Landgericht Duisburg:
Urteil vom 24. April 2009
Aktenzeichen: 22 O 75/08
(LG Duisburg: Urteil v. 24.04.2009, Az.: 22 O 75/08)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Nebenintervenientin sowie die Kosten des Rechtsstreits im übrigen mit Ausnahme der Kosten des Nebenintervenienten, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Durch Einladung vom 8.4.2008 (Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19.8.2008) lud die Beklagte zu einer ordentlichen Hauptversammlung am 5.6.2008 ein.
Auf Seite 6 der im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Einladung ist unter der Óberschrift "Stimmrechtsvertretung" u.a. ausgeführt:
"Aktionäre, die nicht persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen möchten, können ihr Stimmrecht durch Bevollmächtigte, z.B. durch die depotführende Bank, eine Aktionärsvereinigung oder eine andere Person ihrer Wahl ausüben lassen. Vollmachten sind schriftlich zu erteilen. ..."
In der Hauptversammlung der Beklagten vom 5.6.2008 sind u.a. folgende Beschlüsse gefasst worden:
Zu Tagesordnungspunkt 3 mit einer Mehrheit von 99,955 % der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals der Beschluss, den Mitgliedern des Vorstands für das Geschäftsjahr 2007 Entlastung zu erteilen;
zu Tagesordnungspunkt 4 mit einer Mehrheit von 99,957 % der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals der Beschluss, den Mitgliedern des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007 Entlastung zu erteilen;
zu Tagesordnungspunkt 5 mit einer Mehrheit von 99,842 % der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals der Beschluss, ein genehmigtes Kapital I ohne Bezugsrechtsausschluss zu schaffen und die entsprechenden Satzungsänderungen vorzunehmen;
zu Tagesordnungspunkt 6 mit einer Mehrheit von 78,960 % der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals der Beschluss, ein genehmigtes Kapital II mit Bezugsrechtsausschluss zu schaffen und die entsprechenden Satzungsänderungen vorzunehmen (notarielle Niederschrift der Versammlung des Notars - Anlage CC 1 -).
Mit der Anfechtungsklage erklärt der Kläger die Anfechtung dieser Beschlüsse.
Das Fax dieser Anfechtungsklage vom 2.7.2008 ging am 7.7.2008 beim Landgericht Duisburg ein (Bl. 1 d.A.).
Die Abschriften der Anfechtungsklage vom 2.7.2008 (Bl. 29 d.A.) wurden dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Beklagten am 16.7.2008 zugestellt (Bl. 59 und 60 d.A.).
Der Kläger behauptet:
Er sei aktivlegitimiert, da er Aktionär der Beklagten zum Zeitpunkt der Hauptversammlung vom 5.6.2008 gewesen und noch immer sei.
Sein Teilnahmerecht an dieser Hauptversammlung der Beklagten vom 5.6.2008 sei dadurch verletzt worden, dass er nach dem Erscheinen zum Beginn der Hauptversammlung am 5.6.2008 um 10.00 Uhr in verlangt habe, Einsicht in den elektronischen Bundesanzeiger hinsichtlich der Einladung zur Hauptversammlung zu nehmen, was ihm verweigert worden sei. Des Weiteren sei sein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung dadurch verletzt worden, dass er gegen 10.40 Uhr den Versammlungssaal verlassen habe, auf Aufforderung von Frau seinen Stimmbogen bei dieser abgegeben habe, dafür eine Kontrollkarte erhalten habe, gegen 10.45 Uhr wieder in den Versammlungssaal habe hineingehen wollen, seine Kontrollkarte nicht aufgefunden habe und deswegen von Frau am Betreten des Versammlungssaals gehindert worden sei, weswegen er auch keinen Widerspruch gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung habe einlegen können (Bl. 40 ff. d.A.).
Der Kläger und sein Streithelfer behaupten:
Die Beklagte habe mit der Einladung vom 8.4.2008 gegen die §§ 134 Abs. 3 Satz 2, 135 AktG dadurch verstoßen, dass sie in der Einladung auf Seite 6 unter der Óberschrift "Stimmrechtsvertretung" schriftliche Erteilung von Vollmachten für Bevollmächtigte für Aktionäre verlangt habe, obgleich die Satzung der Beklagten eine derartige schriftliche Bevollmächtigung nicht vorsehe und § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG die Schriftform für die Bevollmächtigung von Kreditinstituten und Personenvereinigungen überhaupt nicht vorsehe.
