Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 27. Februar 1997
Aktenzeichen: 7 U 178/96
(OLG Köln: Urteil v. 27.02.1997, Az.: 7 U 178/96)
Eine Vor-GmbH, deren Eintragung rechtskräftig abgelehnt wurde, ist nicht parteifähig. Sie kann auch dann nicht in zulässiger Weise Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil einlegen, wenn sie in erster Instanz als parteifähig angesehen wurde. Eine Rubrumsberichtigung dahin, daß der Einmann-Gesellschafter und Geschäftsführer richtige Partei sei, oder ein Parteiwechsel in zweiter Instanz kommen in diesem Fall nicht in Betracht. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem zur Last, der für die parteiunfähige Vor-GmbH gehandelt hat.
Tenor
Die Berufung der Klägerin und die Anschlußberufung des beklagten Landes gegen das am 13.8.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (5 O 452/95) werden als unzulässig verworfen. Die Kosten der Berufung und der Anschlußberufung werden dem Geschäftsführer der Klägerin zu 97%, dem beklagten Land zu 3 % auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Geschäftsführer der Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1200 DM abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 25.8.1992 als
Einmann-GmbH von dem Steuerberater H.-P. T., der gleichzeitig zum
Gesellschafter-Geschäftsführer bestellt wurde, gegründet. Die
Eintragung der Klägerin in das Handelsregister lehnten das
Amtsgericht Bergheim und das Landgericht Köln aus Gründen, die von
den Parteien nicht vorgetragen worden sind, endgültig ab.
Das Finanzamt Bergheim erließ am 22.12.1992 einen
Duldungsbescheid gegen die Klägerin, durch den sämtliche Einlagen,
die von Herrn T. erbracht worden waren, wegen Steuerforderungen
gegen Herrn T. (deren Bestehen zwischen den Parteien streitig ist)
nach dem Anfechtungsgesetz angefochten wurden. Zugleich erließ das
Finanzamt Bergheim eine Arrestanordnung gegen die Klägerin wegen
des aus § 7 AnfG resultierenden Rückgewähranspruchs mit der
Begründung, es bestehe die Gefahr, daß der Geschäftsführer der
Klägerin die Einlage beiseite schaffen werde. Ferner brachte das
Finanzamt eine Pfändung der Konten der Klägerin aus. Ein Antrag der
Klägerin beim Finanzgericht, die Pfändung im Wege der einstweiligen
Anordnung aufzuheben, blieb erfolglos, eine Klage gegen die
Arrestanordnung führte hingegen zu deren Aufhebung, da nach
Auffassung des Finanzgerichts diese Arrestanordnung nicht wirksam
zugestellt worden war.
Die Klägerin macht einen Amtshaftungsanspruch in Höhe von 8105,-
DM geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, Duldungsbescheid und
Arrestanordnung vom 22.12.1992 seien rechtswidrig gewesen, und sie
hat behauptet, zur Wahrnehmung ihrer Rechte habe sie einen Betrag
von 7890.- DM als besonderes Entgelt für den Geschäftsführer T.
sowie für zwei Mitarbeiterinnen aufwenden müssen, die in ihrer
Freizeit die finanzgerichtlichen Verfahren vorbereitet und
Óbergangslösungen zur Weiterführung des Betriebes der Klägerin
gesucht hätten. Ferner seien 215.- DM Kosten für Rücklastschriften
und Pfändungsgebühren bei ihrer Bank entstanden.
Das beklagte Land hat unter näherer Darlegung der ergriffenen
Maßnahmen die Auffassung vertreten, keine schuldhafte
Amtspflichtverletzung begangen zu haben.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 215.- DM entsprochen
und sie im übrigen abgewiesen. Es hat das Vorliegen eines
schuldhaften Amtspflichtverstoßes wegen der vom Finanzgericht
festgestellten Zustellungsmängel der Arrestanordnung bejaht,
allerdings in dem von der Klägerin geltend gemachten Entgelt an den
Geschäftsführer und die Mitarbeiterinnen keinen erstattungsfähigen
Schaden gesehen.
Die Klägerin hat hiergegen fristgerecht Berufung eingelegt und
diese fristgerecht damit begründet, daß das Landgericht die Frage
der Erstattungsfähigkeit des Schadens falsch beurteilt habe. Sie
hat ferner auf die seitens des Senats gegen die Parteifähigkeit der
Klägerin geäußerten Bedenken beantragt, das Aktivrubrum dahin zu
berichtigen, daß Kläger Herr H.-P. T., der Geschäftsführer der
Klägerin, sei. Sie meint, die Parteifähigkeit der Vorgesellschaft
stehe nicht grundsätzlich in Zweifel, vielmehr sei sie im Hinblick
auf die abgelehnte Eintragung im Handelsregister nur als
zwischenzeitlich aufgelöst zu betrachten.
