Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 22. September 2009
Aktenzeichen: 2-18 O 162/09
(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 22.09.2009, Az.: 2-18 O 162/09)
Tenor
Die einstweilige Verfu€gung vom 15.6.2009 (2-18 O 162/09) wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zuru€ckgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 10.000,-- €.
Tatbestand
Die D...R... GmbH stellte fest, dass genau am 7.3. 2009 um 20:47:05 Uhr u€ber die IP-Adresse 217.230.xxx.xxx die Musikdatei "H... To S... I'm S... 2k9" der Ku€nstlergruppe "A..." in einem Peer-to-Peer-Netzwerk verfu€gbar gemacht wurde. Kurz zuvor, am 27.2.2009 war in Deutschland die Veröffentlichung des Kopplungstonträgers erfolgt, auf dem das streitgegenständliche Musikstu€ck zu finden ist.
Die Antragstellerin nimmt abgeleitet von der K... R... GmbH aufgrund Vertrags vom 15.3.07/27.3.07 ausschließliche Nutzungs- bzw Verwertungsrechte fu€r die Verwendung in dezentralen Computernetzwerken an dem streitgegenständlichen Musikstu€ck "H... To S... I'm S... 2k9" fu€r sich in Anspruch.
Das Landgericht Köln hatte im Verfahren nach § 101 UrhG am 10.3. 2009 dem Provider DTAG aufgegeben, die Verbindungs daten in Bezug auf die streitgegenständliche Öffentlichmachung vom 7.3.2009 um 20:47:05 Uhr nicht zu löschen. Am 1.4. 2009 u€bersandte - der Provider der Antragstellerin eine CD mit den Verbindungsdaten in Bezug auf die streitgegenständliche Öffentlichmachung vom 7.3.2009 um 20:47:05 Uhr.
Auf eine Abmahnung der Antragstellerin vom 20.4.2009 gab die Antragsgegnerin die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ab.
Am 15.06.2009 hat die Kammer im Wege der einstweiligen Verfu€gung auf - bei Gericht eingegangenen Antrag vom 25.5.2009 - beschlossen:
Der Antragsgegnerin wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,- € - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, fu€r jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
die Tonaufnahme '''"H... To S... I'm S... 2k9"''' der Künstlergruppe "A..." im Internet in dezentralen Computernetzwerken bereit zu stellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht zu ihren Gunsten streite der Anscheinsbeweis dafu€r, dass die Rechtsverletzung von der Anschlussinhaberin begangen worden sei. In diesem Zusammenhang behauptet sie: Die Antragsgegnerin sei bezu€glich der streit gegen ständlichen Tonaufnahme der Ku€nstlergruppe "A..." von dem beauftragten Unternehmen mindestens dreimal erfasst, so nicht nur am 7.3.2009, sondern auch am 12.3.2009 mit der IP-Adresse 217.82.xxx.xxx und am 19.3.2009 mit der IP-Adresse 217.230.xxx.xxx. Es sei davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Tonaufnahrne u€ber dem gesamten Erfassungszeitraum 7.3.2009 bis 19.3.2009 in einem Uploadordner gelegen habe und damit Dritten u€ber einen Zeitraum von fast zwei Wochen u€ber die Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht worden sei.
Nachdem die Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfu€gung Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin nunmehr,
die einstweilige Verfu€gung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15.6.2009 zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfu€gung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15.6.2009 aufzuheben
und erstrebt sinngemäß die Zuru€ckweisung des Antrags auf ihren Erlass.
Die Antragsgegnerin bestreitet, dass sie die streitgegenständliche Musikdatei zum Download am 7.3.2009 um 20:47:05 Uhr verfu€gbar gemacht hätte. Hierzu trägt sie vor: Zu keinem Zeitpunkt habe sie die streitgegenständliche mp3-Datei auf ihrem Rechner gehabt. Am 7.3.2009 um 20:47:05 Uhr sei sie an ihrer Arbeitsstelle, ... gewesen und zwar ohne Unterbrechung bis 8.3.2009 um 13:00 Uhr. Insbesondere hätten nur sie und ihr Lebensgefährte Zugriff auf die streitgegenständliche Internetverbindung; der Computer sei am 7.3.2009 um 20:47:05 Uhr ausgeschaltet gewesen, da niemand zu Hause gewesen sei. Andere Personen hätten keinen Schlu€ssel zur Wohnung. Am 7.3.2009 um 20:47:05 sei ihr Lebensgefährte außer Haus bei seinen Eltern gewesen.
Sie behauptet weiter, dass aus zahlreichen Verfahren Fehler bekannt seien, die sich in falschen oder falsch zugeordneten IP-Adressen geäußert hätten.
Sie ist zudem der Ansicht, dass für den Erlass der einstweiligen Vefügung keine Eilbedu€rftigkeit vorgelegen hätte.
Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Antragstellerin und fu€hrt aus, dass der vorgelegte Vertrag vom 15.3.07/27.3.07 lu€ckenhaft sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Der Widerspruch der Antragsgegnerin hat Erfolg.
Die - bestrittene - Aktivlegitimation der Antragstellerin kann dahinstehen.
Die angegriffene einstweilige Verfu€gung war schon deshalb aufzuheben, weil die Antragstellerin nach dezidiertem Bestreiten der Täterschaft durch die Antragsgegnerin im vorliegenden Eilverfahren nicht ausreichend glaubhaft machen konnte, dass die Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen tatsächlich begangen hat, bzw. die festgestellten IP-Adressen tatsächlich dem Anschluss der Antragsgegnerin zugeordnet werden konnten.
Der Antragstellerin ist zwar zuzugeben, dass sie grundsätzlich keine Kenntnis davon haben kann, wer den Intemetanschluss der Antragsgegnerin zum von der Antragstellerin ermittelten Zeitpunkt tatsächlich genutzt hat. Dieser Umstand liegt allein in der Sphäre der Antragsgegnerin.
Jedoch muss von der Antragstellerin in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die in Anspruch genommene Anschlussinhaberin dezidiert ihre eigene Täterschaft und diejenige der Personen, die noch auf die streitgegenständliche Onlineverbindung Zugriff haben, in Abrede stellt, indem sie darlegt, zum streitgegenständlichen Zeitpunkt sei der Computer ausgestellt gewesen, weder sie noch ihr Lebensgefährte - eme weitere Person lebe nicht in ihrem Haushalt und habe auch nicht Zugriff auf die Onlineverbindung - sei damit online gewesen und dies - wie hier (vgl. eidesstattliche Versicherungen der Antragsgegnerin und ihres Lebensgefährten, Blatt 173 der Akten und Blatt 174, Blatt 106, Blatt 108) - glaubhaft macht, verlangt werden, dass die Zuordnung der festgestellten IP-Adressen zu der in Anspruch genommenen Antragsgegnerin lu€ckenlos nachvollzogen werden kann. Daran fehlt es hier.
Denn die Kammer konnte sich mit den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen keine Überzeugung dahin verschaffen, dass fu€r die behauptete Rechtsverletzung mittels des Onlineanschlusses der Antragsgegnerin eine größere Wahrscheinlichkeit spricht als fu€r die mit dem Druckmittel der Strafbarkeit einer falschen Versicherung an Eides statt abgegebenen Erklärungen der Antragsgegnerin und ihres Lebensgefährten, die angegeben haben, zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten u€berhaupt nicht online gewesen zu sein.
Dass die im vorliegenden Verletzungsfall vom 7.3.2009 festgestellte IP-Adresse 217.230.xxx.xxx angeblich der Antragsgegnerin zugeordnet war, ergibt sich hier lediglich aus der Anlage ASt 10. Dies ist jedoch nur eine Auflistung, deren Aussteller nicht erkennbar ist, und letztlich von jeden beliebigen Dritten hätte ausgestellt werden können. Es mag sein, dass die vorgelegten auf einen Blatt Papier ausgedruckten Mitteilungen tatsächlich von der vom Provider u€bermittelten CD stammen, dies kann jedoch der vorgelegten Anlage Ast 10 nicht sicher entnommen werden. In der mu€ndlichen Verhandlung wurde der Antragstellervertreter ausdru€cklich dazu befragt, ob die Übereinstimmung der auf Anlage Ast 10 aufgefu€hrten Mitteilungen mit denjenigen vom Provider im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG auf CD u€bermittelten Daten eidesstattlich versichert werden könne, was nicht der Fall war.
Auch fu€r die anderen bei den durch Schriftsatz vom 21.9.2009 vorgetragenen Öffentlichmachungen des streitgegenständlichen Musikstu€cks am 12.3.2009 und 19.3.2009 gilt nichts anderes. Auch in diesem Zusammenhang wurden lediglich mit Anlage Ast 20 und Anlage Ast 22 Ausdrucke vorgelegt, deren Herkunft und Richtigkeit nicht belegt sind. Angesichts der bereits dargelegten mit dem Druckmittel der Strafbarkeit einer falschen Versicherung an Eides statt abgegebenen Erklärungen der Antragsgegnerin und ihres Lebensgefahrten reichen diese Unterlagen nicht aus, um annehmen zu können, dass der Vortrag des Antragstellers wahrscheinlicher ist, als der der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin ist mit dem Vortrag der Antragstellerin auch nicht als Störerin zu qualifizieren, zumal die Antragstellerin die Antragsgegnerin ausdru€cklich als Täterin und nicht als Störerin in Anspruch nehmen will. Denn hier gilt dass bereits oben Ausgefu€hrte entsprechend. Denn der Antragstellerin ist es nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass die vorliegenden Rechtsverletzungen tatsächlich von dem Anschluss der Antragsgegnerin begangen worden sind.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.
LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 22.09.2009
Az: 2-18 O 162/09
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