Oberlandesgericht Bamberg:
Urteil vom 3. November 2010
Aktenzeichen: 3 U 92/10

(OLG Bamberg: Urteil v. 03.11.2010, Az.: 3 U 92/10)

Tenor

1. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 22.04.2010, Az. 1 HK O 28/10 abgeändert.

2. Der Verfügungsbeklagten zu 1) und der Verfügungsbeklagten 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken der den Konzessionsvertrag jeweils vergebenden Kommune als Gegenleistung für den Abschluss eines Konzessionsvertrages mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) oder mit einer mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) verbundenen Gesellschaft anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren:

Geldleistungen zur Abgeltung von von der Kommune geleisteten Zahlungen für Bau- und/oder sonstige Maßnahmen an den bisherigen Konzessionsvertragspartner.

3. Im Übrigen bleibt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

4. Die weitergehende Berufung der Verfügungsklägerin wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Verfügungsklägerin 3/5, die Verfügungsbeklagten 2/5 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

A.

Die Verfügungsklägerin beliefert Kunden in A. sowie in Teilen von B. und C. mit Strom, Erdgas und Fernwärme. Darüber hinaus ist sie Eigentümerin von Elektrizitätsversorgungsnetzen in den vorgenannten Bundesländern. Betrieben wird das Elektrizitätsversorgungsnetz von der E. GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Verfügungsklägerin, auf der Grundlage eines Pachtvertrages.

Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist die Holdinggesellschaft des C.-Konzerns. Die Verfügungsbeklagte zu 2) und die C. und A. GmbH bilden gemeinsamen mit der Verfügungsbeklagten zu 1) den C.-Konzern.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) bewarb sich bei verschiedenen Kommunen im Netzgebiet der E. GmbH um den Abschluss von Konzessionsverträgen gemäß § 46 Abs. 2 EnWG.

Die Verfügungsklägerin hat in erster Instanz vorgetragen, dass die Verfügungsbeklagten verschiedene Gemeinden im fraglichen Versorgungsgebiet - insbesondere den Gemeinden Bad CH., E., C., Verwaltungsgemeinschaft G. und U. - eine unentgeltliche flächendeckende Erschließung ihres Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung (DSL-Verkabelung) angeboten hätten. Außerdem hat sie behauptet, dass die Verfügungsbeklagten der Stadt Bad CH. angeboten hätten, bei Abschluss des Konzessionsvertrages die von ihr in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen im Bereich der Erdverkabelung durch Zahlung einer Geldleistung in Höhe von 50.000 € zu kompensieren. Zur Glaubhaftmachung hat sie sich auf Zeitungsartikel vom 05.03.2010 und vom 20.03.2010 in der Zeitung F.W. (Anlagen ASt 9 und ASt 13) sowie auf die eidesstattlichen Versicherungen ihres Vorstandsmitgliedes Dr. K. und ihres Mitarbeiters R. (Anlagen ASt 10 und ASt 11) gestützt. Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, dass diese für den Abschluss eines Konzessionsvertrages angebotenen Gegenleistungen gegen das Verbot der Nebenleistung gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) verstoßen, daher eine Wettbewerbsbehinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG sowie eine unlautere Handlung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG darstelle und damit wettbewerbswidrig sei.

Nach erfolgloser Abmahnung mit Schreiben vom 24.03.2010 (Anlage ASt 12) hat die Verfügungsklägerin am 01.04.2010 den Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst nur gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) beantragt, mit der sie Unterlassungsansprüche, Auskunftsansprüche und Beseitigungsansprüche wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens geltend gemacht hat. Diesen Antrag hat die Verfügungsklägerin am 09.04.2010 auf die Verfügungsbeklagte zu 2) erweitert.

Die Verfügungsklägerin hat daher in erster Instanz bezüglich der - im Berufungsverfahren nur noch weiterverfolgten - Unterlassungsansprüche (Ziffer 1.) beantragt:

1. Den Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken der den Konzessionsvertrag jeweils vergebenden Kommune als Gegenleistung für den Abschluss eines Konzessionsvertrages mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) oder mit einer mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) verbundenen Gesellschaft anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren:

a) eine unentgeltliche flächendeckende Erschließung ihres Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung (DSL-Verkabelung);

b) Geldleistungen für bereits von der Kommune getätigte Investitionen im Bereich der Erdverkabelung.

Die Verfügungsbeklagten haben beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagten haben sowohl die Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin als auch die Passivlegitimation der Verfügungsbeklagten zu 1) mangels Mitbewerberstellung bei der Bewerbung um die Vergabe der Konzessionsverträge bestritten.

Im Übrigen bestehe bezüglich des Antrags Ziffer 1 a) kein Verfügungsanspruch, da die Verfügungsbeklagte zu 2) als Konzessionsnehmerin lediglich bei eigenen Tiefbaumaßnahmen und bei Gelegenheit von solchen Baumaßnahmen der jeweiligen Gemeinde Leerrohre verlege, die grundsätzlich für die Einbringung von Glasfaserkabeln geeignet seien. Diese Leerrohre würden an die Verfügungsbeklagte zu 1) dauerhaft vermietet. Diese ziehe ihrerseits in die Leerrohre Glasfaserkabel ein, die sie wiederum an die Verfügungsbeklagte zu 2) sowie an Anbieter von Breitbandanschlüssen vermiete. Insoweit sei keine unentgeltliche Sachleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV gegeben, sondern lediglich ein reflexartiger Infrastrukturvorteil der Gemeinde.

Hinsichtlich des Antrags Ziffer 1 b) habe die Verfügungsbeklagte zu 2) der Stadt Bad CH. lediglich für den Fall, dass diese im Zusammenhang mit dem Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages ihre Rechte auf Erwerb des Stromversorgungsnetzes an sie abtrete, die Auszahlung des hieraus für die Verfügungsbeklagte zu 2) sich ergebenden ungerechtfertigten geldwerten Vorteils angeboten. Dieser resultiere daraus, dass gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG und den entsprechenden Regelungen des Konzessionsvertrages der Kaufpreis für das Stromversorgungsnetz nach dem Sachzeitwert unter (zeitanteiligem bzw. vollständigem) Abzug geleisteter Baukostenzuschüsse und öffentlicher Finanzierungshilfen zu bestimmen sei.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Endurteil vom 22.04.2010 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil die Verfügungsklägerin die geltend gemachten Wettbewerbsverstöße nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Ihre vorgelegten Beweismittel, nämlich die eidesstattliche Versicherung ihres Vorstandsmitgliedes Dr. K. und ihres Mitarbeiters R. (Anlage ASt 10 und ASt 11) sowie die Zeitungsartikel in der Zeitung F.W. vom 05.03.2010 und 20.03.2010 (Anlage ASt 9 und ASt 13) reichten zur Glaubhaftmachung nicht aus. Insbesondere der Inhalt und die Qualität von Zeitungsartikeln seien von einer derartigen Vielzahl von Faktoren abhängig, die es verböten, die hierin enthaltenen Behauptungen und Äußerungen als geeigneten Nachweis für ein wettbewerbswidriges Verhalten anzusehen. Den eidesstattlichen Versicherungen stünden die von den Verfügungsbeklagten vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des Prokuristen D. und ihres Geschäftsführers L. (Anlagen Ag 2 und Ag 1) entgegen.

