Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 26. Juli 1996
Aktenzeichen: 6 U 67/96
(OLG Köln: Urteil v. 26.07.1996, Az.: 6 U 67/96)
1. Die Verwendung der Bezeichnung ,SALZIGE HERINGE" für Salzlakritze in Fischform stellt eine rechtserhaltende Benutzung der für derartige Waren eingetragenen Marke ,SALZIGE HERINGE Salzlakritz" dar.
2. ,Herings-FASS" als Bezeichnung für Salzlakritze, die die Form von Fischen und (in geringerem Umfang) von Fässern haben und in dieser Gestaltung gemeinsam in einer Packung angeboten werden, ist mit der Marke ,SALZIGE HERINGE Salzlakritz", unter der Salzlakritze in Fischform vertrieben werden, wenn dieser Marke erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt.
Tenor
I.) Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 8.2.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 81 O 17/96 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:1.) Die durch Beschluß vom 30.1.1996 erlassene einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln - 31 O 44/96 - wird in der nachfolgend wiedergegebenen Fas-sung teilweise bestätigt:Die Antragsgegnerin hat es zur Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzuset-zenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,a) Lakritz und/oder - wie nachstehend wiedergegeben - die Aufmachung oder Verpackung von Lakritz mit der Kennzeichnung "HERINGS-FASS" zu versehen: und/oderb) Lakritz unter der Kennzeichnung "HERINGS-FASS" anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringenund/oderc) für Lakritz die Kennzeichnung "HERINGS-FASS" markenmäßig in Geschäftspapieren und/oder der Werbung zu benutzen.2.) Im übrigen wird die einstweilige Verfügung vom 30.1.1996 aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlaß zurückgewiesen. II.) Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Antragstellerin zu 10 % und die Antragsgegnerin zu 90 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und in vollem Umfange begründet. Die
einstweilige Verfügung vom 30.1.1996 ist - soweit die
Antragstellerin den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag nicht im
Berufungsverfahren zurückgenommen hat - unter Berücksichtigung
redaktionell gebotener Klarstellungen, die sich sämtlich im Rahmen
des § 938 Abs.1 ZPO halten und insbesondere keine Teilabweisung des
Antrags darstellen, zu bestätigen.
Der Verfügungsantrag, an dessen Dringlichkeit zu zweifeln kein
Anlaß besteht, beurteilt sich gem. §§ 152 f MarkenG ausschließlich
nach den Bestimmungen des Markengesetzes, weil die Antragsgegnerin
die beanstandete Kennzeichnung ihres Produktes als "HERINGS-FASS"
nicht vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen hat.
Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen der oben tenorierten
Unterlassungsansprüche aus §§ 4 Abs.1, 14 Abs.2 Ziff 3, Abs.3 Ziff
1,2 und 5 und Abs.5 MarkenG glaubhaft gemacht.
Aufgrund der bereits im Jahre 1985 erfolgten Anmeldung und
Eintragung der Marke "SALZIGE HERINGE Salzlakritz" steht der
Antragstellerin gemäß §§ 1, 3 Abs.1, 4 Ziff.1 MarkenG formaler
Zeichenschutz für diese Marke zu. Der hiergegen erhobene Einwand
der mangelnden Benutzung ist unbegründet. Die Antragstellerin
benutzt ihr Zeichen in einer den Einwand aus § 25 MarkenG
ausschließenden Weise durch die Bezeichnung des von ihr
vertriebenen Salzlakritzes in Fischform als "Salzige Heringe" wie
dies in der Aufmachung der Verpackung des Produktes geschieht, die
im Original in der Hülle Bl.129 ersichtlich ist. Weder die von der
Eintragung der Marke abweichende Schriftform noch die Tatsache, daß
der Zeichenbestandteil "Salzlakritz" sich nur im Falz der
Verpackung findet, steht dieser Beurteilung entgegen.
