Landgericht Dortmund:
Urteil vom 10. September 2004
Aktenzeichen: 17 S 113/03
(LG Dortmund: Urteil v. 10.09.2004, Az.: 17 S 113/03)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts
Dortmund vom 08.07.2003 - 125 C 4576/03 - abgeändert
und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie
folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 856,41 €
(i. W.: achthundertsechsundfünfzig 41/100 Euro) nebst 4 %
Zinsen hieraus seit dem 21.05.2003 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt
die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Geldausgleichs
für die erweiterte Nutzung ihrer Grundstücke zu Zwecken der Telekommunikation.
Die Klägerin ist Eigentümerin der im Grundbuch von E eingetragenen
Grundstücke G1 und G2, G3 und G4. Die Beklagte ist
Eigentümerin einer Hochspannungsleitung, die über die Flächen der
Klägerin verläuft und durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit
gesichert ist. Der Dienstbarkeit zugrunde liegt dabei ein Gestattungsvertrag
zwischen den Parteien vom 25.09.1970. Wegen der Einzelheiten des
Gestattungsvertrages wird auf Blatt 60 der Akten Bezug genommen. Als
sich der Erlass des Telekommunikationsgesetzes (TKG) abzeichnete,
rüstete die Beklagte im Jahr 1994 diese Hochspannungsleitung mit einem
Lichtwellenleiterluftkabel (LWL-Kabel) nach. Seit 1996 ist das LWL-Kabel
zu 2/3 an einen Telekommunikationsdienstleister vermietet, der das Kabel
zum Zwecke kommerzieller Telekommunikation nutzt.
Dies teilte die Beklagte der Klägerin auf deren Anfrage mit Schreiben vom
25.03.2003 mit.
Das verbleibende Drittel des Kabels nutzt die Beklagte für die interne
Kommunikation.
Die vorbeschriebene im Jahr 1996 erfolgte Nutzungserweiterung des seit
1994 vorhandenen LWL-Kabels war nach außen nicht erkennbar.
Die Umnutzung zum Zwecke der öffentlichen Telekommunikation erfolgte
durch einen schlichten technischen Vorgang, ein sog. "Umswitschen", das
nicht sichtbar ist.
Die Klägerin hat erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das
LWL-Kabel tatsächlich an Dritte vermietet ist. Sie hat die Ansicht
vertreten, es handele sich bei der Nachrüstung der Hochspannungsleitung
um eine Nutzungserweiterung im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG.
Damit stünde ihr ein entsprechender Entschädigungsanspruch gegen die
Beklagte zu. Dieser könne mangels Kenntnis der Klägerin von der
Nutzungserweiterung nicht verjährt sein. Zur Höhe macht die Klägerin
einen Anspruch auf Geldausgleich in Höhe von 5,00 DM pro laufenden
Meter geltend .
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 856,41 € nebst Zinsen in
Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2003
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, das LWL-Kabel seit 1996 an die B.
vermietet zu haben. Vor diesem Hintergrund hat sie die Ansicht vertreten,
nicht passiv legitimiert zu sein. Darüber hinaus hat sie sich auf die Einrede
der Verjährung berufen. Zur Höhe hat sie eingewandt, es sei nur ein Anspruch
von 0,50 DM pro laufende Meter angemessen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
der Klägerin stünde kein Entschädigungsanspruch gem. § 57
Abs. 2 TKG zu. Dies gelte unabhängig von der Frage der Vermietung des
Kabels. Die Vermietung vorausgesetzt, fehle der Beklagten die erforderliche
Betreibereigenschaft, bei Nichtvermietung sei der Anspruch verjährt.
Im Falle der Vermietung erfülle die Beklagte nicht die Voraussetzungen
für die Betreibereigenschaft gem. § 3 Nr. 2 TKG. Die Beklagte verfüge
dann nämlich nicht über die von § 3 Nr. 2 TKG vorgesehene umfassende
Kontrolle über die Gesamtheit der Funktionen in dem Sinne, dass sie über
das "ob" und das "wie" der Nutzung in eigener Verantwortung entscheiden
könne. Zumindest die technischen Funktionen, die zur Informationsübertragung
erforderlich seien, unterlägen der alleinigen Kontrolle der Mieterin.
Ferner sei die Beklagte im Falle der Vermietung in ihrer rechtlichen Kontrolle
eingeschränkt. Die Möglichkeit zur kommerziellen Telekommunikation
habe die Mieterin durch Einbindung des Kabels in ihre Datenverarbeitungssysteme
ermöglicht. Die Nutzung des Kabels für die interne
Kommunikation begründe hingegen keine Betreibereigenschaft. Gegen
die Betreibereigenschaft der Beklagten hat das Amtsgericht weiter angeführt,
dass das Vermarktungsinteresse und die finanziellen Vorteile bei
der Mieterin lägen. Die Vermietung des Kabels gegen Geld könne hiermit
nicht gleichgesetzt werden. Überdies sei es der Beklagten als Energieversorgungsunternehmen
schon gesetzlich verboten, Telekommunikationsdienstleistungen
anzubieten, § 14 Abs.1 TKG. Auch aus diesem Grund
könne die Beklagte vorliegend nicht Betreiberin im Sinne des Gesetzes
sein.
Hierin liege auch kein Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes
vom 07.07.2000 (BGH NJW 2000, Seite 3206 ff.). Die
Betreibereigenschaft sei in diesem Urteil nicht problematisiert worden,
sondern ohne weitere Prüfung angenommen worden. Gleiches gelte für
die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.11.2001 (OLG
Hamm, NJW-RR 2002, Seite 769 ff.). Dort sei der Fall anders gelagert gewesen.
Das Kabel sei in dem durch das OLG Hamm zu entscheidenden
Fall unstreitig noch nicht vermietet gewesen.
Die Klägerin könne auch nicht mit Erfolg auf die Problematik des Mieterwechsels
im Hinblick darauf verweisen, dass es sich um einen einmaligen
Ausgleichsanspruch handele. Dies seien nur praktische Probleme.
Die Betreibereigenschaft folge auch nicht daraus, dass nur zwischen den
Parteien, nicht aber zur Mieterin eine Rechtsbeziehung seitens der Klägerin
bestehe. Eigentum und Betreibereigenschaft könnten auseinander
fallen. Dies ergebe sich aus der Auslegung des § 57 Abs.1 und 2 TKG.
Die Vorschrift unterscheide zwischen dem Begünstigten nach Abs. 1 und
dem Pflichtigen nach Abs. 2. Dies finde seine Bestätigung in § 3
Nr. 2 TKG. Hier werde auf eine umfassende Funktionsherrschaft abgestellt.
Dazu gehöre mehr als das Eigentum. Es müsse sich um eine
funktionstüchtige Telekommunikationslinie im Sinne des § 3 Nr. 20 TKG
handeln.
Vorausgesetzt, das Kabel sei nicht vermietet, sei der Anspruch hingegen
gem. § 58 TKG verjährt. § 58 TKG. § 58 TKG sei auf den Anspruch aus
§ 57 Abs. 2 TKG anwendbar. Danach verjähre der Anspruch binnen 2
Jahren. Die Verjährung habe Ende 1996 begonnen. Damit sei Ende 1998
die Verjährung eingetreten. Auf die Kenntnis der Klägerin von der
kommerziellen Nutzung komme es nicht an.
Das Amtsgericht hat darüber hinaus das Bestehen eines Schadensersatzanspruches
zugunsten der Klägerin verneint. Offen bleiben könne, ob ein
solcher überhaupt geltend gemacht würde. Die Beklagte habe jedenfalls
keine Pflicht zur Information der Klägerin getroffen. Eine entsprechende
Nebenpflicht bestehe nicht. Die Verlegung der Kabel habe nicht übersehen
werden können. Die Klägerin hätte daher Anlass gehabt, sich bei
der Beklagten näher zu erkundigen.
