Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2010
Aktenzeichen: 19 W (pat) 341/06
(BPatG: Beschluss v. 11.10.2010, Az.: 19 W (pat) 341/06)
Tenor
Das Patent 101 47 531 wird widerrufen.
Gründe
I.
Für die am 26. September 2001 im Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 12. Januar 2006 veröffentlicht worden. Es betrifft eine "Steuereinrichtung für einen Motorstarter".
Der erteilte Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet unter Einfügung von Gliederungsziffern gemäß der Merkmalsgliederung der Einsprechenden:
"1) Steuereinrichtung für einen über ein Bussystem (2) vernetzbaren Motorstarter (1) eines Elektromotors (M), wobei der Motorstarter umfaßt:
2) -mindestens eine Auswerteeinheit für einen externen Temperatursensor zur Messung der Temperatur des Elektromotors (M), 3) -einen Stromwandlerblock (13) zur Messung der Leistungsaufnahme des Elektromotors (M), 4) -Schaltelemente (11), mittels derer unterschiedliche Schaltzustände vorgebbar sind, 5) -eine programmierbare Steuerelektronik (10), die mit dermindestens einen Auswerteeinheit für einen externen Temperatursensor, dem Stromwandlerblock (13) und den Schaltelementen (11) verbunden ist und über ein Interface (14) andas Bussystem (2) anschließbar ist, 6) -und einen Datenspeicher (18), 7) wobei die Steuerelektronik (10) in der Weise programmiertist, dass 7.1) -eine periodische Ermittlung der von den Auswerteeinheiten für die externen Temperatursensoren und dem Stromwandlerblock (13) erzeugten Meßwerte erfolgt, 7.2) -der von den Schaltelementen (11) vorgegebene Schaltzustand abgefragt wird, 7.3) -aus dem Datenspeicher (18) ein tabellarisch hinterlegter Grenzwert in Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente (11) ausgelesen und mit dem Meßwert des Stromwandlerblocks (13) verglichen wird sowie der Meßwert der mindestens einen Auswerteeinheit für den externen Temperatursensor mit einem vorgebbaren Grenzwert verglichen wird, 7.4) -vom Bussystem (2) über das Interface (14) erhaltene Daten abgefragt werden und in Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente (11) ausgewertet und hieraus ein entsprechender Steuerbefehl für den Motorstarter (1) erzeugt wird, und 7.5) -der Motorstarter (1) entsprechend des Steuerbefehls angesteuert bzw. bei Überschreitung eines Grenzwertes für die mindestens eine Auswerteeinheit für einen externen Temperatursensor oder den Stromwandlerblock (13) geöffnet wird."
Der nebengeordnete Patentanspruch 15 lautet:
"Verfahren zur Steuerung eines mit einem Bussystem (2) vernetzten Motorstarters (1) für einen Elektromotor (M), wobei der Motorstarter umfaßt: -mindestens eine Auswerteeinheit für einen externen Temperatursensor zur Messung der Temperatur des Elektromotors (M), -einen Stromwandlerblock (13) zur Messung der Leistungsaufnahme des Elektromotors (M), -Schaltelemente (11), mittels derer unterschiedliche Schaltzustände vorgebbar sind, -eine programmierbare Steuerelektronik (10), die mit der mindestens einen Auswerteeinheit für einen externen Temperatursensor, dem Stromwandlerblock (13) und den Schaltelementen (11) verbunden ist und über ein Interface (14) an das Bussystem (2) anschließbar ist, -und einen Datenspeicher (18), wobei -eine periodische Ermittlung der von den Auswerteeinheiten für die externen Temperatursensoren und dem Stromwandlerblock (13) erzeugten Meßwerte erfolgt, -der von den Schaltelementen (11) vorgegebene Schaltzustand abgefragt wird, -aus dem Datenspeicher (18) ein tabellarisch hinterlegter Grenzwert in Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente (11) ausgelesen und mit dem Meßwert des Stromwandlerblocks (13) verglichen wird sowie der Meßwert der mindestens einen Auswerteeinheit für den externen Temperatursensor mit einem vorgebbaren Grenzwert verglichen wird, -vom Bussystem (2) über das Interface (14) erhaltene Daten abgefragt werden und in Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente (11) ausgewertet und hieraus ein entsprechender Steuerbefehl für den Motorstarter (1) erzeugt wird, und -der Motorstarter (1) entsprechend des Steuerbefehls angesteuert bzw. bei Überschreitung eines Grenzwertes für die mindestens eine Auswerteeinheit für einen externen Temperatursensor oder den Stromwandlerblock (13) geöffnet wird."
