Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 17. April 1998
Aktenzeichen: 6 U 62/97

(OLG Köln: Urteil v. 17.04.1998, Az.: 6 U 62/97)

1. Streiten zwei Wettbewerber darüber, ob eine nach Erlaß einer einstweiligen Verfügung dem Gläubiger gegenüber abgegebene, unter Hinweis auf § 13 Abs. 2 Satz 1 UWG räumlich beschränkte Erklärung den Anforderungen an eine ausreichende Abschlußerklärung genügt, ist für eine Hauptsacheklage, mit der künftige uneingeschränkte Unterlassung der beanstandeten Wettbewerbshandlung gefordert wird, das Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

2. Die Eignung, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, fehlt einer Abschlußerklärung jedenfalls nicht bereits deshalb, weil sie räumlich auf solche Verstöße beschränkt wird, die der Gläubiger als unmittelbar Verletzter bzw. Als Anspruchsberechtigter gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 UWG künftig geltend machen könnte.

3. Eine ausreichende Abschlußerklärung liegt nur dann vor, wenn der in ihr erklärte Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO auch den Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung einschließt. Daran fehlt es, wenn in der Erklärung auf die "...Aufhebung wegen veränderter Umstände, soweit sie zum Zeitpunkt dieser Erklärung vorliegen" verzichtet wird und zeitlich nachfolgend bis zum Abschluß anhängiger Verfahren ein Verzicht auf diese Einrede vereinbart wird.

4. Zur Beurteilung des Gesamtverhaltens eines Unterlassungsschuldners und daraus abzuleitender Sicherstellung künftigen Wohlverhaltens (Fortfall der Wiederholungsgefahr).

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. Februar 1997 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 46/96 - wie folgt abgeändert:Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 4.871,72 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 16. April 1997 zu zahlen. II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 17.000.- abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in der selben Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die jeweils zu stel-lende Sicherheit in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen und schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. IV. Die mit diesem Urteil für die Klägerin verbundene Beschwer wird auf 104.871,72 DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des sich an

Endverbraucher wendenden Handels mit Artikeln der

Unterhaltungselektronik und Telekommunikation. Die Klägerin

unterhält einen S.-Markt in F., die Beklagte betreibt im nämlichen

Ort Filialen unter der Bezeichnung Radio D..

In der Ausgabe der Bild-Zeitung vom 7. März 1996 bewarb die

Beklagte mit der aus der Anlage K 1 ersichtlichen Anzeige u. a. ein

Siemens Funktelefon Megaset 950. Hierbei wurde eine über dem

beworbenen Verkaufspreis (579.- DM) liegende unverbindliche

Preisempfehlung des Herstellers (799.- DM) genannt, die im

Veröffentlichungszeitpunkt der Werbung jedoch tatsächlich nicht

mehr existierte.

Auf eine diese Werbung beanstandende Abmahnung der Klägerin hin

teilte die Beklagte mit, daß sie sich zwar nicht im Rahmen einer

vertragsstrafegesicherten Unterlassungserklärung gegenüber der

Klägerin zur künftigen Unterlassung verpflichten wolle, jedoch eine

etwa ergehende einstweilige Verfügung gegen sich gelten lassen

werde. Die Klägerin erwirkte daraufhin unter dem Datum des 4. April

1996 beim Landgericht Köln zum Aktenzeichen 84 O 26/96 im

Beschlußverfahren eine einstweilige Verfügung, mit welcher der

Beklagten die vorbezeichnete Werbung untersagt wurde.

Mit Schreiben vom 24. April 1996, hinsichtlich dessen Inhalts im

einzelnen auf die Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 8 f d.A.)

verwiesen wird, erklärte die Beklagte sodann, daß sie die

vorbezeichnete einstweilige Verfügung unter Verzicht u. a. auf die

Rechte aus den "...§§ 924,926,927 ZPO (Widerspruch, Frist

zur Erhebung der Hauptklage, Aufhebung wegen veränderter Umstände,

soweit diese zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung vorliegen)

..." als endgültige und materiellrechtlich verbindliche Regelung

zwischen den Parteien anerkenne. In einem Zusatz führte die

Beklagte weiter aus:

"Erneut wird klargestellt, daß die

einstweilige Verfügung nur räumlich begrenzt insofern Gültigkeit

besitzt, als Ihre Mandantschaft geltend machen kann, durch einen

eventuellen späteren Verstoß unmittelbar verletzt zu sein oder

geltend machen kann, daß die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Ziff.