Gegen das klageabweisende Urteil, der Klägerin zugestellt am
15.07.2003, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.08.2003, eingegangen
am darauffolgenden Tage, Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Nachdem die Klägerin im Rahmen der Berufungsinstanz zunächst die
Auffassung vertreten hat, das Amtsgericht wende § 57 Abs. 2 TKG
rechtsfehlerhaft an, da sich der Anspruch nicht gegen den Betreiber der
Telekommunikationslinie, sondern gegen den Duldungsberechtigten nach
§ 57 Abs. 1 TKG richte, ist sie zwischenzeitlich von diesem Standpunkt
abgerückt und geht nunmehr mit dem Amtsgericht und der Beklagten davon
aus, dass Anspruchsgegner der Betreiber der Telekommunikationslinie
ist.
Hierzu meint die Klägerin unter Berufung auf die Entscheidung des BGH
(NJW 2000, Seite 3206 ff.) weiter, dass die Beklagte Betreiberin der Telekommunikationslinie und damit passivlegitimiert sei. Das Amtsgericht
gehe fälschlicherweise zur Begriffsbestimmung von § 3 Nr. 2 TKG aus.
Hier sei von Telekommunikationsnetzen und nicht Telekommunikationslinien
die Rede. Es sei zwischen dem Betreiben von Übertragungswegen
und dem Betreiben von Telekommunikationslinien, § 30 Nr. 20 TKG, zu
unterscheiden. Ersteres entspreche der Tätigkeit der Mieterin, letzteres
der Tätigkeit der Beklagten. Nur die Beklagte unterhalte die in § 3 Nr. 20
TKG genannten technischen Vorrichtungen. Zudem seien die Feststellungen
des Amtsgerichts im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts
Hamm vom 22.11.2001 widersprüchlich. Die Rechtsauffassung
des Amtsgerichts zugrunde gelegt, hätte das OLG Hamm die
Klage mangels Betreibers abweisen müssen. Sie verweist hinsichtlich der
Betreibereigenschaft ferner auf die Regelung des § 57 Abs.2 Satz 1 TKG.
Hierin seien die Tätigkeiten, die zum Betreiben der Telekommunikationslinie
gehörten, aufgeführt. Dies seien Wartungs- und Reparatur- oder
vergleichbare mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie unmittelbar
zusammenhängende Maßnahmen. Dies zeige, dass der Betrieb der
Telekommunikationslinie in der Errichtung, Erneuerung, Wartung und der Durchführung
vergleichbarer Maßnahmen liege. Dies stehe in Einklang mit § 3
Nr. 20 TKG. Die fraglichen Maßnahmen würden hingegen unstreitig
sämtlich durch die Beklagte durchgeführt. Die Mieterin des LWL-Kabels
habe hingegen das Grundstück der Klägerin noch nie betreten, was
ebenfalls unstreitig sei.
Überdies habe die Beklagte auch die Funktionsherrschaft über die Telekommunikationslinie, also die tatsächliche und rechtliche Kontrolle. Die
rechtliche Kontrolle ergebe sich aus der Dienstbarkeit. Ebenso habe sie
die tatsächliche Kontrolle. Sie könne die Telekommunikationslinie ohne
weiteres stilllegen oder unterbrechen. Dies folge aus der Sachherrschaft
über die Hochspannungsleitung. Dafür spreche weiter, dass die Beklagte
das LWL-Kabel auch noch zur eigenen internen Kommunikation nutze.
Ferner erfolge die vom Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung
für den Ausgleichsanspruch herangezogene Vermarktung der Telekommunikationslinie
durch die Beklagte.
Hinsichtlich der Verjährung ist die Klägerin der Auffassung, § 58 TKG beziehe
sich nicht auf den Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 Satz 2
TKG. Es handele sich nicht um einen Ersatzanspruch im Sinne des § 58
TKG, sondern um einen andersartigen Ausgleichsanspruch, der nach den
allgemeinen gesetzlichen Regelungen verjähre. Hierfür spreche auch die
Historie des Gesetzgebungsverfahrens, aus der ersichtlich sei, dass der
Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG nachträglich eingeführt
worden sei.
Darüber hinaus meint die Klägerin, der Beklagten sei die Berufung auf die
Einrede der Verjährung gem. § 242 BGB verwehrt. Hierfür verweist sie auf
den unstreitigen Umstand, dass die Vermietung der Kabel und damit die
neue Nutzungsdimension, auf die es für den Verjährungsbeginn ankomme,
für sie nicht erkennbar gewesen ist. Zudem sei das
Telekommunikationsgesetz erst 1996 in Kraft getreten. Die Vermietung
finde gleichfalls seit 1996 statt.
Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien sei darüber hinaus auf jahrzehntelange
Dauer angelegt und von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt.
Dem widerspreche es, wenn der Energieversorger über die vertraglich
gestattete Nutzung hinaus die Nutzung erweitere und dies nicht
mitteile. Hier herrsche ein Informationsgefälle, das nach § 242 BGB die
Aufklärung gebiete.
Auf Grund seiner verfassungsrechtlichen Funktion, den Schutz des
Eigentums zu gewährleisten, beinhalte auch der Ausgleichsanspruch eine
Mitteilungspflicht. Andernfalls könne der Ausgleichsanspruch seine
Funktion nicht erfüllen.
Die Klägerin ist der Auffassung, entgegen der amtsgerichtlichen Feststellungen
nicht gehalten gewesen zu sein, sich bei der Beklagten innerhalb
der Verjährungsfrist zu erkundigen.
Darüber hinaus meint sie, aus der Verletzung der nach ihrer Auffassung
bestehenden Informationspflicht seitens der Beklagten stünde ihr ein
Schadensersatzanspruch zu.
Zur Höhe der Entschädigung hat sich die Klägerin auf ihr erstinstanzliches
Vorbringen gestützt. Hier hat sie unter Bezugnahme auf die Entscheidung
des Bundesgerichtshofs vom 07.07.2000 die Auffassung vertreten, die
Marktverhältnisse seien entscheidend. Hierzu behauptet sie unter näherer
Darlegung, auf die Bezug genommen wird, ein Betrag von 5,00 DM pro
qm sei marktüblich.
Für den Fall, dass die Kammer dieser Auffassung nicht folgen sollte, trägt
die Klägerin vorsorglich ebenfalls unter Bezugnahme auf die genannte
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor, dass dann das übliche Entgelt
für Gestattung der Verlegung von Versorgungsleistungen zu entrichten
sei. Es würden Preise bei Neuverlegung von Telekommunikationsleitungen
zwischen 5,00 € und 15,00 € pro Meter gezahlt. Bei der Verlegung
von LWL-Kabeln auf Erdöl oder Erdgastrassen seien Nutzungsentgelte
von 3,00 DM bis 4,00 DM pro Ifd. Meter üblich.
Hilfsweise beantragt die Klägerin die Bestimmung der Anspruchshöhe
durch das Gericht, § 315 BGB.
Die Klägerin ist vor der Kammer persönlich angehört worden. Im Rahmen
ihrer persönlichen Anhörung hat die Klägerin erklärt, sie habe sich nicht
an B gewandt, da sie keine Anschrift habe und auch von B nicht
angeschrieben worden sei. Sie könne nicht verpflichtet sein, in den
luftleeren Raum hinein Ansprüche herzuleiten. Bei rechtzeitiger
Information durch die Beklagte hätte sie sich an die Beklagte hinsichtlich
des Ausgleichs gewandt. Bei gleicher Antwort von der Beklagten, wie im
Rahmen dieses Rechtsstreits geschehen, wäre sie mit Hilfe ihres
Rechtsanwaltes an die Beklagte herangetreten. Der Klägervertreter hat
hierzu nochmals bestätigt: "Wir hätten Klage gegen die Beklagte
erhoben."
Die Klägerin beantragt,
das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu
verurteilen, an sie 856,41 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %
über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung insbesondere im Hinblick
auf ihre fehlende Betreibereigenschaft und damit auf die fehlende Passivlegitimation.
