Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 42/02
(BPatG: Beschluss v. 18.12.2002, Az.: 26 W (pat) 42/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Waren
"Alkoholfreie Getränke, insbesondere Limonaden, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte"
unter der Nummer 397 24 194 eingetragene Marke Citromaist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 643 398 Zitrosa, die für die Waren
"Abgepacktes Zitronensäurepulver für Küchenzwecke"
eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 32 hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Dabei hat der Erstprüfer dahingestellt gelassen, ob die auf den Nichtbenutzungseinwand vorgelegten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft machen könnten. Jedenfalls fehle es nämlich an der erforderlichen Warenähnlichkeit. Die Erinnerungsprüferin hat die Zurückweisung der von der Widersprechenden eingelegten Erinnerung damit begründet, daß die zulässigerweise bestrittene Benutzung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Die Widerspruchsmarke sei nämlich ausdrücklich nur für "Zitronensäure in Pulverform" geschützt, während die vorgelegte eidesstattliche Versicherung lediglich Gesamtumsätze für flüssige und pulverförmige Zitronensäure genannt habe.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie legt eidesstattliche Erklärungen über die Benutzung des Produktes "Zitrosa" in Pulverform für Küchenzwecke in den Jahren 1994 bis einschließlich 1997 sowie Unterlagen über die Art der Benutzung vor. Zur Begründung ihrer Beschwerde führt sie aus, daß es wegen der hinreichenden Glaubhaftmachung auf die Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken ankomme. Die miteinander zu vergleichenden Waren seien ähnlich, weil sie für den menschlichen Verzehr bestimmt seien. Mit dem Zitronenpulver ließen sich vom Endverbraucher ohne großen Aufwand Limonaden herstellen, also die Waren, für die die jüngere Marke eingetragen sei. Damit dienten die Vergleichswaren derselben Verwendung und Zweckbestimmung. Die Vergleichszeichen seien verwechselbar, denn sie unterschieden sich in lediglich einem Laut. Dieser aber befinde sich in der Mitte der Zeichen und falle daher sprachlich kaum ins Gewicht. Auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr sei anzunehmen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke bestreitet die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke weiterhin. Die zu vergleichenden Waren stammten nicht aus denselben Betrieben. Getränkehersteller stellten keine Zitronensäure selbst her und brächten auch keine Zitronensäure in Pulverform unmittelbar auf den Markt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen der angegriffenen Marke 397 24 194 und der Widerspruchsmarke 643 398 besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Dabei konnte es dahingestellt bleiben, daß die Widersprechende auf den zulässigen Nichtbenutzungseinwand durch die Inhaberin der jüngeren Marke keine ausreichenden Benutzungsunterlagen vorgelegt hat, die den ebenfalls mit dem Einwand belegten Zeitraum des § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG abdecken. Angesichts des nicht unbeachtlichen Abstands der nach der Registerlage miteinander zu vergleichenden Waren besteht nämlich ein in jeder Hinsicht ausreichender Abstand der Vergleichszeichen.
Warenähnlichkeit liegt vor, wenn die beiderseitigen Waren unter Berücksichtigung ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebsart, ihres Verwendungszweckes und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (EuGH 1998, 922 - CANON; BGH GRUR 1999, 245 - LIBERO; GRUR 1999, 496 - TIFFANY). Danach ist zwar eine Getränkeherstellung mit Hilfe des Zitronensäurepulvers der Widerspruchsmarke dem Grundsatz nach möglich, es handelt sich hierbei aber nicht um ein typisches Ausgangsprodukt. Vielmehr bedürfte die dann entstandene Mischung anders als bei einer Brauselimonadentablette für einen mehr oder weniger erträglichen Genuß der weiteren Verfeinerung, da eine bloße Mischung eines Zitronensäurepulvers mit Wasser zu einer fast nicht konsumierbaren sauren Flüssigkeit führt. Die miteinander zu vergleichenden Waren haben damit nach ihrer Nutzung und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zwar gewisse Berührungspunkte. Allerdings ergänzen sie einander lediglich in dem Randbereich der Lebensmittelsäuerung. Dies wird auch dadurch deutlich, daß das gegnerische Warenverzeichnis ausdrücklich eingeschränkt ist auf "Küchenzwecke". Hinzu kommt, daß die Widersprechende nach ihren Benutzungsunterlagen ihr Zitronensäurepulver durch eine ausdrücklich für den Großverbraucherservice zuständige Firma in Dosen zu 750 Gramm vertreibt. Damit erscheint die Ware der Widersprechenden auch aufgrund - soweit erkennbar - tatsächlicher Umstände lediglich geeignet, Speisen und Getränken eine bestimmte, säuerliche Geschmacksrichtung zu verleihen.
Ist demnach der Abstand der miteinander zu vergleichenden Waren bereits deutlich, so kommt hinzu, daß die klanglich jeweils übereinstimmenden Anfangsbestandteile der Marken ("Citro-" bzw "Zitro-") beschreibenden Charakter haben und wenig kennzeichnungsstark sind, weil sie auf die Geschmacksrichtung der so gekennzeichneten Waren hinweisen. Damit darf dieser Zeichenteil zwar nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 152). Jedoch liegt der kennzeichnungsmäßige Schwerpunkt auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Gesamteindrucks auf den verbleibenden Markenteilen, deren Unterschiede im Hinblick auf die nicht unbeachtliche Warenferne ausreichen, um eine Verwechslungsgefahr in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht hinreichend sicher ausschließen zu können. So ist in klanglicher Hinsicht der Konsonant "m" weich und ruhig, während der Konsonant "s" einen zischenden Klangcharakter hat. In schriftbildlicher Hinsicht kommt zu diesen Unterschieden noch hinzu, daß die an den jeweiligen Wortanfängen befindlichen Konsonanten "C" bzw "Z" in ihrem Schriftverlauf deutlich verschieden sind.
Anhaltspunkte für begriffliche oder mittelbare Verwechslungen sind nicht ersichtlich. Damit war der Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg zu versagen, ohne daß es auf die Glaubhaftmachung der auch für den Zeitraum des § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG bestrittenen Benutzung angekommen wäre.
Für eine vom Grundsatz der eigenen Kostentragung abweichende Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.
Albert Kraft Eder Bb
BPatG:
Beschluss v. 18.12.2002
Az: 26 W (pat) 42/02
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