Gegen das Endurteil vom 22.04.2010 in der berichtigten Fassung durch Beschluss vom 22.06.2010, zugestellt am 12.05.2010 beziehungsweise 29.06.2010 hat die Verfügungsklägerin am 07.06.2010 Berufung eingelegt und diese am 12.07.2010 begründet.

Die Verfügungsklägerin beanstandet, dass das Landgericht unter Verkennung der sekundären Behauptungslast rechtsfehlerhaft die ausreichende Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs verneint habe. Tatsächlich sei der Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu behandeln.

Die Verfügungsbeklagten hätten nicht qualifiziert bestritten, dass in persönlichen Gesprächen mit den jeweiligen Kommunen die Verfügungsbeklagte zu 1) angeboten habe, eine flächendeckende Erschließung mit Leerrohren (bei Gelegenheit von Tiefbauarbeiten) vorzunehmen, die ihrerseits wiederum mit Glasfaserkabeln durch die Verfügungsbeklagten beschickt werden, wenn die Verfügungsbeklagte zu 2) den Konzessionsvertrag erhält. Dieser Leistung stehe keine zulässige Gegenleistung gegenüber und stelle daher eine unzulässige Nebenleistung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV dar. Zur weiteren Glaubhaftmachung legt die Verfügungsklägerin eine Powerpoint-Präsentation der Verfügungsbeklagten (Anlage BK 17) vor, die am 14.07.2010 anlässlich der Lenkungsgruppensitzung der Verwaltungsgemeinschaft Bad K. vorgestellt worden sei. Hiernach (siehe Folie 35) verlangten die Verfügungsbeklagten für die Planung und die Erstellung von Verlegeprotokollen sowie für Materialkosten für Leerrohre, Speedpipes, Schächte etc. im Falle der Konzessionserteilung keine Kosten, während andernfalls Kosten in Höhe von 420 € pro Hausanschluss anfielen.

Auch hinsichtlich der für den Fall des Vertragsschlusses angebotenen Erstattung von Investitionskosten für Erdverkabelung in Höhe von 50.000 € sei der klägerische Sachvortrag als zugestanden zu behandeln, da sich die weiteren Ausführungen der Verfügungsbeklagten darauf beschränkten, die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens zu begründen. Gleichwohl liege jedoch eine unzulässige Nebenleistung vor, da die Stadt Bad CH. keinen Anspruch auf Erwerb des Netzes zu einem günstigeren Kaufpreis habe. Die von der Stadt Bad CH. an die Verfügungsklägerin gezahlten 100.000 € seien durch Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen an den öffentlichen Verkehrswegen der Gemeinde durch Versorgungsleitungen entstanden und daher keine Baukostenzuschüsse, sondern _ nicht zu erstattende _ Folgekostenbeiträge im Sinne von § 5 Nr. 2 der Konzessionsverträge.

Der Verfügungsgrund sei gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 2) auch nicht entfallen, da die Verfügungsklägerin aufgrund ihrer Informationen zunächst davon ausgegangen sei, dass allein die Verfügungsbeklagte zu 1) die streitgegenständlichen Nebenleistungen anbiete. Diese jedenfalls führe die Korrespondenz mit den Kommunen.

Die Verfügungsklägerin hat im Berufungsverfahren zunächst beantragt:

1. Das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 22.04.2010, Az. 1 HK O 28/10 wird aufgehoben.

2. Der Verfügungsbeklagten zu 1) und der Verfügungsbeklagten 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken der den Konzessionsvertrag jeweils vergebenden Kommune als Gegenleistung für den Abschluss eines Konzessionsvertrages mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) oder mit einer mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) verbundenen Gesellschaft unzulässige Sach- und/ oder Finanzdienstleistungen im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren, insbesondere

a) eine unentgeltliche, flächendeckende Erschließung ihres Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung (DSL-Verkabelung);

b) Geldleistungen zur Abgeltung von von der Kommune geleisteten Zahlungen für Bau- und/oder sonstige Maßnahmen an den bisherigen Konzessionsvertragspartner.

Nach gerichtlichem Hinweis beantragt die Verfügungsklägerin zuletzt:

1. Das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 22.04.2010, Az. 1 HK O 28/10 wird abgeändert.

2. Der Verfügungsbeklagten zu 1) und der Verfügungsbeklagten 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken der den Konzessionsvertrag jeweils vergebenden Kommune als Gegenleistung für den Abschluss eines Konzessionsvertrages mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) oder mit einer mit der Verfügungsbeklagten zu 1) oder der Verfügungsbeklagten zu 2) verbundenen Gesellschaft anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren:

a) eine unentgeltliche, flächendeckende Erschließung ihres Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung (DSL-Verkabelung);

b) Geldleistungen zur Abgeltung von von der Kommune geleisteten Zahlungen für Bau- und/oder sonstige Maßnahmen an den bisherigen Konzessionsvertragspartner.

Die Verfügungsbeklagten beantragen im Berufungsverfahren:

Die Berufung der Verfügungsklägerin - unter Einbeziehung der in zweiter Instanz erfolgten Antragserweiterung - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagten beanstanden mit der Berufungserwiderung zunächst eine unzulässige Antragserweiterung im nunmehr gestellten Berufungsantrag (- unzulässige Sach- und/oder Finanzleistungen im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV -), während die erstinstanzlichen Anträge nur noch als "Insbesondere-Anträge" erscheinen. Es handele sich insoweit um einen neuen Streitgegenstand, für den der Senat im Berufungsverfahren funktionell nicht mehr zuständig sei. Außerdem sei der Antrag unter Ziffer 2. zu unbestimmt, da er sich am Gesetzeswortlaut orientiere.

Zwischen den Parteien existiere kein Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die Verfügungsklägerin habe ihre Aktivlegitimation nicht glaubhaft gemacht. Auch gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1) bestehe mangels Mitbewerberstatus kein Verfügungsanspruch. Diese betreibe keine Stromnetze und habe keine Bewerbungen für den Abschluss neuer Stromnetze abgegeben. Die Verfügungsbeklagte zu 1) führe selbst die Versorgung mit Elektrizität nicht mehr aus, sondern halte nur noch Anteile an der Verfügungsbeklagten zu 2).

Gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 2) bestehe kein Verfügungsgrund, da insoweit die Dringlichkeitsvermutung widerlegt sei. Aus der Internetseite der Verfügungsbeklagten zu 1), die der Verfügungsklägerin bekannt gewesen sei, sei eindeutig hervorgegangen, dass nur die Verfügungsbeklagte zu 2) als Energieversorgungsunternehmen ein Stromversorgungsnetz betreibe.

Abgesehen davon, dass der Insbesondere-Antrag zu 2a) (erstinstanzlich Ziffer 1a) unzulässig sei, bestehe insoweit auch kein Verfügungsanspruch. Eine Glaubhaftmachung durch Zeitungsartikel sei nicht ausreichend, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe. Die Grundsätze der sekundären Darlegungslast seien hier nicht anwendbar.

Das Angebot einer flächendeckenden und unentgeltlichen DSL-Erschließung sei nicht unstreitig. Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Verfügungsanspruch nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden sei. Die Leerrohrverlegung bedeute nicht eine DSL-Verkabelung im Sinne der Erschließung des Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung. Das Einziehen von Glasfasern in die verlegten Leerrohre stelle als solches ebenfalls keine DSL-Verkabelung dar, da die Glasfasern nicht an ein entsprechendes Breitbandnetz angebunden seien. Hierzu bedürfe es weiterer technischer Maßnahmen, die weder als Leistung gegenüber den Kommunen noch unentgeltlich oder flächendeckend erfolgten. Letztlich werde die fehlende Unentgeltlichkeit des Glasfaserausbaus durch die eigene Wirtschaftlichkeitsberechnung der Verfügungsklägerin bestätigt.