Ausgleichspflichtig sei derjenige, der auch den unmittelbaren Nutzen aus
der Zweckerweiterung ziehe. Die Beklagte meint, der Umstand, dass nur
ein einmaliger Ausgleich zu zahlen sei, spreche hier nicht für die Passivlegitimation
des Errichtenden der Telekommunikationslinie. Vielmehr
spreche dies gerade für die Ausgleichspflicht des Betreibers der Telekommunikationslinie. Nur er erweitere die Nutzung, wofür die Entschädigung
nach Sinn und Zweck der Regelung zu zahlen sei. Hierfür spreche
auch, dass der Betreiber ebenso Schuldner des Entschädigungsanspruchs
nach § 57 Abs. 2 Satz 1 TKG sei, obwohl er in der Regel mit der
Errichtung der Telekommunikationslinie nichts zu tun habe. Wenn er aber
gegebenenfalls schon für Handlungen des Eigentümers der
Telekommunikationslinie im Zuge der Errichtung hafte, dann jedenfalls
auch für den Ausgleich, der für die Vermarktung zu zahlen sei, deren
Nutzen er allein habe. Aus § 3 TKG ergebe sich in der Gesamtschau, wer
Betreiber der Telekommunikationslinie sei. Per Definition sei die
Telekommunikationslinie Bestandteil des Übertragungsweges. Ein
Betreiber der Telekommunikationslinie sei nicht ausdrücklich definiert.
Demnach müsse es der Betreiber des Übertragungsweges sein, der in § 3
Nr. 1 TKG definiert sei. Dieser Definition entspreche aber die Mieterin des
LWL-Kabels, nicht hingegen die Beklagte. Die Mieterin habe die erforderliche
Funktionsherrschaft. Diese sei nicht identisch mit dem Eigentum. Da § 3 TKG den
Begriff des Betreibers der Telekommunikationslinie zweifelsfrei festlege,
sei die Begriffsbestimmung einer Auslegung durch die Gerichte entzogen.
Der Bundesgerichtshof habe hingegen lediglich entschieden, dass die
Aktivlegitimation im Rahmen des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG nicht von der
Lizenzinhaberschaft abhängig sei. Nicht entschieden habe er, dass auch
die Passivlegitimation im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG von der
Lizenzinhaberschaft unabhängig sei. Auch die rechtliche Kontrolle folge
nicht aus dem Leitungsrecht als solchem. Die rechtliche Kontrolle betreffe
die Frage, wer die Gebrauchsbefugnis habe. Überdies dürfe der Inhaber
des Leitungsrechts die Telekommunikationslinie nicht betreiben. Die
Mieterin vermarkte auch das Grundstück. Sie habe gegenüber der
Klägerin ein originäres Duldungsrecht. In diesem Zusammenhang führt sie
weiter an, dass sich dies auch durch die Praxis bestätige. In der Praxis sei
es häufig der Telekommunikationsanbieter selbst, der die Leitungen nachrüste.
In diesen Fällen mache der Dritte von der Duldungsberechtigung
des § 57 Abs. 1 TKG Gebrauch. Es sei dann zwangsläufig auch der Dritte,
der die Anlage in Betrieb nehme. Zwar sei das Leitungsrecht immer von
dem Leitungsrechtsinhaber, hier der Beklagten, abgeleitet, aber die Inhaberschaft
hinsichtlich des Leitungsnetzes sei kein Tatbestandsmerkmal
für die Vermarktung.
Dass der Betreiber der Leitung oder Anlage nicht als Anspruchsgegner in
Betracht komme, zeige sich auch in den Gesetzesmaterialien. Aus diesen
gehe hervor, dass diese Bezeichnung zunächst ins Auge gefasst worden
sei, dann jedoch der Betreiber der Telekommunikationslinie als An-
spruchsgegner aufgenommen worden sei. Die ursprünglich beabsichtigte
Fassung habe dementsprechend auch nur Ausgleichsansprüche für
solche Tatbestände vorgesehen, die typischerweise mit baulichen Veränderungen
einher gingen und deren Zuweisung zum Leitungsinhaber
nahe läge. Der hier streitige Ausgleichsanspruch habe hingegen später
Eingang in das Gesetz gefunden. Ebenso sei es zu einem Wechsel des
Schuldners gekommen. Dies lasse sich nur so erklären, dass auf Grund
des zusätzlichen Ausgleichstatbestandes ein anderer Schuldner gewählt
worden sei.
Nachrangig ist für die Beklagte, dass es bei Zugrundelegung ihrer Auffassung
von der Betreibereigenschaft nur hinsichtlich des ersten Mieters
einen Ausgleichsanspruch gäbe. Alle weiteren Mieter wären hingegen von
der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung frei, da es sich nach dem Gesetz
um eine Einmalzahlung handelt. Hierzu meint die Beklagte, es sei typisch,
dass ein Rechtsnachfolger die Pflichten dessen, dem er nachfolge, nicht
mehr erfüllen müsse, wenn diese Pflichten bereits einmal erfüllt worden
seien.
Keinesfalls sei aber der Leitungseigentümer mit dem Schuldner des Geldausgleichs
gleichzusetzen. Andernfalls habe der Gesetzgeber dies regeln können.
Im Hinblick auf die im Juni 2004 in Kraft getretene Neufassung des TKG
trägt die Beklagte insbesondere zur Frage der Betreibereigenschaft weiter
wie folgt vor:
Daraus, dass nunmehr in § 76 Abs. 2 TKG n.F. alternativ zum Betreiber
der Eigentümer des Leitungsnetzes Anspruchsgegner des Ausgleichsanspruchs
geworden sei, folge, dass sie als Eigentümerin des Leitungsnetzes
zuvor nicht ausgleichspflichtig gewesen sei. Gegen ihre Betreiber-
eigenschaft im Sinne des § 57 TKG a.F. spreche ferner, dass die neue
Gesetzeslage, diese Auslegung zugrunde gelegt, nicht zu einer Erweiterung
der Anspruchsgegner führte. Faktisch verbliebe es dann auch
nach der neuen Regelung bei nur einem Anspruchsgegner. Dies widerspreche
ersichtlich dem Willen des Gesetzgebers.
Zur Frage der Verjährung verteidigt die Beklagte ebenfalls die amtsgerichtliche
Entscheidung. Ein Vergleich mit der Regelung des § 13 TWG
zeige, dass es auf die Kenntnis des Gläubigers nicht ankomme. Ebenso
zeige dieser Vergleich, dass alle Ansprüche von der kurzen Verjährungsfrist
erfasst seien. Die bloße Tatsache, dass sie Kenntnis und die Klägerin
Unkenntnis gehabt habe, ändere an der Verjährung nichts. Anderes
widerspräche den Grundsätzen des alten Verjährungsrechts. Dieses sei
verfassungskonform, auch wenn das neue Verjährungsrecht auf die
Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände abstelle.
Durch die kurze Verjährung ohne Bestehen einer Informationspflicht
werde Artikel 14 Grundgesetz auch nicht ausgehöhlt. Es verhalte sich
ähnlich wie im Erbrecht, das ebenfalls dem Schutz des Eigentums diene.
Auch dort seien aber verschiedene kurze Fristen geregelt, innerhalb derer
Ansprüche unabhängig von etwaiger Kenntnis verjährten.
Die Beklagte meint, sie könne sich auch nach Treu und Glauben auf den
Einwand der Verjährunq berufen. Die Durchbrechung der Verjährung sei
an strenge Anforderungen geknüpft, die nicht vorlägen. Eine gesetzliche
Informationspflicht habe sie nicht getroffen. Die Möglichkeit der Nutzungserweiterung
habe sich erst mit dem TKG eröffnet. Auf Grund der gesetzlichen
Erlaubnis habe auch keine Mitteilungspflicht bestanden. Der Gesetzgeber
habe im Rahmen des § 57 TKG die Möglichkeit, dass Inhaber
des Leitungsrechts und Betreiber der Telekommunikationslinie ausein-
anderfallen können, im Blick gehabt. Damit habe er zugleich vorgesehen,
dass der Eigentümer des Grundstücks nicht ohne Weiteres erkennen
könne, ob und von wem die Telekommunikationslinie genutzt werde.
