Finanzgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 10. Juni 2015
Aktenzeichen: 7 K 7377/11
(FG Berlin-Brandenburg: Urteil v. 10.06.2015, Az.: 7 K 7377/11)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin der Vorsteuerabzug im Jahre 2005 aus Rechnungen des Rechtsanwalts B€ in Höhe von 7.360,00 € und aus Rechnungen der C€ GbR im Jahre 2006 in Höhe von 432,00 € und im Jahre 2007 in Höhe von 3.230,00 € zu gewähren ist.
Die Klägerin ist eine im Jahre 1977 gegründete GmbH, deren Geschäftszweck der Betrieb von zahntechnischen Laboren ist. Geschäftsführer der Klägerin waren zunächst Herr D€ und Herr E€. Im Jahre 1995 wurde Herr E€ als Geschäftsführer abberufen und Herr F€ wurde Geschäftsführer. Im Jahre 1998 wurde Frau B€ Geschäftsführerin, die auch aktuell noch Geschäftsführerin der Klägerin ist. Herr D€ wurde Ende 1998 und Herr F€ Ende 1999 als Geschäftsführer abberufen.
Am 17.10.1995 schloss die Klägerin mit Rechtsanwalt B€ einen als €Beratervertrag€ überschriebenen Vertrag. In § 1 des Vertrages ist ausgeführt: €RA berät FIRMA anwaltlich auf Anforderung in sämtlichen rechtlichen Fragen, mit Ausnahme solcher steuer- oder verwaltungsrechtlicher Natur€. Zur Vergütung ist in § 3 des Vertrages geregelt: €als pauschales Honorar zahlt die FIRMA an RA ein monatliches Honorar von 1.000,00 €DM zuzüglich jeweils gültiger Mehrwertsteuer. € Damit sind sämtliche Beratungen durchschnittlicher Art abgegolten. Beratungen, die vom Umfang oder von der Bedeutung der Sache her außergewöhnlich sind, werden aufgrund einer mit der FIRMA jeweils gesondert zu treffenden Honorarvereinbarung erteilt.€ Ferner wird in § 4 des Vertrages bestimmt, dass jede sonstige anwaltliche Tätigkeit des Rechtsanwalts unabhängig von dieser Vereinbarung nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung -BRAGO- behandelt werde. Ferner finden sich in der Betriebsprüfungsakte noch zwei nicht unterschriebene Vereinbarungen vom 15.10.1998 über eine Honorarerhöhung zum 01.01.1999 von 3.000,00 DM auf monatlich 5.000,00 DM und vom 15.10.2002 über eine Honorarerhöhung auf eine vierteljährliche Pauschale in Höhe von 11.500,00 € zuzüglich jeweils gültiger Mehrwertsteuer, sowie eine von Frau B€ sowohl auf Seiten des Rechtsanwalt B€ als auch auf Seiten der Klägerin unterzeichnete Vereinbarung ebenfalls vom 15.10.2002, die um folgende Passage (unterstrichen) ergänzt ist: €Im übrigen gelten die unterveränderten Bestimmungen des Vertrages vom 17.10.1995, die bezüglich der Tätigkeit wie folgt präzisiert werden: Herr RA B€ übt sämtliche Tätigkeiten eines alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers der GmbH aus.€ Diese hatte die Klägerin Anfang Juni 2011 beim Beklagten eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie des Beratervertrages vom 17.10.1995 und auf die Kopien der Vereinbarungen in der Betriebsprüfungsakte verwiesen.
Am 09.12.2003 schloss die Klägerin mit der C€ GbR eine Pauschalvereinbarung über 7.000,00 € netto zuzüglich Umsatzsteuer pro Quartal. Nach der Vereinbarung sollten mit diesem Honorar insbesondere abgegolten sein:
€1. Buchführung aufgrund der angelieferten vorkontierten Belege und Unterlage2. Herstellung, Entwicklung und Pflege der homepage €3. Unternehmensbewertungen jeglicher Art4. Mitwirkung bei der Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern5. Mitwirkung bei Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten6. Mitwirkung bei Rechtsstreitigkeiten jeglicher Art soweit zulässig7. Beratung bezüglich der Bankkredite und der Sicherheiten Frau D€8. Durchführung von Ergebnisschätzungen9. Beratung zur Ertragsverbesserung10. Beratung hinsichtlich des technischen Equipments€
Darüber hinaus liegen eine geänderte Pauschalvereinbarung vom 23.11.2006 mit Geltung ab 01.01.2007 über ein monatliches Pauschalhonorar von 1.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer und eine geänderte Pauschalvereinbarung vom 13.07.2007 mit Geltung ab 01.08.2007 über ein monatliches Pauschalhonorar von 2.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer vor. Die Auflistungen der abgegoltenen Tätigkeiten sind jeweils unverändert übernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopien der Vereinbarung sowie der Änderungen im Arbeitsbogen des Prüfers verwiesen.