Der Kläger und der Nebenintervenient beantragen,
1.
2.
3.
4..
Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 05.06.2008 zu Punkt 5 der Tagesordnung, der nebst Einführungstext wie folgt angekündigt war:
"Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2007"
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den im Geschäftsjahr 2007 amtierenden Mitgliedern des Vorstands Entlastung für diesen Zeitraum zu erteilen."
mit dem dem Vorstand Entlastung erteilt wurde, wird für nichtig erklärt.
Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 05.06.2008 zu Punkt 5 der Tagesordnung, der nebst Einführungstext wie folgt angekündigt war:
"Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007"
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den im Geschäftsjahr 2007 amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats Entlastung für diesen Zeitraum zu erteilen."
mit dem dem Aufsichtsrat Entlastung erteilt wurde, wird für nicht erklärt.
Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 05.06.208 zu Punkt 5 der Tagesordnung, der nebst Einführungstext wie folgt angekündigt war:
"Schaffung eines neuen Genehmigten Kapitals I und entsprechende Àußerung von § 3 der Satzung
Die Satzung enthält in § 3 Angaben zum Grundkapital der Gesellschaft. Ein Genehmigtes Kapital sieht die Satzung bislang nicht vor. Um der Gesellschaft kursschonende Reaktionsmöglichkeiten auf Marktgegebenheiten zu ermöglichen und insbesondere eine markt- und branchenübliche, kurzfristige und flexible Reaktionsmöglichkeit bei der Akquisition zu schaffen, soll der Vorstand ermächtigt werden, das Grundkapital der Gesellschaft durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Stückaktien zu erhöhen.
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, folgende Beschlüsse zu fassen:
a)
Der Vorstand wird ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft mit
Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 4. Juni 2013 einmalig oder mehr-
malig um bis zu nominal EUR 2.270,000 (in Worten: Euro zwei Millionen
zweihundertsiebzigtausend) durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lau-
tender Stückaktien gegen Bareinlagen zu erhöhen (Genehmigtes Kapital
I). Die neuen Akten sind den Aktionären zum Bezug anzubieten. Der
Vorstand wird jedoch ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats Spit-
zenbeträge vom Bezugsrecht der Aktionäre auszunehmen.
Der Vorstand wird weiter ermächtigt, die weiteren Einzelheiten der Durchführung der Kapitalerhöhungen aus dem Genehmigten Kapital I festzulegen. Der Aufsichtsrat wird ermächtigt, die Fassung der Satzung nach vollständiger oder teilweiser Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals aus dem Genehmigten Kapital I oder nach Ablauf der Ermächtigungsfrist entsprechend dem Umfang der Kapitalerhöhung aus dem Genehmigten Kapital I anzupassen.
b)
In § 3 der Satzung wird folgender Absatz 5 angefügt:
"5) Der Vorstand ist ermächtigt, das Grundkapital in der Zeit bis zum 4. Juni 2013 mit Zustimmung des Aufsichtsrats durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Aktien gegen Bareinlagen um bis zu nominal EUR 2.270.000 (in Worten: Euro zwei Millionen zweihundertsiebzigstausend) durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Stückaktien gegen Bareinlagen zu erhöhen (Genehmigtes Kapital I). Die Ermächtigung kann in Teilbeträgen ausgenutzt werden. Die Aktien sollen von Kreditinstituten mit der Verpflichtung übernommen werden, sie den Aktionären des Aufsichtsrats den weiteren Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe festzulegen, sowie etwaige Spitzenbeträge unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zu verwerten."
mit dem die Schaffung des Genehmigten Kapitals I und die entsprechende Ànderung des § 3 der Satzung beschlossen wurde, wird für
nichtig erklärt.
Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der vom 05.06.2008 zu Punkt 6 der Tagesordnung, der nebst Einführungstext wie folgt angekündigt war:
"Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals II und entsprechende Ànderung von § 3 der Satzung
Die Satzung enthält in § 3 Angaben zum Grundkapital der Gesellschaft. Ein Genehmigtes Kapital sieht die Satzung bislang nicht vor. Um der Gesellschaft kursschonende Reaktionsmöglichkeiten auf Marktgegebenheiten zu ermöglichen und insbesondere eine markt- und branchenübliche, kurzfristige und flexible Reaktionsmöglichkeiten bei der Akquisition zu schaffen, soll der Vorstand ermächtigt werden, das Grundkapital der Gesellschaft durch
Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Stückaktien zu erhöhen.
Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, folgende Beschlüsse zu fassen:
(a)
Der Vorstand wird ermächtigt, das Grundkapital mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 4. Juni 2013 einmalig oder mehrmalig um bis zu insgesamt EUR 9.080.000 (in Worten: Euro neun Millionen achtzigtausend) durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Stückaktien zu erhöhen (Genehmigtes Kapital II). Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre in folgenden Fällen auszuschließen:
€ für Spitzenbeträge
€ wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen erfolgt und der auf
die neuen Aktien, für die das Bezugsrecht ausgeschlossen wird,
insgesamt entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals 10 % des
im Zeitpunkt der Ausgabe der neuen Aktien bestehenden Grundka-
pitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht
wesentlich unterschreitet. Diese Ermächtigung gilt nur mit der Maß-
gabe, dass die unter Ausschluss des Bezugsrechts gemäß 186
Abs. 3 S. 4 AktG ausgegebenen Aktien insgesamt zehn Prozent
des Grundkapitals nicht überschreiten dürfen, und zwar weder im
Zeitpunkt des Wirksamwerdens noch im Zeitpunkt der Ausübung
dieser Ermächtigung. Auf diese Begrenzung auf zehn Prozent
des Grundkapitals ist die Veräußerung eigener Aktien anzurech-
nen, sofern sie auf Grund einer zum Zeitpunkt des Wirksamwer-
dens dieser Ermächtigung geltenden Ermächtigung unter Aus-
schluss des Bezugsrechts erfolgt. Ebenso sind auf diese Begren-
zung auf des zehn Prozent des Grundkapitals diejenigen Aktien
anzurechnen, die zur Bedienung von Schuldverschreibungen mit
Wandlungs- und/oder Optionsrechten ausgegeben werden oder
auszugeben sind, sofern die Schuldverschreibungen auf Grund
einer zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Ermächtigung
geltenden Ermächtigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen
in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG oder
einer an deren Stelle getretenen Ermächtigung unter Ausschluss
des Bezugsrechts ausgegeben wurden,
€ bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen zur Gewährung von
Aktien zum Zweck des Erwerbs von Unternehmen, Unternehmens-
teilen oderBeteiligungen an Unternehmen, einschließlich der Erhö-
hung eines bestehenden Anteilbesitzes, oder andere, mit einem
solchen Akquisitionsvorhaben in Zusammenhang stehenden einla-
gefähigen Wirtschaftsgütern, einschließlich Forderungen gegen die
Gesellschaft.
Der Vorstand wird ermächtigt, die weiteren Einzelheiten der Durchführung der Kapitalerhöhungen aus dem Genehmigten Kapital II festzulegen. Der Aufsichtsrat wird ermächtigt, die Fassung der Satzung nach vollständiger oder teilweise Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals aus dem Genehmigten Kapital II oder nach Ablauf der Ermächtigungsfrist entsprechend dem Umfang der Kapitalerhöhung aus dem Genehmigten Kapital II anzupassen.