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal 1) dort lautet
"1) Motorstarter, gekennzeichnet durch eine zugehörige Steuereinrichtung für den über ein Bussystem (2) vernetzbaren Motorstarter (1) eines Elektromotors (M), wobei der Motorstarter umfasst:".
Der Patentanspruch 14 nach Hilfsantrag 1 ist gleichlautend dem Patentanspruch 15 nach Hauptantrag.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 1 dadurch, dass an ihn -unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma das mit der Gliederungsziffer 8) versehene Merkmal
"8) wobei mittels der Steuerelektronik (10) in Abhängigkeit von dem Schaltzustand der Schaltelemente (11) Steuerbefehle für einen als Direktstarter oder einen als Wendestarter ausgebildeten Motorstarter (1) erzeugbar sind."
angehängt ist.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 2 dadurch, dass sich an ihn -unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma -das mit der Gliederungsziffer 9) versehene Merkmal
"9) wobei die Steuerelektronik (10) Eingänge (17) aufweist, die mit externen Schaltern, wie Lichtschranken oder Endschalter verbindbar sind und in Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente (11) der Motorstarter bei Anliegen eines Schaltsignals der externen Schalter an einem Eingang (17) geöffnet wird."
anschließt.
Gegen das Patent hat die S... AG in M..., mit Eingabe vom 12. April 2006, eingegangen per Fax am selben Tag, Einspruch beim Deutschen Patentund Markenamt erhoben mit der Begründung, dass weder Neuheit noch erfinderische Tätigkeit beim Gegenstand des Anspruchs 1 gegeben sei.
Die Einsprechende ist der Auffassung, dass die DE 100 10 290 A1 den nächstkommenden Stand der Technik darstelle und aus ihr alle Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, mit Ausnahme des Temperatursensors gemäß Merkmal 2) und der damit in Zusammenhang stehenden Teile von Merkmalen bekannt seien. Wenn der Fachmann vor die Aufgabe gestellt sei, einen Motor vor thermischer Überlastung zu schützen, müsse er die Temperatur mit berücksichtigen. Er werde nach einer temperaturabhängigen Schutzvorrichtung suchen. Eine solche sei ihm bei einem Motorstarter aus der DE 199 24 413 A1 bekannt.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 könne so verstanden werden, dass für ihn nichts anderes gelte als für den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag.
Gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptund Hilfsantrag 1 werde der Motorstarter bereits als Direktstarter eingesetzt. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 sei hinsichtlich dieser Alternative nicht patentfähig. Für den Fachmann liege es im Übrigen nahe, den Motorstarter so auszugestalten, dass er auch als Wendestarter eingesetzt werden könne, wenn Bedarf bestehe. Wendestarter gebe es bereits genauso lange wie Direktstarter.
Wenn Bedarf bestehe, bei einer Bearbeitungsmaschine vorhandene Endschalter mit einem Motorstarter zu verknüpfen, werde der Fachmann einen Eingang für diese am Motorstarter vorsehen. Auch die DE 100 10 290 A1 zeige einen Schalter 22, der mit dem Motorstarter verknüpft sei.
