Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 11. März 2005
Aktenzeichen: 2 WF 49/05

(OLG Hamm: Beschluss v. 11.03.2005, Az.: 2 WF 49/05)

Tenor

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Famili-engericht - Essen vom 14.1.2005 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Das Familiengericht hat auf Antrag des Klägervertreters nach dessen Mandatsniederlegung den Streitwert für die noch im Auskunftsstadium befindliche Stufenklage vorläufig auf 500 € festgesetzt.

II.

Die vom Klägervertreter in eigenen Namen gemäß § 32 II 1 RVG erhobene Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist. Es fehlt an einer beschwerdefähigen Entscheidung des Familiengerichts.

Die Vorschrift des § 68 I GKG regelt ausschließlich die Beschwerde gegen die endgültige Streitwertfestsetzung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 34. A., § 68 Rz. 3). Gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung findet die Beschwerde nach § 63 I 1, 2 GKG nur im Verfahren nach § 67 GKG statt, wenn sich der Beschwerdeführer gegen die Höhe des, aufgrund des vorläufig festgesetzten Streitwertes erhobenen, von ihm zu zahlenden Kostenvorschusses für das gerichtliche Verfahren wendet (vgl. Hartmann, a. a. O., § 63 Rz. 14).

Die Frage, ob darüber hinaus die Beschwerde auch dann statthaft ist, wenn sie sich gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung zum Zwecke der Gebührenerhebung durch den beauftragten Rechtsanwalt richtet, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt.

Während eine Meinung aus der Regelung des § 9 II BRAGO alter Fassung, der seinem Wortlaut nach dem heute geltenden § 32 II RVG entspricht, ein selbständiges Beschwerderecht des Rechtsanwalts für diese Fälle herleitet (OLGR Köln, 2000, 323; Schneider, Streitwertbeschwerde des Anwalts, MDR 2000, 380, 381), vertreten andere die Auffassung, dass die Vorschrift des § 9 II BRAGO alter Fassung (heute: § 32 II RVG) einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass eine Beschwerde nur im Rahmen der Regeln des Gerichtskostengesetzes (GKG) stattfinden soll (OLGR Jena 1999, 392; OLGR Frankfurt 1999, 43; Meyer, Streitwertbeschwerde des Rechtsanwalts gegen eine vorläufige Wertfestsetzung nach §§ 25 Abs. 1 S. 1 GKG, 9 Abs. 2 BRAGO€, JurBüro 2000, 396).

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.

§ 32 II RVG verleiht dem Rechtsanwalt zwar ein eigenes Beschwerderecht. Er eröffnet aber keine über die Regelungen nach dem Gerichtskostengesetz hinausgehende Beschwerdemöglichkeit.

Das folgt bereits aus dem Wortlaut des § 32 II 2 RVG, der im Falle einer unterbliebenen Wertfestsetzung auf nach anderen Rechtsvorschriften gegebene Rechtsbehelfe verweist. Das Beschwerderecht nach § 32 II 1 RVG kann aber nicht weitergehen als dasjenige, welches dem Klägervertreter in dem Fall zugestanden hätte, dass das Familiengericht seinen Antrag auf vorläufige Festsetzung des Streitwerts zurückgewiesen und eine vorläufige Wertfestsetzung unterlassen hätte.

Darüber hinaus besteht kein schutzwürdiges Bedürfnis des Parteivertreters daran, ein weitergehendes Beschwerderecht eingeräumt zu bekommen, als der Partei selbst, die im Gegensatz zu ihrem Prozessvertreter in der Regel eher an der Festsetzung eines niedrigen, als eines hohen Streitwertes interessiert ist. Dass der Anwalt dadurch gezwungen sein kann, seinen Vorschussanspruch nach § 9 RVG auf einem von ihm für zu niedrig gehaltenen Streitwert abzurechnen und dadurch den Prozess für seinen Mandanten teilweise vorzufinanzieren, stellt keinen ausreichenden Grund für die Eröffnung einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Beschwerdemöglichkeit dar. Zum einen trifft das sich daraus ergebende Insolvenzrisiko der Partei den Rechtsanwalt genauso wie die Gerichtskasse. Zum anderen ist der Anwalt dadurch ausreichend geschützt, dass die Streitwertfestsetzung vorläufigen Charakter hat und daher jederzeit abgeändert werden kann, ohne dass es hierzu eines förmlichen Rechtsmittels bedarf.

Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass die vorläufige Festsetzung des Streitwerts – abhängig vom Verfahrensstand – mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sein kann, die Anlass für eine mehrfache Änderung der Entscheidung im laufenden Verfahren bieten kann. Würde sich an jede Änderung ein Beschwerdeverfahren des Rechtsanwalts anschließen, würde der Rechtsstreit ohne entsprechende Notwendigkeit und ohne dass die Partei die Möglichkeit hätte, hierauf Einfluss zu nehmen, über Gebühr verzögert.






OLG Hamm:
Beschluss v. 11.03.2005
Az: 2 WF 49/05


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