betonfertigteil eingegossen wird, M3 wobei an der Nahtstelle zwischen dem Schalungsteil und dem Beton an der Unterseite eine Wassernase ausgespart wird, dadurch gekennzeichnet, dass M4 das Schalungsteil (1) an der Nahtstelle zum Beton an seiner Unterseite ein der Form der Wassernase entsprechendes Profil (2)
M4.1 aus gummielastischem, M4.2 an dem Schalungsteil haftendem Material aufweist.
5. Der für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgebende Fachmann ist ein in der Produktion von Betonfertigteilen tätiger Meister oder Bautechniker.
6. Der geltend gemachte Löschungsgrund der unzureichenden Offenbarung als Teilaspekt der Schutzfähigkeit liegt nicht vor. Denn der Fachmann findet in der Gebrauchsmusterschrift Angaben, aufgrund derer er in Verbindung mit seinem Wissen und Können das gummielastische Profil so ausgestalten bzw. auswählen kann, damit dieses Profil ausreichend fest am Schalungsteil haftet (vgl. hierzu auch die parallele Nichtigkeitssache 3 Ni 58/01 [LG7]). So ist in der Patentschrift ausgeführt, dass die Oberfläche des gummielastischen Profils vorzugsweise nur im Bereich der Berührung mit dem Schalungsteil eine gewisse Rauhigkeit aufweist, so dass das Profil an dem Schalungsteil haftet (Streitgebrauchsmuster S. 5 Zn. 13 bis 16). Dies veranlasst den Fachmann, ein Gummiprofil zu suchen, das eine für den gebrauchsmustergemäßen Zweck geeignete Oberflächenrauhigkeit, etwa in Form von fachüblichen Noppen oder Lippen, aufweist. Dabei kann er auf seine tägliche Erfahrung zurückgreifen, unterschiedlich strukturierte Gummiprofile zum Abdichten bei der Herstellung von Betonfertigteilen zu verwenden, wie beispielsweise aus der D3, Figur 7, Bezugszeichen 10, i. V. m. Beschreibung Sp. 3 Zn. 58 bis 65, bekannt.
Dem Fachmann kommt es dabei selbstverständlich auch nicht in den Sinn, wie von der Antragstellerin eingewendet, vorgesehene Haftflächen auf dem Gummiprofil mit dem als Trennmittel verwendeten Feinzement zu belegen. Denn nach der Gebrauchsmusterschrift wird der Feinzement lediglich auf das Formteil 4 und zum Teil auf das Begrenzungsteil 6 aufgespritzt (Streitgebrauchsmuster S. 4 Zn. 12 bis 19). Von einem Auftrag des als Trennmittel wirkenden Feinzements auf das gummielastische Profil ist auch nirgends die Rede. Im Übrigen würde der Fachmann eine solche Maßnahme ohnehin als kontraproduktiv verwerfen.
Darüber hinaus wird der Fachmann für die Weiterverarbeitung des Schalungsteils zu einem Fertigbetonteil auch für eine optimale Abdichtung an der Nahtstelle zum anzugießenden Beton sorgen. In fachgerechter Weise wird er hierzu das gummielastische Profil am Begrenzungsteil 5 am einfachsten so festlegen, dass dieses Profil nach Entfernen des Formteils 4 und des Begrenzungsteils 5 an der Unterseite des Schalungsteils geringfügig vorsteht, so dass es bekanntermaßen beim Aufsetzen auf den Montagetisch aufgrund der gummielastischen Eigenschaften des Profils zu einer Massenverdrängung und damit zu einer sicheren Abdichtung kommt.
7. Der von der Antragstellerin angebotene Beweis über die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung des Gebrauchsmustergegenstandes konnte nicht erhoben werden, da es an der ausreichend bestimmten Angabe eines Beweisthemas fehlt. Die Antragstellerin hat nämlich nicht hinreichend substantiiert dargelegt, unter welchen Umständen eine ein Schalungsteil mit einem daran haftenden Profil für eine Wassernase betreffende Vorbenutzungshandlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.