1 UWG vorliegen."

Die Klägerin, welche die mit diesem Zusatz versehene

Abschlußerklärung der Beklagten nicht für ausreichend hält, um der

Unterlassungsverfügung die gleichen Wirkungen wie diejenigen eines

in einem Hauptsachverfahren erstrittenen Verbotstitels zu

verschaffen, nimmt die Beklagte nunmehr mit der vorliegenden, als

Hauptsache zu dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren

betriebenen Klage auf Unterlassung der als Verstoß gegen § 3 UWG

beanstandeten Werbung in Anspruch.

Die nur räumlich begrenzt abgegebene Abschlußerklärung, so hat

die Klägerin hierzu geltend gemacht, sei nicht geeignet, sie

hinsichtlich des verfolgten Unterlassungsanspruchs klaglos zu

stellen, mithin ein Hauptsacheverfahren überflüssig werden zu

lassen. Denn ihr - der Klägerin - Unterlassungsinteresse gehe über

das räumliche Gebiet hinaus, in dem sich die Parteien dieses

Rechtsstreits unmittelbar gegenüber stehen und erstrecke sich auf

das gesamte Bundesgebiet. Im übrigen sei die unter Hinweis auf die

"Anspruchsgrundlagen des UWG" abgegebene Erklärung auch inhaltlich

zu unbestimmt und lasse den Umfang des "ausgesprochenen Verbots"

nicht hinreichend erkennen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei

Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung

festsetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht

beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer

Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall

höchstens DM 500.000.-, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei

Jahre) zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken

des Wettbewerbs Artikel der Telekommunikation unter Hinweis auf

eine ehemalige unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers zu

bewerben, soweit diese nicht der letzten ehemals gültigen

unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers entspricht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Klage bereits für unzulässig gehalten. Denn

angesichts des - unstreitigen - Umstands, daß sie, die Beklagte,

bis zum rechtskräftigen Abschluß zweier weiterer, ihrer Ansicht

nach präjudizieller Rechtsstreitigkeiten (31 O 435/96 LG Köln = 6 U

29/96 OLG Köln und 31 O 652/95 LG Köln = 6 U 114/96 OLG Köln), in

denen ebenfalls nur räumlich begrenzt abgegebene Abschluß- und

Unterlassungsverpflichtungerklärungen von den zum jeweiligen

Unternehmensverbund der Parteien gehörenden dortigen Beteiligten

kontrovers gewürdigt worden seien, in der streitgegenständlichen

Auseinandersetzung auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe,

fehle der vorliegenden Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Jedenfalls

aber, so hat die Beklagte weiter vertreten, sei die Klage auch

unbegründet, da die mit Schreiben vom 24. April 1996 abgegebene

Abschlußerklärung die Wiederholungsgefahr bezüglich der

beanstandeten Werbung beseitigt habe. Der Unterlassungsanspruch der

Klägerin habe sich von vorneherein nur auf den örtlich begrenzten

Raum erstrecken können, in welchem sich die Parteien tatsächlich

als Konkurrenten begegnen.