Maßgeblich für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung ist, ob
der Verkehr, hier also der Verbraucher, die eingetragene und die
benutzte Marke als dasselbe Zeichen ansieht (BGH GRUR 75,135,138 -
"KIM-Mohr"). Dies ist ohne weiteres glaubhaft gemacht. Daß der
Begriff "Salzlakritz" nicht im unmittelbaren räumlichen
Zusammenhang mit der Bezeichnung "Salzige Heringe", sondern nur im
Falz der Verpackung aufgeführt ist, ändert hieran nichts, weil es
sich bei diesem Bestandteil des eingetragenen Zeichens um einen
rein beschreibenden, den maßgeblichen Gesamteindruck des Zeichens
allenfalls geringfügig beeinflussenden Begriff handelt. Dem
Bestandteil "Salzlakritz" in der geschützten Marke kommt keinerlei
Kennzeichnungsfunktion zu, weil er ausschließlich das Produkt, das
eben ein Salzlakritz ist, durch Verwendung dieses Wortes
beschreibt. Das Weglassen rein beschreibender Markenbestandteile
ist indes für die rechtserhaltende Benutzung unschädlich (vgl. für
die unverändert fortgeltende Rechtslage nach altem Recht nur BGH
a.a.O. und - für rein beschreibende Zusätze - GRUR 78,642,643 -
"Silva", Baumbach/Hefermehl, Warenzeichengesetz, 12. Auflage, § 5
RZ 29, Althammer, Warenzeichengesetz, 4. Auflage, § 5 RZ 51, Busse/
Stark, Warenzeichengesetz, 6. Aufl., § 5 RZ 59 jew. m.w.N.).
Dasselbe gilt angesichts der abweichenden Schrifttypen und
Schreibweise (vgl. dazu allgemein BGH GRUR 79,707,708 f - "Haller
I", Baumbach/Hefermehl a.a.O. RZ 25, Althammer a.a.O. RZ 49). Der
Verkehr sieht die Kennzeichnung "Salzige Heringe" als Benutzung des
Zeichens "SALZIGE HERINGE Salzlakritz" an, weil dieses Wortzeichen
nicht durch die bildliche Darstellung der Worte "Salzige Heringe",
sondern durch deren Sinn geprägt wird. Die von der eingetragenen
Marke abweichende Kleinschreibung und Verwendung einer anderen
Schrift, die indes ebenso gängig ist wie diejenige des
eingetragenen Zeichens, stellt daher eine rechtserhaltende
Benutzung der eingetragenen Marke dar. Diese sowie die sogleich im
Rahmen der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Feststellungen kann der
Senat aus eigener Sachkunde selbst treffen, weil seine Mitglieder
als Verbraucher von Lebensmitteln zu den angesprochenen
Verkehrskreisen gehören.
Es ist glaubhaft gemacht, daß die Verwendung der Bezeichnung
"HERINGS-FASS" für Salzlakritz durch die Antragsgegnerin die
Voraussetzungen des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG erfüllt. Dies
rechtfertigt den Erlaß einer einstweiligen Verfügung bezüglich
sämtlicher von der Antragstellerin im Berufungsverfahren noch
geltendgemachter Unterlassungsansprüche.
Nach der vorstehenden Bestimmung ist es Dritten u.a. untersagt,
ein mit der geschützten Marke ähnliches Zeichen für identische
Waren zu verwenden, wenn wegen dieser Àhnlichkeit die Gefahr von
Verwechslungen besteht.
Es entspricht gefestigter Rechtsprechung zur Rechtslage vor
Inkrafttreten des Markengesetzes, daß die Verwechslungsgefahr nicht
nur durch die Àhnlichkeit der Begriffe, sondern auch durch die
Kennzeichnungskraft der zu schützenden Bezeichnung und die
Warennähe der bezeichneten Produkte bestimmt wird (vgl. z.B. BGH
GRUR 95, 50 f - "Indorektal/Indohexal" m.w.N. auf die ständige
Rechtsprechung des BGH). Die sich aus dem Zusammenhang dieser
Kriterien für das frühere Recht ergebende Wechselwirkung gilt im
neuen Recht mit den den vorliegenden Fall nicht betreffenden
Abweichungen fort, die sich daraus ergeben, daß nunmehr die
Warengleichartigkeit nicht mehr Schutzvoraussetzung ist (vgl. BGH
GRUR 95,216, 219 - "Oxygenol II", GRUR 96,198,199 f - "Springende
Raubkatze", OLG Nürnberg GRUR 96, 206 f - "Leitungsrohre").