Die Verlegung von Leerrohren und das Einziehen von Glasfaserkabeln erfolge vorrangig im Eigeninteresse zur Schaffung einer dem Stand der Technik entsprechenden intelligenten Steuerung des Stromnetzes. Die Verfügungsbeklagte zu 2) erfüllten hierdurch nur ihre Pflicht gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 EnWG, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Eigennetz zu betreiben. Auf die Kommune falle insoweit allenfalls ein Reflex in Form eines "Standortvorteils" zurück, der nicht unter § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV falle. Die von der Verfügungsklägerin als Anlage BK 17 vorgelegte Präsentation werde als verspätet gerügt und sei im Übrigen in den im einstweiligen Verfügungsverfahren streitgegenständlichen Bewerbungsfällen nicht verwendet worden.

Außerdem stelle § 3 KAV keine gesetzliche Vorschrift zur Regelung des Marktverhaltens im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. § 3 KAV schütze in vertikaler Hinsicht den Anbieter und damit indirekt den Stromkunden vor überhöhten Entgelten. Einen horizontalen Schutzzweck gegenüber Mitbewerbern "im Interesse der Marktteilnehmer, das Marktverhalten zu regeln" weise § 3 KAV nicht auf. Schließlich enthalte das EnWG eine abschließende Regelung für die Durchsetzung von Verstößen gegen das Energierecht, so dass eine Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG ausscheide. Daher liege auch keine gezielte Behinderung eines Mitbewerbers im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG vor.

Die Antragsänderung der Ziffer 2b) im Berufungsverfahren sei unzulässig. Die Verfügungsklägerin stütze ihren neuen Antrag auf neues tatsächliches Vorbringen. Unter Hinweis auf Rechnungen und Kostenangebote der Te. AG bzw. E. GmbH werde vorgetragen, dass die Verfügungsbeklagten Geldzahlungen zur Kompensation von Folgekosten-Zahlungen der Stadt Bad CH. im Sinne der § 5 Nr. 2 der Konzessionsverträge angeboten hätten. Insoweit seien ein neuer Lebenssachverhalt und damit ein neuer Streitgegenstand gegeben. Einer Antragsänderung werde nicht zugestimmt.

Dem Insbesondere-Antrag zu Ziffer 2b) lasse sich nicht entnehmen, welche Geldzahlungen gemeint seien. Er sei daher auch zu unbestimmt. Im Übrigen sei für den neuen Antrag aufgrund des Zeitablaufs die Vermutung der Dringlichkeit widerlegt.

Auch hinsichtlich des Insbesondere-Antrags zu Ziffer 2b) bestehe kein Verfügungsanspruch. Der von der Verfügungsbeklagten zu 2) angebotene Abtretungsvorteil sei keine Leistung für Wegerechte, sondern eine Teilleistung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Stromversorgungsnetzes. Auf die Übertragung eines Netzes auf einen anderen Netzbetreiber, also auf einen Vertrag zwischen zwei Versorgungsunternehmen, sei § 3 KAV nicht anwendbar. Nichts anderes könne gelten, wenn die Gemeinde das Versorgungsnetz zunächst auf der Grundlage des § 9 Nr. 1 der Konzessionsverträge selbst erwerbe und es dann an den Neu-Konzessionär weiter veräußere.

Soweit die Verfügungsklägerin behauptet habe, die fraglichen Zahlungen seien Folgekosten-Zahlungen im Sinne von § 5 Nr. 2 des Konzessionsvertrags zwischen der Stadt Bad CH. Und der Verfügungsklägerin, werde der Sachvortrag mit Nichtwissen bestritten; allerdings stellten nach dem klägerischen Sachvortrag diese Zahlungen keine Folgekosten in diesem Sinne dar. Die Ersetzung von Freileitungen sei städtebaulich gewünscht gewesen. Die Zahlungen für die individuelle Verkabelung von Freileitungshausanschlüssen seien auf der Grundlage von freiwilligen vertraglichen Vereinbarungen geleistet worden.

Tatsächlich sei aber die Verfügungsbeklagte zu 2) berechtigt gewesen, der Stadt Bad CH. eine Geldzahlung zum Ausgleich des Abtretungsvorteils anzubieten. Bei Ausübung ihres vertraglichen Erwerbsanspruchs aus § 9 Nr. 1 Abs. 2 der Konzessionsverträge wäre die Stadt Bad CH. berechtigt, die von ihr geleisteten Zahlungen als öffentliche Finanzierungshilfen vom Sachzeitwert abzuziehen. Die Verkabelungsmaßnahmen der Te. hätten den Gesamtinvestitionswert des Netzes erhöht; allerdings seien bei einem Verkauf an die Gemeinde deren Erstattungen auf den erhöhten Investitionswert anzurechnen. Bei einem Weiterverkauf des Netzes durch die Gemeinde sei diese aber berechtigt und verpflichtet, den Vermögensgegenstand zum vollen Wert zu veräußern.

Die angebotene Geldleistung sei nur für den Fall erfolgt, dass die Stadt ihren Eigentumserwerbsanspruch abtrete und hierdurch im Vergleich zu einem Eigenerwerb und nachfolgendem Weiterverkauf einen Kaufpreisnachteil in Höhe der vertraglichen Abzugsposten erleide. Die Zahlung stehe daher unter der Bedingung, dass tatsächlich ein geldwerter Vorteil eintrete und stelle nicht nur - wie die Verfügungsklägerin meine - einen inneren Vorbehalt der Verfügungsbeklagten im Sinne einer Schutzbehauptung dar.

Schließlich sei der Insbesondere-Antrag zu Ziffer 2b) auch zu weit, da er auch Geldleistungen für "sonstige Maßnahmen" erfasse.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

B.

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

1. Insbesondere lag keine - im Berufungsverfahren gemäß § 533 ZPO - unzulässige Antragserweiterung vor, da durch die Ergänzung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale - unzulässige Sach- und/oder Finanzleistungen im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV - der Unterlassungsantrag hinsichtlich des Streitgegenstandes nicht erweitert wurde. Der zugrunde liegende Lebenssachverhalt hat sich hierdurch nicht verändert. Die Wiederholung des Gesetzeswortlautes stellte zwar eine Verallgemeinerung des Antrags dar, führte aber nicht zu einer inhaltlichen Erweiterung, sondern ließ den Unterlassungsantrag trotz des "Insbesondere- Zusatzes" unbestimmt werden (BGH GRUR 2009, 977 Tz. 21; vgl. auch Köhler/Bornkamm UWG 28. Aufl. 2010 § 12 Rn. 2.35 ff). Letzteres ist jedoch nach pflichtgemäßem richterlichen Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO korrigiert worden. Weil insoweit auch keine Klagerücknahme vorliegt, kam es auf eine Zustimmung der Verfügungsbeklagten nicht an.

Mangels Erweiterung des Unterlassungsantrags stellt sich schließlich die Frage der funktionellen Unzuständigkeit des Senat im Sinne der beklagtenseits in Bezug genommenen Rechtsprechung nicht.

