Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 12. Januar 2010
Aktenzeichen: 13 B 939/09

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 12.01.2010, Az.: 13 B 939/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 15. Juni 2009 geändert.

Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (Az.: 27 K 4864/08 Verwaltungsgericht Düsseldorf) gegen die Ziffern 1 bis 4 der Ordnungsverfügung der Antrags-gegnerin vom 3. Juni 2008 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 102.500,- Euro und für das Beschwerdeverfahren auf 100.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 3. Juni 2008 gab die Antragsgegnerin der in H. ansässigen Antragstellerin auf,

"1. das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere ... so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.

Dazu wird Ihnen aufgegeben,

a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,

b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage unter lit. a) bejaht. Das gleiche gilt, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,

c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.

Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem "Standort NRW"

d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.

e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Spiel auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.

2. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.

3. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse ..., in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis ("Disclaimer") einzufügen, dass

a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,

b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,

c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,

d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.

4. Die Anordnungen zu Ziffern 1 bis 3 sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.

..."

Am 4. Juli 2008 hat die Antragstellerin Klage erhoben (27 K 4864/08 Verwaltungsgericht Düsseldorf) und am selben Tag um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

Mit Beschluss vom 15. Juni 2009 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 bis 4 der Ordnungsverfügung angeordnet und den Antrag der Antragstellerin im Übrigen abgelehnt.

Dagegen hat die Antragsgegnerin am 30. Juni 2009 Beschwerde eingelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 15. Juni 2009 die Anträge der Antragstellerin vom 4. Juli 2008 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe befindet, hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Ziffern 1 bis 4 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. Juni 2008 anzuordnen, zu Unrecht stattgegeben. Die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Untersagungsverfügung ist - soweit sie noch streitbefangen ist - nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Ordnungsverfügung ist § 9 Abs. 1 GlüStV. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlichenrechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV aufgeführten Maßnahmen ergreifen.

Vgl. Art. 1 des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 30. Oktober 2007 (GV. NRW. 2007, 445).

Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten der Antragsgegnerin nach dieser Vorschrift sind erfüllt. Unter der Domain ..... werden (auch) in Nordrhein-Westfalen unerlaubte Glücksspiele veranstaltet.

Die über diese Domain abrufbaren Casino-, Poker- und sonstigen Spiele sowie Sportwetten sind Glückspiele. Nach § 3 Abs. 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (Satz 1). Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (Satz 2). Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele (Satz 3). Für die unter der Domain ........dargebotenen Spiele sowie Wetten wird für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt, die Entscheidung über den Gewinn hängt vom Zufall und/oder dem (ungewissen) Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses ab.

Die Veranstaltung dieser Glücksspiele findet (auch) in Nordrhein-Westfalen statt. Nach § 3 Abs. 4 GlüStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme geboten wird. Das ist in Nordrhein-Westfalen der Fall, denn das fragliche Internetangebot ist in Nordrhein-Westfalen abrufbar.

Die unter der Domain ......dargebotenen Glücksspiele sind unerlaubt. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in Nordrhein-Westfalen verboten. Eine Pflicht zur Anerkennung der von anderen Mitgliedsstaaten - wie etwa die der Antragstellerin oder ihren Tochtergesellschaften durch die britische Glücksspielkommission oder die Regierung G. - erteilten Glücksspielerlaubnisse gibt es mangels Harmonisierung des Glücksspielrechts auf Gemeinschaftsebene nicht.

Vgl. hierzu eingehend OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, ZfWG 2008, 122, m. w. N.; Bay. VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.

Die Antragsgegnerin dürfte auch zu Recht die Antragstellerin als Veranstalterin dieser unter der Domain ...... in Nordrhein-Westfalen dargebotenen unerlaubten Glückspiele in Anspruch genommen haben. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es lasse sich im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit feststellen, ob die Antragstellerin tatsächlich (auch) oder nicht vielmehr ausschließlich ihre Tochtergesellschaften, die Hillside (New Media) Limited und Hillside (Gibraltar) Limited, Veranstalterinnen seien. Bei der in diesem Verfahren nur gebotenen und möglichen summarischen Prüfung spricht alles dafür, dass nicht die in Rede stehenden Tochtergesellschaften der Antragstellerin, sondern die Antragstellerin als Muttergesellschaft selbst verantwortliche Veranstalterin der streitigen Glücksspiele ist.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der Begriff des Veranstalters eines Glücksspieles sei im Glückspielstaatsvertrag nicht definiert, zur Eingrenzung des Begriffs könne auf die Rechtsprechung zum Straftatbestand des § 284 StGB und zum Lotteriesteuerrecht zurückgegriffen werden. Auch der Senat geht von der Maßgeblichkeit der nachstehenden Definitionen aus, legt sich aber in diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht fest, ob bereits eine dieser Definitionen allein den Begriff des Veranstalters nach dem Glücksspielstaatsvertrag zutreffend erfasst.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Veranstalter im Sinne der Bestimmung des § 284 StGB, wer verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schafft und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermöglicht.

Vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, GewArch 2003, 332 = juris.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist Veranstalter im Sinne des Lotteriesteuerrechts, wer das Gestaltungsrecht für die vertragsrechtliche Ordnung des Spielgeschehens inne hat, einschließlich der Möglichkeit, die regelungsbedürftigen Fragen im Verhältnis zu den teilnehmenden Spielern, z.B. durch vorformulierte Vertragsbedingungen (allgemeine Geschäftsbedingungen), zu ordnen.

Vgl. BFH, Urteil vom 2. April 2008 - II R 4/06 -, juris.

Ausgehend hiervon dürfte die (Muttergesellschaft der) Antragstellerin als Veranstalterin des unerlaubten Glücksspiels zu qualifizieren sein. Allein sie dürfte verantwortlich und organisatorisch den Rahmen für die Veranstaltung von Glückspielen unter der Domain ...... geschaffen haben. Sie dürfte diese - durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Veranstalters in § 284 StGB definierten - Voraussetzungen dadurch erfüllen, dass sie zur Veranstaltung der Glücksspiele mit dem Kennzeichen "bet365" die Domain ...... anmeldete, nach wie vor Inhaberin der Domain ist und damit die Plattform für die Spiel- und Wettmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Zudem tritt nur sie - und treten nicht auch ihre Tochtergesellschaften - nach außen in Erscheinung. Der durchschnittliche Spielinteressent kann deshalb nur sie als Glücksspielanbieterin sowie als Vertragspartnerin wahrnehmen. Denn mit Blick auf ihren Internetauftritt stellt sich das Angebot unter der Domain ....... allein als Angebot der Domaininhaberin, mithin der Antragstellerin, und nicht als das ihrer Tochtergesellschaften dar. Auf ihrer Homepage bezeichnet sie sich, die "bet365", als "Firma"; ein Zusatz, der auf ihre Rechtsform als aus Mutter- und Tochtergesellschaften bestehendes Holdingunternehmen hindeutete, findet sich nicht. Auch fehlt es an Einträgen von Namen, Sitz oder Aufgaben ihrer Tochtergesellschaften. Sie gibt die ... - und nicht ihre Tochtergesellschaften - auf ihrer Startseite als durch die britische Glücksspielkommission lizensierte Sport- und Finanzwetten- bzw. durch die Regierung von Gibraltar lizensierte Spieleanbieterin an. In den Geschäftsbedingungen, den "allgemeinen Wettregeln", wird ebenfalls die "bet365" als Berechtigte und Verpflichtete aufgeführt, ihre Tochtergesellschaften werden nicht benannt. Als Postanschrift findet sich unter der Rubrik "Kontakt" nur die Anschrift der Antragstellerin in H. und nicht etwa die ihrer Tochtergesellschaft in Gibraltar.