Ein Schalungsteil mit einer daran haftende Dreikantleiste wird ausschließlich in der eidesstattlichen Versicherung des Herrn E... vom 16. Oktober 2000 gemäß der Anlage B2 angesprochen. Soweit eine offenkundige Vorbenutzung durch die gemäß dieser eidesstattlichen Versicherung dargestellten Besprechung zwischen Herrn E... und Herrn I... von der Firma F... vom 30. Mai 1994 behauptet wird, fehlt es an hinreichenden Angaben dazu, wie ein unbegrenzter Personenkreis die Möglichkeit zur genügenden Kenntnisnahme von dem angeblich schutzrechtsgemäßen Gegenstand gehabt haben sollte. Insbesondere ist nicht dargetan worden, dass die gemäß der Anlage B2 behaupteten Besprechungsergebnisse in der Firma F... verkün- det bzw. ausgeführt worden seien. Im Übrigen zählt eine bloße mündliche Beschreibung nicht zum Stand der Technik (Bühring GbmG 6. Auflage § 3 Rdn. 11). Die übrigen zur geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung vorgelegten Unterlagen B1, B3 bis B10 geben keinen Hinweis in Richtung eines am Schalungsteil haftenden Profils.
8. Das die Sichtfläche eines Betonfertigteils bildende Schalungsteil gemäß dem Schutzanspruch 1 ist neu, denn im gesamten Stand der Technik fehlt es daran, dass, wie im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegeben, das Schalungsteil an der Nahtstelle zum Beton an seiner Unterseite ein der Form der Wassernase entsprechendes Profil aus gummielastischem, an dem Schalungsteil haftenden Material aufweist. Nähere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den Ausführungen zum erfinderischen Schritt.
9. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 beruht auf einem erfinderischen Schritt.
In der D2 geht es - wie die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 8. Oktober 2001 selbst ausgeführt hat - um Schalungsteile aus feinkörnigem Material mit Faserverstärkung, die bei der Herstellung von Betonfertigteilen im Bereich der Sichtflächen als so genannte verlorene Schalung verwendet werden (M1 bis M3). Insoweit ist die D2 gattungsbildend. Hinsichtlich der Lösung der dem Gebrauchsmuster zugrunde liegenden Aufgabe kann diese Entgegenhaltung dem Fachmann keine Anregung zu einer Lehre vermitteln, wie sie im kennzeichnenden Teil des Schutzanspruchs 1 (M4 und M4.1 bis M4.3) angegeben ist, denn ein Hinweis auf eine Wassernase fehlt dort völlig.
Auch die sonst noch im Verfahren befindlichen Druckschriften D1 und D3 können keinen Anstoß in die Richtung des verteidigten Schutzanspruchs 1 geben. So zeigt die D1 (Figuren und Anspruch 1) ein Schalteil 1, in das Beton B zur Herstellung von Platten ("dalles") oder Randsteinen ("margelles") eingegossen wird. Dabei wird mittels eines zylindrischen Einsatzes 2 eine Rille G eingedrückt, die eine Wassernase darstellt ("goutte pendente"). Von einem gummielastischen, haftendem Profil ist dort nichts zu finden. Die D3 (Figuren 1 bis 4 i. V. m. Sp. 3 Zn. 18 bis 34) beschreibt die Herstellung eines Fertigbauteils 1 ("building panel") aus Beton mit Verkleidungsplatten 8 aus Granit oder Marmor, die auf einem mit querlaufenden Trägerrippen 25 verstärkten Grundkörper 24 aus faserverstärktem Beton ("fiberglassstrengthended, concrete backing") aufgebracht sind. Figur 3 zeigt eine Dichtnaht 32 (Sp. 5 Zn. 46 ff.). Von einer Wassernase ist auch dort nirgends die Rede.
Da in dem in Betracht gezogenen Stand der Technik ein der Form der Wassernase entsprechendes Profil aus gummielastischem, an dem Schalungsteil haftendem Material nicht nachgewiesen werden konnte, führt auch eine zusammenschauende Betrachtung sämtlicher Entgegenhaltungen zu keinem anderen Ergebnis.
Daran ändert auch der vom Antragsgegner gutachtlich vorgelegte Prospekt LG2 nichts, denn dieser trägt keine Angaben zum Veröffentlichungszeitpunkt und ist somit vorliegend nicht zum Stand der Technik zu zählen. Im Übrigen ist dieser Prospekt von der Antragstellerin auch nicht aufgegriffen worden.
10. Bestand haben mit dem Schutzanspruch 1 auch die auf diesen rückbezogenen Schutzansprüche 2 bis 7, da diese vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Schalungsteils nach Schutzanspruch 1 betreffen.
Die zulässige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin erweist sich ebenfalls als nicht begründet. Die mit der Anschlussbeschwerde angegriffene Kostenentscheidung der Gebrauchsmusterabteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden und entspricht dem Umfang des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten.
11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.
BPatG:
Beschluss v. 15.03.2006
Az: 5 W (pat) 439/04
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