Die Einsprechende beantragt, das Patent 101 47 531 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das angegriffene Patent im erteilten Umfang, hilfsweise beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten: Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1, Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 2, Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, jeweils mit anzupassender Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.
Die Patentinhaberin ist der Meinung, der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sei so zu verstehen, dass die Steuereinrichtung gleich der anspruchsgemäßen Steuerelektronik sei.
Sie ist der Auffassung, dass aus der DE 100 10 290 A1 bezüglich Merkmal 2) keine Temperaturerfassung und betreffend Merkmal 7.1) keine periodische Ermittlung hierfür bekannt sei. Das in der DE 100 10 290 A1 beschriebene Mittel zur Vororteinstellung 21 sei ein Potentiometer und entgegen Merkmal 7.3) kein Schaltelement. Bei einem Schaltelement würde dagegen auf einen Klick ein tabellarisch hinterlegter Grenzwert aktiviert. Es sei entgegen Merkmal 7.4) auch keine Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente gegeben.
Der Fachmann habe auch keinen Anlass die DE 100 10 290 A1 mit der DE 199 24 413 A1 zu kombinieren.
Im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1 nach HiIfsantrag 1 weist die Patentinhaberin darauf hin, dass die Steuereinrichtung Bestandteil des Motorstarters sei.
Betreffend Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 meint sie, dass das dortige "oder" nicht so zu verstehen sei, wie es zur Formulierung zweier Alternativen verwendet werde, vielmehr solle durch dieses Merkmal ausgedrückt werden, dass der Betrieb als Direktoder Wendestarter in Abhängigkeit von den Schaltzuständen der Schaltelemente erfolge.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG a. F. begründete Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den am 12. April 2006 eingelegten Einspruch besteht auch nach Aufhebung dieser Bestimmung zum 1. Juli 2006 (vgl. Art. 1 Nr. 17 u. Art. 8 des Gesetzes z. Änd. d. patentrechtl. Einspruchsverfahrensu. d. PatKostG v. 21. Juni 2006; BlPMZ 2006, 225, 226, 228) nach dem allgemeinen verfahrenrechtlichen Grundsatz der "perpetuatio fori" fort (vgl. u. a. BGH GRUR 2009, 184, 185 (Nr. 5) -Ventilsteuerung).
Der Einspruch ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere hat die Einsprechende die geltend gemachten Widerrufsgründe und die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen innerhalb der Einspruchsfrist hinreichend substantiiert schriftlich vorgetragen (§ 59 Abs. 1 Satz 2 bis 4 PatG).
Der Einspruch führt zum Widerruf des Patents (§ 21 Abs. 1, Satz 1 PatG).
1.
Nach Überzeugung des Senats ist der hier zuständige Fachmann ein FH-Elektroingenieur, der auf dem Gebiet der Motorsteuerungen und -schutzanordnungen tätig ist. Er kennt die Ansteuerelektronik solcher Steuerungen hinsichtlich ihres hardwaremäßigen Aufbaus und ist auch mit der entsprechenden Ansteuersoftware vertraut.
2.
Dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach allen Anträgen liegt folgendes Verständnis zugrunde:
Zum Merkmal 1): Gemäß dem Verständnis der Patentinhaberin ist die anspruchsgemäße Steuereinrichtung gleich der anspruchsgemäßen Steuerelektronik (10); dem entsprechend gehören der anspruchsgemäße Datenspeicher (18) und die anspruchsgemäßen Schaltelemente (11) nicht zur Steuereinrichtung.
Nach einer alternativen Lesart kann von der Steuereinrichtung aber auch alles umfasst sein, was -über die Steuerelektronik (10) hinaus -funktional noch zur Steuerung des Motors nötig ist.
Zu Merkmal 2): Die Auswerteeinheiten sind den am Motor (M) befindlichen Temperatursensoren zugeordnet. Die Auswerteeinheiten liefern Meßwerte, die von der Steuerelektronik (10) verarbeitet werden (Abs. 0054).
