Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 20. August 2009
Aktenzeichen: 3 W 68/09
(OLG Hamburg: Beschluss v. 20.08.2009, Az.: 3 W 68/09)
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen vom 27. Mai 2009 abgeändert.
Im Wege der einstweiligen Verfügung € der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.- ; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
verboten,
1. ein Lebensmittel, das aus Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, sekundären Pflanzenstoffen und essentiellen Fettsäuren besteht, als €diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)€ mit dem Hinweis €zur diätetischen Behandlung von Nährstoffverwertungsstörungen und Nährstoffdefiziten bei einer Krebsbehandlung wie Chemo- und Strahlentherapie€ in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben,
insbesondere, wenn dies geschieht wie auf der Packung €O...i...o...€, deren Beschriftung sich aus den diesem Beschluss beigefügten Kopien ergibt;
2. ein diätetisches Lebensmittel unter der Bezeichnung €O...i...o...€ zu vertreiben und/oder zu bewerben.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beschwerdewert wird ebenfalls auf € 60.000.- festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
I.
1. Gegenstand des Antrags zu 1. ist das Verbot,
- ein Lebensmittel,- das aus Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, sekundären Pflanzenstoffen und essentiellen Fettsäuren besteht,- als €diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)€- mit dem Hinweis €zur diätetischen Behandlung von Nährstoffverwertungsstörungen und Nährstoffdefiziten bei einer Krebsbehandlung wie Chemo- und Strahlentherapie€- in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben,- insbesondere, wenn dies geschieht wie auf der Packung €O...i...o...€.Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, dass kein ausreichender wissenschaftlicher Beleg für den beworbenen Anwendungszweck vorliege. Die in der Internetwerbung angezogenen Arbeiten von van B... et al., Block et al. und E... et al. bezögen sich sämtlich nicht auf eine Kombination der in dem Produkt enthaltenen Stoffe, sondern nur auf einige wenige Inhaltsstoffe des beanstandeten Produkts.
2. Der Unterlassungsanspruch ist aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 11 Abs. 1 LFGB begründet wegen Irreführung über die im Antrag genannte Eignung des Produkts für die spezifiziert angeführten besonderen medizinischen Zwecke (bilanzierte Diät), nämlich für die diätetische Behandlung von Nährstoffverwertungsstörungen und Nährstoffdefiziten bei einer Krebsbehandlung wie Chemo- und Strahlentherapie. So ist der Verwendungszweck auf der Packung beschrieben und der Leser kann dem entnehmen, dass es unter einer Chemo- oder Strahlentherapie zur Behandlung einer Krebserkrankung zu Nährstoffverwertungsstörungen und Nährstoffdefiziten kommen kann, denen durch die Einnahme des dargebotenen diätetischen Lebensmittels begegnet werden könne. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit liegt ein ausreichender wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass die beworbene Kombination die angegebene Wirkung erzielt, nicht vor.
3. Die Wiederholungsgefahr ist nicht durch die vorprozessual abgegebenen Verpflichtungserklärungen vom 28. April 2009 (Anlage AS 7) und 7. Mai 2009 (Anlage AS 9) entfallen. In diesen Erklärungen hat die Antragsgegnerin sich bezüglich der konkreten Verletzungshandlung in Form der Aufmachung des konkreten Produkts strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet, dies allerdings mit dem Zusatz, €solange keine Wirksamkeitsnachweise gemäß § 14 b Abs. 1 Satz 2 DiätVO hierfür vorliegen€.