Wenn das Gesetz dem erkennbaren Informationsbedarf des Grundstückseigentümers
nicht abhelfe, könne aus Treu und Glauben nicht eine
solche Informationspflicht abgeleitet werden. Eine Regelungslücke liege
nicht vor.
Die Beklagte ist der Auffassung, eine Aufklärungspflicht aus einem zu der
Klägerin auf Grund der Dienstbarkeit gegebenen Treueverhältnisse bestehe
nicht. Die diesbezüglichen Rechte und Pflichten folgten aus
§§ 1090 ff. BGB und dem zugrundeliegenden Gestattungsvertrag. Soweit
der Begünstigte das Grundstück über den ihm zustehenden Umfang
hinaus nutze, sei er nicht zur Aufklärung, sondern nur zur Unterlassung
verpflichtet. Die Verletzung von Eigentumsrechten löse keine Informationspflichten
aus. Der Anspruch aus § 57 Abs. 1 TKG bestehe
unabhängig von der Dienstbarkeit, daher könne aus der Dienstbarkeit
auch keine Aufklärungspflicht in dieser Hinsicht entstehen.
Soweit eine Aufklärungspflicht als unselbstständige Nebenpflicht gern.
§ 242 BGB entstehen könne, stehe dem vorliegend die Funktion der Aufklärungspflicht
entgegen. Diese sei regelmäßig, berechtigtes Vertrauen
des einen (Unwissenden) in die Loyalität des anderen (Wissenden) zu
schützen, insbesondere soweit es darum gehe, dass der eine einen Vertrag
bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht abgeschlossen hätte. Daraus
folge, dass eine solche Aufklärungspflicht eine Rechtsbeziehung voraussetze,
die in besonderem Maße dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme
unterliege, wie es im Rahmen eines Vertrages oder der Vertragsanbahnung
der Fall sein könne. Ein solches Verhältnis sei vorliegend
nicht gegeben. Es gehe nicht um einen seitens der Beklagten zu
erzielenden Verhandlungserfolg. Vielmehr setze die Beklagte eine
Rechtsposition durch, die ihr gesetzlich zustehe. Ein allgemeines Verbot,
Informationsvorsprünge auszunutzen, gebe es jedoch nicht.
Ferner bestehe auch das erforderliche Informationsgefälle nicht. Hierzu
führt sie erstmals in zweiter Instanz im Einzelnen näher aus, dass die
Klägerin sich nicht auf mangelnde Kenntnis berufen könne. Die Problematik
sei sowohl Thema in der allgemeinen Medienberichterstattung gewesen,
als auch mit den zuständigen Interessenverbänden diskutiert
worden.
Die Beklagte macht ebenso erstmals in zweiter Instanz geltend, dass die
Klägerin nicht darlege, warum sie nicht in unverjährter Zeit ihren Anspruch
geltend gemacht habe. Die Klägerin habe die in eigenen Angelegenheiten
erforderliche Sorgfalt nicht beobachtet. Sie habe ohne weiteres die Möglichkeit
gehabt, sich alle erforderlichen Informationen zu beschaffen.
Auch aus der Drittwirkung der Grundrechte folge keine Aufklärungspflicht.
Diese könnten nur über die Auslegung von Generalklauseln wie § 242
BGB wirken. Hier lägen aber unmittelbar gültige Rechtsnormen vor. Eine
Anwendung von § 242 BGB komme daher nicht in Betracht.
Die Beklagte meint im Hinblick auf eine vermeintliche Schadensersatzverpflichtung
weiter, eine vertragliche Nebenpflicht zur Information über die
Nutzungserweiterung habe nicht bestanden. Unter Berufung auf die
Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt (MMR 1999, Seite 161
ff.) ist sie der Auffassung, sie habe davon ausgehen dürfen, die
Nutzungserweiterung sei ohne Ausgleichsverpflichtung zulässig gewesen.
Hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Entschädigung behauptet die Beklagte,
diese bemesse sich nach dem sogenannten Entwertungsbruchteil
und betrage 0,27 € pro Meter. Hilfsweise nimmt die Beklagte auf die Ent-
scheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.11.2001 Bezug und
errechnet einen Betrag von 1,24 € pro Ifd. Meter.
Der für die Beklagte im Termin vom 12.03.2004 vor der Kammer erschienene
Herr I erklärte im Rahmen seiner persönlichen
Anhörung, das LWL-Kabel sei 1994 auf die bestehenden Leitungen aufgebracht
worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich das TKG abgezeichnet.
Ein paar Fasern seien für die Beklagte vorgesehen und genutzt worden.
Ab 1996 seien die Leitungen an B übergeben worden. Die betriebsinterne
Nutzung habe zum selben Zeitpunkt eingesetzt, da die Beklagte
zuvor keine Empfangsvorrichtungen gehabt habe. Derzeit nutze die Beklagte
ca. 1/3 des Kabels für sich und 2/3 seien an B vermietet.
Auf das Berufungsvorbringen der Beklagten zu der Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes nimmt die Klägerin wie folgt Stellung:
Sie verweist darauf, dass sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe, dass
mit der Neuregelung "klargestellt" werden solle, dass nicht nur der Betreiber,
sondern auch der Inhaber des Leitungsnetzes ausgleichspflichtig
sein soll. Die Formulierung sei lediglich unglücklich gewählt. Dennoch
meint sie, es gehe nicht um eine Erweiterung des Schuldnerkreises,
sondern lediglich um eine KlarsteIlung, dass der Eigentümer des Netzes
schon immer ausgleichspflichtig gewesen sei.
Zudem meint sie, es könne nicht im Sinne der Beklagten von der Neuregelung
auf die Altregelung zurückgeschlossen werden.
Zur Stützung ihrer Ansicht legt sie nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist
erstmals in zweiter Instanz einen Vertrag vor, wie er von
den Energieversorgern mit den jeweiligen Telekommunikationsanbietern
geschlossen werde. Danach erfolge der Betrieb der Telekommunikationslinie
eindeutig durch den Energieversorger.
Die Vorlage des Mietvertrages rügt die Beklagte als verspätet und verweist
zudem darauf, dass dieser Vertrag keine Aussagekraft für den
streitgegenständlichen Mietvertrag zwischen der Beklagten und B
habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
überreichten Schriftsätze und die zu den Akten gelangten Unterlagen Bezug
genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Das Amtsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Klägerin steht
der geltend gemachte Ausgleichsanspruch in voller Höhe gegen die Beklagte
zu. Die Klägerin ist gern. § 57 I Nr. 1 TKG zur Duldung der streitgegenständlichen
Einwirkung auf ihr Grundstück, dem Nachrüsten der
Hochspannungsleitung mit LWL-Kabeln, verpflichtet. Die Beklagte ist
Betreiberin im Sinne des § 57 Abs. 2 TKG. Offen bleiben kann, ob der
damit gegen sie gerichtete Ausgleichsanspruch des § 57 Abs. 2 Satz 2
TKG gem. § 58 TKG verjährt ist oder ob für diesen Anspruch die normalen
gesetzlichen Verjährungsregelungengelten mit dem Ergebnis, dass die
Verjährung noch nicht eingetreten ist. Jedenfalls kann sich die Beklagte
vorliegend nicht auf die Einrede der Verjährung berufen.
Im Einzelnen:
1.
Unstreitig ist die Klägerin gegenüber der Beklagten gern. § 57 Abs. 1 Nr. 1
TKG zur Duldung der streitgegenständlichen Einwirkung auf ihr Grundstück
verpflichtet. Der Beklagten steht das Recht zur Errichtung der Hochspannungsleitung
mit allen Folgeverrichtungen durch eine beschränkt persönliche
Dienstbarkeit gesichert gegenüber der Klägerin zu. Diese bestehende,
durch ein Recht gesicherte Leitung, ist vorliegend für die Errichtung
der Telekommunikationslinie genutzt worden.
