Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 25. November 2009
Aktenzeichen: 20 U 5/09
(OLG Stuttgart: Urteil v. 25.11.2009, Az.: 20 U 5/09)
1. In einem gegen ein Vorstandsmitglied nach § 93 AktG geführten Schadensatzprozess hat die Gesellschaft nur ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Vorstandsmitglieds, den Eintritt und die Höhe des entstandenen Schadens sowie die Kausalität zwischen Vorstandshandeln und Schaden darzulegen und zu beweisen.
2. Steht ein Sondertatbestand nach § 93 Abs. 3 AktG in Rede, so wird bei einem der dort näher bezeichneten Pflichtverstöße vermutet, dass der Gesellschaft ein Schaden in Höhe der abgeflossenen Mittel entstanden ist. Das Vorstandsmitglied kann sich in diesem Falle nur durch den Nachweis entlasten, dass eine Schädigung der Gesellschaft nicht mehr möglich ist, weil der abgeflossene Betrag dem Gesellschaftsvermögen endgültig wieder zugeführt ist.
3. Das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass es seiner Sorgfaltspflicht genügt hat oder dass es kein Verschulden trifft.
4. Es stellt eine originäre Pflicht des Vorstandsmitglieds dar, im Einzelfall fehlende eigene Sachkunde durch Einholung des Rates eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers zu kompensieren und diesen über sämtliche für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß zu informieren. Hinsichtlich der spezifischen Sachkunde des Berufsträgers hat sich das Vorstandsmitglied bei der Auswahlentscheidung selbst zu vergewissern.
5. Im Falle des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft hat das handelnde Vorstandsmitglied zu jedem Erwerbszeitpunkt gesondert die Zulässigkeit nach § 71 AktG zu prüfen.
6. Die Sonderverjährung nach § 93 Abs. 6 AktG beginnt, sobald der Anspruch nach § 93 Abs. 2 AktG objektiv entstanden ist (§ 200 BGB), d.h. durch Klage (auch Feststellungsklage) gegen das Vorstandsmitglied geltend gemacht werden kann. Für jede gem. § 93 Abs. 3 AktG pflichtwidrige Handlung läuft eine gesonderte Verjährungsfrist.
7. Die erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Verjährungseinrede ist nicht zuzulassen, wenn der Prozessgegner schlüssig Hemmung der Verjährung einwendet.
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 20. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 3. April 2009 (20 O 14/07) wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels wie auch die durch die Nebenintervention in der Berufungsinstanz entstandenen Kosten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin bzw. der Streithelfer der Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 504.760,21 EUR.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Aktien durch die Klägerin geltend.
Der Beklagte gehörte dem Vorstand der Klägerin vom 1. August 2001 bis zum 31. August 2004 an. Vor dem Eintritt des Beklagten in den Vorstand hatte die Klägerin im Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis zum 26. Juni 2001 insgesamt 150.000 eigene Aktien erworben. Nachdem der Beklagte im August 2001 das Amt des Finanzvorstands übernommen hatte, konsultierte er im Hinblick auf die beabsichtigte Fortsetzung des Aktienrückkaufprogramms den Streithelfer der Klägerin, einen Rechtsanwalt, welcher die Klägerin damals u.a. in rechtlichen Angelegenheiten beriet.
Auf ein mit dem Beklagten am 14. November 2001 geführtes Telefonat antwortete der Streithelfer der Klägerin mit Telefax-Schreiben vom 19. November 2001, in dem es u.a. unter Hinweis auf die seitens der Klägerin laufend mit der Prüfung der Jahresabschlüsse und der Fertigung der Abschlussberichte betraute Wirtschaftsprüfungsgesellschaft heißt:
& Ich nehme Bezug auf unser Telefonat vom 14.11.2001. Sie fragten an, ob die X. AG die nach § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG in Verbindung mit § 272 Abs. 4 HGB erforderliche Rücklage für eigene Aktien bilden kann. Die X. AG wird im Jahresergebnis per 31.12.2001 keinen Gewinn erwirtschaften und verfügt auch über keine frei verfügbaren Gewinnrücklagen. Sofern das Jahresergebnis für das Geschäftsjahr 2001 und die frei verfügbaren Gewinnrücklagen nicht ausreichen, kann allerdings auch die Kapitalrücklage herangezogen werden, sofern es sich bei der Kapitalrücklage um eine solche gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB handelt. Diese Frage kann Ihnen A. beantworten. &
Im Zeitraum vom 3. Dezember 2001 bis zum 11. Juni 2004 setzte der Beklagte das Aktienrückkaufsprogramm fort, bevor er am 31. August 2004 aus dem Vorstand der Klägerin ausschied. Sämtliche der im Zuge des Rückkaufprogramms erworbenen eigenen Aktien hat die Klägerin zwischenzeitlich wieder veräußert. Mit ihrer Klage macht sie gegenüber dem Beklagten den Aufwand für den Erwerb der Aktien abzüglich des Erlöses aus den Verkäufen (zuzüglich Transaktionskosten) sowie die entgangenen Anlagezinsen als Schaden geltend.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 789.162,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 504.760,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15. März 2007 zu bezahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 93 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 AktG in Höhe des zuerkannten Betrages für begründet erachtet. In Ansehung der Klägerin hätten die Voraussetzungen für den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Bereits zum Zeitpunkt des ersten Aktienerwerbs am 15. Mai 2001 seien bei der Klägerin erhebliche Verluste aufgetreten gewesen; es habe keinen Bilanzgewinn oder Gewinnrücklagen gegeben, welche zu Zahlungen an Aktionäre hätten verwendet werden dürfen. Dies gelte auch für den gesamten Zeitraum des Erwerbs eigener Aktien, wie sich aus den vorgelegten Jahresabschlüssen ergebe. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass zu den jeweiligen Stichtagen des Erwerbs eigener Aktien Rücklagen aus freien Mitteln in entsprechender Höhe hätten gebildet werden können. Bei dieser Sachlage hätte der Beklagte das Aktienrückkaufprogramm nicht fortsetzen dürfen; auch hätte er gem. § 71 c AktG die bereits vor seiner Amtszeit unter Verstoß gegen § 71 Abs. 2 AktG erworbenen Aktien innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb veräußern müssen. Seine objektive Pflichtwidrigkeit habe er i.S. des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG zu vertreten. Den ihm gem. § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG obliegenden Entlastungsbeweis habe er nicht zu führen vermocht. Insbesondere habe er nach dem Inhalt des Schreibens des Streithelfers der Klägerin vom 19. November 2001- möglicherweise entgegen dem ursprünglich bei dem Telefongespräch vom 14. November 2001 gewonnen Eindruck - nicht mehr davon ausgehen dürfen, dass der Aktienrückkauf rechtlich unproblematisch zulässig sei. Ausschlaggebend sei in diesem Zusammenhang, dass der Beklagte der Empfehlung, sich zur Klärung der aufgeworfenen Frage an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu wenden, nicht gefolgt sei. Der Schaden umfasse bezüglich des bereits vor der Amtszeit des Beklagten getätigten Erwerbs eigener Aktien lediglich den darauf entfallenden Zinsschaden in Höhe von 19.413,05 EUR. Im übrigen setzte sich der durch den späteren Erwerb von Aktien entstandene Schaden in Höhe von 485.347,16 EUR zusammen aus den im Zuge der späteren Verkäufe realisierten Verlusten (einschließlich der Transaktionskosten für den Ankauf und Verkauf dieser Aktien) sowie aus dem Verlust des Anlagezinses, welchen die Klägerin hätte erzielen können, wenn die aufgewendeten Beträge nicht zum Erwerb von Aktien eingesetzt worden wären. Wegen der weiteren Einzelheiten und der zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Gegen die teilweise Verurteilung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen u.a. auch zur Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei der Vorstandshaftung, welche das Landgericht seiner Auffassung nach verkannt habe. Insbesondere könne dem Beklagten - zumindest in subjektiver Hinsicht - nicht der Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens i.S. von § 93 Abs. 2 AktG gemacht werden. In diesem Zusammenhang bestreitet der Beklagte in seiner Berufungsschrift, das Schreiben des Streithelfers der Klägerin vom 19. November 2001 tatsächlich erhalten zu haben. Das Landgericht sei in rechtlicher Hinsicht unzulässigerweise davon ausgegangen, dass der Beklagte den Zugang des Schreibens in erster Instanz nicht bestritten habe. Erstmals in der Berufungsinstanz erhebt der Beklagte zudem - unter Hinweis auf die Klageeinreichung am 1. März 2007 - die Einrede der Verjährung bezüglich sämtlicher Ansprüche, die dem Beklagten gegenüber in Bezug auf Aktienkäufe geltend gemacht werden könnten, welche bis einschließlich 28. Februar 2002 getätigt worden seien.
Der Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin wendet ein, dass die den Verjährungseintritt begründenden Umstände keineswegs unstreitig seien, weswegen die erst jetzt erhobene Verjährungseinrede des Beklagten nicht zuzulassen sei. Im Übrigen vertieft auch sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Würdigung des Landgerichts ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die in der Berufungsinstanz erstmals erhobene Einrede der Verjährung verhilft der Rechtsverteidigung des Beklagten nicht zum Erfolg.
1. Zu Recht hat das Landgericht auf die zulässige Klage der Klägerin einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 93 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 AktG in Höhe des zuerkannten Betrages für begründet erachtet.
a) Entgegen der Auffassung der Berufung hat das Landgericht in der Sache nicht die Darlegungs- und Beweislastgrundsätze für die Vorstandshaftung verkannt. Für die Vorstandshaftung nach § 93 AktG gelten spezifische Darlegungs- und Beweislastgrundsätze, welche die Berufung zwar sieht, jedoch nicht in hinreichendem Maße berücksichtigt.
aa) In einem gegen ein Vorstandsmitglied nach § 93 AktG geführten Schadensatzprozess hat die Gesellschaft nur ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Vorstandsmitglieds, den Eintritt und die Höhe des entstandenen Schadens sowie die Kausalität zwischen Vorstandshandeln und Schaden darzulegen und zu beweisen (vgl. nur BGHZ 152, 280, 284; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG § 93 Rn. 208; Krieger/Sailer in Schmidt/Lutter, AktG § 93 Rn. 31, MünchKommAktG/Spindler 3. Aufl. § 93 Rn. 167, jeweils m.w.Nachw.). Insbesondere ist es hinreichend, wenn die Gesellschaft einen Sachverhalt vorträgt, aus dem sich mindestens die Möglichkeit eines pflichtwidrigen Organhandelns ergibt (vgl. BGH ZIP 2007, 322, 325; Goette, ZGR 1995, 648, 673 f.; Fleck, GmbHR 1997, 237, 239; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber,.AktG § 93 Rn. 26). Steht ein Sondertatbestand nach § 93 Abs. 3 AktG in Rede, so wird bei einem der dort näher bezeichneten Pflichtverstöße darüber hinaus vermutet, dass der Gesellschaft ein Schaden in Höhe der abgeflossenen Mittel entstanden ist (Fleischer in Spindler/Stilz aaO § 93 Rn. 214; MünchKommAktG/Spindler aaO § 93 Rn. 167, 193). Dies stellt eine Modifizierung der sonst im Schadensersatzrecht geltenden Gesamtvermögensbetrachtung dar (vgl. Großkomm.z.AktG/Hopt 4. Aufl. § 93 Rn. 235). Das Vorstandsmitglied kann sich nur durch den Nachweis entlasten, dass eine Schädigung der Gesellschaft nicht mehr möglich ist, weil der abgeflossene Betrag dem Gesellschaftsvermögen endgültig wieder zugeführt ist (MünchKommAktG/Spindler aaO § 93 Rn. 193; Großkomm.z.AktG/Hopt aaO).
bb) Demgegenüber hat das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass es seiner Sorgfaltspflicht genügt hat oder dass es kein Verschulden trifft (vgl. Fleischer in Spindler/Stilz aaO § 93 Rn. 209). Insoweit unterscheidet der Wortlaut des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG nicht zwischen objektiver Pflichtwidrigkeit (Rechtswidrigkeit) und subjektiver Pflichtwidrigkeit (Schuld) (vgl. MünchKommAktG/Spindler aaO; Fleischer in Spindler/Stilz aaO). Diese Darlegungs- und Beweislastregeln gelten ebenso, wenn dem Vorstandsmitglied das pflichtwidrige Unterlassen einer bestimmten Maßnahme vorgeworfen wird (vgl. BGHZ 152, 280, 284 f.; Fleischer in Spindler/Stilz aaO). Sie greifen insbesondere auch für ausgeschiedene Vorstandsmitglieder ein (vgl. BGHZ 152, 280, 285; Fleischer in Spindler/Stilz aaO § 93 Rn. 211; Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, AktG § 93 Rn. 29). Soweit das ehemalige Organmitglied keinen Zugang zu den Gesellschaftsunterlagen mehr hat, muss ihm die Gesellschaft Einsicht in die maßgeblichen Unterlagen gewähren (vgl. BGHZ 152, 280, 285; Fleischer in Spindler/Stilz aaO § 93 Rn. 211).
