Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 29. Februar 2008
Aktenzeichen: 7 U 3037/07
(OLG München: Beschluss v. 29.02.2008, Az.: 7 U 3037/07)
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.3.2007 wird einstimmig zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000,-- € festgesetzt.
Gründe
Die Berufung der Kläger war durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung. Auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 20.11.2007 kann Bezug genommen werden. Ergänzend ist zu dem Vorbringen der Kläger in den Schriftsätzen vom 14.12.2007 (mit Datum 14.1.2008), 20.12.2007, 8.1.2008, 14.1.2008 und 7.2.2008 folgendes auszuführen:
1. Zu dem erneut erhobenen Einwand der Klägerin zu 2), der Aufsichtsratsvorsitzende P. sei nicht verhindert gewesen, die Hauptversammlung zu leiten, die Regelung in § 20 Abs. 1 der Satzung sei im Sinne des § 107 Abs. 1 Satz 3 AktG auszulegen, wird auf Ziffer 2 des Hinweisbeschlusses vom 20.11.2007 verwiesen. Dass § 20 Abs. 1 der Satzung und § 107 Abs. 1 Satz 3 AktG nicht in gleicher Weise auszulegen sind, sondern eine am Zweck der einzelnen Vorschrift orientierte Auslegung vorzunehmen ist, ergibt sich schon aus dem unterschiedlichen Regelungsgehalt. Während § 107 Abs. 1 AktG die innere Ordnung des Aufsichtsrats regelt, bezweckt § 20 der Satzung der Beklagten die Regelung des Ablaufs der Hauptversammlung. Die in § 20 Abs. 1 der Satzung der Beklagten geregelte Versammlungsleitung stellt keine Aufgabe im Rahmen der Kompetenzen des Aufsichtsrates, sondern eine zusätzliche Aufgabe für das Organ Hauptversammlung dar. Fragen der Geschäftsordnung, die sich nach § 129 Abs. 1 Satz 1 AktG die Hauptversammlung geben kann, können insbesondere hinsichtlich der Person des Versammlungsleiters auch in der Satzung geregelt werden (vgl. Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 129 Rdnr. 1 b und 18). Sie sollen die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptversammlung gewährleisten, in der ab dem in der Einladung genannten Zeitpunkt die in der Tagesordnung aufgeführten Versammlungsgegenstände sachgerecht und zügig erledigt werden sollen. Im Hinblick auf diesen Zweck ist als Verhinderungsfall im Sinne von § 20 Abs. 1 der Satzung auch anzusehen, wenn der Vorsitzende des Aufsichtsrates die Hauptversammlung nicht leiten will, um einen ordnungsgemäßen und möglichst verzögerungsfreien Ablauf der Hauptversammlung sicherzustellen.
2. Die Ausschlussfrist des § 14 Abs. 1 UmwG für Klagen gegen den Ausgliederungsbeschluss gilt wegen des engen wirtschaftlichen Zusammenhangs beider Verträge für die Beschlussfassung über beide unter TOP 13 der Einladung zur Hauptversammlung vom 23.6.2006 aufgeführten Verträge, nämlich die Zustimmung der Hauptversammlung zu dem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag vom 29.3.2006 (Anlage K 3) zwischen der Beklagten als übertragendem Rechtsträger und der H. L.Portfolio GmbH & Co. KG als übernehmendem Rechtsträger und zu dem Rahmenvertrag vom 16.1.2006 zwischen der Beklagten und der K. Ltd. (Anlage K 4).
Die §§ 123 Abs. 3 Nr. 1, 125 Umwandlungsgesetz sehen im Hinblick auf eine möglichst schnelle Klarheit über die Bestandskraft des Ausgliederungsbeschlusses die Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 UmwG auch für den Fall der Ausgliederung vor. Soll, wie es im vorliegenden Fall geschehen ist, an der Willensbildung über den Vertragsschluss die Hauptversammlung maßgeblich mitwirken, so muss sich ihre Beschlussfassung auf sämtliche Vertragsbedingungen erstrecken, die von den beiderseitigen Vertretern ausgehandelt worden sind oder noch ausgehandelt werden sollen und deren erschöpfende Kenntnis notwendig ist, um die rechtliche Tragweite der Abmachungen übersehen, Vorteile wie Nachteile abwägen und verbindlich entscheiden zu können, ob der Vertrag zu diesen Bedingungen abgeschlossen werden soll. Dazu gehören alle im Hinblick auf die Vermögensübertragung getroffenen Abreden, die rechtsverbindlich die Beziehungen der Vertragsschließenden bestimmen sollen, von denen die eine nicht ohne die andere gelten soll und die daher ein einheitliches Ganzes im Sinne des § 139 BGB bilden (vgl. BGHZ 82, 188, 196).
Im vorliegenden Fall diente der Ausgliederungsvertrag zwischen der Beklagten und der H. L. Portfolio GmbH & Co. KG zum Zweck der Ausgliederung des Kreditportfolios € A.€ von der Beklagten in die H. L. Portfolio GmbH & Co. KG dazu, die in diesem Kreditportfolio verkörperte Vermögensmasse mit einem nominalen Wert der darin enthaltenen Darlehensforderungen von 2,171 Milliarden Euro auf die G. S.-Gruppe zu übertragen, indem die Beklagte nach Ausgliederung dieses Kreditportfolios auf die H. L. Portfolio GmbH & Co. KG sämtliche Kommanditanteile dieser Gesellschaft an die D. Bank GmbH, eine Gesellschaft der G. S.-Gruppe, überträgt. Die Verpflichtung, den Kaufpreis in Höhe von 1.601.300.000,-- € zu bezahlen, hat die Käuferin in § 4.1 und 6.1 des zwischen der Beklagten und der K. Ltd. geschlossenen Rahmenvertrags vom 16.10.2006 übernommen, wobei nach Ziffer 14 dieses Rahmenvertrages die G. S.-Group Inc. eine unwiderrufliche und unbedingte Zahlungsgarantie abzugeben hatte. Damit ist ein wesentlicher wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag und dem Rahmenvertrag zu bejahen. Die Hauptversammlung der Beklagte hatte zu entscheiden, ob die Weggabe der in dem Kreditportfolios €A.€ verkörperten Vermögensmasse aus dem Vermögen der Beklagten bei Vereinbarung eines Zuflusses von 1.601.300.000,-- €, für den die G. S. Group, INC. garantieren sollte, beschlossen werden soll. Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gebieten es, die Beschlussfassung über diese in TOP 13 aufgeführten zwei Verträge einer einheitlichen Anfechtungsfrist zu unterwerfen, die zwingend § 14 Abs. 1 UmwG zu entnehmen ist.
Die Berufung der Kläger ist somit als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren war entsprechend der landgerichtlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 247 AktG auf 500.000,-- € festzusetzen, wobei die Einzelstreitwerte für die Anfechtung der Beschlussfassung zu TOP 9 mit 50.000,-- €, der Beschlussfassung zu TOP 13 mit 400.000,-- € und der Beschlussfassung zu TOP 14 mit 50.000,-- € zu bemessen waren.
OLG München:
Beschluss v. 29.02.2008
Az: 7 U 3037/07
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