2.
Ebenso unstreitig hat eine Nutzungserweiterung dieser Telekommunikationsleitung
im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG stattgefunden. Die
bereits 1994 seitens der Beklagten errichtete Telekommunikationslinie ist
seit 1996 für kommerzielle Zwecke genutzt worden. Dabei geht die
Kammer davon aus, dass die Vermietung des Kabels zwischen den
Parteien in zweiter Instanz unstreitig ist. Mit der Berufungsbegründung hat
die Klägerin ihr Bestreiten nicht dezidiert aufrechterhalten. Vielmehr hat
sie im Rahmen ihrer Ausführungen vorgetragen "Der Mieter dieser
Vorrichtungen (in diesem Fall B) hat ...". Auf den Schriftsatz
vom 06.08.2003 (Blatt 92) wird insoweit Bezug genommen. Die Kammer
hat daraufhin mit Verfügung vom 20.10.2003 darauf hingewiesen, dass
die Vermietung nunmehr unstreitig sein dürfte. Dem ist die Klägerin nicht
substantiiert entgegengetreten. Im Gegenteil hat die Klägerin mit
Schriftsatz vom 23.01.2004 (Blatt 296 ff.) vorgetragen, die Vermarktung
des Grundstücks finde seitens der Beklagten durch Vermietung an die
B statt. Soweit die Klägerin sodann mit gleichem Schriftsatz
pauschal bestreitet, dass eine Vermietung stattgefunden habe, ist dieses
Vorbringen widersprüchlich und damit unbeachtlich. Unschädlich ist
insoweit, dass die Nutzung zur kommerziellen Telekommunikation erst
nachträglich, also zeitlich deutlich nach Errichtung der Telekommunikationslinie,
begonnen hat. Zwar entfiele eine Ausgleichspflicht vorliegend
in diesem Fall nach dem Wortlaut der Vorschrift, höchstrichterlich ist
jedoch festgestellt, dass die Ausgleichspflicht auch dann besteht, wenn
ein Übergang von interner zu kommerzieller Nutzung stattfindet (BGH
NJW 2000, Seite 3206, BverfG NJW 2001, 2960). Andernfalls stünde § 57
TKG als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nicht in
Einklang mit Artikel 14 Grundgesetz.
Gleiches muss auch dann gelten, wenn - wie hier - die Errichtung und die
Nutzung insgesamt sowohl intern wie auch kommerziellzeitlich
auseinanderfallen.
3.
Die Beklagte ist auch passivlegitimiert. Passivlegitimiert für den Ausgleichsanspruch
ist der Betreiber der Telekommunikationslinie. Dies ist
vorliegend die Beklagte.
§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG nennt zwar anders als Satz 1 und 3 explizit
keinen Anspruchsgegner. Dies eröffnet zunächst die Frage, wer die in
§ 57 Abs. 2 Satz 2 TKG normierte Ausgleichspflicht trägt. Die Kammer
geht dabei in Übereinstimmung mit beiden Parteien davon aus, dass dies
der Betreiber der Telekommunikationslinie ist. Dafür spricht, dass § 57
Abs. 1 TKG die Duldungspflicht des Grundeigentümers gegenüber
demjenigen, der eine Telekommunikationslinie errichtet, betreibt und
erneuert, normiert. Korrespondierend mit der Duldungspflicht normiert
Abs. 2 sodann in Satz 1 und 3 Ersatzansprüche, die sich ausdrücklich
gegen den Betreiber der Telekommunikationslinie richten. Bei wörtlicher
Auslegung des Satzes 2 spricht die Formulierung "darüber hinaus" dafür,
dass die in Satz 1 begonnene Normierung von Ansprüchen gegen den
Betreiber in Satz 2 weitergeführt werden soll. Dies gilt umso mehr, als kein
weiterer Adressat in Satz 2 genannt wird. Hätte der Gesetzgeber hier
einen anderen Anspruchsgegner bestimmen wollen, hätte es nahe
gelegen, dies ausdrücklich in Abgrenzung zum gesamten übrigen Inhalt
'des § 57 Abs. 2 TKG zu tun. Ferner spricht auch die systematische
Stellung des Ausgleichsanspruchs in Satz 2 zwischen den Ansprüchen
gegen den Betreiber in Satz 1 und 3 dafür, dass der Anspruch nach Satz
2 gegen den Betreiber gerichtet sein soll. Diese Auffassung wird
zusätzlich dadurch gestützt, dass der Ausgleichsanspruch nach Satz 2
wie die beiden anderen Ausgleichsansprüche nach Satz 1 und 3 auf die
Duldungspflicht nach Abs. 1 zurückgeht.
Der damit feststehende Anspruchsgegner, nämlich der Betreiber der Telekommunikationslinie, ist der Inhaber des Leitungsrechts, mithin die Beklagte.
Hierfür spricht bereits die Systematik des § 57 TKG. Aus ihr geht hervor,
dass Duldungsberechtigung und Ausgleichsverpflichtung korrespondieren.
Es liegt auf der Hand, dass derjenige, der Gläubiger eines Duldungsanspruchs
ist und hiervon auch Gebrauch macht, auch zugleich der
Schuldner des Ausgleichsanspruchs ist, wenn ein solcher Anspruch - wie
hier - vorgesehen ist. Dafür, dass nicht der Mieter, sondern der Eigentümer
der Leitung Betreiber im Sinne des § 57 TKG ist, spricht - entgegen
der Auffassung der Beklagten - auch, dass es sich um eine einmalige
Zahlung handelt, die dafür gezahlt wird, dass der Eigentümer des Grundstücks
in seinem Recht begrenzt wird, mit der Sache nach Belieben zu
verfahren, eine Fremdnutzung zu untersagen oder sich marktgerecht vergüten
zu lassen (BGH NJW 2000, Seite 3206, 3210). Die erste und dauerhafte
Vermarktung der Telekommunikationslinie erfolgt durch den Inhaber
des Leitungsrechts, entweder durch eigene Nutzung zu kommerziellen
Zwecken oder wie hier durch Vermietung. Die weitergehende Vermarktung
durch den jeweiligen Mieter ist jeweils nur von der Vermarktung
durch den Eigentümer der Leitung abgeleitet, wovon letztlich auch die Beklagte
ausgeht. Für die von der Kammer vertretene Auslegung der
Betreibereigenschaft spricht auch, dass anderenfalls die Situation einträte,
dass nur der erste Mieter den Einmalanspruch auszugleichen hätte, die
nachfolgenden Mieter hingegen nicht. Warum der erste Mieter der Anlage
ausgleichspflichtig und damit schlechter gestellt sein sollte als alle
anderen nach ihm folgenden Mieter, ist hingegen nicht begründbar.
Soweit die Beklagte darauf verweist, es handele sich hier um ein
nachrangiges und bei der Gesetzesauslegung nicht zu beachtendes
Problem, geht sie fehl. Zu Unrecht nimmt die Beklagte hier ein
bestehendes Rechtsnachfolgeverhältnis zwischen den verschiedenen Mietern an, weshalb die Erfüllung durch den ersten Mieter dann für die folgenden gelten könne.
Jeder Mieter handelt einen neuen Vertrag mit dem Leitungsrechtsinhaber
aus. Ein Fall der Rechtsnachfolge ist vorliegend nicht gegeben.