Eine unter eine so unbestimmte auflösende Bedingung gestellte Unterwerfung ist nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Nach § 14 b Abs. 1 Satz 2 DiätVO müssen bilanzierte Diäten sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen. Darüber, ob die letztgenannte Voraussetzung gegeben ist, wird sich dereinst trefflich streiten lassen. Die Bedingung enthält damit eine für den Gläubiger von vornherein unzumutbare Beschränkung, weil sie zu einer unklaren Grenze und damit zu einer Grauzone führt, in der zweifelhaft ist, ob der vertragliche oder der gesetzliche Anspruch besteht (siehe dazu: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl./2009, UWG § 12 Rdn 1.131). Zwar braucht der Schuldner seine Unterlassungserklärung nicht auf ein Verhalten zu erstrecken, das ihm nicht verboten werden kann, eine auflösende Bedingung, bei deren Eintritt eine Verpflichtung erlöschen soll, ist aber nur dann zulässig, wenn sie sich auf einen bestimmten nachträglichen Umstand bezieht, der die Wettbewerbswidrigkeit eindeutig entfallen lässt, wie es etwa bei einem behördlichen Verwaltungsakt (Beispiel: Zulassung als Arzneimittel) oder der später erfolgenden notwendigen Eintragung in ein Register der Fall ist ( siehe dazu: Harte/Henning/Brüning, UWG, 2. Aufl./20009, § 12 Rdn 167). Eine solche auflösende Bedingung wird in den meisten Fällen € und so auch hier - unnötig sein, weil sich die Begrenzung der Unterlassungsverpflichtung unter Geltung der zweigliedrigen Streitgegenstandslehre schon durch Auslegung ergibt (siehe dazu nochmals Brüning a.a.O.).
4. Die Voraussetzungen der Verbotsnorm aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LFGB liegen sämtlich vor. Nach dieser Norm ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu bewerben. Nach dem Regelbeispiel Nr. 2 liegt eine Irreführung insbesondere vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Die Bezeichnung eines Mittels als bilanzierte Diät ist nach § 11 Abs. 1 LFGB irreführend, wenn dieses Mittel nicht die Voraussetzungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke nach §§ 1 Abs. 4 a, 14 b DiätVO erfüllt (vgl: BGH GRUR 2008, 1118, 1119, Tz. 15 € MobilPlus-Kapseln).
5. Das von der Antragsgegnerin beworbene und in den Verkehr gebrachte Produkt, das aus Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, sekundären Pflanzenstoffen und essentiellen Fettsäuren besteht, ist ein Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 LFGB i. V. mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung 178/2002/EG, denn es ist dazu bestimmt, von Menschen aufgenommen zu werden.
6. Die Antragsgegnerin legt diesem Mittel Wirkungen bei, die überwiegend wahrscheinlich wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind.
Damit sind die Voraussetzungen von §§ 1 Abs. 4 a, 14 b DiätVO nicht gegeben. Nach § 1 Abs. 4 a DiätVO sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinischen Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen.
Merkmale der hier streitigen Bewerbung des Mittels als bilanzierte Diät lassen sich unter einzelne Tatbestandsmerkmale beider Gruppen subsumieren. Es geht aber offensichtlich um eine ergänzende bilanzierte Diät mit einer für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung, die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignet (§ 1 Abs. 4 a S. 3 Nr. 2 b DiätVO). Das Lebensmittel ist nach seiner Zweckbestimmung nämlich für Patienten vorgesehen, die sich einer Krebsbehandlung wie einer Chemo- oder Strahlentherapie unterziehen müssen oder mussten und deswegen einer diätetischen Behandlung zur Behebung von Nährstoffverwertungsstörungen und Nährstoffdefiziten bedürfen. Dazu muss die Diät in dem Sinne wirksam sein, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen dieser bestimmungsgemäßen Zielgruppe entspricht, § 14b Abs., 1 Satz 2 DiätVO.