Mit Urteil vom 20. Februar 1997, auf welches zur näheren

Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage

in der Fassung eines an die konkrete Verletzungsform angepaßten

Verbotstenors stattgegeben. Der Klage, so hat das Landgericht zur

Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, sei das

Rechtsschutzbedürfnis nicht abzusprechen, da die Klägerin nicht

verpflichtet sei, den Ausgang der beiden vorbezeichneten Verfahren

6 U 29/96 und 6 U 114/96 vor dem OLG Köln, in denen es um die

identische Rechtsfrage gehe, abzuwarten. Die Klage sei weiter auch

begründet. Die angegriffene Werbung der Beklagten mit einer nicht

mehr gültigen unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers

stelle sich als irreführend im Sinne von § 3 UWG dar. Die für den

hieraus folgenden Unterlassungsanspruch der Klägerin

vorauszusetzende Wiederholungsgefahr sei dabei auch nicht durch die

beklagtenseits mit Schreiben vom 24. April 1996 abgegebene

Abschlußerklarung in Wegfall gebracht worden. Eine solche Wirkung

habe die erwähnte Abschlußerklärung nicht zeitigen können, weil die

Beklagte darin den Unterlassungsanspruch der Klägerin habe räumlich

begrenzen wollen. Aus vom Landgericht im einzelnen dargestellten

Gründen stehe der Klägerin aber als durch die angegriffene

Werbemaßnahme unmittelbar verletzter Wettbewerberin selbst dann ein

räumlich unbeschränkter Unterlassunsganspruch zu, wenn sich die

Parteien nur in einem regional begrenzten Raum als

Wettbewerberinnen gegenübertreten.

Gegen dieses, ihr am 12. März 1997 zugestellte Urteil hat die

Beklagte am 11. April 1997 Berufung eingelegt, die sie mittels

eines am 18. September 1997 - nach entsprechender Fristverlängerung

- eingegangenen Schriftsatzes fristgerecht begründet hat.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im

übrigen hält die Beklagte insbesondere an ihrem mit der Berufung

noch vertieften Standpunkt fest, daß durch die Abschlußerklärung

vom 24. April 1996 eine etwaige Wiederholungsgefahr entfallen sei.

In der Abschlußerklärung komme ihr - der Beklagten - ernsthafter

Unterlassungswille zum Ausdruck, so daß es des Klageverfahrens

nicht bedurft habe. Die in diese Erklärung aufgenommene

"Klarstellung" entspreche der Rechtslage und bedeute keine die

Ernsthaftigkeit des Unterlassungswillens in Frage stellende

Bedingung oder Einschränkung. Denn die Verfolgung der sich aus dem

Unterlassungstitel gegen sie - die Beklagte - ergebenden

Unterlassungsansprüche sei beschränkt auf die

Wettbewerbshandlungen, für welche die Klägerin - sei es als

unmittelbar Verletzte, sei es als gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG

Berechtigte - aktivlegitimiert sei. Diesen Kriterien entspreche

aber die streitgegenständliche Abschlußerklärung in jeder Hinsicht,

indem der "klarstellende" Zusatz auf die spätere Verfolgbarkeit

aufgrund eines "eventuellen späteren Verstoßes" abstelle und die

Verfolgbarkeit wegen eines späteren Verstoßes davon abhängig mache,

ob die Klägerin als Gläubigerin unmittelbar verletzt ist oder die

Voraussetzungen es § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG erfüllt sind. Darüber

hinaus, so gibt die Beklagte zum Zwecke der Rechtsverteidigung zu

bedenken, wohne ihrer Ansicht nach aber auch dem

Unterlassunsganspruch selbst von vorneherein eine regionale

Begrenzung inne. Denn bei den M.-Markt-Gesellschaften, und diesen

sei - wie unstreitig ist - die Klägerin zuzurechnen, handele es

sich um jeweils regional oder lokal tätige, rechtlich selbständige

Unternehmen, die einerseits ausschließlich ihre eigenen -

regionalen oder lokalen - Interessen wahrnehmen würden,

andererseits ausschließlich in diesem räumlichen Wirkungskreis

"unmittelbar verletzt" oder im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG

betroffen sein könnten. Damit sei aber auch die

Anspruchsberechtigung/Aktivlegitimation nicht bundesweit, sondern

entsprechend der "unmittelbaren Verletzung und/oder konkreten

Betroffenheit" lokal oder regional begrenzt. Bestehe damit aber

eindeutig für die von vorneherein unbegrenzte, bundesweite

Geltendmachung eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs keine

Aktivlegitimation, dann fehle es denknotwendig an einem

entsprechenden unbeschränkten/bundesweiten gesetzlichen

Unterlassungsanspruch, was sich aber bereits in dem etwa

auszusprechenden gerichtlichen Verbot selbst enstprechend

niederschlagen müsse.

Da somit nach Auffassung der Beklagten das landgerichtliche

Urteil keinen Bestand haben kann, verlangt die Beklagte die am 16.