(b)
In § 3 der Satzung wird folgender Absatz 5 angefügt:
"6) Der Vorstand ist ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft bis zum 4 Juni 2013 mit Zustimmung des Aufsichtsrats durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender Stückaktien gegen Bar- oder Sacheinlagen einmalig oder mehrmals um bis zum insgesamt EUR 9.080.000 (in Worten: Euro neun Millionen achtzigtausend) zu erhöhen (Genehmigtes Kapital II). Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre in folgenden Fällen auszuschließen:
(a)
für Spitzenbeträge
(b)
wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen erfolgt und der auf die neuen Aktien, für die das Bezugsrecht ausgeschlossen wird, insgesamt entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals 10 % des im Zeitpunkt der Ausgabe der neuen Aktien bestehenden Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. Diese Ermächtigung gilt nur mit der Maßgabe, dass die unter Ausschluss des Bezugsrechts gemäß § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ausgegebenen Aktien insgesamt zehn Prozent des Grundkapitals nicht überschreiten dürfen, und zwar weder im Zeitpunkt des Wirksamwerdens noch im Zeitpunkt der Ausübung dieser Ermächtigung. Auf diese Begrenzung auf zehn Prozent des Grundkapitals ist
die Veräußerung eigener Aktien anzurechnen, sofern sie auf Grund einer zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Ermächtigung geltenden Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts erfolgt. Ebenso sind auf diese Begrenzung auf des zehn Prozent des Grundkapitals diejenigen Aktien anzurechnen, die zur Bedienung von Schuldverschreibungen mit Wandlungs- und/oder Optionsrechten ausgegeben werden oder auszugeben sind, sofern die Schuldverschreibungen auf Grund einer zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Ermächtigung geltenden Ermächtigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG oder einer an deren Stelle getretenen Ermächtigung unter Ausschluss des Bezugsrechts ausgegeben wurden,
(c)
bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen zur Gewährung von Aktien zum Zweck des Erwerbs von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Beteiligungen an Unternehmen, einschließlich der Erhöhung eines bestehenden Anteilbesitzes, oder andere, mit einem solchen Akquistionsvorhaben Zusammenhang stehenden einlagefähigen Wirtschaftsgütern, einschließlich Forderungen gegen die Gesellschaft.
Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats den weiteren Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe festzulegen."
mit dem die Schaffung des Genehmigten Kapitals II und die entsprechende Ànderung des § 3 der Satzung beschlossen wurde, wird für nicht erklärt.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die vorstehend gefassten Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 05.06.2008 nichtig sind.
Die Beklagte und die Nebenintervenient beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte und Nebenintervenientin behaupten:
In der Hauptversammlung am 5.6.2008 habe der Kläger nach Eröffnung der Hauptversammlung um 10.01 Uhr lautstark schreiend und massiv störend Einsicht in den Ausdruck des elektronischen Bundesanzeigers mit der Einladung der Hauptversammlung verlangt, woraufhin er von dem Versammlungsleiter ermahnt worden sei, Störungen zu unterlassen.
Um 10.14 Uhr habe sich der von ihr beauftragte Rechtsanwalt Dr. mit dem Ausdruck des elektronischen Bundesanzeigers mit der Einberufung der Hauptversammlung zum Sitzplatz des Klägers begeben, um ihm eine Einsichtnahme zu ermöglichen. Daraufhin habe der Kläger jedoch Rechtsanwalt Dr. angeherrscht: "Ich will meine Ruhe, gehen Sie weg, gehen Sie weg!", hierbei habe der Kläger eine abwehrende Geste gemacht. Eine Einsichtnahme in den elektronischen Bundesanzeiger bezüglich der Einberufung der Hauptversammlung sei dem Kläger zu keinem Zeitpunkt verweigert worden (Bl. 98 und 99 d.A.).
Gegen 10.38 Uhr am 5.6.2008 habe der Kläger den Versammlungssaal verlassen und dabei Frau seinen Stimmbogen übergeben, wobei der Kläger eine Kontrollkarte als Ersatz erhalten habe.
Als der Kläger kurz darauf den Versammlungssaal habe wieder betreten wollen, sei er aufgefordert worden, die ausgehändigte Kontrollkarte vorzulegen. Dies habe der Kläger nicht gemacht. Der Kläger sei daraufhin vergeblich aufgefordert worden, sich auszuweisen, habe dann aber das Gespräch abgebrochen und das Haus verlassen (Bl. 101 ff. d.A.).
Die Beklagte und die Nebenintervenientin ind der Ansicht:
Der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, da er kein Aktionär der Beklagten sei.
Sein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung vom 5.6.2008 sei nicht verletzt worden. Es liege auch keine Verletzung des § 135 Abs. 1 Satz 1 AktG vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und die dazugehörigen Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klage ist fristgemäß gemäß § 246 Abs. 1 AktG erhoben worden.