Im Jahre 2005 nahm die Klägerin den Vorsteuerabzug aus vier Rechnungen des Rechtsanwalts B€ vom 31.03.2005, 30.06.2005, 27.09.2005 und 19.12.2005 in Höhe von 7.360,00 € vor. Die Rechnungen waren mit €Beratervertrag€ ohne weitere Kennzeichnung überschrieben und enthielten als Kennzeichnung des Leistungsgegenstands den Satz: €ich erlaube mir, das vereinbarte Beraterhonorar wie folgt abzurechnen€. Wegen der Einzelheiten wird auf die im Arbeitsbogen des Prüfers abgelegten Kopien der Rechnungen verwiesen.
Herr B€ verstarb am 10.02.2006. Er wurde von Frau B€ als Gesamtrechtsnachfolgerin (Alleinerbin) beerbt.
In den Jahren 2006 und 2007 stellte die C€ GbR der Klägerin zwei Arten von Rechnungen. Zum einen gab es Rechnungen, in denen der Leistungsgegenstand mit €für allgemeine wirtschaftliche Beratung im (Zeitraum) berechnen wir Ihnen pauschal wie vereinbart € Dieser Betrag wird mit Ihrer Anzahlung verrechnet.€ Zum anderen gab es im Jahre 2006 drei Rechnungen mit insgesamt ausgewiesener Vorsteuer in Höhe von 432,00 € und im Jahr 2007 weitere Rechnungen, aus denen die Klägerin insgesamt Vorsteuer in Höhe von 3.230,00 € geltend machte, in denen der Leistungsgegenstand mit €für zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung (Zeitraum) berechnen wir Ihnen pauschal wie vereinbart € Dieser Betrag wird nicht mit Ihrer Anzahlung verrechnet.€ angegeben war. In keiner Rechnung waren weitere Unterlagen, insbesondere die Pauschalvereinbarung vom 09.12.2003, erwähnt.
Die Klägerin machte für die Jahre 2006 und 2007 Vorsteuer einschließlich der Vorsteuer aus den zuletzt dargestellten Rechnungen der C€ GbR (€für zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung€) im Jahre 2006 in Höhe von 432,00 € und im Jahre 2007 in Höhe von 3.230,00 € geltend.
Sie reichte ihre Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2005 am 02.05.2006, für 2006 am 12.04.2007 und für 2007 am 28.04.2008 beim Beklagten ein. Diese standen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 168 Abgabenordnung, gegebenenfalls nach Zustimmung, gleich.
Der Beklagte führte in der Zeit vom 15.04.2010 bis 06.04.2011 eine Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2007 bei der Klägerin durch. Der Prüfer stellte unter anderem fest, dass die Klägerin die Vorsteuer aus den genannten vier Rechnungen des Rechtsanwalts B€ in Höhe von insgesamt 7.360,00 € geltend gemacht hatte. Weiter stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin neben der Vorsteuer aus Rechnungen der C€ GbR für €allgemeine betriebswirtschaftliche Beratung€ auch Vorsteuer aus Rechnungen geltend gemacht hatte, in denen als Leistungsgegenstand angegeben war: €für zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung€. Hinsichtlich dieser Rechnungen hielt der Prüfer die Beschreibung des Leistungsgegenstands für zu ungenau. Die Bezeichnung ermögliche keine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung. Daher kürzte er den Vorsteuerabzug für 2005 um 7.360,00 €, für 2006 um 432,00 € und für 2007 um 3.230,00 €. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 06.04.2011 (insbesondere Textziffer 12 und Anlage 7) verwiesen, der sich in den Betriebsprüfungsakten befindet.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und setzte mit Änderungsbescheiden vom 01.09.2011 die Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 geändert und unter anderem ohne Berücksichtigung der Vorsteuerbeträge aus den genannten streitigen Rechnungen fest.
Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.
Der Beklagte änderte in seiner Einspruchsentscheidung vom 15.11.2011 die Umsatzsteuerfestsetzung für die Jahre 2005 und 2006 aus hier nicht streitigen Gründen und wies den Einspruch der Klägerin im Übrigen als unbegründet zurück.
Am 30.11.2011 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie macht geltend, dass die Leistungsbeschreibungen aus den Rechnungen B€ nicht zu beanstanden seien. Der Beratervertrag vom 17.10.1995 sei ausführlich. Er habe bereits bei den Vorprüfungen 1991 bis 1995 und 1997 bis 1999 vorgelegen und sei weder dort noch bei einer Herrn B€ selbst betreffenden Betriebsprüfung beanstandet worden. Sie, die Klägerin, habe sich daher darauf verlassen dürfen, dass der jahrelang unveränderte Sachverhalt nicht plötzlich und unerwartet vom Beklagten anders beurteilt werde, zumal dieser nicht genau angegeben habe, was er nunmehr beanstande.
Herr B€ sei in der Zeit vom 17.10.1995 bis 10.02.2006 alleiniger faktischer Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Der eigentliche Geschäftsführer Herr D€ sei krankheitsbedingt nicht mehr zur Geschäftsführung in der Lage gewesen und am 17.12.1998 verstorben. Der zweite Geschäftsführer E€ sei bereits am 13.12.1995 abberufen worden. Der nachfolgende Interimsgeschäftsführer F€ (13.12.1995 bis 10.02.1999) habe sich als ungeeignet erwiesen. Die seit dem 20.10.1998 als Geschäftsführerin mit Alleinvertretungsbefugnis eingetragene Geschäftsführerin B€ habe bis Anfang 2006 die Geschäftsführung nicht wahrgenommen. Der Vertrag vom 15.10.1995 (gemeint ist wohl der 17.10.1995) beinhalte genau diese Geschäftsführerfunktion. Der Vertrag sei aus Standesgründen nicht offen zu legen gewesen. Weitere Angaben zu den Tätigkeiten und Bezifferungen in den Rechnungen seien nicht erforderlich, weil allgemein bekannt sei, welche Aufgaben ein Geschäftsführer einer GmbH habe. Es sei auch allgemein bekannt, was unter €Beratungstätigkeit eines Rechtsanwalts€ zu verstehen sei. Wegen der gesetzlich normierten Tätigkeit eines Rechtsanwaltes sei eine besondere und zudem noch schriftliche Vereinbarung über die genauen Tätigkeiten nicht erforderlich. Trotzdem habe es mit der Vereinbarung vom 15.(17.)10.1995 eine solche Vereinbarung gegeben. Auf diese sei bei der späteren Änderung des Honorars - und nicht des Aufgabengebietes - Bezug genommen worden.
Darüber hinaus seien die Rechnungen B€ bereits während der Betriebsprüfung um die eigentlich überflüssigen peniblen Auflistungen der Leistungsgegenstände ergänzt worden. Damit sei nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (Urteil vom 15.07.2010 - C-368/09 Rechtssache Pannon Gep) die Rechnungsberichtigung mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgt und müsse in den Streitjahren berücksichtigt werden.
Die Vorsteuer aus den Rechnungen der C€ GbR sei ebenfalls vollständig zu berücksichtigen. Bei dem Verhältnis zur C€ GbR handele es sich um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem es keine Zweifel gebe, worüber bei den Einzelrechnungen abgerechnet werde. Frau B€ sei ihre, der Klägerin, Geschäftsführerin und tätige Mitgesellschafterin der C€ GbR. Ein Anstellungs- oder sonstiges Vertragsverhältnis zwischen ihr, der Klägerin, und Frau B€ existiere nicht. Frau B€ habe es vorgezogen, ihre geschäftsleitende Tätigkeit nicht selbst, sondern vermittels der C€ GbR auszuüben, da ihr dort weitere Gesellschafter zur Lösung von Problemen zur Verfügung gestanden hätten. Mit dem Ableben von Herrn B€ sei ein Mehrbedarf entstanden. Es sei nur vernünftig gewesen, diesen Bedarf durch die C€ GbR abfangen zu lassen.