Zu den Merkmalen 4), 7.2) und 8): Als unterschiedliche Schaltzustände sind bestimmte Strombereiche und die Auswahl des Motorstarters als Direktoder Wendestarter genannt (Tabelle 1 i. V. m. Abs. 0047 und Abs. 0056 bzw. Tabelle 2, 3 i. V. m. Abs. 0049).
Zu Merkmal 7.4): Unter der Angabe, dass "vom Bussystem (2) ... erhaltene Daten abgefragt werden" ist zu verstehen, dass die Steuerelektronik (10) vom Bussystem (2) erhaltene Daten, die einen Steuerbefehl enthalten, abfragt (Abs. 0058 und 0061). Die Steuerelektronik (10) bildet hieraus einen Steuerbefehl für den Motorstarter (1), d. h. für das Schaltschütz (16) (Abs. 0058 i. V. m. 0059 und Programmschritt 103 gemäß Fig. 2a).
Zu Merkmal 7.5). Unter der Angabe, dass "der Motorstarter (1) entsprechend des Steuerbefehls angesteuert wird", ist zu verstehen, dass dessen Schütz (16) entsprechend des Steuerbefehls angesteuert wird (Abs. 0059 i. V. m. Programmschritt 103). Dies betrifft den Normalbetrieb.
Unter der Angabe, dass "bei Überschreitung eines Grenzwertes ... geöffnet wird", ist zu verstehen, dass das Schütz (16) im Sinne eines Öffnens seiner Kontakte angesteuert wird. Dies betrifft den Störfall.
Die bzw.-Verknüpfung der beiden Teilmerkmale des Merkmals 7.5) ist dabei als Oder-Verknüpfung zu lesen.
Zu den Merkmalen 2), 7.1) und 7.5): Der Wortlaut dieser Merkmale lässt einen oder mehrere Temperatursensoren zu. Gemäß Merkmal 7.5 erfolgt ein Öffnen des Motorstarters dann, wenn einer der ggfls. von mehreren Temperatursensoren herrührenden Werte einen eingestellten Grenzwert überschreitet.
3. Die Steuereinrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht patentfähig, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. 4 PatG).
Aus der DE 100 10 290 A1 (Fig. 2) ist bekannt eine Bussystem (2) anschließbar ist (Gemäß Sp. 1 Z. 53, 54 ist eine Vororteinstellung von Parameterwerten möglich, d. h. die Steuereinrichtung 5, 6 muss derart programmierbar sein, dass sie die Auswertung und Verarbeitung dieser durch unterschiedlichen Schaltzustände vorgegebenen Werte ermöglicht; es besteht dabei bezüglich der Parameter an sich kein prinzipieller Unterschied, ob diese durch die in Sp. 2, Z. 7 bis 10 angesprochene Fernparametrierung oder durch Vorortparametrierung eingegeben werden), 1) Steuereinrichtung für einen über ein Bussystem (11) vernetzbaren Motorstarter (1, 2) eines Elektromotors (20), wobei der Motorstarter umfaßt:
3) -einen Stromwandlerblock (15) zur Messung der Leistungsaufnahme des Elektromotors (20) (Sp. 1 Z. 45), 4) -Schaltelemente (21), mittels derer unterschiedliche Schaltzustände vorgebbar sind (Sp. 1 Z. 53, 54: Als Mittelzur Vororteinstellung versteht der Fachmann nicht nur dasin der Figur 2 gezeigte Potentiometer 21, sondern siehtzugleich auch andere, zeitgemäße elektrische Bauteile, wie Schaltelemente, mit denen sich eine Vorgabe von Werten in Form unterschiedlicher Schaltzustände realisieren lässt), 5teilw) -eine programmierbare