2. Eine unzulässige Antragserweiterung liegt auch nicht hinsichtlich des unter Ziffer 2b) neu formulierten Antrags vor. Der ursprüngliche Unterlassungsantrag bezog sich auf "Geldleistungen für bereits von der Kommune getätigte Investitionen im Bereich der Erdverkabelung" und orientierte sich an dem Wortlaut der zugrunde liegenden Mitteilung in der Presse vom 05.03.2010 (Anlage ASt 9). Soweit die Verfügungsklägerin ihren diesbezüglichen Antrag im Berufungsverfahren neu formuliert hat, hat sie insoweit lediglich den Sachvortrag und insbesondere die rechtliche Bewertung der Verfügungsbeklagten aufgegriffen. Damit liegt kein neuer Lebenssachverhalt vor. Der Unterlassungsantrag betrifft nach wie vor die von den Verfügungsbeklagten in Aussicht gestellte Zahlung von 50.000 € an die Kommune für den Fall der Abtretung des Anspruchs auf Erwerb des Versorgungsnetzes, was begriffsnotwendig auch den Abschlusses eines Konzessionsvertrages voraussetzt. Die Neuformulierung des Antrags unter Ziffer 2b) stellt vielmehr eine Einschränkung dar, da die Geldleistungen auf geleistete Zahlungen der Kommune an den bisherigen Konzessionsvertragspartner für Bau- und/oder sonstige Maßnahmen beschränkt werden.

II. Die Berufung der Verfügungsklägerin hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

1. Die Berufung der Verfügungsklägerin scheitert weder an mangelnder Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin noch an mangelnder Passivlegitimation der Verfügungsbeklagten noch am fehlenden Verfügungsgrund bezüglich der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegenüber der erst am 09.04.2010 nachträglich einbezogenen Verfügungsbeklagten zu 2).

a) Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin

Die Verfügungsklägerin hat dargelegt und ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie sich bei der Neuvergabe von Wegerechten bei den hier streitgegenständlichen Kommunen um den Abschluss von Konzessionsverträgen bewirbt. Unstreitig ist die Verfügungsklägerin Eigentümerin von Elektrizitätsversorgungsnetzen in den Bundesländern A. sowie in Teilen von B. und C.. Durch die eidesstattlichen Versicherungen ihres Vorstandsmitgliedes Dr. K. vom 29.03.2010 (Anlage ASt 10) und ihres Mitarbeiters R. vom 24.03.2010 (Anlage ASt 11) ist ausreichend glaubhaft gemacht, dass sich die Verfügungsklägerin bei den Kommunen Bad CH. und E. sowie der Verwaltungsgemeinschaft G. um den Neu-Abschluss von Konzessionsverträgen beworben hat bzw. bewirbt. Dass sie selbst keine Elektrizitätsversorgungsnetze betreibt, sondern dies ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft auf der Grundlage eines Pachtvertrages überlässt, steht einer Bewerbung um Wegerechte für das in ihrem Eigentum stehende Versorgungsnetz nicht entgegen. Der Senat hat daher keine Zweifel an der Mitbewerberstellung der Verfügungsklägerin im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.

b) Passivlegitimation der Verfügungsbeklagten

Dass die Verfügungsbeklagte zu 2) Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG um die Vergabe der Wegerechte ist, steht außer Frage, da sie unstreitig die Konzessionsverträge im eigenen Namen abschließen will. Aber auch die Verfügungsbeklagte zu 1) ist passivlegitimiert, da sie als Holdinggesellschaft sich das Verhalten der Verfügungsbeklagten zu 2) gemäß § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen muss. Gemäß § 8 Abs. 2 UWG richtet sich der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 3, 4 UWG auch gegen den Inhaber eines Unternehmens, wenn die Zuwiderhandlungen von einem Mitarbeiter oder einem Beauftragten des Unternehmens begangen worden sind.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff des Beauftragten in § 8 Abs. 2 UWG weit auszulegen. Nach dem Zweck der Vorschrift soll verhindert werden, dass der Inhaber eines Unternehmens sich bei Wettbewerbsverstößen hinter mehr oder weniger von ihm abhängigen Dritten verstecken kann. Beauftragter in diesem Sinne ist daher, wer, ohne Mitarbeiter zu sein, im oder für das Unternehmen eines anderen aufgrund eines vertraglichen oder anderen Verhältnisses tätig ist. Der Dritte muss in die Betriebsorganisation dergestalt eingegliedert sein, dass einerseits der Erfolg seiner Handlung zumindest auch dem Unternehmensinhaber zugute kommt und andererseits dem Unternehmensinhaber ein bestimmender Einfluss auf diejenige Tätigkeit eingeräumt ist, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss der Inhaber des Unternehmens sich tatsächlich gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich hätte sichern können und müssen (vgl. BGH GRUR 1995, 605/607 zu § 13 Abs. 4 UWG a.F.; OLG Köln, GRUR-RR 2006, 205 Rn. 17, online abrufbar unter JURIS.de). Der Begriff der Betriebsorganisation ist seinerseits weit zu verstehen. Dazu gehören auch solche Funktionen, die aus dem Betrieb ausgegliedert und auf andere Unternehmen übertragen sind wie z. B. Einkauf, Vertrieb und Werbung (OLG Köln a.a.O.).

60So liegt der Fall hier im Verhältnis der Verfügungsbeklagten zueinander. Ausweislich des Handelsregisterauszuges sind die Verfügungsbeklagten miteinander verbundene Unternehmen. Die Verfügungsbeklagte zu 2) ist nach §§ 168 ff, 123 Abs. 3 Nr. 2 Umwandlungsgesetz im Wege der Ausgliederung von Teilbetrieben der Verfügungsbeklagten zu 1) errichtet worden. Zwischen ihr als beherrschten Gesellschaft und der Verfügungsbeklagten zu 1) als herrschender Gesellschaft besteht ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Dass die Geschäftsführung beider Verfügungsbeklagten identisch ist, ist zwar nicht erforderlich, stellt jedoch in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit der Einflussnahme der Verfügungsbeklagten zu 1) auf die Verfügungsbeklagte zu 2) sicher. Der Verfügungsbeklagten zu 1) sind daher die Wettbewerbshandlungen der Verfügungsbeklagten zu 2), soweit es sich um den Unterlassungsanspruch handelt, wie eigene Handlungen zuzurechnen.

c) Verfügungsgrund bezüglich der Verfügungsbeklagte zu 2)