Der Beklagte habe den Vorsteuerabzug aus allen Rechnungen der C€ GbR anerkannt, bis auf denjenigen aus fünf Rechnungen, die als Leistungsgegenstand €zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung€ ausgewiesen hätten. Dies sei inhaltlich identisch mit den zum Vorsteuerabzug zugelassenen Rechnungen mit dem Leistungsgegenstand €Beratung€, nur eben quantitativ mehr und deshalb nicht mit dem normalen Honorar abgegolten. Der Leistungsgegenstand ergebe sich aus den detaillierten Verträgen, die auch der Betriebsprüfung vorgelegen hätten. Es müsse in den Rechnungen über die Zusatzleistungen auch nicht auf die Verträge hingewiesen werden. Eine derartige Forderung ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung. Die sich aus dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ergebenden Leistungen seien bekannt. Sollte das Gericht der Ansicht sein, dass Angaben fehlen würden, so könnten die Rechnungen jederzeit mit Wirkung auch für die Vergangenheit ergänzt werden. Die korrespondierende Betriebsprüfung bei der C€ GbR durch das Finanzamt G€ habe bestätigt, dass die Umsatzsteuer aus den streitigen Rechnungen bei der C€ GbR zeitgleich erklärt und abgeführt worden sei.
Ferner werde auch hinsichtlich der Rechnungen der C€ GbR der Grundsatz von Treu und Glauben beansprucht. Denn die Vorprüfungen hätten auch hier keine Beanstandungen ergeben. Die Klägerin habe sich darauf verlassen können, dass der Beklagte nicht plötzlich und unerwartet andere Maßstäbe an den Inhalt von Verträgen und Rechnungen anlege. Sie habe entsprechend disponiert.
Es sei zutreffend, dass der Beklagte die korrigierten Rechnungen als für den Vorsteuerabzug für das Jahr 2011 als ausreichend angesehen und dort auch berücksichtigt habe. Die Korrekturen seien allein auf Wunsch des Beklagten erfolgt. Eine Kritik an den nunmehr korrigierten Rechnungen sei nicht nachvollziehbar. Sie, die Klägerin, vertrete allerdings weiterhin die Auffassung, dass die ursprünglichen Rechnungen bereits für den Vorsteuerabzug ausreichend gewesen seien. Es gehe allein um die Frage, ob der Vorsteuerabzug für die Jahre 2005 bis 2007 oder - wie geschehen - für 2011 zu gewähren sei. Es gehe bei der Klage wirtschaftlich um die Verzinsung.
Die Klägerin beantragt,abweichend von den Umsatzsteuerbescheiden 2005 bis 2007 vom 01.09.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2011 die Umsatzsteuer 2005 um 7.360,00 € niedriger auf ./. 2.611,21 €, die Umsatzsteuer 2006 um 432,00 € niedriger auf 5.477,71 € und die Umsatzsteuer 2007 um 3.230,00 € niedriger auf ./. 11.365,76 € festzusetzen unddie Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die in der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2011 wiedergegebenen Gründe. Darin sei im Einzelnen ausgeführt, welche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug bei den jeweiligen streitigen Rechnungen fehlen würden. Er habe alle (korrigierten) Rechnungen trotz eventuell verbleibender Zweifel im Jahr 2011 als Vorsteuern berücksichtigt. Dies müsse bei einem Erfolg der Klage wieder geändert werden. Die nunmehr um die Leistungsbeschreibung ergänzten Rechnungen, die die Klägerin mit der Umsatzsteuererklärung für 2011 im Jahre 2013 eingereicht habe, seien teilweise beim Leistungszeitraum unter dem ursprünglichen Rechnungsdatum geändert worden. Das Datum der Korrektur und dass es sich um eine Korrektur handele, sei nicht vermerkt. Herr B€ habe nach seinem Tod keine korrigierte Rechnung unterzeichnen können.
Am 22.01.2013 hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerjahreserklärung 2011 die teilweise berichtigten Rechnungen der C€ GbR (Blatt 71 bis 85 Gerichtsakte) und des Herrn B€ (Blatt 64 bis 67 Gerichtsakte) eingereicht. Trotz der vom Beklagten bemängelten Korrektur hat dieser alle im Klageverfahren geltend gemachten Vorsteuern für das Jahr 2011 als abzugsfähig angesehen und hat diese bei Erlass des Umsatzsteuerbescheides 2011 dort zum Abzug zugelassen.