Die Betreibereigenschaft des Errichters der Telekommunikationslinie bzw.
des Inhabers des Leitungsrechtes ergibt sich auch aus folgender Überlegung:
Einhellige Auffassung ist, dass der Betreiber der Telekommunikationslinie
der Anspruchsgegner aller in § 57 Abs. 2 TKG genannten
Ansprüche ist. Ansprüche nach Abs. 2 Satz 1 können aber bereits
unmittelbar bei Errichtung der Telekommunikationslinie entstehen. Würde
dann nicht derjenige haften, der die Nutzungsbeeinträchtigung im Zuge
der Errichtung verursacht hat und in der Folge keine Vermietung der
Telekommunikationslinie zu kommerziellen Zwecken erfolgen, bliebe der
Eingriff in das Eigentumsrecht - abgesehen von deliktischen Ansprüchen
- mangels Anspruchsgegners entschädigungslos. Dies läuft ersichtlich
dem Zweck der Vorschrift zuwider. Soweit die Beklagte hierzu meint, es
sei unbeachtlich, dass bei Zugrundelegung ihrer Auffassung ohne
Vermietung der Anlage kein Anspruchsgegner für eventuelle
Entschädigungsansprüche vorhanden sei, da in solchen Fällen bei
Beeinträchtigungen des Grundstücks in jedem Fall ein deckungsgleicher
Entschädigungsanspruch außerhalb des TKG entstehe, folgt ihr die
Kammer nicht. Hier ist der Beklagten entgegen zu halten, dass es sich, da
das Gesetz einen Anspruchsgegner klar vorgibt, ansonsten nur um
deliktische Ansprüche handeln könnte, die an weitergehende Voraussetzungen
geknüpft sind. Im Übrigen würde dies dazu führen, dass der
Betreiber, wenn er nach Auffassung der Beklagten vorhanden ist, auch für
die Schäden bei der Errichtung haften würde, die der Leitungsinhaber verursacht
hat. Eine solche Blankohaftungsübernahme für ein fremdes, nicht
beeinflussbares Handeln ist aber fernliegend und mit dem Rechtssystem
nicht vereinbar, zumal unstreitig sämtliche Arbeiten vor Ort, die zu
Schäden führen können, von dem Inhaber der Leitung, hier der
Beklagten, vorgenommen werden.
Die Betreiberrolle der Beklagten als Eigentümerin der Leitung ergibt sich
darüber hinaus auch in Anbetracht der in § 3 TKG normierten Begrifflichkeiten.
Anders als andere Formen des Betreibens ist der Begriff des
Betreibens einer Telekommunikationslinie nicht legal definiert. Legal definiert
ist aber der Begriff der Telekommunikationslinie in § 3 Nr. 20 TKG.
Danach stellen - verkürzt dargestellt - eine Telekommunikationslinie dle
körperlichen Bestandteile dar, die erforderlich sind, um sodann durch nicht
körperliche Einwirkung (Funksignale etc.) tatsächlich Telekommunikation
ermöglichen zu können. Aus dieser Definition ist ersichtlich, dass das
Betreiben von Telekommunikationslinien im Wesentlichen das Vorhalten
der körperlichen Bestandteile, die für die Telekommunikation erforderlich
sind, beinhaltet. Der Begriff des Betreibens, als solcher ist in § 3 Nr. 1
und 2 TKG in Bezug auf Übertragungswege und Telekommunikations24
netze jeweils als tatsächliche und rechtliche Kontrolle (Funktionsherrschaft)
beschrieben. Davon ausgehend ist Betreiber der Telekommunikationslinie,
wer die tatsächliche und rechtliche Kontrolle an ihr
hat. Dies ist hier die Beklagte. Sie hat als Eigentümerin der Leitung und
Inhaberin des Leitungsrechts die rechtliche Kontrolle. Dieser begibt sie
sich auch nicht durch die Vermietung des Kabels, vielmehr macht sie von
ihrer rechtlichen Kontrollmöglichkeit durch die Vermietung Gebrauch.
Ebenso hat die Beklagte die tatsächliche Kontrolle über die Telekommunikationslinie.
Dies folgt bereits daraus, dass sie die Leitungswege
nach wie vor für die Energieversorgung und die nachgerüsteten LWL-Kabel
zum Teil für ihre eigene Kommunikation nutzt. Unwidersprochen hat
die Klägerin dazu vorgetragen, dass es allein Sache der Beklagtem ist, die
Leitungen zu erhalten. Die Mieterin habe ihr Grundstück noch nie betreten.
Auch dies belegt, dass die tatsächliche Kontrolle weiterhin bei der
Beklagten liegt.
Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht auf § 3 Nr. 1 TKG berufen.
Hier ist ausdrücklich das Betreiben von Übertragungswegen geregelt.
Diese sind mit den Telekommunikationslinien nicht identisch. Dies folgt
bereits aus der im Gesetz vorgenommenen Differenzierung zwischen den
Begriffen in § 3 Nr. 20 und 22. Deutlich wird der Unterschied zudem in § 6
TKG. Danach benötigen die Betreiber eines Übertragungsweges eine
Lizenz. Eine Lizenzpflicht für die Betreiber einer Telekommunikationslinie
besteht hingegen nicht.
Die Hinweise der Beklagten auf das Gesetzgebungsverfahren verfangen
ebenfalls nicht. Zwingende Schlüsse auf die Identität des Betreibers ergeben
sich hieraus nicht.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Beklagte Betreiberin
der Telekommunikationslinie im Sinne des Gesetzes ist. Diese Auslegung
des Gesetzes steht zudem in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen
und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat
problemlos den Leitungsrechtsinhaber als Anspruchsgegner angesehen.
Auf die bereits zitierte Entscheidung vom 07.07.2000 wird insoweit Bezug
genommen. Auch das Oberlandesgericht Hamm hat in seiner Entscheidung
vom 22.11.2001 (NJW 2002, Seite 769 ff.) grundsätzlich die
Ausgleichspflicht des Energieversorgers für die Nachrüstung seiner
Leitungen angenommen.
Soweit die Beklagte demgegenüber meint, die Tatsache, dass die
Nutzungserweiterung die Ausgleichspflicht begründe, beschreibe die
Betreibereigenschaft in dem Sinne, dass derjenige der Betreiber sei, der
die erweiterte Nutzung durchführe, geht sie fehl. Ihre Argumentation basiert
hier auf einem Zirkelschluss. Sie setzt voraus, dass die Erweiterung
der Nutzung durch die kommerzielle Vermarktung seitens des Mieters erfolgt.
Sie liegt hingegen bereits in der Vermietung des Kabels.
Ebenso wenig ist der Verweis der Beklagten auf die Gesetzesmaterialien
zur alten Fassung des Telekommunikationsgesetzes zwingend, wonach
zunächst der Betreiber der Leitung oder Anlage als Anspruchsgegner in
Betracht gezogen worden sei und sodann der Betreiber der Telekommunikationslinie
ins Gesetz Eingang gefunden habe. Soweit die Beklagte
darüber hinaus meint, aus der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes
Rückschlüsse auf die Auslegung der alten Fassung des TKG
ziehen zu können, geht sie ebenfalls fehl. Die Neuregelung eines Gesetzes
kann nicht die Auslegung einer bisher geltenden Norm bestimmen.
Vielmehr ist diese im Lichte der Umstände und der Gesetzeslage auszulegen,
die in dem Zeitpunkt der Gültigkeit der auszulegenden Norm bestanden
hat.
Ebenso wenig greift das Argument der Beklagten, der Eigentümer der
Leitung könne nicht mit dem Schuldner des Ausgleichsanspruchs automatisch
gleichgesetzt werden. Nicht das Eigentum löst den Ausgleichsanspruch
aus, sondern die Nutzungserweiterung durch den Eigentümer
der Leitung.
Mithin ist die Beklagte Betreiberin im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG
und damit für den geltend gemachten Anspruch passivlegitimiert.
4.