Vor dem Hintergrund der Inhaberschaft der Domain sowie insbesondere des skizzierten Internetauftrittes der Antragstellerin spricht alles dafür, dass sie als Muttergesellschaft das - im Sinne der lotteriesteuerrechtlichen Rechtsprechung - die Veranstaltereigenschaft kennzeichnende Gestaltungsrecht für die vertragsrechtliche Ordnung des Spielgeschehens inne hat und nicht ihre Tochtergesellschaften. Ihr Geschäftszweck ist nach außen ausschließlich auf die Veranstaltung von Glückspiel gerichtet und nur sie tritt nach außen auf. Denn allein sie tritt den Spielinteressenten als Anbieterin und Vertragspartnerin gegenüber, nicht ihre Tochtergesellschaften. Nur sie berühmt sich nach außen der Rechtsmacht, die im Zusammenhang mit den abzuschließenden Spiel- oder Wettverträgen regelungsbedürftigen Fragen im Verhältnis zu den teilnehmenden Spielern ordnen zu können. Dass ihre Tochtergesellschaften gleichberechtigt oder an ihrer Stelle entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten hätten, wird nach außen jedenfalls nicht sichtbar. Dadurch macht die Antragstellerin hinreichend deutlich, dass sie - auch im Innenverhältnis - einen beherrschenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaften ausübt und dass die Gestaltung des Spielgeschehens in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in ihrer Hand liegt und nicht in der ihrer Tochtergesellschaften. Mit Blick darauf kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass Spiel- und Wettlizenzinhaberinnen ihre Tochtergesellschaften sind und diese - nicht nach außen tretend - die Geschäftsabwicklung übernehmen. Auch dürfte in diesem Zusammenhang unerheblich sein, ob das Impressum der Antragstellerin den in § 5 TMG und § 55 RStV normierten Anforderungen genügt oder dies - wie die Antragsgegnerin meint - nicht der Fall ist. Denn unabhängig von dieser Frage ist die Antragstellerin unter Zugrundelegung der für die Auslegung des Begriffs des Veranstalters im Sinne des Glücksspielvertrags heranzuziehenden strafrechtlichen bzw. lotteriesteuerrechtlichen Definitionen dieses Begriffs als Veranstalterin der unerlaubten Glücksspiele anzusehen.

Bei dieser Sachlage hatte und hat die Antragsgegnerin ungeachtet der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der einzelnen Gesellschaften der Antragstellerin allen Anlass, gegen diese als Veranstalterin der dargebotenen Internetglücksspiele vorzugehen.

Vgl. im Übrigen zu ähnlichen Fallkonstellationen: Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - und vom 12. November 2009 - 13 B 959/09 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 3. April 2009 - 11 ME 399/08 -, NVwZ 2009, 1241 = ZfWG 2009, 184, m. w. N.; Sächs. OVG, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - 3 BS 311/06 -, ZfWG 2007, 442; VGH Bd.-Württ., Beschluss vom 19. August 2009 - 6 S 108/08 -.

Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig.

Die Ordnungsverfügung ist ermessensfehlerfrei erlassen worden. Die Antragsgegnerin hat von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten (§ 114 Satz 1 VwGO). Der Verwaltungsakt ist insbesondere verhältnismäßig.

Die Aufforderung, keine Glücksspiele im Internet in Nordrhein-Westfalen zu veranstalten und dafür die in den Ziffern 1 bis 4 des Bescheidtenors aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen, ist geeignet, um den Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV auszuräumen. Die Ordnungsverfügung ist ein taugliches Mittel zur Umsetzung des in Rede stehenden Veranstaltungsverbots.

Durch sie wird von der Antragstellerin nichts rechtlich Unmögliches verlangt. Insbesondere werden von der Antragstellerin durch die Ziffern 1 bis 3 der Ordnungsverfügung nicht Maßnahmen gefordert, die gegen datenschutzrechtliche Vorschriften - wie etwa gegen solche des TMG oder BDSG - verstoßen. Die der Antragstellerin aufgegebenen Datenerhebungsmaßnahmen verstoßen nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen.

Vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, a. a. O.

Durch die Ordnungsverfügung werden der Antragstellerin auch keine tatsächlich nicht durchführbaren Maßnahmen auferlegt. Es ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht ersichtlich, dass die in den Ziffern 1 bis 4 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen, insbesondere die angeordnete Anwendung der Geolokalisationsmethode, technisch nicht umsetzbar wären. Die Geolokalisation von IP-Adressen ist technisch möglich, der Aufenthalt eines Spielinteressenten innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalen lässt sich mit einer auf das Land Nordrhein-Westfalen bezogenen Internet-Geolokalisation mit beachtlicher Erfolgsquote feststellen.

Vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O. unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie ohne die hier aufgegebenen "Begleitmaßnahmen" Bay. VGH, Beschluss vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; Nds. OVG, Beschluss vom 3. April 2009 - 1 ME 399/08 -, ZfWG 2009, 184 = NVwZ 2009, 1241; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 -, juris.