Dem Gericht haben bei der Entscheidung fünf Bände Akten des Beklagten (Umsatzsteuer Band II, Betriebsprüfung, Hinweisakte Bp-Stelle, Rechtsbehelfsakte, Arbeitsbogen zur AB-Nr. 0313/10) zur Steuernummer € vorgelegen, die der Beklagte für die Klägerin führt.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2007 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Vorsteuer aus den hier streitigen Rechnungen zu Recht nicht in den Streitjahren berücksichtigt.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz in der für die Jahre 2005 bis 2007 geltenden Fassung -UStG- kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Weitere Voraussetzung ist dafür nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG muss eine Rechnung alle dort aufgelisteten Angaben enthalten. Insbesondere muss aus der Rechnung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung hervorgehen.
32Daran fehlt es im Streitfall bei allen ursprünglichen und streitigen Rechnungen B€ und C€ GbR. Diese Rechnungen enthalten keine ausreichende Leistungsbeschreibung im Sinne von § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, der sich der Senat anschließt, dient die Rechnung für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Das Abrechnungspapier muss Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahin gehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Dadurch soll insbesondere eine mehrfache Abrechnung der damit verbundenen Leistungen ausgeschlossen werden. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BFH, Beschluss vom 16.12.2008 - V B 228/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2009, 620, II. 1. b) der Gründe mit weiteren Nachweisen; Finanzgericht -FG- Hamburg, Urteil vom 30.09.2013 - 2 K 23/13, juris, Orientierungssatz). Zur Identifizierung der abgerechneten Leistung können andere Geschäftsunterlagen herangezogen werden. Voraussetzung ist dabei, dass das Abrechnungsdokument selbst auf die anderen Geschäftsunterlagen verweist und die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet (BFH, Urteil vom 16.01.2014 - V R 28/13, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2014, 867, II. 1. b) der Gründe mit weiteren Nachweisen). Die ausreichende Leistungsbeschreibung muss sich nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen aus dem Rechnungsdokument oder aus in dem Rechnungsdokument konkret in Bezug genommenen anderen Dokumenten selbst ergeben. Sie kann nicht durch mündliche Angaben des Rechnungsempfängers oder des Leistenden oder anderer Personen ersetzt werden.
Diese Anforderungen an eine hinreichend spezifizierte Leistungsbeschreibung erfüllen die streitgegenständlichen Rechnungen des Rechtsanwalts B€ nicht. Die Rechnungen B€ beschränken sich in der Angabe des Leistungsgegenstandes auf die Angaben €Beratervertrag€ und €ich erlaube mir, das vereinbarte Beraterhonorar wie folgt abzurechnen€. Weitere Angaben zu den erbrachten Leistungen, die eine Identifizierung ermöglicht hätten, finden sich in den Rechnungen nicht. Sie ergeben sich auch nicht durch die Erwähnung des €Beratervertrages€ in der Überschrift der Rechnung. Die in Bezug genommenen Unterlagen sind nicht eindeutig bezeichnet Denn insoweit ist der Verweis in den Rechnungen B€ nicht genau genug, um zu entscheiden, ob auf den Beratervertrag vom 17.10.1995, auf einen geänderten Vertrag oder auf einen nicht bekannten Vertrag verwiesen wird. Damit ist der Verweis in der Rechnung selbst auf die anderen Geschäftsunterlagen zu ungenau, um die erbrachten Leistungen eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen. Ferner waren den Rechnungen auch keine Unterlagen beigefügt, aus denen sich eine genauere Beschreibung der erbrachten Tätigkeiten ergeben hätte.