Ob der gegen die Beklagte gerichtete Ausgleichsanspruch gern. § 58 TKG
bereits unabhängig von der Kenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden
Umständen im Jahre 1998 verjährt war oder ob die allgemeinen
Verjährungsregelungen auf diesen Anspruch anzuwenden sind
mit der Folge, dass der Anspruch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
verjährt wäre, kann vorliegend offen bleiben. Jedenfalls ist es der Beklagten
gern. § 242 BGB in Verbindung mit Artikel 14 Grundgesetz verwehrt,
sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Dabei ist der Beklagten
zuzugeben, dass die Verjährungsdurchbrechung vorliegend nicht
aus der Verletzung von Auskunftspflichten folgt. Die Beklagte hat die von
der Klägerin begehrte Auskunft unstreitig zeitnah nach Stellung der Anfrage
seitens der Klägerin erteilt. Damit ist die Beklagte ihrer Auskunftsverpflichtung
nachgekommen.
Über die von ihr erfüllte Auskunftsverpflichtung hinaus bestand für die Beklagte
aber auch eine Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin. Offen
bleiben kann, ob eine solche aus der zugunsten der Beklagten eingetragenen
beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in Verbindung mit dem
der Dienstbarkeit zugrunde liegenden Gestattungsvertrag folgt. Eine
solche Aufklärungspflicht folgt jedenfalls aus der verfassungskonformen
Auslegung des § 57 TKG. Dabei kann vorliegend als unstreitig angenommen
werden, dass die Klägerin bis zu der von ihr initiierten Anfrage
bei der Beklagten im März 2003 keine Kenntnis von der Nutzungserweiterung
hatte. Dies war in erster Instanz unstreitig. Den entsprechenden
Behauptungen der Klägerin ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen
getreten. Soweit sie dies erstmals in zweiter Instanz und dazu nach Ablauf
der Berufungserwiderungsfrist tut, ist sie mit diesem Vorbringen gern.
§ 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
Vor diesem Hintergrund bestand eine Mitteilungspflicht der Beklagten
gegenüber der Klägerin, die sie unstreitig verletzt hat. Grundsätzlich besteht
eine Mitteilungspflicht als Nebenpflicht dann, wenn der andere Teil
nach den im Verkehr herrschenden Anschauungen redlicherweise Aufklärung
erwarten darf. Angesichts dessen, dass die Nutzungserweiterung
für den Grundstückseigentümer, hier die Klägerin, in keiner Weise erkennbar
war, droht dem Grundstückseigentümer in einer solchen
Konstellation ein Schaden, wenn er seinen Ausgleichsanspruch mangels
Kenntnis nicht verwirklichen kann, so dass dieser Ausgleichsanspruch im
Ergebnis entwertet wird. Unabhängig davon, ob sich in den Fällen des
§ 57 TKG bereits eine konkrete Verkehrsauffassung zu einer bestehenden
Aufklärungspflicht des Energieversorgers und Leitungsrechtsinhabers
herausgebildet hat, erscheint es vor dem dargestellten tatsächlichen
Hintergrund unbillig, wenn der Leitungsberechtigte, der die Aufrüstung
bewusst und zu seinen eigenen Gunsten initiiert, dem Grundstückseigentümer
den Ausgleich unter Ausnutzung seines auf Grund der Umstände
gegebenen Wissensvorsprungs vorenthält (vgl. Wendland, MMR 2004,
S. 297 ff., 301).
Für die Konstatierung einer solchen Aufklärungspflicht im Rahmen des
§ 57 TKG spricht auch die Struktur des gesetzlich vorgesehenen Ausgleichsanspruchs.
Das TKG normiert eine Duldungspflicht für den Grund-
stückseigentümer gegenüber dem Betreiber und Leitungsberechtigten,
der er sich nicht entziehen kann. Die Duldungspflicht wirkt dabei
unmittelbar, so dass der Anspruchsinhaber, nämlich der Inhaber des
Leitungsrechts, dieses gesetzlich eingeräumte
Nutzungserweiterungsrecht nicht erst gegenüber dem
Grundstückseigentümer geltend machen muss. Der
Grundstückseigentümer hat darüber hinaus auch kein Zurückbehaltungs-.
recht gegenüber dem Leitungsrechtsinhaber, bis ein etwaiger Ausgleich
gezahlt wird. Dies liefe dem Zweck der Duldungspflicht zuwider, ein
funktionierendes Telekommunikationsnetz aufzubauen, wenn einzelne
Grundstückseigentümer es vorläufig unterbrechen könnten. Entgeltverhandlungen
sollen gerade nicht stattfinden müssen. Zur Erreichung dieses
Zieles hat das Gesetz dem Grundstückseigentümer mithin jegliche Interventionsmöglichkeit gegen die Nutzungserweiterung und damit gegen die
erweiterte Nutzung seines Grundstücks genommen. Dieser Eingriff in das
Eigentum ist mit der verfassungsrechtlichen Garantie des Eigentums gemäß
Artikel 14 Grundgesetz nur dann vereinbar, wenn zugleich eine Ausgleichspflicht
des Leitungsrechtsinhabers besteht, der die Nutzungserweiterung
herbeiführt. Einen solchen Ausgleichsanspruch hat das Gesetz
in § 57 Abs. 2 Satz 2 TKG auch vorgesehen. Dieser verfassungsrechtlich
gebotene Ausgleichsanspruch läuft hingegen leer, wenn die Anspruchsentstehung
für den Grundstückseigentümer nicht erkennbar ist und er
zudem kenntnisunabhängig innerhalb von nur 2 Jahren verjährte. Angesichts
dessen, dass die in § 57 Abs. 1 TKG normierte Duldungspflicht des
Grundstückseigentümers auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
(BverfG NJW 2001, Seite 2960) nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich
ist, wenn der Duldungspflicht ein entsprechender Ausgleichsanspruch
gegenübersteht, ist § 57 TKG hier im Lichte von Artikel 14 Grundgesetz in
Verbindung mit § 242 BGB auszulegen. Hieraus folgt, dass der Beklagten
gern. § 242 BGB im Wege der Drittwirkung des Grundrechts des Artikel 14
Grundgesetz eine Mitteilungspflicht obliegt. Diese scheitert auch nicht
daran, dass es der Klägerin grundsätzlich frei gestanden hätte, in regelmäßigen
Abständen nach einer Nutzungserweiterung bzw. einer Errichtung
der Telekommunikationslinie zu fragen und sodann eine entsprechende
Auskunft erteilt worden wäre. Die Klägerin kann nicht gehalten
sein, ohne konkreten Anhaltspunkt in regelmäßigen Abständen zu
erfragen, ob auf ihrem Grundstück über die bestehende Dienstbarkeit
hinaus Veränderungen vorgenommen worden sind und hieran eventuelle
Ausgleichsansprüche geknüpft sein können. Es ist offenkundig, dass
solche periodischen Anfragen, die rein vorbeugend ohne Anhaltspunkt zu
stellen wären, weder zumutbar noch notwendig sind. Mit der
Konstatierung einer solchen Verpflichtung. seitens der Klägerin aber auch
einer entsprechenden Auskunftsverpflichtung seitens der Beklagten
würden beide Parteien ersichtlich unnötig belastet (vgl. für alles Vorstehende
Wendland, MMR 2004, S. 297 ff., 301 ff.). Die nach dem vorstehend
Gesagten zu Lasten der Beklagten bestehende Mitteilungspflicht
hat diese unstreitig verletzt, durch die Verletzung dieser Pflicht hat die
Klägerin ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend machen können, vorausgesetzt
die kurze Verjährungsfrist des § 58 TKG wäre anwendbar. Davon,
dass die Klägerin sich kurzfristig nach Erhalt der entsprechenden Mitteilung
seitens der Beklagten hinsichtlich des zu zahlenden Ausgleichs
auch an die Beklagte gewandt hätte und verjährunqsunterbrechende
Maßnahmen vorgenommen hätte, ist auszugehen. Vorliegend hat die
Klägerin zeitnah knapp 4 Wochen nach Erhalt der Mitteilung von der
Nutzungserweiterung Klage gegenüber der Beklagten erhoben. Damit ist
die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten auch kausal geworden für
den Schaden der Klägerin, nämlich den Verlust des Ausgleichsanspruchs,
unter der Voraussetzung, dass die kurze Verjährungsfrist des § 58 TKG
für diesen Anspruch greift. Damit ist der Beklagten die Berufung auf die
Einrede der Verjährung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben
vorliegend verwehrt.