b) Die Klägerin ist ihrer Darlegungslast für die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten nach § 93 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 AktG in hinreichendem Umfang nachgekommen. Das Landgericht hat festgestellt, dass die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.
aa) Die Klägerin hat als möglicherweise pflichtwidriges Handeln des Beklagten dargetan, dass der Beklagte das Aktienrückkaufprogramm im Zeitraum vom 3. Dezember 2001 bis zum 11. Juni 2004 fortgesetzt habe. Hierzu hat die Klägerin auf eine von ihr erstellte Liste Bezug genommen, welche das jeweilige Datum der einzelnen Aktienkäufe, die Stückzahl der erworbenen eigenen Aktien, den Kurs in EUR sowie den jeweiligen Kurswert ausweist.
In diesem Zusammenhang erscheint es hinreichend, dass das Landgericht in seinem Urteil lediglich den Zeitraum, in dem die Aktienkäufe stattgefunden haben, die Zahl der erworbenen Aktien und den Kaufpreis dargestellt hat. Denn zum Einen nimmt der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens auf die gewechselten Schriftsätze nebst teilweise umfangreicher Anlagen Bezug. Zum Anderen enthalten die Entscheidungsgründe des Landgerichts die - beklagtenseits nicht angegriffene - Feststellung, dass Beanstandungen gegen die Aufstellungen der Klägerin zuletzt nicht mehr erhoben worden seien.
bb) Als möglicherweise pflichtwidriges Unterlassen des Beklagten hat die Klägerin vorgetragen, dass dieser im Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis zum 26. Juni 2001 seitens der Klägerin erworbene eigene Aktien entgegen § 71 c AktG nicht binnen Jahresfrist nach dem Erwerb veräußert habe. Die Daten betreffend jene Aktien gehen ebenfalls aus der vorerwähnten Liste vor.
cc) Zur - insoweit hinreichenden - m ö g l i c h e n Pflichtwidrigkeit ihres Handelns bzw. Unterlassens hat die Klägerin näher ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Erwerb eigener Aktien gem. § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG durchgängig während beider Erwerbszeiträume nicht vorgelegen hätten. Bereits zum Zeitpunkt des ersten Aktienerwerbs seien bei der Klägerin Verluste aufgelaufen, welche diejenigen Rücklagen überstiegen hätten, welche zu Zahlungen an die Aktionäre hätten verwendet werden können. So habe bereits der Jahresabschluss der Klägerin zum 31. Dezember 2000 - also der letzte Jahresabschluss vor dem ersten Erwerb eigener Aktien - einen Bilanzverlust von rund 49,7 Mio. DM ausgewiesen, dem Gewinnrücklagen von lediglich insgesamt rund 66.000,00 EUR gegenübergestanden hätten. In den Folgejahren bis einschließlich 2004 habe die Klägerin durchgängig ausschließlich Verlust erwirtschaftet, so dass sich der Bilanzverlust erhöht habe, ohne dass die Gewinnrücklagen erhöht worden wären.
dd) Hinsichtlich des kausal hieraus entstandenen Schaden hat die Klägerin - was im Hinblick auf die oben erwähnte Schadensvermutung im Falle des § 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG hinreichend erscheint - die im Zuge des Erwerbs eigener Aktien abgeflossenen Mittel jeweils beziffert. Diese finden sich im landgerichtlichen Urteil wie folgt wiedergegeben: insgesamt 583.445,08 EUR hinsichtlich der im Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis 26. Juni 2001 erworbenen eigenen Aktien (als Ausgangspunkt für die Ermittlung des Zinsschadens); 1.744.949,08 EUR + 1.465.240,65 EUR zuzüglich Transaktionskosten in Höhe von 25.717,95 EUR + 35.931,36 EUR bezüglich der im Zeitraum vom 3. Dezember 2001 bis zum 11. Juni 2004 erworbenen eigenen Aktien. Darüber hinaus sind im landgerichtlichen Urteil von der Klägerin vorgetragene Verkaufserlöse aus den im letztgenannten Zeitraum erworbenen eigenen Aktien mit 1.636.171,61 EUR + 1.307.883,73 EUR wiedergegeben.
ee) Als weiteren Schaden macht die Klägerin einen Zinsschaden auf der Grundlage eines Anlagezinses von 2,5 % geltend, wobei sie eine Aufschlüsselung der Zinsberechnung als Anlagenband vorgelegt hat. Auch insoweit wurden - den Feststellungen des Landgerichts zufolge - zuletzt keine Beanstandungen mehr erhoben.
c) Anders als die Klägerin ist der Beklagte seiner Darlegungs- und Beweislast nicht in hinreichendem Maße nachgekommen.
Was die Frage der faktischen objektiven Pflichtwidrigkeit - d.h. nicht lediglich der möglicherweise gegebenen objektiven Pflichtwidrigkeit - betrifft, so rügt die Berufung, dass das Landgericht die Frage nicht untersucht habe, ob das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich des jeweiligen Erwerbsvorgangs überhaupt schlüssig ein Fehlverhalten des Beklagten aufgezeigt habe oder nicht. Hierbei verkennt die Berufung allerdings, dass die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende objektive Pflichtwidrigkeit bei dem in Anspruch genommenen Vorstandsmitglied, mithin beim Beklagten, liegt.
aa) Zwar hat das Landgericht in seiner Verfügung vom 18. Mai 2007 lediglich ausgeführt, dass hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit möglicherweise eine Vermutung für die Klägerin streite; wenn bereits vor dem Jahre 2001 erheblicher Bilanzverlust ausgewiesen worden sei und dieser sich im Jahr 2001 vergrößert habe, was auch für die Folgejahr 2002, 2003 und 2004 gelte, spreche wohl eine Vermutung dafür, dass zu keinem Zeitpunkt des Erwerbs eigener Aktien in der Zeit von 2001 bis 2004 eine Situation vorgelegen hat, die das Grundkapital nicht gemindert, also einen Erwerb erlaubt hat.