Steuerelektronik (5, 6), die mitdem Stromwandlerblock (15) und den Schaltelementen (21) verbunden ist und über ein Interface (7) an das 6) -und einen Datenspeicher (in einer programmierbaren Steuerelektronik 5, 6 selbstverständlich enthalten), 7) wobei die Steuerelektronik (5, 6) in der Weise programmiert ist, dass 7.2) -der von den Schaltelementen (21) vorgegebene Schaltzustand abgefragt wird (Fig. 2: 15, 4, 5, 6 i. V. m. Sp 1 Z. 45 bis 47 und Z. 54 bis 56: Hieraus ergibt sich, dass bei Überschreiten der voreingestellten Parameterwerte, wozu die Strombereiche gehören, ein Abschalten des Schützes 16 erfolgt; d. h. der von den Schaltelementen 21 vorgegebene Grenzwert wird zu diesem Zweck abgefragt)
7.3teilw) -aus dem Datenspeicher (in 5, 6) ein hinterlegter Grenzwert (muss notwendig vorhanden sein um einen Vergleich zu ermöglichen) in Abhängigkeit vom Schaltzustand (voreingestellter Parameterwert) der Schaltelemente (21) ausgelesen und mit dem Meßwert des Stromwandlerblocks (15) verglichen wird (Sp. 1 Z. 54 bis 56), 7.4) -vom Bussystem (11) über das Interface (7) erhaltene Daten abgefragt werden (Sp. 2 Z. 7 bis 10: Steuereinrichtung 5, 6 fragt die vom Bussystem 11 über das Interface 7 erhaltenen Daten ab) und in Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente (21) ausgewertet und hieraus ein entsprechender Steuerbefehl (Sp. 2 Z. 7 bis 10: Steuerbefehl zur Fernrückstellung, Fernschaltung) für den Motorstarter (d. h. für das Schütz 2) erzeugt wird, und 7.5teilw) -der Motorstarter (1, 2) entsprechend des Steuerbefehls angesteuert (Sp. 2 Z. 7 bis 10: Fernschaltung im Normalbetrieb) bzw. bei Überschreitung eines Grenzwertes für den Stromwandlerblock (15) geöffnet wird (Sp. 1 Z. 54 bis 60: Schütz 2 hat ausgelöst, d. h. geöffnet bei Überschreitung des vor Ort eingestellten Stromgrenzwertes im Störungsfall).
Über die Ablage der Grenzwerte für den Strom ist in der DE 100 10 290 A1 speziell nichts ausgesagt. Wenn der Fachmann jedoch eine Parametrierung solcher Grenzwerte durch Schaltelemente vorsieht, liegt es für ihn auf der Hand bzw. geht damit einher, die Grenzwerte als Parameter in Tabellenform in einem Datenspeicher zu hinterlegen (Zu Merkmal 7.3)).
Wenn sich bei der Steuereinrichtung nach der DE 100 10 290 A1 herausgestellt hat, dass ein möglicherweise gefährlicher Temperaturanstieg nicht indirekt durch den Motorstrom erfasst werden kann, so gibt der aus der DE 199 24 413 A1 bekannte, ebenfalls über ein Bussystem (AS-I) vernetzbare Motorstarter (Fig. 2: 21) dem Fachmann das Vorbild, die Temperatur direkt zu überwachen (Sp. 1 Z. 38 bis 41). Im Einzelnen zeigt ihm die DE 199 24 413 A1 in Übereinstimmung mit dem anspruchsgemäßen Merkmal 2) dabeimindestens eine Auswerteeinheit (im Motorstarter 21) für einen externen Temperatursensor (15) (gemäß Sp. 1 Z. 68 bis Sp. 2 Z. 3 können auch mehrere Temperaturfühler 15 vorgesehen sein) zur Messung der Temperatur des Elektromotors (M).