Hinsichtlich der erst am 09.04.2010 erfolgten Antragserweiterung auf die Verfügungsbeklagte zu 2) fehlt es auch nicht am Verfügungsgrund. Die Vermutung der Dringlichkeit ist grundsätzlich widerlegt, wenn der Antragsteller im einstweiligen Verfügungsverfahren zu erkennen gibt, dass es ihm nicht eilig ist. Allein aus dem Umstand, dass die Verfügungsklägerin bereits am 02.03.2010 Kenntnis vom behaupteten Wettbewerbsverstoß erlangt hat und die Verfügungsbeklagte zu 2) erst im laufenden einstweiligen Verfügungsverfahren durch den am 09.04.2010 eingereichten Schriftsatz in Anspruch genommen hat, ist die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht durch eine verzögerte Inanspruchnahme seit Kenntniserlangung widerlegt. Zum einen ist die in der Rechtsprechung üblicherweise als angemessen erachtete Frist von einem Monat nur um wenige Tage überschritten und ohnehin nicht starr zu handhaben (Köhler/Bornkamm UWG § 12 Rn. 3.15). Zum anderen hat die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht, sie habe erst durch das Schreiben der Verfügungsbeklagten zu 2) vom 29.03.2010 (Anlage ASt 24), bei ihr eingegangen am 31.03.2010, davon Kenntnis erlangt, dass diese - und nicht die Verfügungsbeklagte zu 1) - die Wegerechte für das Versorgungsnetz u.a. von der Stadt Bad CH. erhalten habe. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist weder den Zeitungsartikeln noch dem Handelsregisterauszug noch der Internetseite noch dem Branchenbuch zu entnehmen, dass nicht die Muttergesellschaft, sondern die Verfügungsbeklagte als Tochtergesellschaft sich um die Vergabe der Konzession beworben hat bzw. bewirbt. Allein aus dem Umstand, dass die Verfügungsbeklagte zu 2) das Stromnetz betreibt, folgt nicht zwingend, dass sie auch unmittelbar Inhaberin der Konzession sein muss. Daher kann der Verfügungsklägerin auch nicht grob fahrlässige Unkenntnis zum Vorwurf gemacht werden.

2. Soweit die Verfügungsklägerin unter Ziffer 2a) ihres Unterlassungsbegehrens das Anbieten/Versprechen oder Gewähren einer unentgeltlichen, flächendeckenden Erschließung des Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung (DSL-Verkabelung) untersagt haben will, hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung allerdings im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

a) Entgegen der Ansicht der Berufung haben die Verfügungsbeklagten den insoweit behaupteten Wettbewerbsverstoß nicht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden. Zugestanden werden können nur Tatsachen, nicht jedoch rechtliche Wertungen. Die Verfügungsklägerin hat, gestützt auf die ihr zugänglichen Erkenntnisquellen, zunächst behauptet, dass die Verfügungsbeklagten gegenüber den Kommunen die unentgeltliche, flächendeckende Erschließung des Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung (DSL-Verkabelung) im Falle einer Konzessionserteilung angeboten hätten. Demgegenüber haben die Verfügungsbeklagten bereits in ihrer Antragserwiderung vorgetragen und durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagte zu 2) als Konzessionsnehmerin lediglich bei eigenen Tiefbaumaßnahmen und bei Gelegenheit solcher Baumaßnahmen der jeweiligen Gemeinde Leerrohre verlege, die grundsätzlich für die Einbringung von Glasfaserkabeln geeignet seien. Diese Leerrohre würden an die Verfügungsbeklagte zu 1) dauerhaft vermietet. Diese ziehe ihrerseits in die Leerrohre Glasfaserkabel ein, die sie wiederum an die Verfügungsbeklagte zu 2) sowie an Anbieter von Breitbandanschlüssen vermiete.

Der ursprüngliche Sachvortrag der Verfügungsklägerin gilt nicht - wie die Berufung meint € nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast als zugestanden. Abgesehen davon, dass der Senat ohnehin Bedenken hat, die Grundsätze der sekundären Darlegungslast auf Unterlassungsansprüche nach dem UWG und darüber hinaus im einstweiligen Verfügungsverfahren anzuwenden, haben die Verfügungsbeklagten den Sachvortrag der Verfügungsklägerin ausdrücklich bestritten, sich aber gemäß § 138 Abs. 1 ZPO - wie dargestellt - substantiiert erklärt. Diesen substantiierten Sachvortrag hat die Verfügungsklägerin ihrerseits nicht bestritten oder widerlegen können.

b) Soweit die Verfügungsklägerin im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 24.09.2010 zum Nachweis der behaupteten Wettbewerbsverstöße die Powerpoint-Präsentation der Verfügungsbeklagten gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft Bad K. vom 14.07.2010 (Anlage BK 17) vorgelegt hat, hat die Verfügungsbeklagte zum einen bestritten, im Falle der streitgegenständlichen Wettbewerbsverstöße den jeweiligen Kommunen dieselbe Präsentation vorgestellt zu haben, zum anderen hat sie einer Antragserweiterung nicht zugestimmt.

Im Falle einer Unterlassungsklage wird der den Streitgegenstand mitbestimmende Klagegrund durch die zu seiner Begründung vorgetragenen Verletzungsfälle gebildet. Mehrere mit der Klage vorgetragene gleichartige Verletzungshandlungen, auf die ein Unterlassungsantrag mit einem bestimmten Klageziel gestützt wird, bilden dabei einen einheitlichen Klagegrund. Es ist jedoch anerkannt, dass mit der späteren Einführung weiterer Verletzungshandlungen in einen Unterlassungsprozess ohne Änderung des Klageantrags eine Änderung des Streitgegenstands, d.h. eine Klageänderung (§ 263 ZPO), verbunden ist, auch wenn sich aus den nachgeschobenen Verletzungsfällen dieselbe Verletzungsform ergibt (BGH GRUR 2006, 421 Tz. 26 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Eine Klageänderung ist im Berufungsverfahren gemäß § 533 ZPO nur zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht ohnehin zugrunde zu legen hat und der Gegner entweder einwilligt oder die Berücksichtigung sachdienlich ist. All dies kann jedoch dahinstehen, da auch dieser neue Sachvortrag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen kann.

c) Denn der Sachverhalt, der als unstreitig zugrunde zu legen ist, füllt den geltend gemachten Unterlassungsantrag zu Ziffer 2a) bei weitem nicht aus. Unter der Erschließung des Gemeindegebietes mit einer schnellen Breitband-Internetverbindung (DSL-Verkabelung) sind - worauf die Verfügungsbeklagten zutreffend hinweisen - wesentlich mehr Leistungen zu verstehen als die Verlegung von Leerrohren in den öffentlichen Wegen und das Einziehen von Glasfaserkabeln, auch wenn diese Arbeiten bedingt durch die Kosten der Tiefbauarbeiten, wie sich aus der im Termin vom 28.09.2010 übergebenen eidesstattlichen Versicherung des Prokuristen D. (Bl. 419/420 d. A.) ergibt, einen Großteil der entstehenden Kosten ausmachen. Eine Breitband-Internetverbindung setzt weiterhin die Errichtung und den Anschluss von Verteilerkästen der DT. AG oder eines anderen Telekommunikationsanbieters voraus, ebenso wie den Anschluss einzelner Gebäude oder Haushalte. Da diese weiteren erforderlichen Leistungen Kosten verursachen, die jedenfalls nicht die Verfügungsbeklagten zu tragen haben, fehlt es insoweit auch an dem Merkmal der Unentgeltlichkeit. Schließlich soll die Verlegung der Leerrohre nach dem unstreitigen Vortrag der Verfügungsbeklagten nur gelegentlich eigener oder gemeindlicher Tiefbauarbeiten erfolgen, so dass sich die Schaffung einer für die DSL-Verkabelung notwendigen Infrastruktur auch nicht als flächendeckend darstellt.

Da der unstreitig gewordene Sachvortrag der Verfügungsbeklagten das Unterlassungsbegehren der Verfügungsklägerin nicht ausfüllt, ist der Unterlassungsantrag inhaltlich zu weitgehend und bereits aus diesem Grunde unbegründet. Dass die Verfügungsbeklagten über den eingeräumten Sachverhalt hinaus den jeweiligen Kommunen weitergehende Angebote im dargestellten Sinne für den Fall der Konzessionserteilung gemacht haben, hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft zu machen vermocht; solches ergibt sich auch nicht aus der Vorlage der Powerpoint-Präsentation (Anlage BK 17).