Bei der Marke "SALZIGE HERINGE Salzlakritz" der Antragstellerin
handelt es sich um ein zusammengesetztes Wortzeichen. Die
Gegenüberstellung der beiden Zeichen ergibt, daß die
Antragsgegnerin mit dem Begriff "HERINGS-FASS" ein Zeichen
verwendet, in dem ein Teil dieses zusammengesetzten Wortzeichens,
nämlich "Heringe", in der sich aus der sprachlichen Verbindung mit
dem Begriff "Fass" ergebenden Anpassung übernommen worden ist.
Diese Kennzeichnung des Produktes der Antragsgegnerin begründet im
Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens die im § 14 Abs.2 Ziff.2
MarkenG vorausgesetzte Verwechslungsgefahr.
Nach ständiger Rechtsprechung (aufgegriffen in BGH a.a.O. -
"Springende Raubkatze") ist für die Beurteilung der
Kennzeichnungskraft eines zusammengesetzten Zeichens auf dessen
Gesamtwirkung abzustellen. Dies verbietet zwar das isolierte
Abstellen allein auf einen Bestandteil des zusammengesetzten
Zeichens, gleichwohl kann einem solchen Bestandteil aber eine
besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zukommen,
"wenn er in dem Gesamtzeichen eine selbständig kennzeichnende
Stellung hat und nicht derart in den Hintergrund tritt, daß er
durch Einfügen in das Gesamtzeichen seine Eignung verliert, die
Erinnerung an dieses wachzurufen" (BGH a.a.O., S.199 mit Hinweis
auf frühere Entscheidungen).
Ausgehend hiervon ist festzustellen, daß das Zeichen "SALZIGE
HERINGE Salzlakritz" der Antragstellerin ganz wesentlich durch den
Bestandteil "Heringe" geprägt wird, wenn auch der Zusatz "salzige"
bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht völlig zurücktritt.
Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang nicht die keine
Besonderheiten aufweisende Schreibweise, sondern allein der Sinn
der verwendeten Begriffe des Wortzeichens der Antragstellerin. Der
Sinn der Worte "salzige Heringe" wird indes durch den Begriff
"Heringe" geprägt. Denn das Substantiv "Heringe" beschreibt einen
speziellen Speisefisch und löst damit bei dem Verbraucher eine
bestimmte Vorstellung eines vollständigen, aus sich heraus ohne
weiteres verständlichen Begriffes aus, der sogar ohne weitere
Zusätze schon zur Kennzeichnung eines Produktes ausreichen würde.
Demgegenüber gibt das Adjektiv "salzige" lediglich eine spezielle
Geschmacksrichtung an. Es handelt sich damit um ein Wort, das ein
Produkt nicht vollständig kennzeichnen könnte. Es hat in der Marke
der Antragstellerin auch deswegen nur in untergeordneter Weise
kennzeichnende Funktion, weil durch das "salzig" der Begriff
"Heringe" nur geringfügig verändert wird. In der Vorstellung der
Verbraucher sind Heringe nämlich zumindest ganz überwiegend von
salzigem Geschmack. Es kommt hinzu, daß das Adjektiv "salzige" zur
Kennzeichnung gerade von Salzlakritz auch ein beschreibendes
Element enthält, weil Salzlakritze einen salzigen Geschmack
haben.