April 1997 auf den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Köln

vom 18. März 1997 an die Klägerin geleisteten Zahlungen in Höhe von

insgesamt 4.871.72 DM ersetzt.

Die Beklagte beantragt,

1. das am 20. Februar 1997 verkündete

Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln (84 O

46/96) abzuändern und die Klage abzuweisen;

2. die Klägerin zu verurteilen, an sie

- die Beklagte - 4.871,72 nebst 4 % Zinsen seit dem 16. April 1997

zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist die

Abschlußerklärung vom 24. April 1996 nicht geeignet, die

Wiederholungsfahr entfallen zu lassen. Das gelte im Grundsatz schon

deshalb, weil die Wirkung einer Abschlußerklärung, mit welcher aus

dem vorlaufigen Verfügungstitel ein "endgültiger" gemacht werden

solle, das Rechtsschutzbedürfnis für die Hauptsacheklage entfallen

lasse. Jedenfalls die konkret zu beurteilende Abschlußerklärung der

Beklagten vom 24. April 1996 könne aber solche Folgen nicht nach

sich ziehen. Denn diese Erklärung unterstelle, daß mit der

einstweiligen Verfügung nur ein räumlich begrenzter

Unterlassungsanspruch zugesprochen und tituliert worden sei. Die

Formulierung des eingangs erwähnten Zusatzes der Beklagten lasse

dabei zwar zwei Verständnismöglichketen zu, nämlich einmal

dahingehend, daß der titulierte gesetzliche Unterlassunsganspruch

selbst räumlich begrenzt sei, und zum anderen, daß bei einem

späteren Verstoß die einstweilige Verfügung jedenfalls nur räumlich

begrenzt wirken könne. Letzlich könne es aber dahinstehen, welche

dieser beiden in Betracht kommenden Interpretationen der

Abschlußerklärung beizumessen sei, da beide Möglichkeiten das

Rechtsschutzbedürfnis der vorliegenden Hauptsacheklage bzw. - von

der Auffassung der Beklagten ausgehend - die Wiederholungsgefahr

unberührt ließen: Eine räumliche Begrenzung des gesetzlichen

Unterlassungsanspruchs selbst komme nicht in Betracht. Letzterer

bestehe vielmehr so weit, wie das Gesetz wirke, also bundesweit.

Weder die Klageberechtigung des unmittelbar Verletzen, noch die

sich aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG herleitende Klageberechtigung

könnten eine räumliche Beschränkung des Unterlassunsganspruchs

selbst rechtfertigen, da die Klagebefugnis nicht auf die Reichweite

des materiellrechtlichen Unterlasssungsanpruchs durchschlage.

Gleiches gelte, wenn man die in der Abschlußerklärung zum Ausdruck

gebrachte räumliche Begrenzung auf die spätere Verfolgung des (als

solcher unbeschränkt) titulierten Unterlassungsanspruchs beziehen

wolle. Denn sie - die Klägerin - habe Anspruch auf einen

endgültigen Titel, d.h. einen solchen, der den einstweiligen

Verfügungstitel insgesamt endgültig mache. Eine Abschlußerklärung,

die sich daher mit dem Umfang des Verfügungstitels nicht decke,

habe diese Wirkung aber nicht und sei daher nicht ausreichend.

Hinsichtlichtlich der weiteren Einzelheiten im erst- und

zweitinstanzlichen Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen

ihnen jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug

genommen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist insgesamt

zulässsig und auch in der Sache erfolgreich.

Das Rechtsmittel der Beklagten führt zu der aus der

Urteilsformel ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.

Denn die auf Unterlassung der beanstandeten Werbung gerichtete

Klage war zwar ungeachtet der in Rede stehenden Abschlußerklärung

der Beklagten vom 24. April 1996 zulässig (vgl. nachfolgend unter

I. 1.). Da das letztgenannte, in Verbindung mit dem sonstigen

Verhalten der Beklagten zu sehende Schreiben im Streitfall jedoch

die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch materiell

vorauszusetzende Wiederholungsfeahr entfallen ließ, erweist sich

die Klage danach aber als unbegründet (vgl. nachfolgend unter I.