Auch aus den streitigen Rechnungen der C€ GbR geht eine Leistungsbeschreibung, die eine leichte und eindeutige Identifizierung der erbrachten Leistungen ermöglicht hätte, nicht hervor. In den streitigen Rechnungen ist jeweils nur angegeben: €für zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung€. Dies reicht zur leichten und eindeutigen Identifizierung der erbrachten und abgerechneten Leistungen nicht aus. Angesichts der Vielzahl denkbarer betriebswirtschaftlichen Beratungen lässt diese Beschreibung nicht erkennen, welche konkreten Tätigkeiten die C€ GbR gegenüber der Klägerin erbracht haben sollte. Die Beschreibung der Tätigkeiten kann auch nicht aus der Pauschalvereinbarung vom 09.12.2003 entnommen werden. Denn auf diese ist in den streitigen Rechnungen nicht Bezug genommen worden. Sie war den Rechnungen auch nicht beigefügt. Dass der Prüfer und der Beklagte die Rechnungen der C€ GbR mit der Leistungsbeschreibung €für allgemeine wirtschaftliche Beratung€ als ordnungsgemäß angesehen haben, obwohl auch in ihnen die Beschreibung der Leistung für eine Identifizierung viel zu pauschal ist und nicht auf die Pauschalvereinbarung vom 09.12.2003 Bezug genommen ist, ändert an dieser Bewertung nichts. Dabei kann dahinstehen, ob die Anerkennung des Vorsteuerabzugs aus diesen Rechnungen zu Recht erfolgt ist oder ob von Rechts wegen auch der Vorsteuerabzug aus den weiteren Rechnungen der C€ GbR wegen einer fehlenden Leistungsbeschreibung hätte gestrichen werden müssen. Denn in keinem Fall folgt daraus, dass für die streitigen Rechnungen der C€ GbR der Vorsteuerabzug anzuerkennen ist. War die Leistungsbeschreibung der nicht streitigen Rechnungen der C€ GbR zu ungenau, so wäre die Anerkennung zu Unrecht erfolgt. Auf eine zu Unrecht erfolgte Anerkennung kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, weil aus Unrecht kein Anspruch auf Gleichbehandlung folgt. War hingegen die Leistungsbeschreibung mit €allgemeiner wirtschaftlicher Beratung€ genau genug (zum Beispiel unter Berücksichtigung der Pauschalvereinbarung und der Verrechnungsmodalitäten mit der geleisteten Anzahlung), so gingen die weiteren, mit den streitigen Rechnungen abgerechneten Leistungen über diese hinaus, ohne dass erkennbar wäre, aus welchem Grund. Dies ist in quantitativer Hinsicht, aber auch in qualitativer Hinsicht denkbar. Eine Klärung ist anhand der Rechnungen nicht möglich. Damit sind die zusätzlich erbrachten wirtschaftlichen Beratungsleistungen nicht identifizierbar. Die Leistungsbeschreibung in den streitigen Rechnungen reicht nicht aus, so dass der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen zu versagen ist.
35Dieses Ergebnis der Betriebsprüfung durfte der Beklagte auch noch in Änderungsbescheiden berücksichtigen. Er war weder durch Vorprüfungen für Jahre vor 2000 noch aufgrund der bereits für die Streitjahre im Rahmen der Voranmeldungen teilweise erfolgten Überprüfungen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, den Vorsteuerabzug zu korrigieren. Denn die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre standen sämtlich noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO. Dies ermöglicht eine umfassende Änderung auch hinsichtlich solcher Tatsachen, die dem Beklagten bei Erlass der Bescheide schon bekannt gewesen und gegebenenfalls auch schon ganz oder teilweise überprüft worden sind. Der Steuerpflichtige darf auf eine Vorbehaltsfestsetzung nicht vertrauen (Klein/Rüsken, AO, 12. Auflage München 2014, § 164 Tz. 21 f. mit weiteren Nachweisen).
Ferner war der Vorsteuerabzug in den Streitjahren auch nicht aufgrund von später berichtigten Rechnungen zu gewähren.
Sowohl die Rechnungen B€ als auch die Rechnungen C€ GbR sind als berichtigte Rechnungen erst nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung über die streitigen Bescheide, nämlich im Jahr 2013, beim Beklagten eingegangen. Die Rechnungen C€ GbR sind zuvor, insbesondere schon während der Betriebsprüfung, dem Beklagten nicht berichtigt übergeben worden. Die Rechnungen B€ sind ebenfalls dem Beklagten nicht während der Betriebsprüfung berichtigt übergeben worden. Die in den Betriebsprüfungsakten befindliche Vereinbarung vom 15.10.2002, die im Juni 2011 eingereicht worden ist und die den Beratervertrag vom 17.10.1995 um die Tätigkeitsbeschreibung des Herrn B€ mit: €Herr RA B€ übt sämtliche Tätigkeiten eines alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers der GmbH aus.€ ergänzt, stellt keine Berichtigung der streitigen Rechnungen dar. Denn da der Verweis in den Rechnungen auf den nicht näher gekennzeichneten Beratervertrag zu ungenau ist (siehe oben) und die Anpassung des Beratervertrages wiederum nicht auf Rechnungen verweist, ist der konkrete Bezug zwischen Rechnungen und Beratervertrag vom 17.10.1995 nebst Ergänzungen nicht hergestellt.