Das deutliche Óbergewicht von "Heringe" gegenüber "salzige" in
der prägenden Wirkung der Bestandteile der zu Gunsten der
Antragstellerin geschützten Marke rührt auch daher, daß dem Begriff
"Heringe" gerade für Lakritz von Hause aus eine erhöhte
Kennzeichnungskraft zukommt. Heringe und Lakritz sind zwar beides
Lebensmittel, sie stehen aber in der Vorstellung der flüchtigen
Verbraucher in keinerlei Verbindung zueinander. Die Bezeichnung
eines Lebensmittels mit einem Begriff, der für ein gänzlich anderes
allgemein bekanntes Lebensmittel steht, stellt indes eine
phantasievolle Kennzeichnung dar, die zu einer
überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft führt. Dem steht die
Tatsache nicht entgegen, daß das von der Antragstellerin
vertriebene Produkt die Form von Fischen und damit auch diejenige
von Heringen hat. Denn maßgeblich für den Markenschutz ist nicht,
in welcher Ausgestaltung die Antragstellerin unter der geschützten
Marke ihre Produkte vertreibt. Der Schutzumfang ergibt sich
vielmehr allein aus der Marke selbst, die indes für "unter
Verwendung von Salz hergestelltes Lakritz", also auch für solches
Lakritz geschützt ist, das nicht die Form eines Fisches aufweist.
Im übrigen ist das Produkt, auch wenn es in der Form eines Fisches
gestaltet ist, eben kein Hering, sondern ein Stück Lakritz.
Neben den Bestandteilen "salzige" und "Heringe" hat der weitere
und letzte Zeichenbestandteil "Salzlakritz" aus den oben im
Zusammenhang mit der rechtserhaltenden Benutzung bereits
dargelegten Gründen keine das Gesamtzeichen kennzeichnende
Funktion.
Ist aus den vorstehenden Gründen davon auszugehen, daß in der
Marke der Antragstellerin der Bestandteil "salzige" zwar auch eine
gewisse kennzeichnende Funktion hat, demgegenüber aber der
Bestandteil "Heringe" in seiner kennzeichnenden Wirkung bei einer
Betrachtung des Gesamtzeichnes im Vordergrund steht, so stehen
demgegenüber in dem Zeichen "HERINGS-FASS" der Antragsgegnerin das
diese als Kennzeichnung für ihr Produkt verwendet, die beiden
Bestandteile "HERINGS" und "FASS" in ihrer kennzeichenden Funktion
gleichrangig nebeneinander. Ein Heringsfass ist in der Vorstellung
der Verbraucher zunächst einmal ein Faß, also ein oben offener
Behälter mit einer meist runden Grundfläche, der dicht oder so
abgedichtet ist, daß auch Flüssigkeiten in ihm aufbewahrt werden
können. Wird dieses Fass nun als Heringsfass bezeichnet, so wird
der Begriff damit eingeschränkt auf solche Fässer, die eben zur
Aufbewahrung oder dem Transport von Heringen dienen. Damit haben
beide Bestandteile zumindest in etwa in gleicher Weise prägende
Wirkung für das Zeichen der Antragsgegnerin, zumal es Fässer, in
denen Heringe gelagert werden, tatsächlich auch gibt oder doch
zumindest früher gab, der Begriff "HERINGS-" am Anfang der
Bezeichnung steht, dort sprachlich betont und nicht etwa durch den
Wortteil "Faß" in den Hintergrund verdrängt wird.
Vor diesem Hintergrund sind die Voraussetzungen der
Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG im
vorliegenden Eilverfahren glaubhaft gemacht. Maßgeblich für diese
Beurteilung ist die innere Nähe der Begriffe "Salzige Heringe" und
"HERINGS-FASS". Diese legt den Schluß auf einen Zusammenhang nahe
und läßt angesichts der Identität der mit den
verfahrensgegenständlichen Zeichen gekennzeichneten Waren und der
erhöhten Kennzeichnungskraft des Zeichens der Antragstellerin die
Gefahr von Verwechslungen entstehen.