Das beklagte Land hat Anschlußberufung mit dem Ziel der
vollständigen Klageabweisung eingelegt.
Im Termin vom 9.1.1997 ist der Prozeßbevollmächtigte der
Klägerin nicht aufgetreten.
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom
13.8.1996 (5 O 452/95) teilweise
abzuändern und die Klage abzuweisen,
sowie, die Berufung der Klägerin als
unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
das Urteil des Landgerichts Köln vom
13.8.1996 (5 O 452/95) teilweise
abzuändern und die Klage abzuweisen,
sowie, die Berufung durch Versäumnis-
urteil zurückzuweisen.
Das beklagte Land hält die Klägerin für nicht parteifähig und
tritt dem Vorbringen der Klägerin in der Sache entgegen. Sie meint
ferner, das beklagte Land habe sich nicht pflichtwidrig
verhalten.
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
verwiesen.
Gründe
Die Berufung ist mangels Parteifähigkeit der Klägerin
unzulässig. Insoweit war die Berufung nach § 519 b ZPO als
unzulässig zu verwerfen, nicht aber durch Versäumnisurteil nach §
542 Abs.1 ZPO zurückzuweisen.
Rechtsmittel gegen ein Urteil kann grundsätzlich nur der
einlegen, der parteifähig, also rechtsfähig (§ 50 ZPO), ist. Eine
in Gründung befindliche GmbH (Vor-GmbH), die die Klägerin durch den
Abschluß des Gesellschaftsvertrages zunächst war, ist zwar nach
heute ganz herrschender Auffassung Trägerin von Rechten und
Pflichten und zugleich jedenfalls passiv, nach weit verbreiteter
Auffassung (zumindest in gewissem Umfang) auch aktiv parteifähig
(zum Meinungsstand vgl. etwa Hueck, GmbhG § 11 Rn. 6 ff. m.w.N.).
Dies gilt aber nicht mehr, wenn die Vorgesellschaft, insbesondere
durch Auflösung, beendigt ist. Auflösung tritt aber stets ein, wenn
die Eintragung in das Handelsregister rechtskräftig abgelehnt wurde
(Hueck, GmbHG § 11 Rn. 26; Lutter-Hommelhoff, GmbHG, § 11 Rn. 8;
Münchener Kommentar-ZPO- Lindacher § 50 Rn. 12; Zöller- Vollkommer
§ 50 Rn. 39; wohl auch BayObLG Rpfleger 1987, 407). Durch die
Unmöglichkeit, in das Handelsregister eingetragen zu werden, ist
der Zweck der Vorgesellschaft endgültig verfehlt, da sie auf die
spätere Rechtsform der GmbH ausgerichtet ist und die Geschäfte
nicht ohne Ànderung ihrer rechtlichen Struktur fortführen kann
(Hueck, aaO, Rn. 26). Genau dies ist bei der Klägerin aber der
Fall, denn es ist unstreitig nicht zur Eintragung in das
Handelsregister gekommen und infolge der rechtskräftigen Ablehnung
kann es auch nicht mehr zu einer Eintragung kommen.
Ein von der Rechtsprechung und der Lehre anerkannter
Ausnahmefall vom Erfordernis der Parteifähigkeit liegt nicht vor.
Es handelt sich insbesondere nicht um einen Zulassungsstreit, bei
dem die Frage der Parteifähigkeit erst zu klären ist und demzufolge
auch der Parteiunfähige zunächst als parteifähig zu fingieren ist
(BGHZ 24, 91; vgl. auch BGHZ 110, 294, 296). Die Klägerin wendet
sich in der Berufung auch nicht dagegen, daß sie in der Vorinstanz
zu Unrecht als parteiunfähig behandelt worden sei, was der
Zulässigkeit eines Rechtsmittels ebenfalls nicht entgegenstünde,
wenn dies in der Sache zuträfe (BGHZ 110, 294, 296).