7. Welche Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis einer bilanzierten Diät zu stellen sind, ist in der DiätVO nicht ausdrücklich geregelt. Der nationale Gesetzgeber hat davon abgesehen, den insoweit in Art. 3 S. 2 der Richtlinie 1999/21/EG enthaltenen Zusatz, dass die Wirksamkeit durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist, in die DiätVO zu übernehmen. Diese Klarstellung ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Auslegung von §§ 14b Abs. 1, 1 Abs. 4a DiätVO ergänzend heranzuziehen (vgl.: BGH GRUR 2009, 75, 77/78 Tz. 24 € Priorin). Danach sind an den Nachweis der Wirksamkeit einer bilanzierten Diät grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen als an die wissenschaftliche Absicherung einer sonstigen gesundheitsbezogenen Wirkungsbehauptung (BGH a.a.O). Der Nachweis der Wirksamkeit muss aber nicht für jeden der Inhaltsstoffe einer bilanzierten Diät geführt werden, es reicht aus, wenn das Mittel in seiner Kombination der einzelnen Inhaltsstoffe die angegebene Wirkung erzielt (vgl.: BGH GRUR 2009, 75, 77 Tz 21 € Priorin).
8. Die Antragsgegnerin behauptet in der Presseinformation zur Vorstellung ihres ernährungsmedizinischen Konzepts für Tumorpatienten (Anlage AS 5), wozu u. a. das hier streitgegenständliche Produkt €O... i... o... ® € gehört, dass die sekundären Pflanzenstoffe gesundheitsfördernde Eigenschaften hätten und das Immunsystem modulierten. Dazu beruft sie sich auf die Arbeiten von van B... et al. €Multritargeted therapy of cancer by lycopene€, 2008, nach der Vitamine und Spurenelemente antioxidativ wirkten, und für die Behauptung, dass die begleitende Einnahme von Mikronährstoffen die Nebenwirkungen der Chemotherapie reduzierten könnten, auf die Übersichtsarbeit von Bl... et al € Impact of antioxidant supplementation on chemotherapeutic toxicity€ , 2008 und schließlich für die Behauptung, dass die Schwere von strahlungsinduzierter Mukositis verringert und die Wundheilung unterstützt werden könne, auf die Arbeit von E... et al €Zink sulfate in prevention of radiaton-induced oropharyngeal mucositis,€ 2004. Weitere Belege für die Wirksamkeit der von ihre angebotenen bilanzierten Diät hat sie im vorprozessualen Schriftwechsel nicht vorgebracht.
9. Die in der Presserklärung angeführten Nachweise sind nicht geeignet, die ausgelobte Wirkung der diätetischen Behandlung von Nährstoffverwertungsstörungen und Nährstoffdefiziten zu belegen.
Nach den Abstracts der Arbeit von van B... et al (Anlage AS 17), die über Studien mit Lycopene ( psi-carotene) berichtet, soll es zwar Phase I und II€Studien geben, die die Sicherheit ergänzender Gaben von Lykopen belegten, es aber weiterer Studien bedürfe, um die Wirksamkeit dieses Stoffes als €chemoprevention agent€ zu belegen.
Die Übersichtsarbeit von Bl... et al. - eingereicht in den Abstracts als Anlage AS 18 € hat 33 einschlägige Studien zur Wirkung von Antioxidantien bei einer Chemotherapie aufgefunden. 24 der eingeschlossenen Studien €reported evidence of decreased toxicities from the concurrent use of antioxidants with chemotherapie€. Die Arbeit bietet nach der in den Abstracts mitgeteilten Auffassung ihrer Autoren zwar als erste systematisch ermittelte Anhaltspunkte dafür, dass eine ergänzende Gabe von Antioxidantien das Potential haben könne, toxische Nebenwirkungen einer Chemotherapie abzumildern; zum Nachweis bedürfe es allerdings noch gut geplanter Studien mit größeren Patientenpopulationen und mit vordefinierten Dosen bestimmter Antioxidantien.