bb) Gleichwohl stellt sich der Hinweis des Landgerichts als im Ergebnis richtig dar. Zwar ist die Annahme einer Vermutung dieses Inhalts nicht statthaft. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien muss bereits nach dem Wortlaut des § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG im Zeitpunkt des Erwerbs beurteilt werden; nach der Gesetzesbegründung ist für diesen Zeitpunkt ein (fiktiver) Zwischenabschluss aufzustellen (vgl. die Begründung zu § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG i.d.F. von Art. 1 Nr. 14 des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 31. März 1978, BT-Drucks. 8/1678, S. 15 sowie Großkomm.z.AktG/Merkt aaO § 71 Rn. 331; MünchKommAktG/Oechsler aaO § 71 Rn. 320). Da Vermutungen jedoch widerlegbar sind (vgl. § 292 ZPO für die gesetzliche Vermutung), konnte der Beklagte dem gerichtlichen Hinweis jedenfalls entnehmen, dass die Darlegungs- und Beweislast ihm zukomme. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit keinen näheren Vortrag gehalten. Zu Recht hat das Landgericht daher ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass zu den jeweiligen Stichtagen des Erwerbs eigener Aktien Rücklagen aus freien Mitteln in entsprechender Höhe hätten gebildet werden können.
d) Auch die subjektive Pflichtwidrigkeit bzw. das Verschulden des Beklagten ist gegeben. Aus § 93 Abs. 5 Satz 2 AktG folgt, dass bei einem Verstoß gegen § 93 Abs. 3 AktG für ein Vorgehen gegen Vorstandsmitglieder jede Fahrlässigkeit genügt (vgl. Großkomm.z.AktG/Hopt aaO § 93 Rn. 236). Gerade im Falle der Übernahme der Verantwortung des Finanzvorstands eines - insbesondere auch nach dem Vortrag des Beklagten - sanierungsbedürftigen Unternehmens gelten für das neue Vorstandsmitglied sogar eher gesteigerte Anforderungen an die Prüfung der Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien. Den ihm obliegenden Entlastungsbeweis (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG) vermochte der Beklagte nicht zu erbringen.
aa) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Beklagte nicht schon dadurch entlastet wird, dass bereits sein Vorgänger im Amt des Finanzvorstands auf Grund des Ermächtigungsbeschlusses der Aktionärsvollversammlung vom 6. Juni 2001 im Zeitraum vom 15. Mai 2001 bis zu 26 Juni 2001 mit dem Rückkauf eigener Aktien der Gesellschaft begonnen hatte. Insbesondere entlastet ihn auch nicht, dass es den damaligen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats offenbar unbekannt war, dass Aktienkäufe prinzipiell nur aus Gewinnen der Gesellschaft getätigt werden dürfen.
bb) Bei fehlender eigener Sachkunde verletzt ein Gesellschaftsorgan Pflichten nur dann nicht schuldhaft, wenn es zur Klärung der anstehenden Fragen den Rat eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers einholt, diesen über sämtliche für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß informiert und nach eigener Plausibilitätskontrolle der ihm daraufhin erteilten Antwort dem Rat folgt (vgl. BGH ZIP 2007, 1265, 1266 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn zum einen hat der Beklagte nicht dargelegt, er habe dem Streithelfer anlässlich des Telefongesprächs vom 14. November 2001 sämtliche für eine fiktive Rücklagenbildung zum maßgeblichen Stichtag des beabsichtigten Aktienerwerbs relevanten Umstände unterbreitet; dies aber wäre auch dann nicht entbehrlich gewesen, wenn der Streithelfer die Zulässigkeit eines früheren Aktienerwerbs geprüft gehabt hätte. Zum anderen waren in diesem Zusammenhang - auch für den Beklagten ersichtlich - Fragen zu klären, die ohne die Auskunft eines Wirtschaftsprüfers - hilfsweise Steuerberaters - durch einen Rechtsanwalt nicht abschließend beantwortet werden konnten. Klärungsbedürftig war die Frage, ob bei der Klägerin zum Zeitpunkt des jeweils beabsichtigten Aktienerwerbs entsprechende Rückstellungen gebildet werden könnten. Zwar kann ein Rechtsanwalt die rechtlichen Rahmenbedingungen des § 71 Abs. 2 Nr. 2 AktG aufzeigen. Die Würdigung, ob die (fiktive) Rücklagenbildung unter den Voraussetzungen des § 272 Abs. 4 HGB möglich gewesen wäre, hätte jedoch nur ein mit der Vermögenssituation der Gesellschaft vertrauter Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater in hinreichendem Maße beantworten können.
cc) Da es eine originäre Pflicht des Vorstandsmitglieds im Zuge der Erfüllung seiner Aufgaben als Leitungsorgan darstellt, im Einzelfall fehlende eigene Sachkunde durch Einholung des Rates eines unabhängigen, fachlich qualifizierten Berufsträgers zu kompensieren (vgl. BGH, ZIP 2007, 1265, 1266 f.), hat es sich bei der hierzu erforderlichen Auswahlentscheidung selbst hinsichtlich der spezifischen Sachkunde des Berufsträgers zu vergewissern. Der Beklagte kann sich daher nicht damit entlasten, dass ihm der Aufsichtsratsvorsitzende der Klägerin deren Streithelfer als kompetenten Ansprechpartner genannt habe, weil dieser auch schon in der Vergangenheit die für den damaligen Aktienrückkauf notwendigen Voraussetzungen geprüft und bejaht habe.
Zudem besteht eine weitere originäre Pflicht des Vorstandsmitglieds, den Berufsträger über sämtliche für die Beurteilung erheblichen Umstände ordnungsgemäß zu informieren (vgl. BGH ZIP 2007, 1265, 1266 f.). Daher vermag sich der Beklagte nicht damit zu exkulpieren, er habe annehmen können, dass der Streithelfer der Klägerin die wirtschaftliche Situation des Unternehmens genau gekannt habe und erforderlichenfalls weitere Informationen eingefordert hätte.
