Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. April 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 248/04

(BPatG: Beschluss v. 12.04.2005, Az.: 33 W (pat) 248/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 vom 16. November 2000 und 3. September 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Inhaberin der IR-Wortmarke 696 897 LA PERLA begehrt Markenschutz in Deutschland für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 14, 16, 18, 24, 25 und 35.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat der Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland durch Beschluss vom 16. November 2000 teilweise versagt und zwar für die Waren:

"Lunettes; Articles de joallerie et bijouterie; horlogerie; produits de l'imprimerie, papeterie; cuir, peaux et leurs imitations; articles en cuir et en peau non compris dans d'autres classes; malles et valises; parapluies; bourses, sacs et portefeuilles; serviettes; mouchoirs; draps de lits; vêtements; chaussures; chapellerie".

Diese Entscheidung wurde mit Erinnerungsbeschluss vom 3. September 2004 bestätigt. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass der Verkehr die Marke im Sinne von "mit Perlen besetzt" oder "perlfarben" verstehen werde, was bei den in Frage stehenden Waren als unmittelbar beschreibend anzusehen sei. Auch der Hinweis auf Glanz und Reinheit der Perlen könne beschreibend sein. Somit enthalte die Marke eine durchaus sinnvolle Sachaussage über die Art der Waren, wozu auch eine analysierende Betrachtungsweise nicht notwendig sei. Der Anmeldung fehle daher jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sei zu bejahen.

Gegen diese Entscheidung hat die Markeninhaberin rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Sie hat mit Wirkung für Deutschland auf alle Waren, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, verzichtet - mit Ausnahme der Waren "cuir, peaux et leurs imitations".

Sie beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Zur Begründung trägt sie vor, dass in der deutschen Sprache bereits das Wort "Perle" selbst im übertragenen Sinn in einem "personenbezogenen Aussagegehalt" verwendet werde. Es ließe sich darüber hinaus weder im Internet noch ansonsten feststellen, dass der Verkehr die beanstandete Wortfolge "LA PERLA" ganz allgemein an Stelle der Angaben "perlfarben" oder "Perlenbesatz" benutzen würde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Der Senat hält die angemeldete Marke im Hinblick auf das nunmehr eingeschränkte Warenverzeichnis, des nach Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, für unterscheidungskräftig und nicht freihaltunsbedürftig, so dass ihr der Schutz in Deutschland nicht zu verweigern ist (§§ 8 Abs 2 Nr 1, 2 MarkenG iVm §§ 113, 37 Abs 1 MarkenG).

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st.Rspr vgl BGH MarkenR 2005, S 145 - BerlinCard; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass einem als Marke verwendetes Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. vgl BGH - BerlinCard aaO; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Der aus der italienischen Sprache stammende Begriff "Perla" ist eng mit dem deutschen Begriff "Perle" verwandt und wird auch so übersetzt (vgl DIZIONARIO DELLE LINGUE ITALIANA E TEDESCA, 2. Aufl., S 956; Wörterbuch Deutsch-Italienisch, Luisa Giacoma, Susanne Kolb, 2002, S 1927; Langenscheidts Millennium-Wörterbuch Italienisch, 2000, S 380). Zusammen mit dem weiblichen italienischen Artikel "La" wird ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, hier teils Fachkreise, teils das allgemeine Publikum, die Marke ohne weiteres mit "die Perle" übersetzen können. Ein beschreibender Bezug würde dabei zu sämtlichen - mittlerweile nicht mehr streitgegenständlichen - Waren zu bejahen sein, die aus Perlen bestehen oder mit Perlen besetzt sein können.

Die Übersetzung von "LA PERLA" mit "perlfarben" liegt dagegen eher fern. "Perlaceo" ist der gängige italienische Ausdruck für "perlfarben" (vgl DIZIONARIO DELLE LINGUE ITALIANA E TEDESCA aaO) und nur vereinzelt wird auch "perla" mit "perlfarben" übersetzt. Hinzu kommt, dass dem Begriff "PERLA" der Artikel hier "LA" vorangestellt wird, was grundsätzlich auf ein nachfolgendes Substantiv und nicht auf ein Adjektiv hinweist. Es würde daher mehrer analysierender Zwischenschritte bedürfen, um "LA PERLA" auch als Farbangabe aufzufassen.

Ein unmittelbar beschreibender Bezug zu den nunmehr noch das Beschwerdeverfahren betreffenden Waren "cuir, peaux et leurs imitations" kann daher nicht hergestellt werden. Es handelt sich insoweit lediglich um die Grundprodukte Leder bzw Härte, die keinen unmittelbaren Bezug zu "Perlen" aufweisen. Erst durch eine entsprechende Verarbeitung dieser Waren könnte - beispielsweise durch einen entsprechenden Perlenbesatz - eine Verbindung zu der begehrten Wortkombination hergestellt werden. Auch bedürfte es mehrerer Gedankenschritte um von der Reinheit und dem Glanz der Perlen auf eine besonderes gute Qualität der nunmehr noch beanspruchten Waren zu schliessen.

Es fehlt daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Sinne einer Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges entscheidendes Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (BGH Mitteilungen 2001, 66 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

Solche Umstände werden durch die angemeldete Wortkombination "LA PERLA" nicht ausreichend klar und verständlich genannt. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den nunmehr noch begehrten Waren konnte der Senat nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zusammenhang mit den verbliebenen Waren in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

Winkler Kätker Dr. Hock Hu






BPatG:
Beschluss v. 12.04.2005
Az: 33 W (pat) 248/04


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