Der Marke "SALZIGE HERINGE Salzlakritz" der Antragstellerin
kommt erhöhte Kennzeichnungskraft zu. Bei der zunächst gebotenen
Betrachtung dieser Marke "von Hause aus", also für sich genommen,
ergibt sich dies aus den oben bereits im Zusammenhang mit der
prägenden Wirkung des Bestandteils "Heringe" dargelegten Gründen.
Die dort angeführten Gesichtspunkte, wonach es sich um eine
phantasievolle Namensgebung für Lakritz handelt, die sich wegen des
Aufgreifens einer Bezeichnung für ein offensichtlich völlig anderes
Lebensmittel in das Bewußtsein des Verbrauchers einprägt, gelten im
selben Umfange nicht nur für den Bestandteil "Heringe", sondern
auch für das Gesamtzeichen "SALZIGE HERINGE Salzlakritz" der
Antragstellerin.
Die dadurch erreichte überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft
wird weder durch die Bezeichnungspraxis im Bereich der
"Naschereien", noch durch das Umfeld relativiert.
Zunächst kommt der Tatsache keine maßgebliche Bedeutung zu, daß
zumindest im Bereich der Fruchtgummis nach dem übereinstimmenden
Vortrag der Parteien die Óbung verbreitet ist, einzelne Produkte in
einer bestimmten Gestalt auszuprägen und diese Ausprägung in der
Bezeichnung aufzugreifen. Denn - wie oben bereits ausgeführt worden
ist - wird auf diese Weise allenfalls die Form des Produktes, nicht
aber dieses selber beschrieben. Der Verbraucher mag zu einem
gewissen Anteil wegen der angesprochenen Óbung erwarten, daß ein
Lakritz, das als "salziger Hering" bezeichnet ist, in Fischform
(als "Lakritzfisch") angeboten wird. Dies ändert indes nichts
daran, daß der Marke "SALZIGE HERINGE Salzlakritz" der
Antragstellerin für ein Salzlakritz die allein Streitgegenstand ist
(und nicht etwa, wie die Antragsgegnerin anzunehmen scheint, eine
Bezeichnung wie z.B. "Lakritzfische"), aus den soeben nochmals
angesprochenen Gründen eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt. Es
kann daher auf sich beruhen, ob die Verhältnisse auf dem
Fruchtgummimarkt überhaupt auf denjenigen von Salzlakritz
übertragen werden können.
Auch durch das Umfeld erfährt das Zeichen der Antragstellerin
keine nennenswerte Schwächung. Die Antragsgegnerin hat nicht
glaubhaft gemacht, daß das einzige zur Drittbenutzung von ihr
angeführte Zeichen "Salzheringe" der niederländischen Fa. Red Band
hierfür bei den Verbrauchern in Deutschland hinreichend bekannt
wäre. Das Gegenteil ergibt sich sogar aus dem unwidersprochenen
Vortrag der Antragstellerin, wonach die Fa. Red Band mit ihrem
Produkt "Salzheringe" im Jahre 1995 in Deutschland einen Umsatz von
nur etwa 700.000 DM erzielt hat, was einem Anteil von ca. 4 % des
von ihr mit dem Produkt "Salzige Heringe" erreichten Umsatzes
entspricht. Angesichts dieses Zahlenverhältnisses kann nicht
angenommen werden, daß das Zeichen "Salzheringe" in nennenswertem,
eine Schwächung des Zeichens der Antragstellerin bewirkenden
Umfange im Verkehr bekannt wäre.
Die Verwechslungsgefahr ist zu bejahen, weil unter
Berücksichtigung der erhöhten Kennzeichnungskraft des Zeichens der
Antragstellerin und der bestehenden Warenidentität glaubhaft
gemacht ist, daß der flüchtige Verbraucher in nicht unwesentlichem
Umfange das von der Antragsgegnerin verwendete Zeichen
"HERINGS-FASS" mit der Marke "Salzige Heringe Salzlakritz" der
Antragstellerin zumindest gedanklich in Verbindung bringt, was gem.