2.). Hieraus folgt wiederum zugleich die Berechtigung des im Wege

des Inzidentantrags nach Maßgabe von § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO

geltend gemachten Schadensersatzanspruchs der Beklagten, mit

welchem diese die Erstattung der von ihr auf den

Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Köln vom 18. März 1997

geleisteten Zahlung verlangt (vgl. nachfolgend unter II.).

I.

1. Die als Hauptsache zu dem vorangegangenen einstweiligen

Verfügungsverfahren 84 O 26/96 (LG Köln) erhobene Klage ist

zulässig; ihr ist insbesondere nicht im Hinblick auf das Schreiben

der Beklagten vom 24. April 1996 das Rechtsschutzbedürfnis

abzusprechen. Im gegebenen Zusammenhang bedarf es dabei nicht der

Entscheidung, ob die in diesem Schreiben enthaltenen Erklärungen

der Beklagten ausreichen, um die von der Klägerin in dem

vorbezeichneten Verfügungsverfahren wegen des im übrigen

unzweifelhaften Wettbewerbsverstoßes erwirkte

Unterlassungsverfügung ebenso effektiv und dauerhaft werden zu

lassen, wie einen in einem Hauptsacheverfahren erwirkten Titel.

Allerdings ist es richtig, daß nach der in Rechtsprechung und

Literatur vorherrschenden und nach Auffassung des Senats auch

grundsätzlich überzeugenden Meinung die Abgabe einer

Abschlußerklärung, die den Gläubiger so stellt, als hätte er statt

des vorläufigen (Verfügungs-) Titels einen endgültigen

(Hauptsache-)Titel, das Rechtsschutzinteresse für eine

Hauptsacheklage beseitigt (vgl. BGH WRP 1989,

480/481-"Mietwagenmitfahrt"-; BGH WRP 1991, 97/98 f

-"Abschlußerklärung"-; OLG Karlsruhe, WRP 1993, 43; Teplitzky,

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, Kap. 43, Rdn. 11 und

Kap. 7 Rdn. 17; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Auflage,

Rdn. 102 zu § 25 UWG; Köhler/Piper, UWG, Rdn. 77 zu § 25 UWG;

Gloy/Spätgens, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 92 Rdn. 10). Nach