Hat sich der Fachmann entschlossen, auch noch eine direkte Temperaturüberwachung vorzusehen, dann muss die programmierbare Steuerelektronik zwangsläufig auch mit der Auswerteeinheit für den dann erforderlichen externen Temperatursensor verbunden sein (Restmerkmal 5)), sowie deren Messwert mit einem vorgebbaren Grenzwert verglichen (Restmerkmal 7.3)) und auch eine Überschreitung eines von der Auswerteeinheit für den externen Temperatursensor gelieferten Grenzwertes berücksichtigt werden (Restmerkmal 7.5)).
Unabhängig von diesem Themenkomplex ist die Ermittlung der von den Auswerteeinheiten für die externen Temperatursensoren und dem Stromwandlerblock erzeugten Werte zu sehen. Hier wäre zwar prinzipiell sowohl eine dauernde als auch eine periodische Ermittlung möglich. Zeitgemäß war am Anmeldetag nach Überzeugung des Senats für den Fachmann jedoch eine Abfrage in Programmzyklen, d. h. eine periodische Ermittlung. Somit ist auch in dem Merkmal 7.1) nichts zu sehen, was die Patentfähigkeit stützen könnte.
Für den zum Patentanspruch 1 nebengeordneten Patentanspruch 15 nach Hauptantrag gilt das zum Patentanspruch 1 Gesagte, da er sich von diesem nur hinsichtlich der Patentkategorie, aber nicht bezüglich seiner Merkmale unterscheidet.
4.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist aus den zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag genannten Gründen, gemäß der unter Punkt 2 zum Merkmal 1) dargelegten alternativen Lesart, nicht patentfähig. Für den nebengeordneten Patentanspruch 14 gilt dasselbe.
5.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wenn Bedarf besteht, den auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhenden Motorstarter gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 wahlweise als Direktoder als Wendestarter nutzen zu können, so muss diese Möglichkeit auch parametrierbar sein. Soll diese Parametrierung -wie auch die Parametrierung des Stromes und der Temperatur -vor Ort erfolgen, ergibt sich für den Fachmann zwingend die Notwendigkeit den Motorstarter derart zu ertüchtigen, dass mittels der Steuerelektronik in Abhängigkeit von dem Schaltzustand der Schaltelemente Steuerbefehle für einen als Direktstarter oder einen als Wendestarter ausgebildeten Motorstarter erzeugbar sind (Merkmal 8)).
6.
Auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wird der Motorstarter gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 bei einer Bearbeitungsmaschine eingesetzt, die mit Endschaltern oder Lichtschranken ausgerüstet ist, etwa um gefährliche Zustände zu vermeiden, so muss der Fachmann hierfür zwangsläufig Eingänge an der Steuerelektronik vorsehen, um die Zustände der Endschalter oder Lichtschranken erfassen zu können.
Wenn dabei auch eine Parametrierung dieser Zustände vor Ort verlangt ist, so wie schon die Parametrierung von Strom und Temperatur, wird der Fachmann dementsprechend vorsehen, dass diese genauso über die Schaltelemente durchgeführt werden kann. Damit gestaltet er den Motorstarter so aus, dass die Steuerelektronik Eingänge aufweist, die mit externen Schaltern, wie Lichtschranken oder Endschalter verbindbar sind und in Abhängigkeit vom Schaltzustand der Schaltelemente der Motorstarter bei Anliegen eines Schaltsignals der externen Schalter an einem Eingang geöffnet wird (Merkmal 9)).
7. Mit dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 fällt auch der jeweils nebengeordnete Anspruch, da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist (BGH -GRUR 1997, 120 -"Elektrisches Speicherheizgerät"). Die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 nach allen Anträgen jeweils rückbezogenen Unteransprüche teilen jeweils dessen Schicksal.
Bertl Kirschneck Groß J. Müller Pü
BPatG:
Beschluss v. 11.10.2010
Az: 19 W (pat) 341/06
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8a5e350e9934/BPatG_Beschluss_vom_11-Oktober-2010_Az_19-W-pat-341-06