Hier liegt vielmehr der Fall vor, daß ein Parteiunfähiger die
Bejahung der nicht gegebenen Parteifähigkeit durch die erste
Instanz hingegenommen hat und mit der Berufung wiederum ein
Sachurteil, nur mit anderem Inhalt, erstrebt. Dies begründet
allerdings die Zulässigkeit der Berufung nicht. Die Parteifähigkeit
verliert ihre Bedeutung als Prozeß- und
Prozeßhandlungsvoraussetzung in den Rechtsmittelinstanzen
grundsätzlich nicht (so für den gleichgelagerten Fall der
mangelnden Prozeßfähigkeit ausdrücklich BGHZ 110, 294, 296).
Eine Berichtigung des Rubrums, wie von der Klägerin beantragt,
kommt nicht in Betracht. Eine bloße Berichtigung setzt voraus, daß
im Wege der Auslegung ohne weiteres zu ermitteln ist, wer als
eigentliche Partei auftreten soll (Zöller-Stephan § 253 Rn. 7
m.w.N.). Eine Auslegung dahin, daß der Geschäftsführer der Klägerin
der eigentliche Kläger sein soll, ist hier aber nicht möglich. Dies
ergibt sich schon aus der Art des geltend gemachten Anspruchs. Die
Klägerin macht als größten Schadensposten die von ihr angeblich
gezahlten Vergütungen gerade an ihren Geschäftsführer geltend. Es
geht also insoweit um einen Anspruch, der nur der Vor-GmbH, nicht
aber dem Geschäftsführer zustehen konnte. Daneben ergibt sich aus
dem Rubrum selbst eindeutig, daß nur die Vor-GmbH Partei sein
sollte, denn die Unterscheidung zwischen einer juristischen Person
(GmbH i.Gr.) und einer natürlichen Person ist im Rechts- und im
Geschäftsverkehr derart klar, eindeutig und wichtig, daß die
Möglichkeit, mit der Bezeichnung der einen könne alternativ oder
kumulativ auch die andere erfaßt sein, von vornherein
ausscheidet.
Auch ein Parteiwechsel kommt nicht in Betracht. Zwar gibt es
grundsätzlich die Möglichkeit eines gewillkürten Parteiwechsels
auch in der Berufungsinstanz (vgl. BGHZ 71, 217). Jedoch setzt dies
eine zulässige Berufung voraus (vgl. etwa LAG München NZA 1989,233;
Zöller-Schneider § 528 Rn. 11), an der es hier gerade fehlt. Ein
Parteiwechsel kann nicht vorgenommen werden, um eine unzulässige
Berufung zulässig zu machen. Auf die Frage, ob ein Parteiwechsel
als Klageänderung hier als sachdienlich angesehen werden kann,
kommt es somit nicht an.
Die Anschlußberufung war ebenfalls als unzulässig zu verwerfen,
da es sich um eine unselbständige Anschließung handelt, die eine
zulässige Hauptberufung voraussetzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO analog. Die
Kosten für die unzulässige Anschlußberufung fallen dem beklagten
Land zur Last, da es sich einer von vornherein unzulässigen
Hauptberufung angeschlossen hat (vgl. BGHZ 4,249; Zöller-Gummer §
521 Rn. 32 m.w.N.). Im übrigen waren die Kosten dem Geschäftsführer
der Klägerin als demjenigen aufzuerlegen, der für die
parteiunfähige Klägerin gehandelt und dadurch die Kosten veranlaßt
hat. Die Haftung des Handelnden ist für die nicht existierende
Partei bzw. für die Partei, die von einem vollmachtlosen Vertreter
in einen Prozeß gezogen wurde, anerkannt (BGH WM 1976,686; OLG
Düsseldorf MDR 1980, 853; Thomas-Putzo § 50 Rn. 12 f.). Dieser
Grundsatz gilt für den Fall, daß die scheinbare Partei zwar
existiert (hat), aber nicht parteifähig ist, in gleicher Weise (OLG
Düsseldorf MDR 1980, 853), insbesondere für eine aufgelöste
Einmann-Vor-GmbH. Da der Geschäftsführer der Klägerin hier für eine
bereits aufgelöste Vor-GmbH Klage erhob, kann er sich nicht auf
eine etwa bestehende Vermögenslosigkeit der Vorgesellschaft
berufen. Es wäre auch inkonsequent und sinnwidrig, der aufgelösten
Vor-GmbH zwar die Parteifähigkeit zu versagen, sie aber gleichwohl
als Schuldnerin der von ihrem für sie handelnden Geschäftsführer
verursachten Prozeßkosten anzusehen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt
sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert: 8105.- DM.
OLG Köln:
Urteil v. 27.02.1997
Az: 7 U 178/96
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