einer anderen Auffassung soll hingegen unter diesen Voraussetzungen

die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr

entfallen sein (OLG Hamburg GRUR 1984, 889/890; OLG Hamm NJW RR

1991, 236/237). Dieser Streit um die prozessualen und materiellen

Auswirkungen der Abschlußerklärung kann jedoch im vorliegenden

Entscheidungszusammenhang offenbleiben, weil der hier zu

beurteilende Streitfall Besonderheiten aufweist, die der

Hauptsacheklage auch unter Berücksichtigung der vorstehend

dargestellten herrschenden Meinung ein Rechtsschutzinteresse

verschaffen. Denn die Parteien streiten vorliegend gerade darum, ob

das Schreiben der Beklagten vom 24. April 1996 inhaltlich den

Anforderungen an ein Abschlußschreiben genügt, mithin geeignet ist,

dem Verfügungstitel die Wirkungen eines Hauptsachetitels zu

verschaffen. Bei dieser Sachlage hat aber die den Standpunkt

einnehmende Klägerin, daß dem Schreiben die für eine

Abschlußerklärung erforderliche Qualität und daher eine in

Bestandskraft und Wirkung einem entsprechenden Hauptsachetitel

gleichwertige Regelung fehle, jedenfalls ein rechtlich

anerkennenswertes Interesse daran, diese Frage im Rahmen der

Hauptsacheklage zur Óberprüfung zu stellen. Das

Rechtschutzbedürfnis für eine Hauptsacheklage fehlt oder entfällt

danach zwar regelmäßig dort, wo eine den inhaltlichen Anforderungen

einer Abschlußerklärung unzweifelhaft genügende Erklärung des

Unterlassungsschuldners zu einem Verfügungstitel vorliegt. In den

Fällen jedoch, in denen - wie hier - mit dem Streit über die

räumliche Reichweite des titulierten Unterlassungsanspruchs oder

jedenfalls der Möglicheit seiner Verfolgung auch Unklarheiten über

den Inhalt und die Tragweite der Abschlußerklärung , vor allem

deren Kongruenz mit dem in der einstweiligen Verfügung

ausgesprochenen Verbot, bestehen, kann der Hauptsacheklage nicht

das Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden (vgl. BGH WRP 1989,

572/ 574 -"Bioäquvalenz-Werbung"-). Denn in dieser

Sachverhaltskonstellation ist gerade unsicher, ob der Gläubiger mit

der einstweiligen Verfügung bereits einen dem Hauptsachetitel in

Bestand und Wirkungen gleichwertigen Verbotstitel in Händen hält

und sich das Erwirken eines Hauptsachetitels daher als überflüssig

erweist, so daß dem Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der

Weiterverfolgung seines Unterlassungsbegehrens im Rahmen der

Hauptsacheklage dann nicht abgesprochen werden kann.

2. Die nach alledem zulässige Klage ist jedoch unbegründet.

Daß die verfahrensbetroffene Werbung geeignet ist, zumindest

einen nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs in

wettbewerblich relevanter Weise im Sinne von § 3 UWG in die Irre zu

führen, kann dabei zwar keinem Zweifel unterliegen und wird von der

Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Im gegebenen Fall ist

jedoch die für einen Unterlassungsanspruch als weitere materielle

Anspruchsvoraussetzung erforderliche Wiederholungsgefahr nicht

(mehr) gegeben. Denn nach dem Verhalten der Beklagten ist

ausreichend sichergestellt, daß die wettbewerbliche

Verletzungshandlung künftig unterbleibt.

Im Grundsatz ist zwar - wie dies auch der erkennende Senat in

ständiger Rechtsprechung vertritt - davon auszugehen, daß die

Wiederholungsgefahr nur dann entfällt, wenn der Verletzer in bezug

auf die Verletzungshandlung eine durch ein

Vertragsstrafeversprechen hinreichend gesicherte, vorbehalts- und

bedingungslose Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt, und daß

nur in engen Grenzen ohne eine derartige Unterwerfung ein Fortfall

der Wiederholungsfahr anzuerkennen ist (vgl. BGH WRP 1996, 199

-"Wegfall der Wiederholungsgefahr I"-; Teplitzky, a. a. O., Kap. 7,

Rdn. 4 und 6 - jeweils mit weiteren Nachweisen). Den hier zu

beurteilenden Streitfall kennzeichnen jedoch besondere Umstände,

die eine solche Ausnahme rechtfertigen. Die Frage, ob die im Falle

eines begangenen Wettbewerbsverstoßes zu vermutende

Wiederholungsgefahr entfallen ist, entscheidet sich dabei

maßgeblich danach, ob der Verletzer ein rechtlich relevantes

Verhalten zeigt, das ernsthaft und zuverlässig auf die künftige

Unterlassung des Wettbewerbsverstoßes schließen läßt ( vgl.

Gloy/Spätgens, a. a. O., § 81 Rdn. 57 m. w. N. ).

Das ist hier auf Seiten der Beklagten auch ohne Abgabe einer

strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungerklärung der Fall.

Allerdings folgt dieses Ergebnis nicht schon allein aus der

beklagtenseits mit Schreiben vom 24. April 1996 abgegebenen

Abschlußerklärung. Unabhängig von der in Rechtsprechung und

Literatur kontrovers beantworteten Frage, ob eine Abschlußerklärung

im Grundsatz überhaupt geeignet ist, die materielle

Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungsgefahr zu beseitigen (vgl.

Teplitzky, a. a. O., 7. Kapitel, Rdn. 17 mit weiteren Nachweisen),

kommt dem verfahrensbetroffenen Schreiben der Beklagten für sich

genommen diese Wirkung im gegebenen Fall jedenfalls schon deshalb

nicht zu, weil es den inhaltlichen Anforderungen an eine

Abschlußerklärung nicht genügt. Denn die Abschlußerklärung muß sich

mit dem vorliegenden Verfügunstitel decken und darf insbesondere

keine dessen Gleichstellung mit einem endgültigen Hauptsachetitel

entgegenstehenden Bedingungen und Vorbehalte machen (Teplitzky,

a.a.O., 43. Kapitel, Rdn. 13; Gloy/Spätgens, a.a.O., § 92 Rdn.