70d) Der Senat kann daher die streitige Frage offen lassen, ob die unentgeltliche Verlegung von Leerrohren gelegentlich eigener oder gemeindlicher Tiefbauarbeiten und das Einziehen von Glasfaserkabel eine unzulässige Nebenleistung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV darstellt oder ob es sich hierbei um einen Bestandteil der Hauptleistung der Verfügungsbeklagten handelt, die im Eigeninteresse ein sog. "intelligentes" Stromnetz auf der Basis von Glasfaserkapazitäten aufbaut und damit ihre Verpflichtung aus §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 EnWG erfüllt, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Eigennetz zu betreiben, so dass auf die Kommune allenfalls ein Reflex eines Standortvorteils entfällt.

3. Begründet ist allerdings die Berufung, soweit die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten aus § 8 Abs. 1, 2 und 3 Nr. 1, § 3, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV Unterlassung verlangt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken einer Kommune als Gegenleistung für den Abschluss eines Konzessionsvertrags Geldleistungen zur Abgeltung von von der Kommune geleisteten Zahlungen für Bau- und/oder sonstige Maßnahmen an den bisherigen Konzessionsvertragspartner anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren (Antrag Ziffer 2b).

a) Der Unterlassungsantrag unter Ziffer 2b) ist nicht zu unbestimmt. Soweit die Verfügungsbeklagten rügen, dass sich aus der Formulierung des Antrags nicht erkennen lasse, welche Geldleistungen gemeint seien, ist der Unterlassungsantrag unter Berücksichtigung der Antragsbegründung auszulegen (Köhler/Bornkamm UWG § 12 Rn. 2.37). Aus der Zusammenschau des (neuen) Unterlassungsantrags mit dem klägerischen Vorbringen zur beanstandeten Verletzungshandlung lässt sich entnehmen, dass es um das Verbot von Geldleistungen geht, mit denen Zahlungen der jeweiligen Kommune an den bisherigen Konzessionspartner € hier die Verfügungsklägerin - für Bau- und/oder sonstige Maßnahmen aufgrund des bisherigen Konzessionsvertrages abgegolten werden sollen. Hiermit wird eindeutig klargestellt, dass der Unterlassungsantrag die Abgeltung von Geldleistungen betrifft, die aufgrund des (bisherigen) Konzessionsvertrages an den Konzessionsvertragspartner für Bau- und/oder sonstige Maßnahmen entrichtet worden sind.

b) Auch für den Unterlassungsantrag unter Ziffer 2b) gilt - wie bereits oben ausgeführt -, dass nur tatsächliches Vorbringen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden werden kann. Insoweit haben die Verfügungsbeklagten nicht in Abrede gestellt, dass sie der Stadt Bad CH. angeboten haben, eine Zahlung von rund 50.000 € zu leisten, wenn die Verfügungsbeklagte zu 2) im Fall der Konzessionserteilung den Anspruch der Kommune gegen den bisherigen Konzessionsinhaber auf Übereignung des Stromnetzes abgetreten erhält und hierdurch in den Genuss eines geldwerten Vorteils kommt, der sich aus gemeindlichen Leistungen an den bisherigen Konzessionspartner für Erdverkabelungsarbeiten errechnet. Soweit die Verfügungsbeklagte zu 2) darauf verweist, dass die Zahlung an die Bedingung geknüpft sei, dass sie tatsächlich einen geldwerten Vorteil erhalte, geht sie nach ihrem eigenen Vorbringen davon aus, dass sich zu ihren Gunsten ein solcher Vorteil ergebe. Ob dieser berechtigterweise auszugleichen bzw. durch Zahlung eines Geldbetrages abzugelten ist, ist wiederum eine rechtliche Frage, um die sich die Parteien streiten.

c) Soweit die Verfügungsklägerin im Berufungsverfahren das Vorbringen der Verfügungsbeklagten aufgegriffen, ihren Sachvortrag ergänzt und ihren Unterlassungsantrag angepasst hat, ist bereits ausgeführt, dass es sich insoweit nicht um einen neuen Lebenssachverhalt handelt. Das diesbezügliche ergänzende Vorbringen der Verfügungsklägerin zu den geleisteten Zahlungen der Stadt Bad CH. für Erdverkabelungsmaßnahmen, insbesondere die Vorlage der entsprechenden Rechnungen, Angebote und Verträge, ist zwar neu, kann aber von der Verfügungsbeklagten zulässigerweise nicht bestritten werden.

aa) In ihrer Antragserwiderung erster Instanz (Bl. 110 d. A.) hat die Verfügungsbeklagte zu 2) selbst unter Verweis auf ein Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft "H. U." vom 15.12.2009 an ihren Geschäftsführer (Anlage Ag 4) vortragen lassen, dass die Stadt Bad CH. im Zeitraum 1998 bis 2009 an die Verfügungsklägerin für Baumaßnahmen insgesamt 97.596,87 € bezahlt habe. Dieser Betrag sei unter Berücksichtigung einer Laufzeit von 25 Jahren bei linearer Abschreibung auf einen Gesamtrestbuchwert von 79.898,70 € zum 31.12.2009 heruntergerechnet und im Hinblick auf Unsicherheiten auf rund 50.000 € korrigiert worden, wobei die Verfügungsbeklagte zu 2) davon ausgegangen ist, dass die zugrunde liegenden Baumaßnahmen Niederspannungskabelverlegung betroffen hätten.

bb) Mit der Berufungsbegründung hat nunmehr die Verfügungsklägerin ihrerseits zu den in der Aufstellung des Schreibens vom 15.12.2009 (Anlage Ag 4) aufgeführten Baumaßnahmen beispielhaft als Anlagen BK 5 - 8 Rechnungen und Kostenangebote vorgelegt, aus denen sich die durchgeführten Maßnahmen ergeben. Hiernach lagen diesen Rechnungen und Kostenangeboten Verkabelungsmaßnahmen an vorhandenen Versorgungsleitungen im Zusammenhang mit Straßenbaumaßnahmen zugrunde, die sie als "individuelle Verkabelungen von Freileitungshausanschlüssen" bezeichnet hat. Diesen Sachvortrag haben die Verfügungsbeklagten gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestritten, allerdings unzulässigerweise, da sie nicht glaubhaft gemacht haben, dass sie hiervon keine Kenntnis gehabt hätten. Im Hinblick auf die dem Schreiben vom 15.12.2009 (Anlage Ag 4) vorangegangenen Verhandlungen zwischen der Verfügungsbeklagten zu 2) und der Stadt Bad CH. ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich die Verfügungsbeklagte nicht sachkundig gemacht hat, für welche Baumaßnahmen Zahlungen der Kommune an den bisherigen Konzessionspartner geleistet worden sind, die sie - nach ihrer eigenen Prüfung und Berechnung - als Ausgleich anbietet.