Der Beklagte kann sich also weder auf ein Mitverschulden der Klägerin i.S. von § 254 BGB berufen noch kann er dem Anspruchsbegehren der Klägerin die dolo-agit-Einrede aus § 242 BGB entgegenhalten.
dd) Abgesehen davon war es nicht hinreichend, wenn der Beklagte lediglich zu Beginn des sich über mehrere Jahre hinziehenden Zeitraums des Erwerbs eigener Aktien für sich gewissermaßen eine Generalabsolution einholen wollte, ohne sich - wie dies § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG eigentlich erfordert - zum Zeitpunkt des jeweiligen Aktienerwerbs nochmals hinsichtlich der aktuellen Zulässigkeit zu vergewissern.
ee) Schließlich ist prozessual davon auszugehen, dass der Beklagte das Schreiben des Streithelfers vom 19. November 2001 erhalten hat. Den bei dem erstmaligen Bestreiten des Erhalts in der Berufungsinstanz handelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel des Beklagten, für welches die Zulassungsvoraussetzungen nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 ZPO nicht gegeben sind. Insbesondere hat das Landgericht mit der von ihm getroffenen Feststellung, der Beklagte habe den Erhalt des Schreibens vom 19. November 2001 nicht bestritten, keineswegs zu Lasten des Beklagten etwas unterstellt, was dieser - so die Berufung - niemals bekundet hat oder stillschweigend eingebracht hätte. Denn der Beklagte hat sich bei seiner informatorischen Anhörung vor dem Landgericht am 20. November 2007 dahingehend eingelassen, dass er sich an dieses Schreiben nicht mehr explizit erinnern könne, den Erhalt dieses Schreibens aber nicht bestritten.Auch im Rahmen seiner Anhörung vom 6. Mai 2008 hat er erneut geäußert, dass er an das Schreiben selbst keine konkrete Erinnerung habe und nicht einmal sagen könne, ob er es gesehen habe. Auch darin liegt kein Bestreiten des Erhalts dieses Schreibens. Schließlich ist in diesem Zusammenhang weiter zu berücksichtigen, dass das Landgericht mit Beschluss vom 13. Juni 2008 im Zuge der Anordnung des schriftlichen Verfahrens unter Ziff. 2. a) jenes Beschlusses ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es ein leicht fahrlässiges Verschulden des Beklagten darin sehe, dass dieser auf das Schreiben RA M. vom 19.11.2001 nicht bei A. abgeklärt hat, ob wegen der gem. § 272 Abs. 4 HGB für den Erwerb eigener Aktien zu bildenden Rücklage auf die Kapitalrücklage zurückgegriffen werden kann, auf welcher insbes. der Erlös aus dem Börsengang gebucht war. Selbst auf diesen Hinweis, dem der Beklagte entnehmen konnte, dass das Landgericht bei seiner rechtlichen Würdigung maßgeblich auf das vorerwähnte Schreiben Rekurs nehmen würde, hat der Beklagte im angeordneten schriftlichen Verfahren weder ausdrücklich noch konkludent bestritten, das vorerwähnte Schreiben erhalten zu haben.
Ist nun aber prozessual davon auszugehen, dass der Beklagte das Schreiben erhalten hat, so durfte er - wie das Landgericht zu Recht meint - nicht mehr annehmen, dass der Aktienrückkauf rechtlich unproblematisch zulässig sei, selbst wenn er aufgrund des Telefongesprächs vom 14. November 2001 einen gegenteiligen Eindruck erhalten haben sollte. In dem Schreiben ist ausdrücklich ausgeführt, dass die Kapitalrücklage nur herangezogen werden könne, sofern es sich bei ihr um eine solche gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB handele; diese Frage könne dem Beklagten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. beantworten. In der Tat hätte es zur Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gehört, diesen Hinweis zu beachten.
ff) Die Berufung rügt als Verstoß gegen § 286 ZPO, dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidungsgründe hervorgehoben habe, dass es davon überzeugt sei, dass sich bei einer konkreten Nachfrage ergeben hätte, dass die Voraussetzungen des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB nicht vorgelegen hätten, ohne dass das Landgericht darauf hingewiesen habe, aus welchen Einzeltatsachen es diese Überzeugung gebildet habe. Ein derartiger Verstoß gegen § 286 ZPO ist jedoch nicht gegeben. Das landgerichtliche Urteil ist im Gesamtzusammenhang zu lesen: So hat das Landgericht bereits zuvor im Urteil im Einzelnen konkret ausgeführt, aus welchen Anknüpfungstatsachen es den Schluss zieht, dass die Klägerin die gem. § 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage nicht aus frei verfügbaren Mitteln hat bilden können.
Zwar behauptet der Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals unter Beweisangebot, dass die Antwort auf eine derartige Nachfrage des Beklagten bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. positiv ausgefallen wäre. Hierbei handelt es sich jedoch zum einen um ein neues Verteidigungsmittel, für dessen Zulassung die Voraussetzungen nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 3 ZPO nicht gegeben sind. Abgesehen davon hätte es - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht genügt, lediglich vor der Wiederaufnahme des Aktienrückkaufprogramms bei der Prüfungsgesellschaft nachzufragen. Stattdessen hätte eine Rückfrage zu jedem Erwerbszeitpunkt stattfinden müssen, weil die fiktive Zwischenbilanz jeweils unterschiedlich hätte ausfallen können.
gg) Entgegen der Auffassung der Berufung entlastet den Beklagten deshalb auch nicht, dass der Streithelfer der Klägerin zu den Hauptversammlungen jeweils zum Aktienrückkauf ermächtigende Beschlüsse vorbereitet hat, zumal offen war, ob und wann der Vorstand von den Ermächtigungen Gebrauch machen würde. Dasselbe gilt für den Vortrag zur Beteiligung des Streithelfers der Klägerin an den die Hauptversammlungen vorbereitenden Meetings. Abgesehen davon wäre dies im Hinblick auf das Erfordernis der Einholung des Rates eines Wirtschaftsprüfers unmaßgeblich gewesen.
hh) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass das von der Firma A. am 19. März 2002 erteilte uneingeschränkte Testat der Bilanz für das Geschäftsjahr 2001 das Verschulden des Beklagten für nachfolgende Aktienkäufe nicht entfallen ließ. Denn es kommt auf den Zeitpunkt des jeweiligen Erwerbs an. Dies gilt auch, soweit der Beklagte vorgetragen hat, dass auch die weiteren Jahresabschlüsse, welche unter der Verantwortung des Beklagten erstellt worden seien, uneingeschränkt testiert worden seien. Entgegen der Auffassung der Berufung durfte sich der Beklagte nicht darauf verlassen, dass ihn die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Falle eines drohenden Verstoßes gegen das Aktienrecht von sich aus auf diesen aufmerksam gemacht hätte, zumal die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stichtagsbezogen - nämlich zum Stichtag des jeweiligen Jahresabschlusses - prüft.
