Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 210/00

(BPatG: Beschluss v. 10.01.2001, Az.: 32 W (pat) 210/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 9. Juni 1998 und 25. Mai 2000 aufgehoben, soweit die Eintragung wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 104 158 versagt wurde.

Gründe

I.

Gegen die am 20. April 1994 angemeldete Wortmarke SALTOOS die nach Änderung des Warenverzeichnisses nun noch für die Waren Getreidepräparate für die menschliche Ernährung, nämlich Ringe aus Vollkorngetreide, insbesondere Weizen, nicht in gekühlter Formbeansprucht wird, ist Widerspruch erhoben aus der seit 25. März 1987 für Tiefgekühlte Nahrungsmittel, nämlich Teigwaren, feine Back- und Konditorwaren, tiefgekühlte Fertiggerichte und Komplettmenüs, im wesentlichen bestehend aus einer oder mehreren der oben genannten Waren; Milchprodukte, nämlich durch Abraspelung von tiefgefrorenen Sahneblöcken oder Sprühen von Sahne mit anschließender Kältebehandlung entstehende Sahneflocken, Speiseeis, insbesondere Eiscreme, Sahneeis und Fruchteis; Eistorten, Eiswaffelneingetragenen Wortmarke Nr 1 104 158 Salto.

Die Markenstelle für Klasse 30 hat der angemeldeten Marke wegen des Widerspruchs die Eintragung in das Markenregister in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, versagt. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die - bestrittene - Benutzung für tiefgekühlten Blätterteig (= tiefgekühlte Back- und Konditorwaren), und tiefgekühlte Fertiggerichte wie Lasagne, Tortellini, Baguette, Pizzen glaubhaft gemacht sei. Diese seien den von der Anmelderin beanspruchten Getreidemehlpräparaten als feine Backwaren ähnlich. Die sich gegenüberstehenden Marken seien sich jedenfalls in klanglicher Hinsicht zu ähnlich, als daß Verwechslungen ausgeschlossen werden könnten. Das Endungs-"s" beim angegriffenen Zeichen wirke wie die Pluralform der Widerspruchsmarke und werde vom Verkehr nicht besonders beachtet. Zudem fänden sich die Unterschiede der Marken am weniger beachteten Wortende.

Gegen diese Entscheidungen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, daß keine Warenähnlichkeit gegeben sei. Es gebe insbesondere Unterschiede bei der Verwendung der Waren. Ringe aus Vollkorngetreide seien typische Frühstücks- und Zwischenmahlzeitprodukte, während die Waren der Widersprechenden nicht verzehrfertig seien. Eine geringe Ähnlichkeit bestehe allenfalls mit Blätterteig. Zu beachten sei hier jedoch auch, daß es sich um ein Produkt handele, das weiterverarbeitet werden müsse. Auch die Marken seien deutlich verschieden. Die Unterschiede am jeweiligen Wortende würden nicht unbeachtet bleiben, da dieses beim angegriffenen Zeichen betont werde.

Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Argumente der Markenstelle.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist einer Marke die Eintragung im Falle eines Widerspruchs zu versagen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 360 - Bayer/BeiChem).

Was die Waren betrifft, stehen sich beim angegriffenen Zeichen Ringe aus Vollkorngetreide, nicht in gekühlter Form, und nach Glaubhaftmachung im Benutzungsstreit bei der Widerspruchsmarke Tiefkühlkost, nämlich Blätterteig, Canneloni, Lasagne, Baguettes und Pizzen gegenüber. Diese sind allenfalls ganz entfernt ähnlich. Sie stammen aus völlig unterschiedlichen Fertigungsstätten. Die Ringe aus Vollkorngetreide werden in Mühlen bzw Betrieben der Getreideveredelung hergestellt, während die Produktion von Tiefkühlkost völlig andere Spezialbetriebe erfordert. Überschneidungen bei den Vertriebswegen konnten nicht festgestellt werden. Es sind keine großen Hersteller oder Handelsmarken bekannt, die beide Bereiche abdecken. Auch bei der Verwendungsweise der jeweiligen Produkte gibt es große Unterschiede. Zu Recht weist die Anmelderin darauf hin, daß ihre Produkte verzehrfertige (Zwischen-)Mahlzeiten darstellen, während die für die Widerspruchsmarke geschützten Waren durch Backen weiterverarbeitet werden müssen, um ihren verbrauchsfertigen Zustand zu erreichen.

Dieser große Abstand bei den beanspruchten Waren verhindert die Gefahr von rechtserheblichen Verwechslungen, auch wenn die jeweiligen Produkte von breitesten Verkehrskreisen, die erfahrungsgemäß Kennzeichnungen keine besondere Beachtung schenken, erworben werden, und die Widerspruchsmarke über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt.

Trotz nur geringer klanglicher und schriftbildlicher Markenunterschiede kann bei dieser Sachlage nicht festgestellt werden, daß mit "SALTOOS" gekennzeichnete Getreideprodukte und mit "Salto" als Marke versehene Tiefkühlprodukte in rechtlich beachtlichem Ausmaß nur einem Anbieter zugerechnet werden. Dazu trägt die Verdoppelung des Vokals der zweiten Silbe des angegriffenen Zeichens am betonten Wortende hinreichend bei. Auch in schriftbildlicher Hinsicht wird das auffällige Doppelo der jüngeren Marke für einen noch ausreichenden Abstand sorgen.

Eine Kostenauferlegung ist nicht veranlaßt.

Winkler Dr. Fuchs-Wissemann Sekretaruk Mü/Fa






BPatG:
Beschluss v. 10.01.2001
Az: 32 W (pat) 210/00


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