Die Veröffentlichung von E... et al (Anlage AS 19) betrifft eine relativ kleine klinische Studie mit 30 Patienten, die in der Verum-Gruppe Zinksulfat unter einer Strahlentherapie erhielten. Die Studie war mit einer täglichen Dosis von 150 mg Zink durchgeführt worden (vollständige Veröffentlichung Anlage AS 20, S. 170) und sie war angelegt, um Erkenntnisse über eine Linderung strahleninduzierter Beschwerden zu gewinnen. Die Autoren enden mit der Feststellung, dass sich im Vergleich zur Placebogruppe zwar ergeben habe, dass die Patienten von Zinksulfat profitierten, was die Schwere der strahleninduzierten Mucositis und sonstige orale Unzuträglichkeiten angehe, die Ergebnisse allerdings der Bestätigung durch weitere Studien mit größerer Patientenpopulation bedürften.
Keine dieser Studien verhält sich zu einer diätetischen Behandlung von Nährstoffverwertungsstörungen und Nährstoffdefiziten mit der Kombination der Inhaltsstoffe von O...i...o... ® bei einer Krebsbehandlung mit einer Chemo- oder Strahlentherapie.
Ein Nachweis der Wirksamkeit des Mittels in seiner Kombination der darin enthaltenen Inhaltsstoffe für die behauptete Wirkung ist damit nicht geführt.
10. Der Unterlassungsanspruch ist nach allem in dem beantragten Umfang begründet. Die von der konkreten Ingredienzienliste abstrahierende Verallgemeinerung auf die Kombination von nur der Art nach bestimmten Stoffen ist zulässig, denn sie trifft das Charakteristische des von der Antragsgegnerin begangenen Wettbewerbsverstoßes. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass mit einer Kombination von Stoffen Störungen und Defizite in der Nährstoffversorgung des Körpers ausgeglichen werden sollen, die angeblich durch Strahlen € oder Chemotherapie zur Bekämpfung einer Krebserkrankung entstehen, ohne dass es irgendeinen wissenschaftlichen Beleg für die Sinnhaftigkeit einer solchen ergänzenden nutritiven Therapie gibt. Es geht also nicht nur darum, dass gerade die konkrete Zusammensetzung des Produkts für solche Zwecke nicht erweislich tauglich ist, sondern darum, dass es keinerlei Nachweise für die Zwecktauglichkeit einer solchen Behandlung mit einer Kombination welcher einzelnen Stoffe aus den genannten Stoffgruppen in welcher Dosierung auch immer gibt. Der Senat hat nach dem Inbegriff der in das Verfahren eingeführten Materialien jedenfalls davon auszugehen, dass es solche Nachweise nicht gibt, wozu schließlich auch noch auf die von der Antragstellerin als Anlage AS 22 eingereichte Arbeit von S... et al , 2006, zur Auswertung von €Results of Meta-analyses€ allerdings auch wieder nur unter dem Aspekt der präventiven Intervention zur Verhinderung einer durch Chemotherapie induzierten oralen Mucositis hinzuweisen ist. Das Fehlen jeglichen Nachweises der ausgelobten Zweckbestimmung ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass diejenigen Fundstellen, die von der Antragsgegnerin für die Tauglichkeit ihres Konzepts in einer Presserklärung angegeben wurden, keinesfalls das belegen, was werblich versprochen wurde. Anders, als die Antragstellerin meint, kann allerdings nichts aus den Einschränkungen der beiden vorprozessual abgegebenen Unterwerfungserklärungen hergeleitet werden. Dies schon deswegen nicht, weil die Erklärungen ausdrücklich ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage abgegeben wurden.
Zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes kann die Antragstellerin also eine Titulierung des Unterlassungsanspruchs in der von ihr beantragten verallgemeinerten Form der Kombination von der Art nach bestimmten Stoffen verlangen.
11. Was die angegebene Zweckbestimmung des Mittels angeht, merkt der Senat vorsorglich an, dass es hier entsprechend der Fassung des Antrags nur um die konkrete Verletzungsform geht, wie sie oben unter 1. in der Kumulation des 3. und des 4. Spiegelstriches beschrieben ist. Das Verbot betrifft also nicht das Angebot der Kombination von Stoffen als bilanzierte Diät zur ergänzenden nutritiven Behandlung der Folgen bestimmter Arten der Krebstherapie, sondern nur den Vertrieb und die Bewerbung der Kombination als bilanzierte Diät für den konkret ausgelobten Zweck .