Unmaßgeblich ist es daher auch, wenn die Berufung erstmals vorträgt, dass der damalige Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. H. B. gegenüber dem Beklagten versichert habe, dass all die Dinge, die aus Sicht des Unternehmens problematisch erschienen, im Rahmen der zu erstellenden Bilanz in den Management Letter aufgenommen würden. Abgesehen davon ergibt sich dies aus der insoweit seitens der Berufung in Bezug genommenen Fundstelle so nicht. Dort ist lediglich - unter Beweisangebot Zeugenvernehmung B. - ausgeführt, dass üblicherweise ein Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen § 272 HGB in Form eines so genannten Management Letter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erfolgt sei, was im vorliegenden Falle jedoch nicht geschehen sei. Wenn der Beklagte nunmehr - mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 19. November 2009 - vor dem Verkündungstermin in der Berufungsinstanz erstmals ausführt, dass die Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A. ständig damit befasst gewesen seien, zu prüfen, ob die von der Klägerin getätigten Geschäfte in irgendeiner Form zu beanstanden gewesen seien oder nicht, handelt es sich auch insoweit um ein neues Verteidigungsmittel, für dessen Zulassung die Voraussetzungen nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 3 ZPO nicht gegeben sind.
ii) Nicht gefolgt werden kann nach alledem der Auffassung der Berufung, dass sich der Beklagte darauf habe verlassen können, dass auch das mit dem Rückerwerb eigener Aktien befasste Kreditinstitut inzidenter die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit eines derartigen Programms habe (mit-) prüfen müssen, da der Vorstand des Kreditinstituts auch Aufsichtsratsvorsitzender der Klägerin gewesen sei. Dies gilt auch für den in der Berufungsinstanz neuen Vortrag der Klägerin, demzufolge der Beklagte Mitte des Jahres 2002 die Y.-Bank mit der weiteren Durchführung des Aktienrückkaufprogramms beauftragt habe, wobei dieses Kreditinstitut nach Auffassung des Beklagten über eine auf diese Dinge speziell geschulte Abteilung verfügte und der Beklagte daher meinte, die Dinge durch Einschaltung eines solchen Spezialunternehmens noch weiter optimieren zu können. Auch eine gegebenenfalls erfolgte Abstimmung der Entscheidungen mit dem Aufsichtsrat entlastet den Beklagten nicht (§ 93 Abs. 4 Satz 2 AktG).
jj) Dass das Landgericht - im Zusammenhang mit der Schadensprüfung - angenommen hat, dass der Beklagte bei pflichtgemäßem Handeln nicht nur von dem künftigen Erwerb eigener Aktien hätte absehen müssen, sondern gem. § 71 c AktG auch verpflichtet gewesen ist, die unter Verstoß gegen § 71 Abs. 2 AktG erworbenen Aktien innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb zu veräußern, rügt die Berufung nicht explizit. Gegen diese Würdigung erheben sich allerdings auch keine Bedenken, da der Beklagte Mitte November / Anfang Dezember 2001 das Aktienrückkaufprogramm wieder aufnehmen wollte und spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Prüfung des zuvor bereits durchgeführten Programms für ihn mehr als nahe liegen musste.
e) Was den geltend gemachten Schaden der Klägerin betrifft, so rügt die Berufung, dass das Landgericht diesen im Wesentlichen bejaht habe, ohne sich dabei mit den rechtlichen Argumenten auseinandergesetzt zu haben, welche der Beklagte hierzu erstinstanzlich wiederholt dezidiert vorgetragen habe.
aa) In diesem Zusammenhang nimmt der Beklagte konkret Bezug auf Vorbringen auf den Seiten 9 und 10 seines Schriftsatzes vom 4. Mai 2007 bzw. auf Seite 5 seines Schriftsatzes vom 22. Juni 2007. Dort vertritt der Beklagte die Auffassung, dass die Klägerin infolge des Aktienerwerbs keinen ersatzfähigen Schaden - jedenfalls keinen Schaden in der angegebenen Höhe - erlitten habe. Denn für den Fall, dass der Eigenerwerb der Aktien in den Jahren 2001 - 2004 gegen § 71 Abs. 1, Abs. 2 AktG und § 272 Abs. 4 HGB verstoßen haben sollte, wären die betroffenen Kaufverträge über die Eigenaktien gem. § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG nichtig, weswegen die Klägerin Rückgewähr des Kaufpreises geltend machen könnte; alternativ zur Rückgewähr des Kaufpreises könne die Klägerin mit den Aktionären auch einen Wertausgleich vereinbaren.
bb) Zwar trifft zu, dass gem. § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG das jeweilige Kausalgeschäft nichtig ist, und dass die Zahlung des Erwerbspreises grundsätzlich eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellt, die gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG zurückzuerstatten ist (vgl. Bezzenberger in Schmidt/Lutter, AktG § 71 Rn. 87; Wiesner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4 3. Aufl. § 15 Rn. 22); zudem entsteht wegen der Unverbindlichkeit des schuldrechtlichen Vertrages (§ 71 Abs. 4 Satz 2 AktG) beim Erwerb eigener Aktien erst durch die Zahlung der Gegenleistung ein Schaden (vgl. Hefermehl in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG § 93 Rn. 39 b; Großkomm.z.AktG/Hopt aaO § 93 Rdnr. 245; MünchKommAktG/Spindler aaO § 93 Rn. 197).
Dem Landgericht ist jedoch darin zu folgen, dass hieraus nicht geschlossen werden kann, dass der gezahlte Erwerbspreis eine freiwillige Leistung darstellt und ein Schaden mithin gar nicht eingetreten sei. Denn nach § 93 Abs. 3 AktG ist bereits die Verwendung des Gesellschaftsvermögens im Rahmen der dort genannten Tatbestände als Schaden für die Gesellschaft anzusehen. Hierbei handelt es sich um eine normative Präzisierung des Schadensbegriffs, die diesen am Schutzzweck der betroffenen Normen des Aktienrechts ausrichtet (Kölner Komm.z.AktG/Mertens 2. Aufl. § 93 Rn. 96). In Höhe der aufgewendeten Mittel ist ein Schaden der Gesellschaft anzunehmen, es sei denn, die Gesellschaft hat den Fehlbetrag endgültig wieder erlangt, oder er ist durch einen Wert ausgeglichen, welcher endgültig in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist (Kölner Komm.z.AktG/Mertens aaO).
