Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2004
Aktenzeichen: 7 W (pat) 69/03

(BPatG: Beschluss v. 14.01.2004, Az.: 7 W (pat) 69/03)

Tenor

Der Wiedereinsetzungsantrag der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung 198 00 911.9

"Verfahren zum Herstellen eines hochbelastbaren Stabes sowie der nach dem Verfahren hergestellte Stab"

ist am 14. Januar 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen. Mit Prüfbescheid des Patentamts vom 10. Juli 1998 konnte eine Patenterteilung aufgrund der eingereichten Unterlagen mangels erfinderischer Tätigkeit nicht in Aussicht gestellt werden. In der Anhörung am 24. November 1998 wurde die Anmelderin durch Beschluß zur Einreichung neuer Unterlagen innerhalb von vier Monaten aufgefordert. Nachdem auch nach drei Jahren noch keine neuen Unterlagen eingereicht wurden, wies das Patentamt die Anmeldung mit Beschluß vom 1. März 2002, zugestellt am 8. März 2002, aus den Gründen des Bescheides vom 24. November 1998 zurück.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 12. August 2002, eingegangen am gleichen Tag per Fax.

Gleichzeitig stellte die Anmelderin Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung der Beschwerde nebst Zahlung der Beschwerdegebühr. Der Antrag wurde damit begründet, daß zu der deutschen Anmeldung eine parallele europäische Anmeldung existiere, die weiterverfolgt werden sollte, während die deutsche Anmeldung zu gegebener Zeit dann gemäß Artikel II § 8 IntPatÜG fallen gelassen werden sollte. Geänderte wirtschaftliche Randbedingungen hätten dann allerdings dazu geführt, daß die europäische Anmeldung entgegen der ursprünglichen Absicht fallen gelassen wurde. Die Akte für die europäische Anmeldung wurde im Patentanwaltsbüro abgelegt. Die Jahresgebühr überwacht die Anmelderin selbst. Sie informierte das Anwaltsbüro, daß die europäische Anmeldung fallen gelassen worden war. "Aufgrund eines nicht mehr aufklärbaren Mißverständnisses" wurde diese Mitteilung der Anmelderin vom Anwaltsbüro dahingehend ausgelegt, daß der gesamte Patentfamilienkomplex, also auch die deutsche Anmeldung, abgelegt werden sollte. Deshalb sei der ablehnende Beschluß nicht mehr weiterverfolgt worden.

Das Patentamt wies den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluß vom 17. September 2002 zurück, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet erfolgt sei. Bei einer Arbeitsteilung zwischen Anmelder und Vertreter bedürfe es eindeutiger Absprachen bei erhöhter Sorgfaltspflicht, um derartige Mißverständnisse auszuschließen.

Dagegen erhob die Anmelderin Beschwerde.

Der 10. Senat des Bundespatentgerichts hob mit Beschluß vom 10. April 2003 (Aktenzeichen 10 W (pat) 42/02) den Beschluß des Patentamts auf, weil das Patentamt im Rahmen des Abhilfeverfahrens (§ 73 Abs 3 PatG) nur zu einer positiven Abhilfe über den Wiedereinsetzungsantrag befugt sei. Im negativen Fall müsse es die Sache dem Bundespatentgericht vorlegen. In der Wiedereinsetzungssache selbst hat der 10. Senat nicht entschieden, sondern an das Patentamt zurückverwiesen. Das Patentamt half nicht ab und legte die Sache dem Gericht vor.

II.

Dem Wiedereinsetzungsantrag konnte nicht stattgegeben werden, da die Anmelderin bzw deren Vertreterin nicht ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten (§ 123 Abs 1 PatG).

Zur Entscheidung über die Beschwerde und den Wiedereinsetzungsantrag ist der 7. technische Senat des Bundespatentgerichts zuständig, da im angefochtenen Beschluß die Anmeldung zurückgewiesen wurde (§§ 67 Abs 1, 73 Abs 3 PatG).

Ein Mißverständnis zwischen der Anmelderin und ihrer Vertretung über die Frage, ob eine bestimmte Anmeldung in der Beschwerde weiterverfolgt werden soll, geht zu Lasten der Anmelderin. Es gehört zu deren Sorgfaltspflicht, daß sie sich gegenüber ihrem Vertreter klar ausdrückt, ob eine bestimmte Anmeldung fallen gelassen oder weiterverfolgt werden soll. Darüber hinaus hat der Patentanwalt nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (PMZ 86, 73) selbst zu überprüfen, ob eine Patentanmeldung aufgrund eines Schreibens der Anmelderin fallen zu lassen ist oder nicht. Bei zweifelhaften Anweisungen des Anmelders ist eine Rückfrage geboten. Wird dies unterlassen, liegt ein Verschulden des Anwalts vor. Im vorliegenden Fall scheint nach dem bisherigen Vorbringen die Anmelderin das Anwaltbüro angewiesen zu haben, nur die europäische Anmeldung fallen zu lassen. Wenn das Anwaltsbüro daraufhin auch die deutsche Anmeldung fallen ließ, ohne sich hierüber bei der Anmelderin zu vergewissern, hat möglicherweise die Anwaltskanzlei ihre Sorgfaltspflicht nicht erfüllt. Ein Verschulden des Anwalts hat die Partei zu vertreten (§ 85 Abs 2 ZPO). Letztlich kann es hier dahingestellt bleiben, ob nur ein Verschulden der Anwaltskanzlei oder darüber hinaus auch selbst der Partei vorliegt.

Mit der am 12. August 2002 eingelegten Beschwerde und Bezahlung der Beschwerdegebühr wurde die Beschwerdefrist für den am 8. März 2002 zugestellten Beschluß nicht gewahrt. Mangels gewährbarer Wiedereinsetzung war deshalb gemäß § 73 Absatz 3 Patentgesetz zu entscheiden, daß die Beschwerde als nicht erhoben gilt.

Dr. Schnegg Köhn Eberhard Frühauf Hu






BPatG:
Beschluss v. 14.01.2004
Az: 7 W (pat) 69/03


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