Der Ausgleichsanspruch besteht daher dem Grunde nach fort.
5.
Der geltend gemachte Anspruch besteht auch in der von der Klägerin
verlangten Höhe. Die Beklagte ist verpflichtet, 2,55 € (5,00 DM) pro
laufenden Meter Entschädigung zu zahlen.
Die Höhe des Entgelts ist dabei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
(BGH NJW 2000, Seite 3206, 3211) in erster Linie an den jeweiligen
Marktverhältnissen für die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Telekommunikationszwecken zu orientieren. Ein entsprechender Marktpreis,
der für die Höhe der Entschädigung zugrunde zu legen wäre, hat sich vorliegend
indes noch nicht gebildet. Die Klägerin hat hierzu lediglich zwei
Abschlüsse vorgelegt, einen Abschluss der Stadtwerke C und
einen Abschluss der Stadtwerke M. Zwei solche regional begrenzten
Vertragsabschlüsse zu einem Preis von 5,00 DM pro Ifd. Meter
begründen indes noch keinen Marktpreis.
Danach ist gemäß § 287 ZPO die Höhe des angemessenen Ausgleichs
zu schätzen.
Die Schätzung hat in Anlehnung an die Preise, die für die Verlegung von
Versorgungsleitungen zu entrichten sind, zu erfolgen (BGH a.a.O.). Dabei
hat der BGH in dem von ihm entschiedenen Fall berücksichtigt, dass die
dortige Klägerin für die Einräumung eines Leitungsrechts, das ein Lichtleiterkabel
zur betriebsinternen Nutzung einschloss, bereits ein Entgelt
erhalten hatte. Im vorliegenden Fall verhält es sich ebenso. Aus dem
Gestattungsvertrag ergibt sich dies zwar nicht ausdrücklich, allerdings hat
die Beklagte, was die Klägerin bestätigt hat, vorgetragen, dass die Ver-
legung des Kabels zum Zwecke interner Kommunikation im Rahmen ihrer
dinglichen Befugnisse erfolgt und damit bereits abgegolten ist..
Der Schätzung legt die Kammer folgende unstreitigen Werte zugrunde:
Das Entgelt für die Einräumung eines Nutzungsrechts für oberirdische
Telekommunikationsleitungen liegt zwischen 5,00 und 15,00 €. Unstreitig
bieten die Stadtwerke C und M einen Betrag von 2,55 € je
Ifd. Meter für die Nachrüstung bzw. Neuerrichtung von Leitungen an. Für
die Neuerrichtung von Telekommunikationsleitungen, die nicht der Duldungspflicht
der Eigentümer unterworfen sind, werden unstreitig 5,00 bis
über 15,00 € je Ifd. Meter gezahlt. Für die Nachverlegung in unterirdischen
Leitungen werden etwa 1,50 bis 2,00 € je Ifd. Meter gezahlt. Der Vortrag
der Beklagten zur Höhe der Entschädigung, dahin, dass das marktübliche
Entgelt für die Verlegung von Versorgungsleitungen der Entschädigung
für Leitungsdienstbarkeiten entspreche und diese zwischen 1960 und
1980 in der Regel bei 20 % des Verkehrswertes des betroffenen
Grundstücks betragen habe und sich danach auf einen
Entwertungsbruchteil von rund 10 %eingependelt habe, ist
demgegenüber vorliegend unerheblich. Die Beklagte hat die durch die
Klägerin behaupteten aktuellen bzw. in der nahen Vergangenheit
liegenden Zahlungen verschiedener Versorgungsunternehmen nicht
bestritten. Die Bemessungskriterien in den 60er, 70er und 80er Jahren
können hingegen bei der Bemessung der üblichen Vergütung im Jahre
1996 keine Rolle spielen.
Auf der Basis dieser verschiedenen Beträge schätzt die Kammer den Entschädigungsbeitrag für die Einräumung der Rechte zur Nutzung der Telekommunikation auf 2,55 € (5,00 DM) pro Ifd. Meter.
Im Einzelnen gelangt die Kammer hierzu aus folgenden Erwägungen
Zu berücksichtigen waren sowohl die für die unterirdische Nachverlegung
zu zahlenden Beträge als auch die weitaus höheren Ausgleichsbeträge,
die für die Einräumung von Nutzungsrechten im Rahmen freier Verhandlung
zu zahlen sind. Eine Differenzierung zwischen frei ausgehandelten
Entschädigungen und denjenigen, die auf Grund gesetzlicher
Vorschriften als Ausgleich für eine normierte Duldungspflicht zu zahlen
sind, erscheint dabei nicht sachgerecht. Sinn und Zweck des Telekommunikationsgesetzes ist es nicht, den gesetzlich normierten Ausgleichsanspruch
geringer zu gestalten als den Ausgleichsanspruch, der im
Wege freier Verhandlungen zu erzielen wäre. Einziger Zweck der normierten
Duldungspflicht und des damit einhergehenden Ausgleichsanspruchs
ist es, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit
Telekommunikation in schnellstmöglicher Zeit und ohne Unterbrechungen
durch einzelne Rechtsstreitigkeiten verschiedener Grundeigentümer
gegenüber dem Energieversorger zu gewährleisten. Die Höhe des zu ermittelnden
Ausgleichsanspruchs ist von diesem Gesetzeszweck nicht berührt.
Die Kammer gelangt in Ansehung der eingangs genannten verschiedenen
Marktpreise für die Verlegung von Telekommunikationsleitungen
zu einem geschätzten Wert von 3,50 € pro Ifd. Meter.
In Anlehnung an die obergerichtliche Rechtsprechung (OLG Hamm,
a.a.O.) ist von diesem Wert ein Abschlag vorzunehmen. Dieser Abschlag
erscheint gerechtfertigt, da durch die weitere oberirdisch verlegte Leitung
keine Erhöhung des Haftungsrisikos des Grundstückseigentümers oder
eine weitere Nutzungseinschränkung gegenüber dem früheren Zustand
eintritt. Eine Ermäßigung auf den von der Klägerin geforderten Betrag von
2,55 € (5,00 DM) pro Ifd. Meter erscheint danach angemessen.
Danach errechnet sich der der Klägerin zustehende Entschädigungsanspruch
aus der Gesamtlänge der über ihr Grundstück verlaufenden
Leitung von 335 Metern, multipliziert mit dem Betrag von 5,00 DM pro Ifd.
Meter bzw. 2,55 € pro Ifd. Meter. Damit steht der Klägerin der geltend gemachte
Anspruch in voller Höhe, also 856,41 € gegen die Beklagte zu.
6.
Lediglich hinsichtlich des Zinsanspruchs war die Klage nur teilweise begründet.
Ein Zinsanspruch in der von der Klägerin geltend gemachten
Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz steht ihr nicht zu. Der Ausgleichs-
anspruch ist mit Einwirkung auf das Grundstück bzw. mit der Nutzungserweiterung
fällig geworden. Diese erfolgte hier unstreitig vor dem
01.05.2000. Damit gilt gemäß Artikel 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB, § 288
BGB in der vor diesem Zeitpunkt geltenden Fassung..zum damaligen
Zeitpunkt betrug der Zinssatz gern. § 288 BGB a.F. aber nur 4 %. Damit
stehen der Klägerin lediglich 4 % Zinsen aus dem Ausgleichsanspruch
seit Rechtshängigkeit, mithin ab dem 21.05.2003, zu.
7.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Revision war gern. § 543 I ZPO i.V.m. § 543 II Nr. 2 ZPO zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Frage, ob
eine Mitteilungspflicht hinsichtlich der Nutzungserweiterung besteht, wird
in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
LG Dortmund:
Urteil v. 10.09.2004
Az: 17 S 113/03
Link zum Urteil:
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