Die berichtigten Rechnungen B€ und C€ GbR, die die Klägerin dem Beklagten im Jahre 2013 übergeben hat, erfüllen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG. Die Berichtigung wirkt hingegen nicht auf die ursprünglichen Jahre der Ausstellung (die Streitjahre) zurück. Es kann dahin stehen, ob eine nach Ergehen des betreffenden Bescheides der Nichtanerkennung des Vorsteuerabzuges aber noch vor Erlass der Einspruchsentscheidung erfolgte Rechnungsberichtigung noch zurückwirkt oder nicht (siehe zu dieser Frage den Vorlagebeschluss des Niedersächsischen FG vom 03.07.2014 - 5 K 40/14, Entscheidungen der FG -EFG- 2015,80, Gerichtshof der Europäischen Union -EuGH-, C-518/14 - Senatex). Denn im Streitfall hat die Klägerin die betreffenden berichtigten Rechnungen erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung und während des Klageverfahrens eingereicht.
39Jedenfalls für erst nach Ergehen der Einspruchsentscheidung über die streitigen Bescheide vorgelegte berichtige Rechnungen entfaltet die Rechnungskorrektur nach Auffassung des Senats keine Rückwirkung. Er folgt insoweit dem 5. Senat des FG Berlin-Brandenburg (Urteile vom 09.10.2014 - 5 K 5092/14, EFG 2015, 600, und vom 13.11.2014 - 5 K 5083/14, MehrwertsteuerRecht -MwStR- 2015, 358). Dabei ist von der Rechtsprechung des EuGH mit Urteil vom 29.04.2004 (C-152/02 - Terra Baubedarf, Sammlung -Slg.- 2004, 5583) auszugehen. Dort hat dieser entschieden, dass Artikel 18 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern so auszulegen ist, dass das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden dort genannten erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, dass nämlich die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dass der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann. Die Voraussetzung des Besitzes einer Rechnung, die auch in der ab 2004 gültigen Fassung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG enthalten ist, schließt den Vorsteuerabzug zu einem Zeitpunkt, in dem eine (ordnungsgemäße) Rechnung (noch) nicht vorliegt, aus. Dies ist von der anschließenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes -BFH- bestätigt worden (vergleiche Urteile vom 01.07.2004 - V R 33/01, BStBl. II 2004, 861; vom 30.04.2009 - V R 15/07, BStBl. II 2009, 774; Beschluss vom 03.08.2009 - XI B 32, 33/09, juris).
Dieser Beurteilung folgt der Senat auch im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 15.7.2010 (C-368/09 - Pannon Gep, Slg. I 2010, 7469). Zwar hat der EuGH in dieser Entscheidung im Tenor - und dort nur in einem Halbsatz - erwähnt, dass die berichtigte Rechnung vor der Entscheidung der Behörde vorgelegen hat. Daraus ergibt sich aber zur Überzeugung des Senats nicht, dass nunmehr eine Rechnungskorrektur Rückwirkung entfaltet. Denn der EuGH ist an keiner Stelle der Entscheidung auf die Entscheidung Terra Baubedarf vom 29.04.2004 eingegangen. Er hat sich auch nicht, wie dies aber zu erwarten gewesen wäre, mit dieser Rechtsprechung eingehend auseinandergesetzt. Es erscheint ausgeschlossen, dass der EuGH seine bisherige Rechtsprechung nur durch einen Halbsatz ändert.
Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht aufgrund der Beschlüsse des BFH vom 20.07.2012 (V B 82/11, BStBl. II 2012, 809) und des Senats vom 29.08.2013 (FG Berlin-Brandenburg - 7 V 7096/13, EFG 2013, 1969) geboten. Die dort angenommenen ernstlichen Zweifel beruhen darauf, dass die Frage der Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Eine Entscheidung für eine Rückwirkung ist damit nicht verbunden.
Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil die Frage der Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung noch nicht umfassen geklärt erscheint.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
FG Berlin-Brandenburg:
Urteil v. 10.06.2015
Az: 7 K 7377/11
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