Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. September 2004
Aktenzeichen: 17 W (pat) 12/04

(BPatG: Beschluss v. 24.09.2004, Az.: 17 W (pat) 12/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Oktober 2003 aufgehoben. Die Sache wird unter Zugrundelegung der am 27. November 2003 eingereichten S 4 bis 12 der Beschreibung und im übrigen der am 13. Juni 2002 eingereichten Unterlagen zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zur Cachespeichersteuerung" ist aus der Anmeldung P 40 39 891.9-53 (Stammanmeldung) abgeteilt worden. Im Verfahren der Stammanmeldung hatte die Prüfungsstelle ua beanstandet, dass vier verschiedene Aufgaben in der Beschreibung genannt seien, und dies als unstatthaft angesehen. Die Anmelderin hatte daraufhin zunächst die Einreichung einer Beschreibung mit einer neu gefassten Aufgabe in Aussicht gestellt und dann zusammen mit der Teilungserklärung eine zulässige Aufgabenstellung formuliert.

Im Verfahren der Teilanmeldung hat sie am 13. Juni 2002 komplette Unterlagen eingereicht mit einer Beschreibung, in der wiederum die vier verschiedenen Aufgaben aufgeführt waren. Daraufhin hat die Prüfungsstelle durch Beschluss vom 6. Oktober 2003 die Teilanmeldung zurückgewiesen mit der Begründung, die Anmelderin habe wissentlich den in der Stammanmeldung gerügten Mangel in der Teilanmeldung nicht behoben.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und gleichzeitig am 27. November 2003 überarbeitete Beschreibungsseiten 4 bis 12 eingereicht.

Sie beantragt, nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ein Patent mit den vorliegenden Unterlagen zu erteilen, hilfsweise die Sache an die Prüfungsstelle zur Fortsetzung des Prüfungsverfahren zurückzuverweisen.

Ferner regt sie an, die Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen zurückzuzahlen; die Einlegung der Beschwerde sei notwendig geworden, weil die Prüfungsstelle das rechtliche Gehör verletzt und so einen Verfahrensfehler begangen habe.

II.

Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG.

Die von der Anmelderin mit der Beschwerdeschrift eingereichten, überarbeiteten Beschreibungsseiten 4 bis 12 beseitigen den Mangel, mit dem die Prüfungsstelle die Zurückweisung der Anmeldung begründet hat. In der Beschreibung ist nunmehr nur eine Aufgabenstellung genannt, ein Cachespeicher-Steuerverfahren und eine Vorrichtung zur Cachespeichersteuerung zu schaffen, mit dem der Schreibprozess selbst dann beschleunigt werden kann, wenn ein zu schreibender Datensatz zum Zeitpunkt des Schreibens der Daten von einer Datenverarbeitungseinheit nicht im Cachespeicher gespeichert ist, indem der Schreibprozess beendet wird, sobald die Daten in den Cachespeicher gespeichert worden sind.

Insoweit ist der Beschwerde stattzugeben. Bezüglich des Hauptantrags ist sie zurückzuweisen. Die Prüfungsstelle hat die Anmeldung in einem Stadium des Prüfungsverfahrens zurückgewiesen, in dem davon auszugehen ist, dass sie noch keine abschließende Entscheidung über die Patentfähigkeit der Anmeldung getroffen hat.

Die angeregte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt nicht in Betracht. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage. Die Gebührenrückzahlung nach § 80 Abs 3 PatG kann nur angeordnet werden, wenn sie der Billigkeit entspricht, die Einbehaltung der Gebühr unbillig wäre (vgl zB Schulte, PatG, 6. Aufl, § 80 Rdn 66 f, § 73 Rdn 142 f). Das ist hier nicht der Fall. Die von der Prüfungsstelle im vorliegenden Fall gewählte Verfahrensweise liegt im Rahmen pflichtgemäßen Verwaltungsermessens. Die Teilanmeldung, ohne den Mangel der mehrfachen Aufgabenstellung zu rügen, nach über einem Jahr zurückzuweisen, verletzt hier nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör und stellt damit keinen schwerwiegenden, die Gebührenrückzahlung rechtfertigenden Verfahrensverstoß dar. Der Senat macht sich insoweit die Rechtsprechung des 20. Senats des Bundespatentgerichts in dem Beschluss "Akustisches Oberflächenwellenfilter" (BlPMZ 2001, 59) zu eigen. Danach ist die im Stammverfahren bereits erfolgte Prüfung - soweit sie den Gegenstand der Ausscheidungsanmeldung betraf - als Prüfung in dem abgetrennten Verfahren anzusehen. Der im Stammverfahren ergangene Prüfungsbescheid ist auch im Hinblick auf die Ausscheidungsanmeldung beachtlich, das rechtliche Gehör ist also gewährt, der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Insoweit unterscheiden sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht entgegen der Annahme der Anmelderin Ausscheidungs- und Teilungsanmeldung nicht; auch hier braucht ein bereits in der Stammanmeldung gerügter Mangel nicht erneut aufgegriffen und dem Anmelder eine Äußerungsmöglichkeit gegeben werden. Die Teilanmeldung stellt eine Fortsetzung des bereits anhängigen Erteilungsverfahrens dar (Busse, PatG, 6. Aufl, § 39 Rdn 24); so gelten - wie bei der Ausscheidungsanmeldung - Verwaltungsakte des Patentamts, die in der Stammanmeldung ergangen sind, auch in der Teilanmeldung und bedürfen keiner Wiederholung (Schulte, aaO, § 39 Rdn 59). Soweit die Anmelderin mit Bezug auf Schulte, aaO Rdn 42 ausführt, etwaige Mängel der eingereichten Unterlagen seien in dem Verfahren der Teilanmeldung, das rechtlich selbständig gegenüber dem Verfahren der Stammanmeldung sei, zu rügen und es sei zur Einreichung von angepassten Unterlagen aufzufordern, hat sie im Grunde recht, verkennt aber das Besondere des vorliegenden Falles mit der bereits in der Stammanmeldung erfolgten Rüge der Mehrfachaufgabenstellung. Ebenfalls fehl geht der Hinweis der Anmelderin auf den Beschluss des 16. Senats des Bundespatentgerichts vom 13. November 1969 "Prüfungsantrag" (Mitt 1971,137). Der dortige Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Infolge der Änderung des Patentgesetzes im Jahre 1967 - System der verschobenen Prüfung - ging es dort bei einer Übergangsanmeldung um ein durch den - neu eingeführten - Prüfungsantrag (erstmals) eingeleitetes Prüfungsverfahren, sodass die Prüfungsstelle zu einer erneuten Prüfungsbeanstandung mit Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet war, und nicht lediglich um die Fortsetzung des vor der Gesetzesänderung bereits begonnenen Prüfungsverfahrens, das als prozessual überholt angesehen worden ist.

Dr. Fritsch Dr. Schmitt Prasch Schuster Ko






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Beschluss v. 24.09.2004
Az: 17 W (pat) 12/04


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