§ 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG für die Verwechslungsgefahr
ausreicht.
Das angegriffene Zeichen stimmt in seinem mitprägenden
Bestandteil "Herings-" - von dem "s" statt "e" am Ende abgesehen,
das als sprachlich bedingt vom Verkehr vernachlässigt wird, - mit
dem das Gesamtzeichen der Antragstellerin ganz wesentlich prägenden
Bestandteil "Heringe" überein. Schon diese Identität der Begriffe
ruft gerade angesichts der erhöhten Kennzeichnungskraft von
"Salzige Heringe" die Erinnerung des Verbrauchers an dieses Zeichen
wach. Dies gilt umso mehr, als der Zeichenteil "HERINGS-" -
sprachlich betont - am Anfang des angegriffenen Bezeichnung steht,
weil der Verkehr gerade bei der hier maßgeblichen flüchtigen
Betrachtungsweise gewöhnlich Wortanfängen größere Aufmerksamkeit
zukommen läßt als den folgenden Wortteilen (vgl. BGH a.a.O. -
"Indorektal/Indohexal", S.53 m.w.N.).
Der folgende Zeichenbestandteil ist trotz seiner das
angegriffene Zeichen mitprägenden Kraft nicht geeignet, die durch
diese Óbereinstimmung drohende Verwechslungsgefahr zu beseitigen.
Es ist allerdings nicht glaubhaft gemacht, daß der Verkehr in
ausreichendem Umfange die Zeichen selbst miteinander verwechseln,
also versehentlich für identisch halten wird. Denn der
gleichermaßen prägende Bestandteil "FASS" in dem Zeichen der
Antragsgegnerin wird dies in aller Regel auch bei nur flüchtiger
Betrachtungsweise verhindern. Die Verwechslungsgefahr setzt indes -
ebensowenig wie dies nach früherem Recht im Rahmen des § 31 WZG der
Fall war (vgl. dazu z.B. Baumbach/Hefermehl, a.a.O. RZ 13 a) -
nicht voraus, daß der Verkehr die Zeichen selbst miteinander
verwechselt. Es reicht vielmehr aus, daß, wie es der Gesetztestext
nunmehr formuliert "das Zeichen mit der Marke gedanklich in
Verbindung gebracht wird". Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob -
was zweifelhaft erscheint - diese Voraussetzung allein wegen der
aufgezeigten Óbereinstimmung wesentlich prägender Bestandteile
beider Zeichen auch dann zu bejahen wäre, wenn der nicht
übereinstimmende Zeichenteil eindeutig gedanklich von dem
übereinstimmenden Begriff "Hering" wegführen würde. Denn das ist
gerade nicht der Fall. Vielmehr assoziiert auch der Gesamtbegriff
"HERINGS-FASS" des angegriffenen Zeichens eine deutliche Nähe zu
dem Begriff "salzige Heringe". Heringe werden nämlich in der
Vorstellung der Verbrauchert zumindest auch in Fässern aufbewahrt
und transportiert, so daß vom Sinn her ein deutlicher Zusammenhang
zwischen beiden Gesamtzeichen besteht. Der flüchtige Verbraucher
wird in nicht unerheblichem Umfange aus diesem Grunde das Zeichen
"HERINGS-FASS" als eine Abwandlung bzw. Weiterentwicklung der für
die Antragstellerin geschützten Marke ansehen. Zumindest eine
derartige, auch die mögliche übereinstimmende betriebliche Herkunft
der betreffenden Produkte einschließende gedankliche Verbindung
reicht indes gem. § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG zur Bejahung der
Verwechslungsgefahr aus, zumal schon nach altem Recht auch die
mittelbare Verwechslungsgefahr Unterlassungsansprüche aus § 31 WZG
begründet hat und der Gesetzgeber kennzeichnungskräftige Marken
nach neuem Recht jedenfalls nicht geringer als nach altem Recht
schützen wollte (vgl. dazu BT-Drucksache 12/6581 S.71).