Dies verkennt die Berufung, wenn sie weiter rügt, dass die Schadensberechnung auf keinen Fall so erfolgen könne, dass einfach sämtliche Erwerbsgeschäfte addiert und von dem Ergebnis der getätigten Verkaufsgeschäfte subtrahiert werden. Denn nachdem hier der Sondertatbestand des § 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG eingreift, gilt eine Vermutung, dass der Gesellschaft ein Schaden in Höhe der abgeflossenen Mittel entstanden ist (vgl. Fleischer in Spindler/Stilz aaO § 93 Rn. 214; MünchKommAktG/Spindler aaO § 93 Rn. 167, 193). Die Klägerin durfte daher die abgeflossenen Mittel (Kaufpreis nebst Provisionen) als Schaden geltend machen, woraufhin es nunmehr dem Beklagten oblegen hätte, den Nachweis zu erbringen, dass eine Schädigung der Gesellschaft nicht mehr möglich sei, weil der abgeflossene Betrag dem Gesellschaftsvermögen endgültig wieder zugeflossen sei (vgl. MünchKommAktG/Spindler aaO § 93 Rdn. 193; Großkomm.z.AktG/Hopt aaO § 93 Rdnr. 235). Wenn die Klägerin das Ergebnis der getätigten Verkaufsgeschäfte - d.h. die Verkaufserlöse - beziffert und von den Erwerbsgeschäften subtrahiert, hat sie insoweit bereits zugunsten des Beklagten schadensmindernde Beträge in Abzug gebracht. Entgegen der Auffassung der Berufung oblag es der Klägerin gerade nicht, hinsichtlich eines jeden Erwerbsgeschäftes aufzuzeigen, ob und wenn ja welcher Schaden (genau) ihrem Unternehmen durch dieses Einzelgeschäft entstanden sein könnte. Unmaßgeblich ist daher auch der vom Beklagten ins Feld geführte Aspekt, dass sich die einzelnen Aktiengeschäfte im Regelfall auf Klein- und Kleinstbeträge beliefen, hinsichtlich derer nicht erkannt werden kann, wieso dem Unternehmen ein Schaden entstanden sein könnte, wenn er aus dem vorhandenen Cash-Flow & den Kaufpreis für diese Aktien bezahlte.
cc) Durch dieses Ergebnis wird das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied nicht unangemessen benachteiligt. Denn es ist nach § 255 BGB zum Ersatz nur gegen Abtretung der etwaigen Ansprüche verpflichtet, die der Gesellschaft aus den die Ersatzpflicht begründenden Vorgängen gegen Dritte zustehen (RGZ 159, 211, 280). Das Vorstandsmitglied kann die Einrede des Zurückbehaltungsrechts aus § 273 BGB erheben, um die Abtretung zu erzwingen (vgl. Staudinger/Bittner, BGB, Neubearb. 2004 § 255 Rdnr. 40 m. w. Nachw.). Im hier gegebenen Fall hat der Beklagte allerdings kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht (trotz Hinweises des Landgerichts im Termin vom 19. Juli 2007), sondern lediglich die unzutreffende Auffassung vertreten, dass ein Schadensersatzanspruch wegen der Nichtigkeit der Kausalgeschäfts nicht gegeben sei. Der Beklagte, welcher das Zurückbehaltungsrecht in der Berufungsinstanz wegen § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr geltend machen kann, ist jedoch nicht damit ausgeschlossen, die Abtretung nachträglich geltend zu machen, da in der Unterlassung der Einrede des Zurückbehaltungsrechts keineswegs ein Verzicht auf die Abtretung zu sehen ist (vgl. RGZ 117, 335, 338; BGHZ 52, 39, 42; Staudinger/Bittner aaO § 255 Rn. 40). Deswegen ist auch kein Mitverschulden der Klägerin darin zu sehen, dass jene es bislang unterlassen hat, den jeweiligen Erwerbspreis beim Verkäufer der Aktien zurückzuverlangen.
dd) Ohne Erfolg nimmt die Berufung außerdem Bezug auf die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 11. Juli 2007. Dort hatte der Beklagte zwar nicht bestritten, dass während der Zeit, in der er als Vorstand der Klägerin tätig gewesen sei, eigene Aktien der Gesellschaft aufgrund einer Ermächtigung der Hauptversammlung sowie jeweils vorangegangener Vorstandsbeschlüsse erworben wurden. Er hatte jedoch zunächst - bis zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen - bestritten, dass die von der Klägerin behaupteten Aktiengeschäfte tatsächlich von dieser getätigt wurden.
Die Klägerin hat daraufhin einen Leitzordner mit den Einzelabrechnungen der Depotbanken zu den Akten gereicht, welcher Belege betreffend die Aktiengeschäfte (einschließlich der verauslagten Provisionen) in chronologischer Reihenfolge enthält, wobei die Belege lediglich nicht mit Ordnungsziffern versehen sind. Damit hat die Klägerin dem Beklagten faktisch Einsicht in die Gesellschaftsunterlagen gewährt, die ihm als ehemaligem Vorstandsmitglied nicht mehr zugänglich waren. Wenn der Beklagte dessen ungeachtet sein Bestreiten ohne nähere Substantiierung aufrecht erhalten und dieses auch in der Berufungsinstanz durch Bezugnahme fortgeführt hat, so ist dies unbeachtlich (§ 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO). Der Beklagte hätte Tatbestandsberichtigungsantrag stellen müssen, soweit das Landgericht in seinem Urteil Vortrag der Klägerin als unstreitig ausgewiesen hat oder insoweit spätestens in der Berufungsschrift näheren Vortrag halten müssen, nachdem er realisiert hatte, dass das Landgericht insoweit die klägerischen Angaben zu Grunde gelegt hat.
ee) Bezüglich des Ersatzes des Zinsschadens, welchen das Landgericht der Klägerin zugesprochen hat, nimmt die Berufungsbegründung Bezug auf Seite 2 des Schriftsatzes der Beklagtenvertreter vom 11. Juli 2007. Dort rügt der Beklagte, dass sich die Klägerin damit begnüge, pauschal zu behaupten, es sei ihr ein Zinsgewinn in der angegebenen Höhe von 206.160,05 EUR entgangen. Dagegen halte sie es offensichtlich nicht für notwendig, darzustellen, auf welcher Grundlage sich dieser angeblich entgangene Zinsgewinn berechnen solle. Weder Daten noch Beträge würden von der Klägerin vorgetragen, welche wenigstens die Berechnung nachvollziehbar erscheinen ließen. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 10. August 2007 ein Anlagenkonvolut K 4 vorgelegt, in welchem die Zinsberechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt ist. Auch hiergegen hat sich der Beklagte in erster Instanz gewandt. Hierauf geht die Berufungsbegründung allerdings nicht ein und beschränkt sich im Übrigen darauf, auf die erstinstanzlichen Einwendungen ergänzend Bezug zu nehmen und das diesbezügliche Vorbringen zum Gegenstand des Vorbringens in der Berufungsinstanz zu machen. Eine derartige pauschale Bezugnahme auf Vortrag in erster Instanz ist nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich nicht statthaft (vgl. etwa BGH NJW-RR 1996, 572 sowie Zöller/Heßler, ZPO 27. Aufl. § 520 Rdn. 40 m.w.N.) und lediglich dann ausnahmsweise als zulässig anzusehen, wenn - anders als hier - das erstinstanzliche Vorbringen von der Vorinstanz aus Rechtsgründen nicht behandelt, als rechtlich unerheblich oder unsubstantiiert angesehen oder gänzlich übergangen wurde (vgl. Zöller/Heßler aaO m.w.N.). Abgesehen davon hat das Landgericht festgestellt, dass Beanstandungen insbesondere auch gegen die Zinsberechnungen zuletzt nicht mehr erhoben worden seien, ohne dass der Beklagte gegen diese tatbestandliche Feststellung in den Entscheidungsgründen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt hätte.