10). Letzeres ist bei dem hier zu beurteilenden Schreiben der

Beklagten vom 24. April 1996 jedoch der Fall.

Zwar rechtfertigt sich diese Wertung nicht bereits im Hinblick

auf den die streitige räumliche Begrenzung formulierenden

"klarstellenden" Zusatz der Beklagten. Die in diesen Zusatz

eingestellte Formulierung, wonach die einstweilige Verfügung nur

räumlich begrenzt insofern Gültigkeit besitze, als die Klägerin

geltend machen könne, durch einen etwaigen späteren Verstoß

unmittelbar verletzt oder nach Maßgabe von § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG

anspruchsberechtigt zu sein, macht deutlich, daß die Beklagte damit

lediglich für die sich aus dem Verfügungstitel ergebende

Möglichkeit der künftigen Verfolgung klargestellt wissen wollte,

daß die Klägerin hierfür dann aktivlegitimiert sein müsse. Damit

war folglich nicht der Bestand und die Wirkung des titulierten

Unterlassunsganspruchs selbst, sondern dessen

Vollstreckungsmöglichkeit betroffen. Der solcherart zu verstehende

Zusatz der Beklagten formuliert damit aber eine nach der

Rechtsprechung des Senats in jedem Fall, also auch bei einem

Hauptsachetitel, ohnehin zu beachtende Voraussetzung und kann

folglich die Gleichstellung des einstweiligen Verfügungstitels mit

einem Hauptsachetitel nicht beeinträchtigen. Denn wie der

erkennende Senat in den zu den Verfahren 6 U 114/ 96 und 6 U 29/96

ergangenen Entscheidungen jeweils vom 29. August 1997 (MD 1997,

1227 und 1236) im einzelnen ausgeführt hat, ist den u.a. mit § 13

Abs. 2 UWG n.F. eingetretenen Einschränkungen der Verfolgbarkeit

von Unterlassungsansprüchen und den diesen zugrundeliegenden

gesetzgegeberischen Erwägungen dadurch angemessen Rechnung zu

tragen, daß die Verfolgung des sich aus einem räumlich unbegrenzt

ausgesprochenen Titel ergebenden Verbots beschränkt ist auf

Wettbewerbshandlungen des Schuldners, für welche der Gläubiger -

sei es als unmittelbar Verletzter, sei es als gemäß § 13 Abs. 2 Nr.

1 UWG Berechtigter - aktivlegitimiert ist.

Durchgreifende Bedenken gegen die Gleichstellung des

Verfügungstitels mit einem Hauptsachetitel ergeben sich jedoch in

inhaltlicher Hinsicht aus dem in dem Schreiben vom 24. April 1996

erklärten Verzicht der Beklagten auf die Rechte aus § 927 ZPO. Zur

Frage, ob neben dem Verzicht auf die Rechte aus den §§ 936,924,926

ZPO darüber hinaus auch ein völliger oder nur ein eingeschränkter

Verzicht auf das Aufhebungsrecht nach Maßgabe von §§ 936,927 ZPO

erforderlich ist, um eine hinreichende Abschlußerklärung des

Schuldners annehmen zu können, besteht zwar kein einheitlicher

Meinungsstand (vgl. Teplitzky, a.a.O., 43. Kapitel, Rdn. 5 - 8

m.w.N.). Óbereinstimmung besteht jedoch dahin, daß jedenfalls die

Einrede der zwar erst später eintretenden, aber vorher bereits

angelegten Verjährung von dem Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO

erfaßt sein muß (vgl. Teplitzky, a.a.O.; Baumbach/Hefermehl, a.a.O.

Rdn. 100 zu § 25 UWG). Diese inhaltliche Qualität weist die hier in

Rede stehende Abschlußerklärung der Beklagten jedoch nicht auf.