II.
Auch der Verfügungsantrag zu 2. ist begründet.
Gegenstand dieses Antrags ist das Verbot,
- ein diätetisches Lebensmittel- mit der Bezeichnung €O...i...o...€- zu vertreiben und/oder zu bewerben.Die Antragstellerin führt zur Begründung aus, dass die Bezeichnung sowohl eine unzulässige krankheitsbezogene Werbung, § 12 Abs. 1 Nr. 1LFGB als auch eine irreführende Werbung, § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB enthalte.
Der mit diesem Antrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist jedenfalls aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB begründet, denn die Produktbezeichnung ist im höchsten Maße irreführend. Sie sagt dem normal informierten, durchschnittlich verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Referenzverbraucher, dass ihm ein diätetisches Lebensmittel angeboten werde, das immun gegen onkologische Erkrankungen oder jedenfalls deren Folgesymptome mache. Ein Lebensmittel mit einer solchen Eigenschaft gibt es nicht und wird es vermutlich auch nicht geben. Wann immer von solchen natürlichen Wundermitteln in einer bestimmten Art von Presseerzeugnissen berichtet wird, wird dies von seriösen Fachleuten regelmäßig alsbald als Scharlatanerie entlarvt.
Für die vorprozessual abgegebene Verpflichtungserklärung gilt das oben Gesagte.
III.
Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die für die Antragstellerin streitende Dringlichkeitsvermutung aus § 12 Abs. 2 UWG ist durch zögerliches Verhalten der Antragstellerin (gerade) noch nicht selbst widerlegt.
Die von der Antragsgegnerin im März 2009 begonnene Kampagne zur Bewerbung ihres Produkts und Konzepts scheint von der Antragsstellerin relativ zeitnah zur Kenntnis genommen worden zu sein. Davon muss zu ihren Lasten in Ermangelung anderen Vorbringens jedenfalls ausgegangen werden. Nachdem sie die in der Presserklärung erwähnten Veröffentlichungen durchgesehen hatte, hat sie die Antragsgegnerin am 24. April 2009 umfassend abmahnen lassen. Nach weiterem Schriftwechsel ist die modifizierte Verpflichtungserklärung der Antragsgegnerin am 11. Mai 2009 bei den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin eingegangen. Die dann noch verstrichene Zeit bis zum Eingang des Verfügungsantrags bei Gericht am 22. Mai 2009 ist nicht so lang, als dass der Schluss gerechtfertigt wäre, dass der Antragstellerin etwa nicht dringend an der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gelegen sei. In so komplexen Sachen wie dieser billigt der Senat den Verletzten regelmäßig eine längere Vorbereitungszeit zur Erstellung eines möglichst fundiert begründeten Verfügungsantrags zu und der Senat hat auch schon ausgesprochen, dass gerade der Monat Mai so viele Feiertage hat, dass längere Bearbeitungszeiten unvermeidlich erscheinen.
Der Umstand, dass die Sache wegen der Überlastung des Senats ab Eingang der Beschwerde beim Oberlandesgericht Mitte/Ende Juni dieses Jahres bedauerlicherweise nicht sofort hat bearbeitet werden können, ist nicht dringlichkeitsschädlich, denn die Antragstellerin ist für die eingetretene Unterbrechung der Bearbeitung nicht verantwortlich. Damit konnte die Antragsgegnerin wegen der daraus resultierenden Verzögerung also keineswegs darauf schließen, dass der Antragstellerin etwa nicht mehr dringend an der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gelegen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
OLG Hamburg:
Beschluss v. 20.08.2009
Az: 3 W 68/09
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