Sind aus den vorstehenden Gründen die Voraussetzungen des § 14
Abs.2 Ziff.2 MarkenG erfüllt, so ist sämtlichen noch gestellten
Verfügungsanträgen in der oben tenorierten Fassung
stattzugeben.
Das bedarf zunächst hinsichtlich des Verbotes, Lakritz unter der
Kennzeichnung "HERINGS-FASS" anzubieten (Ziff. I 1 b des Tenors),
keiner näheren Begründung, weil die Antragsgegnerin eben diese
Bezeichnung für ihr Produkt verwendet (§ 14 Abs.3 Ziff.1 und 2,
Abs.4 MarkenG). Aus demselben Grunde ist der Antragsgegnerin auch -
wie es oben als Ziffer I 1 a) tenoriert worden ist - die dort
bildlich wiedergegebene Verpackung oder Aufmachung zu untersagen,
weil auch in dieser Verpackung die Bezeichnung "HERINGS-FASS" zur
Kennzeichnung der Ware verwendet wird. Daß die Verpackung deutlich
den Firmennamen der Antragsgegnerin enthält, wirkt der aufgezeigten
Verwechslungsgefahr schon deswegen nicht entgegen, weil nicht
glaubhaft gemacht ist, daß der flüchtige Verbraucher, der an das
Zeichen der Antragstellerin erinnert wird, zugleich sich daran
erinnert, daß das als "Salzige Heringe" vertriebene Produkt gerade
nicht von der Antragsgegnerin stammt. Óberdies ist davon
auszugehen, daß ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher die
Aufschrift "..." trotz ihrer Größe gar nicht wahrnehmen wird, etwa
weil der angebotene Beutel bei der Präsentation teilweise verdeckt
ist. Das Verbot ist antragsgemäß auf die Kennzeichnung auch der
Ware selbst zu erstrecken (Ziffer I 1 a des Tenors), weil eine
derartige Kennzeichnung nicht fernliegend ist und die
Antragsgegnerin auch trotz entsprechender Antragstellung und
Erörterung auch dieses Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht
etwa ausgeschlossen hat, auch das Lakritz selbst zukünftig mit der
Kennzeichnung "HERINGS-FASS" zu versehen. Schließlich ist der
Antragsgegnerin die Kennzeichnung "HERINGS-FASS" für Lakritz auch
insoweit zu untersagen, als dies markenmäßig in Geschäftspapieren
und/oder der Werbung geschieht (Ziffer I 1 c des obigen Tenors). Es
ist nach der Lebenserfahrung ohne weiteres zu unterstellen, daß die
Gefahr einer derartigen Verwendung der zu beanstandenden
Bezeichnung droht und die Antragsgegnerin die Bezeichnung auch
bereits so verwendet hat, weil sie ihr Produkt sonst nicht
vermarkten könnte. In Abweichung von dem Wortlaut des Antrags hat
der Senat den - dort offenbar versehentlich unterbliebenen - Zusatz
"für Lakritz" und zur Klarstellung des Verbotsumfanges den Zusatz
"markenmäßig" hinzugefügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs.1, 269 Abs.3, 523
ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 545 Abs.2 ZPO mit seiner Verkündung
rechtskräftig.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 450.000 DM.
Der Senat schätzt - auch mangels abweichender Angaben der
Parteien auf seine vorläufige Wertfestsetzung vom 6.5.1996 hin -
den Wert der im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemachten
Anträge, bereits den Besitz von in der beanstandeten Weise
gekennzeichneten Weichlakritz zu untersagen, sowie Angaben über
Hersteller, Lieferanten u.a. zu machen (ursprünglicher Antrag zu
2), gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO auf 10 % des Gesamtwertes.
OLG Köln:
Urteil v. 26.07.1996
Az: 6 U 67/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8a5738733a16/OLG-Koeln_Urteil_vom_26-Juli-1996_Az_6-U-67-96