cc) Mit Schriftsatz vom 24.09.2010 hat die Verfügungsklägerin ihr Vorbringen dahingehend konkretisiert, dass die fraglichen Maßnahmen nicht nur Arbeiten an Hausanschlüssen zugrunde gelegen hätten; vielmehr sei das den Hausanschlüssen vorgelagerte Niederspannungsfreileitungsnetz verkabelt worden, was wiederum von den Verfügungsbeklagten mit Nichtwissen bestritten und als widersprüchlicher Sachvortrag gerügt worden ist. Es mag dahin gestellt bleiben, ob das Bestreiten der Verfügungsbeklagten zulässig ist, zumal die Verfügungsbeklagten in ihrer Antragserwiderung erster Instanz selbst vorgetragen haben, dass die fraglichen Arbeiten Niederspannungskabelverlegung betroffen hätten. Jedenfalls lässt sich der klägerische Sachvortrag den zur Glaubhaftmachung vorgelegten Unterlagen entnehmen. Beispielsweise belegt die Position Ziffer 8 des Kostenangebots bezüglich der K.-gasse (Anlage BK 6), dass zwei bestehende Betonmasten mit je 280 m Freileitung je Seil abgebaut worden sind, weiterhin die Ziffer 1, dass anstelle dieser Freileitungen 110 m Niederspannungs-Erdkabel NAYY 4 x 150 mm² geliefert, verlegt und angeschlossen worden sind, die Position 3, dass dementsprechend Erdarbeiten mit Wiederherstellung der Oberflächen über 120 m durchgeführt worden sind, und schließlich die Position 7 und 5, dass vier Abzweigmuffen zu vier Hausanschlüssen führen. Entsprechende Beschreibungen der Baumaßnahmen finden sich auch in den weiteren zur Glaubhaftmachung vorgelegten Rechnungen, Kostenangeboten und Umlegungsverträgen. Damit ist ausreichend glaubhaft gemacht, dass die fraglichen Baumaßnahmen tatsächlich nicht nur Hausanschlüsse betroffen haben, sondern im Wesentlichen das den Hausanschlüssen vorgelagerte Niederspannungsnetz, das von Freileitungen auf Erdverkabelung umgestellt worden ist. Angesichts dessen ist der klägerische Sachvortrag nachvollziehbar und gerade nicht - wie die Verfügungsbeklagten meinen - widersprüchlich. Er ist im Berufungsverfahren auch zu berücksichtigen, da § 531 Abs. 2 ZPO nur für neues streitiges Vorbringen gilt (vgl. zuletzt BGH NJW 2009, 685).

d) Folgekosten - Baukostenzuschüsse - öffentliche Finanzierungshilfen

aa) Nach dem glaubhaft gemachten Sachvortrag der Verfügungsklägerin sind die durch die beschriebenen Baumaßnahmen entstandenen Kosten als sog. Folgekosten im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 der Konzessionsverträge zwischen der (damaligen) Gemeinde Bad C. bzw. der Stadt H. und der Verfügungsklägerin vom 08./17.01.1992 bzw. 30.12.1991/20.01.1992 (Anlagen ASt 7 und ASt 8) anzusehen. Entsprechend den jeweils gleichlautenden Vereinbarungen war/ist die Verfügungsklägerin als Energieversorgungsunternehmen (EVU) verpflichtet, nach schriftlicher Aufforderung der Gemeinde Maßnahmen zur Änderung oder Sicherung der bestehenden Energieversorgungsanlagen auf den Vertragsgrundstücken durchzuführen, wenn Maßnahmen der Gemeinde im öffentlichen Interesse solche Änderungen oder Sicherungen, die ansonsten nicht notwendig gewesen wären, erforderlich machten. Straßenbaumaßnahmen bzw. "städtebauliche Umgestaltungen" sind Maßnahmen der Gemeinde im öffentlichen Interesse. Dass bestehende Freileitungsnetze mit den jeweiligen Stützpunkten, sprich Betonmasten, hierbei störend oder sogar selbst störanfälliger als Erdkabel sind, liegt auf der Hand. Dass ein einfaches Versetzen der Masten aufgrund der örtlichen Bedingungen aufwändig oder gar nicht möglich ist, hat die Verfügungsklägerin nachvollziehbar dargelegt und auch glaubhaft gemacht. In einem solchen Fall hat das EVU entsprechend der vertraglichen Vereinbarung in § 5 Abs. 1 des Konzessionsvertrages auf die Anforderung der Gemeinde den Änderungswünschen Folge zu leisten, auch wenn die fraglichen Änderungen, wie hier der Austausch des Freileitungsnetzes in eine Erdverkabelung, aus versorgungstechnischer Sicht nicht notwendig erscheint. Offenbar haben die Parteien des Konzessionsvertrages dies zumindest in der Umlegungsvereinbarung vom 12./21.02.2008 (Anlage BK 8) selbst so bewertet und die hierdurch entstehenden Kosten als Folgekosten im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 des Konzessionsvertrages betrachtet und dementsprechend hälftig geteilt.

bb) Demgegenüber handelt es sich bei den fraglichen Zahlungen auch nach dem Sachvortrag der Verfügungsbeklagten gerade nicht um Baukostenzuschüsse der Gemeinde. Nach § 11 der Niederspannungsanschlussverordnung (NVA) i.d.F. vom 01.11.2006 kann der Netzbetreiber vom Anschlussnehmer einen angemessenen Baukostenzuschuss zur teilweisen Deckung der notwendigen Kosten für die Erstellung oder Verstärkung der örtlichen Verteileranlagen des Niederspannungsnetzes einschließlich Transformatorenstationen verlangen. Soweit die Verfügungsbeklagte behauptet, dass die Änderung der Freileitungsnetze in Erdverkabelung städtebaulich gewünscht gewesen, also auf deren eigenen Vorgaben hin erfolgt sei, liegen jedenfalls die Voraussetzungen, unter denen das Energieversorgungsunternehmen einen Baukostenzuschuss verlangen kann, offensichtlich nicht vor.

cc) Im Hinblick darauf haben die Verfügungsbeklagten im Berufungsverfahren nur noch mit der Einstufung der fraglichen Kosten als "öffentliche Finanzierungshilfe" argumentiert. Öffentliche Finanzierungshilfen können Zuschüsse, Bürgschaften oder Darlehen sein. Die Verfügungsbeklagten sind der Ansicht, dass es sich um öffentliche Finanzierungshilfen gehandelt habe, weil die Zahlungen der Gemeinde ohnehin nur für Hausanschlüsse und darüber hinaus auf freiwilliger Basis erfolgt seien. Die Kosten, die die Verfügungsbeklagten der Berechnung des sog. Abtretungsvorteils zugrunde gelegt haben, sind aber weder in tatsächlicher Hinsicht lediglich für bloße Hausanschlüsse angefallen noch sind sie in rechtlicher Hinsicht "freiwillig" erbracht, da sich die Verpflichtung der Gemeinde zur Tragung dieser Kosten - wie oben ausgeführt - aus § 5 Abs. 2 Satz 1 des Konzessionsvertrages ergibt. Dass die Stadt Bad CH. hinsichtlich der jeweiligen Baumaßnahmen einen gesonderten "Umlegungsvertrag" mit der Verfügungsklägerin geschlossen hat, steht der Einordnung als Folgekosten nicht entgegen. Hierin wird unter Bezugnahme auf den rechtlichen Grund der Verpflichtung (nämlich § 5 Abs. 2 des Konzessionsvertrages) lediglich die jeweilige Baumaßnahme nach Mengen und Massen sowie die hierfür zu entrichtende Vergütung konkretisiert.