Die aufgegebenen Maßnahmen sind auch erforderlich. Ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel zur Umsetzung des streitigen Veranstaltungsverbots ist nicht ersichtlich. Insbesondere der Auferlegung nur einer der genannten Maßnahmen als milderes Mittel käme nicht die gleiche geeignete Wirkung zu wie der Gesamtheit der unter Ziffer 1 bis 3 aufgegebenen Maßnahmen. Nur die unter Ziffer 1 a) und b) benannten Maßnahmen aufzugeben, führte dazu, dass diejenigen Spielinteressenten, die wahrheitswidrige Angaben machen, nicht wirksam ausgeschlossen werden könnten. Soweit die Antragstellerin meint, es reiche aus, Spieler auszuschließen, hinsichtlich derer nachträglich bekannt werde, dass diese aus Nordrhein-Westfalen gespielt hätten (Ziffer 1 c) der Ordnungsverfügung), könnte eine solche Maßnahme ersichtlich nicht zum gleichen Erfolg führen wie die Gesamtheit der angeordneten Maßnahmen. Denn die nachträgliche Kenntnis des Aufenthaltsorts hinge vom Zufall ab; schließlich hat die Antragstellerin keinerlei Umstände benannt, auf welche Weise sie sicherstellen könnte, dass und wie sie nachträglich Kenntnis über die Teilnahme von Spielern aus Nordrhein-Westfalen erlangte. Durch die unter Ziffer 3) geforderte Maßnahme, einen sog. Disclaimer einzufügen, ließen sich nicht alle Spielinteressenten aus Nordrhein-Westfalen abhalten, das gesetzeswidrige Angebot der Antragstellerin in Anspruch zu nehmen.

Die Maßnahmen sind schließlich angemessen. Sie führen nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Die aufgegebenen Handlungen sind der Antragstellerin auch in Ansehung der daraus resultierenden empfindlichen wirtschaftlichen Auswirkungen zumutbar, um das verfassungs- und gemeinschaftsrechtlich unbedenkliche und damit für jedermann verbindliche Verbot der Veranstaltung von Internet-Glücksspiel durchzusetzen. Im Übrigen ist es ordnungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Ordnungsbehörde dem Pflichtigen "nur" eines von mehreren in Betracht kommenden effektiven Mitteln aufgibt, um das Glücksspielveranstaltungsverbot im Internet in Nordrhein-Westfalen umzusetzen (vgl. § 21 Satz 1 OBG NRW). Sofern der Ordnungspflichtige meint, dem Veranstaltungsverbot durch ihn weniger belastende, aber ebenso geeignete Mittel nachkommen zu können, mag er der Behörde diese Alternative fristgerecht als Austauschmittel anbieten (vgl. § 21 Satz 2 und 3 OBG NRW). Andernfalls bleibt er verpflichtet, die geeignete, erforderliche und angemessene Ordnungsverfügung zu befolgen, um dem in § 4 Abs. 4 GlüStV vorgegebenen (und strafrechtlich über § 284 StGB abgesicherten) Veranstaltungsverbots zur Wirkung zu verhelfen.

Die von der Antragsgegnerin gesetzte Frist zur Beseitigung des gesetzeswidrigen Zustands von vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheids begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

Das Veranstaltungs-, Vermittlungs- und Werbeverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 4 GlüStV) ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin mit höherrangigem Recht, namentlich dem Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht, vereinbar.

Vgl. hierzu eingehend Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O., vom 12. November 2009 - 13 B 959/09 - , a. a. O. und vom 30. Oktober 2009 - 13 B 736/09 -, juris, jeweils m.w.N.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung betreffend das erstinstanzliche Verfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 39 Abs. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 2 in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung des GKG.

Vgl. Gesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I. S. 2586).

Hinsichtlich der angeordneten Einschränkung der Glücksspielveranstaltung ist von einem Streitwert von 100.000,- Euro auszugehen.

Vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O.

Da das zugleich unter Ziffer 5 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 50.000,- Euro diesen Wert nicht übersteigt, bleibt die Androhung - für die Zeit vor und nach der insoweit eingetretenen Erledigung des Rechtsstreits - bei der Streitwertfestsetzung außer Betracht (s. Ziffer 1.6.2 des Streitwertkatalogs). Der hinsichtlich der Gebührenfestsetzung unter Ziffer 6 der Ordnungsverfügung zu einem Viertel anzusetzende Teilbetrag (s. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs) ist auf den Streitwert zu addieren (s. Ziffer 1.1.1 des Streitwertkatalogs).

Die Streitwertfestsetzung betreffend das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung des GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 12.01.2010
Az: 13 B 939/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8a54a08dd1e4/OVG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_12-Januar-2010_Az_13-B-939-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share