Denn die Beklagte hat darin auf die "...Aufhebung wegen veränderter

Umstände, soweit diese zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung

vorliegen" verzichtet. Die Einrede der Verjährung war von diesem

Verzicht nicht erfaßt, wie u. a. der Umstand belegt, daß die

Beklagte in den beiden Schreiben vom 4. Juni 1996 und vom 5. Juni

1996 (Anlagen B 1 und B 2 zur Klageerwiderung vom 4. November 1997)

bis nach dem rechtskräftigen Abschluß der beiden vorerwähnten

Verfahhren 6 U 29/96 (31 O 435/95 LG Köln) und 6 U 114/95 (31 O

652/95 LG Köln) auf die Einrede der Verjährung im Streitfall

verzichtet hat. Dieser befristete Verzicht auf die Einrede der

Verjährung hätte sich aber erübrigt, wenn die Beklagte in den im

Schreiben vom 24. April 1996 erklärten Verzicht auf die Rechte aus

§ 927 ZPO auch die Einrede der Verjährung einbezogen hätte. Dies

würdigend, ist aber das Schreiben der Beklagten vom 24. April 1996,

welches den inhaltlichen Anforderungen an eine Abschlußerklärung

nicht genügt, für sich allein auch nicht geeignet, um den

ernsthaften und endgültigen Unterlassungswillen der Beklagten zu

dokumentieren, mithin sicherzustellen, daß die mit der

einstweiligen Verfügung verbotene Wettbewerbshandlung auch künftig

zuverlässig unterbleibt.

Letzteres ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aber bei

einer das übrige Verhalten der Beklagten einbeziehenden

Gesamtwürdigung. Denn die Beklagte hat bereits auf die

vorprozessuale Abmahnung der Klägerin erklärt, eine etwa ergehende

einstweilige Verfügung gegen sich gelten lassen zu wollen. Diese,

erkennbar von der vordergründigen Erwägung getragene Erklärung,

eine im Falle der strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung

verwirkte Vertragsstrafe nicht der Klägerin zukommen zu lassen, in

Verbindung mit dem weiteren Umstand, daß die Beklagte sich im

Verlauf des Rechtsstreits nicht auf die Einrede der Verjahrung

berufen hat, sondern im Gegenteil selbst sogar von einem

unbeschränkten Verzicht auf die Rechte aus § 927 ZPO ausgeht (vgl.

Schriftsatz vom 19. Januar 1998, dort Seite 6 unten = Bl. 148 d.A.)

in Verbindung schließlich mit den im Schreiben vom 24. April 1996

im übrigen enthaltenen Erklärungen, stellt aber insgesamt die

künftige Unterlassung der beanstandeten Wettbewerbshandlung sicher.

Denn auch wenn das Schreiben der Beklagten vom 24. April 1996 sowie

die weiteren beschriebenen Verhaltensweisen jeweils isoliert

betrachtet nicht ausreichen, um ernsthaft und zuverlässig auf das

künftige Wohlverhalten der Beklagten in bezug auf den

verfahrensbetroffenen Wettbewerbsverstoß schließen zu lassen,

ergibt sich dieser Schluß aber aus einer das Ineinandergreifen

dieser Einzelumstände würdigenden Gesamtschau des Verhaltens der

Beklagten, welches daher insgesamt die Wiederholungsgefahr

entfallen läßt.

II.

Da das landgerichtliche Urteil aus den vorstehenden Gründen

abzuändern ist, erweist sich auch das Zahlungsbegehren der

Beklagten als begründet. Der Beklagten steht gemäß § 717 Abs. 2 ZPO

dem Grunde nach der damit geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des

durch die Vollstreckung des abgeänderten landgerichtlichen Urteils

entstandenen Schadens zu, welcher sich der Höhe nach auf die auf

den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts vom 18. März 1997

unstreitig am 16. April 1997 geleistete Zahlung beläuft.

Der ebenfalls geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß § 717 Abs.

2 Satz 2 letzter Halbsatz ZPO i.V.m. den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB

berechtigt.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre

Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert

sich am Wert des Unterliegens der Klägerin im vorliegenden

Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 17.04.1998
Az: 6 U 62/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8b8f8cefb453/OLG-Koeln_Urteil_vom_17-April-1998_Az_6-U-62-97




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