e) Die rechtliche Konstruktion der Abgeltung eines Abtretungsvorteils als Teilleistung im Zusammenhang mit dem Erwerb des Stromversorgungsnetzes lässt im vorliegenden Fall den Charakter der angebotenen Erstattung als unzulässige Nebenleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV nicht entfallen.

aa) Zutreffend und nachvollziehbar ist, dass Zahlungen der Gemeinde, die als Baukostenzuschuss oder als öffentliche Finanzierungshilfe für die Erstellung des Versorgungsnetzes an die Verfügungsklägerin geleistet worden sind, bei der Berechnung des Entgelts, das die Gemeinde bei Übernahme des Netzes nach Beendigung des Konzessionsvertrages, als Ablösezahlung gemäß der vertraglichen Vereinbarung in § 9 Ziffer 1. wiederum an diese zu zahlen hat, vom Sachzeitwert in Abzug zu bringen sind, da die Gemeinde andernfalls die fraglichen Leistungen doppelt bezahlen würde.

bb) Es wird auch grundsätzlich nicht zu beanstanden sein, dass der neue Konzessionsvertragspartner sich von der Gemeinde den vertraglichen Übereignungsanspruch aus dem bisherigen Konzessionsvertrag gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts - vergleichbar der gesetzlichen Regelung des § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG - abtreten lässt, wobei auf diese Weise der Kommune die in ihrem Vertragsverhältnis zum bisherigen Vertragspartner in Abzug zu bringenden Leistungen letztendlich - zu Recht - zugute kommen.

cc) Entscheidend ist jedoch im vorliegenden Fall, dass die Kosten, die der Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 15.12.2009 mitgeteilt worden sind und die sie ihren Berechnungen zugrunde gelegt hat, als von der Gemeinde zu tragende Folgekosten im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 des Konzessionsvertrages zu werten sind. Folgekosten in diesem Sinne sind aber nach der Regelung in § 9 Ziffer 1 des Konzessionsvertrages vom Sachzeitwert nicht als kostenmindernd in Abzug zu bringen. Dieser Rechtsauffassung sind im Übrigen die Verfügungsbeklagten selbst nicht entgegengetreten. Die Verfügungsbeklagte zu 2) hat der Stadt Bad CH. damit einen geldwerten Vorteil in Aussicht gestellt, den sie auch bei zutreffender Berechnung des angemessenen Entgelts für die Abtretung des Anspruchs auf Erwerb des Stromversorgungsnetzes tatsächlich nicht hat.

dd) Im Hinblick darauf erscheint die Behauptung der Verfügungsbeklagten unglaubhaft, die Zahlung sei nur unter der Bedingung angeboten worden, dass der Stadt Bad CH. tatsächlich ein geldwerter Vorteil aus der Abtretung ihres Erwerbsanspruches erwachse. Die Verfügungsbeklagte zu 2) hat auf der Grundlage der ihr mitgeteilten Baumaßnahmen für Niederspannungserdverkabelung selbst den "Vorteil" errechnet. Die Verfügungsklägerin hat daher dieses Vorbringen mit Recht als Schutzbehauptung beanstandet.

Damit stellt sich das Angebot der Verfügungsbeklagten an die Stadt Bad CH., im Hinblick auf die geleisteten Zahlungen für Erdverkabelungsarbeiten einen - vermeintlichen € Abtretungsvorteil in Höhe von 50.000 € auszugleichen, als das Anbieten einer unzulässigen Nebenleistung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV dar. Denn dieser Zahlung steht tatsächlich keine andere Gegenleistung als der Abschluss des Konzessionsvertrages über die Einräumung der Wegerechte gegenüber.

88f) § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV ist eine gesetzliche Vorschrift zur Regelung des Marktverhaltens im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Sie schützt nicht nur das Verhältnis zwischen Kommune und Energieversorger, sondern auch den Endkunden ebenso sowie die Mitbewerber, zumal die an die Kommunen zu erbringenden Leistungen der Energieversorgungsträger deren Preisbildung und damit die Höhe des vom Endkunden zu entrichtenden Entgelts bestimmt. Nichts anderes ergibt sich aus der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs BR-Drs. 686/91 zu § 3 KAV, auf den die Verfügungsklägerin zutreffend verweist (in Kopie vorgelegt als Anlage ASt 17). Hiernach dient § 3 KAV nicht zuletzt dem Schutz privater Anbieter vor Wettbewerbsverzerrungen zu ihren Lasten.

g) Der Anspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV wird nicht durch die Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes ausgeschlossen. Zwar gewährt auch § 32 Abs. 1 EnWG einen Unterlassungsanspruch. Dieser bezieht sich jedoch auf Verstöße gegen das EnWG im Zusammenhang mit der Regulierung des Netzbetriebs, insbesondere auf Verstöße gegen Vorschriften über den Netzanschluss gemäß §§ 17 ff EnWG und den Netzzugang gemäß §§ 20 - 28a EnWG. Der hier streitgegenständliche Verstoß steht jedoch mit dem Regelungsinhalt der zitierten Normen in keinem Zusammenhang, sondern lässt sich alleine auf das Lauterkeitsrecht stützen. Insoweit besteht unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten kein Vorrang des Energiewirtschaftsrechts (vgl. BGH GRUR 2006, 774, Tz 17 zum Anspruch aus § 33 GWB).

h) Der Unterlassungsantrag ist schließlich auch nicht zu weit gefasst, weil er außer auf Baumaßnahmen auch auf "sonstige Maßnahmen" Bezug nimmt. Die in § 5 Abs. 1 des Konzessionsvertrages geregelte Folgepflicht des Energieversorgungsträgers, aus der die Folgekosten resultieren, bezieht sich ganz allgemein auf "Maßnahmen der Gemeinde im öffentlichen Interesse". Insoweit erläutert der Unterlassungsantrag mit der Differenzierung zwischen "Bau- und/oder sonstige Maßnahmen" diesen Begriff.

III.

Da der Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin bezüglich des Antrags zu Ziffer 2b) begründet ist, ist das Endurteil des Landgerichts Coburg insoweit abzuändern und die einstweilige Verfügung - wie tenoriert - zu erlassen, §§ 935, 940 ZPO. Hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu Ziffer 2a) bleibt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Insoweit ist auch die weitergehende Berufung zurückzuweisen.

C.

Nebenentscheidungen:

1. Ausgehend von einem für die erste Instanz unter Berücksichtigung der weiteren Anträge auf Auskunft und Beseitigung zutreffend festgesetzten Streitwert von 50.000 €, ist der Streitwert für das Berufungsverfahren bezüglich der weiter verfolgten Unterlassungsanträge mit jeweils 20.000 €, insgesamt 40.000 €, zu bewerten. Entsprechend dem beiderseitigen Obsiegen und Unterliegen sind daher die Kosten für den ersten Rechtszug mit 3/5 zu Lasten der Verfügungsklägerin und 2/5 zu Lasten der Verfügungsbeklagten zu teilen (§§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO). Im Berufungsverfahren sind sie gemäß §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufzuheben.

2. Die Revision findet gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO gegen Urteile im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht statt. Im Hinblick darauf ist auch eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht veranlasst.






OLG Bamberg:
Urteil v. 03.11.2010
Az: 3 U 92/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8c876f6d926f/OLG-Bamberg_Urteil_vom_3-November-2010_Az_3-U-92-10




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share