Die Aktivlegitimation des Klägers liegt vor, da der Kläger durch die Bescheinigungen der vom 1.7.2008 (Anlage K 2 - Bl. 46 d.A. -) und vom 26.9.2008 (Anlage K 4 - Bl. 155 d.A. -) hat bestätigen lassen, dass er eine Aktie der Beklagten für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 1.7.2008 im Depotbestand bei der Bank hatte, dass er vor dem 8.4.2008 bereits Aktionär der Beklagten war und bis heute Aktionär der Beklagten ist, der aktuelle Depotbestand des Klägers hinsichtlich der Aktien der Beklagten sich auf 30 Stück beläuft.
Gemäß § 245 Nr. 1 AktG ist zur Anfechtung eines Gesellschaftsbeschlusses jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär befugt, wenn er die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte und gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat.
Gemäß § 245 Nr. 2 AktG ist jemand zur Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses befugt, wenn er als Aktionär nicht in der Hauptversammlung erschienen ist, da er zu der Hauptversammlung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen worden ist.
Eine Verletzung des Teilnahmerechtes des Klägers als Aktionär der Beklagten an der Hauptversammlung vom 5.6.2008 ist nicht ersichtlich.
Das Erscheinen des Klägers in der Hauptversammlung der Beklagten am 5.6.2008 zeigt, dass er von der Ladung zur Hauptversammlung Kenntnis erlangt hatte, ihm gegenüber eine ordnungsgemäße Ladung vorlag.
Einen Widerspruch hat der Kläger gegen die angefochtenen Beschlüsse vom 5.6.2008 nicht eingelegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger an der Rückkehr in den Versammlungssaal am 5.6.2008 gehindert worden wäre. Der Kläger konnte seine Kontrollkarte nicht vorzeigen, die ihn berechtigt hätte, den Versammlungssaal wieder zu betreten und seinen Stimmbogen wieder zu erhalten.
Zwar ist streitig zwischen den Parteien, ob der Kläger aufgefordert worden ist, sich auszuweisen.
Der Kläger hätte sich jedoch im Hinblick auf den zurückgelassenen Stimmbogen durch das Zeigen seines Personalausweises ausweisen können und wäre dann in den Versammlungssaal wieder hineingelassen worden. Stattdessen hat der Kläger das Gebäude verlassen. Angesichts der Behauptung des Klägers, sein Personalausweis habe sich zu dieser Zeit im Saal befunden, hätte der Kläger das Holen des Ausweises durch das Personal der Beklagten veranlassen können.
§ 135 AktG regelt die Ausübung des Stimmrechtes durch Kreditinstitute und geschäftsmäßig Handelnde im Falle einer Bevollmächtigung durch die betreffenden Aktionäre. In dieser Vorschrift ist eine schriftliche Form der Bevollmächtigung nicht normiert.
Zwar enthält die Einladung der Beklagten vom 8.4.2008 zur Hauptversammlung vom 5.6.2008 auf Seite 6 unter der Óberschrift "Stimmrechtsvertretung" die Formulierung "... Vollmachten sind schriftlich zu erteilen.".
Gemäß § 135 Abs. 6 wird aber die Wirksamkeit einer Stimmabgabe nicht durch einen Verstoß gegen Abs. 1 Satz 2, die Abs. 2, 3 und 5 dieser Vorschrift beeinträchtigt. Fraglich ist, ob durch das Verlangen der Schriftlichkeit der Vollmachterteilung ein Verstoß gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG vorliegt, da die Bedingungen zur Ausübung des Stimmrechtes im Einladungsschreiben falsch insofern wiedergegeben sein könnten, als § 135 AktG kein Schriftformerfordernis für die Vollmachtserteilung verlangt.
Insoweit liegt jedoch kein Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 241 Nr. 1 AktG, da Regelungen über die Art und Weise der Ausübung des Stimmrechtes und deren Voraussetzungen keine Teilnahmebedingungen im Sinne des § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG darstellen, Bedingungen im Sinne dieser Vorschrift lediglich solche zur Anmeldung und zur Legitimation der Aktionäre sind (vgl. OLG München, DB 2008, Seite 2243).
Die Nebenentscheidung folgen aus den §§ 91, 101 Abs. 1, 709, 108 ZPO.
Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 30.000,00 EURO festgesetzt.
LG Duisburg:
Urteil v. 24.04.2009
Az: 22 O 75/08
Link zum Urteil:
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