ff) Auch im Übrigen begegnen die Ausführungen des Landgerichts zum Schaden wie auch zur Schadenshöhe keinen rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat.
f) Bei den tenorierten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 504.760,21 EUR seit dem 15. März 2007 handelt es sich um Zinsen nach § 286 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB, wenngleich das landgerichtliche Urteil hierzu - von der Berufung insoweit allerdings nicht beanstandet - keine Begründung gegeben hat. Nachdem die Klage den Beklagtenvertretern am 14. März 2007 zugestellt wurde, ist der Fristbeginn zutreffend angesetzt. Insbesondere ist auch der Berufungsantrag des Beklagten, die Klage insgesamt abzuweisen, mit keiner Begründung dafür versehen, weshalb aus Sicht des Beklagten die Zinsforderung - sollte die Hauptforderung auch in der Berufungsinstanz für begründet erachtet werden - nicht gegeben sein sollte.
g) Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals die Einrede der Verjährung erhebt, kann er damit aus Rechtsgründen keinen Erfolg haben.
aa) Die Berufung vertritt die Auffassung, dass sämtliche Ansprüche, die dem Beklagten gegenüber in Bezug auf Aktienkäufe bis einschließlich 28. Februar 2002 gemacht werden könnten, verjährt seien, da die Klägerin ihre Klage erst am 1. März 2007 bei Gericht eingereicht habe.
bb) Die erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Verjährungseinrede ist - unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 3 ZPO - jedoch nur dann zuzulassen, wenn die Erhebung der Einrede und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind (BGHZ 177, 212 Tz. 18). Im hier gegebenen Fall sind diese Umstände jedoch nicht unstreitig, da die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung jedenfalls schlüssig Hemmung der Verjährung einwendet. Zu entsprechendem Vortrag hatte sie in erster Instanz keine Veranlassung gehabt, da der Beklagte seinerzeit noch nicht die Einrede der Verjährung geltend gemacht hatte.
cc) Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus § 93 Abs. 2 AktG beträgt fünf Jahre (§ 93 Abs. 6 AktG). Maßgeblich für den Beginn dieser aktienrechtlichen Sonderverjährung ist § 200 BGB, also die Entstehung des Anspruchs als objektiver Umstand (vgl. Hüffer, AktG 8. Aufl. § 93 Rn. 37; Freund, GmbHR 2009, 1185, 1187). Der Anspruch ist entstanden, sobald er durch Klage (auch Feststellungsklage) gegen das Vorstandsmitglied geltend gemacht werden kann; der Schaden muss entstanden sein, braucht aber in seiner Entwicklung noch nicht abgeschlossen zu sein (vgl. Hüffer aaO m.w.N.). Für jede gem. § 93 Abs. 3 AktG pflichtwidrige Zahlung läuft eine gesonderte Verjährungsfrist (Großkomm.z.AktG/Hopt aaO § 93 Rn. 437). Die Unterbrechung und Hemmung der Verjährung richten sich nach den §§ 202 ff. BGB (Großkomm.z.AktG/Hopt aaO § 93 Rn. 447 m.w.N.).
dd) Die Berufungserwiderung trägt vor, dass nach erster Korrespondenz und einigen vorbereitenden Telefonaten am 6. November 2006 ein Gespräch zwischen dem Klägervertreter Rechtsanwalt S. und den Beklagtenvertretern Rechtsanwälten B. und Dr. R. stattgefunden habe. Die Vertreter des Beklagten hätten vorbehaltlich etwaiger Vorgaben der Versicherung des Beklagten grundsätzliches Interesse an einer einvernehmlichen Regelung der Angelegenheit bekundet und ausdrücklich darum gebeten, bis zum Abschluss ihrer angekündigten Prüfung der Angelegenheit keine Klage oder sonstige weitere Kosten auslösenden Maßnahmen zu ergreifen. Sie hätten dazu auch erklärt, dass der Beklagte sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen würde.
Legt man diesen seitens der Berufung nicht bestrittenen Vortrag zu Grunde, so ist die Verjährung von Ansprüchen zwischen den Parteien ab dem 6. November 2006 gemäß § 203 BGB bis unmittelbar vor der - ohnehin verjährungshemmenden (§ 204 Abs. 1 Nr. 2 BGB) Klageerhebung (Klageeinreichung am 1. März 2007; Klagezustellung am 14. März 2007) - gehemmt gewesen, nachdem die Klageeinreichung nach vorheriger telefonischer Ankündigung durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgte.
Vorstehendes gilt insbesondere auch für die Schadensersatzansprüche, welche die Klägerin auf eine Verletzung von § 71 c AktG stützt. Die fünfjährige Verjährung des in zeitlicher Hinsicht ältesten dieser Ansprüche hatte am 16. Mai 2002 begonnen, da die am 15. Mai 2001 erworbenen eigenen Aktien nicht binnen Jahresfrist veräußert worden waren. Die übrigen Ansprüche sind allesamt später entstanden, so dass auch insoweit eine verjährungshemmende Wirkung gegeben ist.
2. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 19. November 2009 gebot nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO), da er - mit der oben unter II. 1. d) hh) bereits abgehandelten Ausnahme - den Vortrag des Beklagten in der Berufungsinstanz lediglich akzentuierend zusammenfasst und sein Inhalt keine anders lautende rechtliche Würdigung veranlasst. Ebenso wenig war aufgrund der Replik der Klägerin vom 23. November 2009 die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
4. Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da Revisionszulassungsgründe i.S. von § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO nicht ersichtlich sind.
OLG Stuttgart:
Urteil v. 25.11.2009
Az: 20 U 5/09
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