Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. April 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 22/07
(BPatG: Beschluss v. 02.04.2008, Az.: 29 W (pat) 22/07)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. November 2006 aufgehoben.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 27. März 2006 die Wortmarke Music-Flashfür nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
09 Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und/oder Daten; Datenträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; EDV- und Telekommunikationssoftware; Telekommunikationsgeräte, insbesondere für den Festnetz- und Mobilfunkbereich;
38 Telekommunikation; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Erbringung von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; telefonische Auskunftsdienste, nämlich direkte Herstellung der Gesprächsverbindung zum gesuchten Anschluss, das Mitteilen von Telefonnummern, Anschriften, Faxnummern; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers, Informationsmaklers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datennetzen, insbesondere im Internet; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken;
41 Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen, auch online; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Workshops;
42 Dienstleistungen eines Ingenieurs; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen eines Programmierers; Erstellen von technischen Gutachten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen und Computern; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte; technische Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers, Informationsmaklers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Wettervorhersage; Schlichtungsdienstleistungen; Forschungen auf dem Gebiet der Telekommunikationstechnik; Aktualisierung von Datenbanksoftware; Speicherung von Daten in Computerdatenbanken; Update von Datenbanksoftware; Installation, Wartung von Datenbanksoftware; Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken.
Die Markenstelle für Klasse 38 hat durch Beschluss vom 28. November 2006 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Ihrer Auffassung nach lässt sich dem Anmeldezeichen ohne weitere Überlegung sofort der Sinngehalt "kurze Musikeinblendung" entnehmen. Dieser Begriff sei fester Bestandteil der deutschen Alltags- und Gegenwartssprache geworden und werde dementsprechend nicht ins Deutsche übersetzt. Die Wortkombination "Music-Flash" füge sich nahtlos in die Reihe anderer entsprechend gebildeter Begriffe wie "News Flash" oder "Melody Flash" ein. Demzufolge weise die Marke auf die Bestimmung und Eignung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen hin, im Zusammenhang mit Music Flashs zum Einsatz zu kommen. So könne es sich um Hardware zum Herstellen oder Abspielen von Music Flashs handeln. Diese könnten auch Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen sein. Es sei weiterhin zu berücksichtigen, dass die Anmeldemarke bereits im Verkehr verwendet werde und somit als freihaltungsbedürftig anzusehen sei. Die geltend gemachten Voreintragungen würden die Schutzfähigkeit des Zeichens nicht begründen, da selbst bei identischen Waren bzw. Dienstleistungen und identischen Marken kein Anspruch auf Fehlerwiederholung bestehe.
Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 28. November 2006 aufzuheben.
Sie führt zur Begründung aus, dass bereits in anderen Fällen der Bestandteil "Flash" vom Deutschen Patent- und Markenamt nicht im Sinne von "kurze Einblendung" interpretiert worden sei. Mit ihm seien die unterschiedlichsten Bedeutungen (u. a. "Blitz" oder "Blitzlicht") verbunden. Zudem gehöre er nicht zum allgemeinen inländischen Wortschatz und stelle keine geläufige Bezeichnung dar. Demzufolge werde die Anmeldemarke allenfalls beispielsweise im Sinne von "Musikblitz" oder "Musikleuchten" aufgefasst. Zudem vermittle das Zeichen "Music-Flash" den widersprüchlichen Begriffsgehalt, dass mit Musik ein visueller Effekt erzielt werde. Schließlich sei nicht erkennbar, auf welche konkreten Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Anmeldemarke hinweise. Ein beschreibender Bezug zu ihnen lasse sich erst nach aufwendigen Gedankenschritten und Ergänzungen herstellen. Demzufolge komme dem gegenständlichen Zeichen die notwendige Unterscheidungskraft zu und unterliege darüber hinaus keinem Freihaltungsbedürfnis.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Anmeldemarke stellt eine noch unterscheidungskräftige Angabe dar und unterliegt somit nicht dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
a) Der Bestandteil "Music" ist das auch im Inland allgemein bekannte englische Wort für Musik. Das Element "Flash" kann im Deutschen verschiedene Bedeutungen haben (u. a. Bezeichnung eines Messverfahrens oder einer Bootsklasse, vgl. zusammenfassend "Wikipedia" unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Flash" und "Wie sagt man noch€" unter "http://www.wiesagtmannoch.de/synonyme/"). In Verbindung mit dem vorangehenden Begriff "Music" ist es das englischsprachige Wort für "Blitz" oder "Einblendung" (vgl. Pons, a. a. O., Seite 327). Demzufolge bedeutet die Anmeldemarke in ihrer Gesamtheit "Musikeinblendung".
b) In Alleinstellung konnte das gegenständliche Zeichen weder in Nachschlagewerken noch in der Presseberichterstattung nachgewiesen werden (vgl. u. a. "LEO-Wörterbuch" unter "http://dict.leo.org/ende€lp=ende&lang=de&searchLoc= 0&cmpType=relaxed§Hdr=on&spellToler=on&search=Music-Flash&relink=..."; "Wikipedia" unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Suche€search=Music-Flash&go=Artikel"; "Slogans.de" unter "http://www.slogans.de/slogans.php€GInput=Music-Flash"; "Wiesagtmannoch€", a. a. O.; "FAZ.NET" unter "http://www.faz.net/f30/common/Suchergebnis.aspx€term=Music-Flash&allchk= 1&x=8&y=8"). Es lässt sich lediglich in Verbindung mit dem Namen der Beschwerdeführerin finden (vgl. "Wortschatz Universität Leipzig" unter "http://wortschatz.unileipzig.de/abfrage/"; "SPIEGEL ONLINE" unter "http://www.spiegel.de/netzwelt/mobil/0,1518,439633,00.html"). Dabei bezeichnet sie mit der Wortkombination "eine völlig neue Eventreihe der besonderen Art". "Im Rahmen des O2 Music Flash werden regelmäßig bekannte Bands präsentiert, die ein einmaliges und exklusives Spontan-Konzert geben ... !" (vgl. "o2 Germany: o2 Music Flash" unter "http://www.de.o2.com/ext/standard/index€page_id=11902&state=online&style=standard"). In weit überwiegendem Umfang wird die Anmeldemarke in diesem Sinne auch im Internet verwendet (vgl. "Google-Trefferliste" unter "http://www.google.de/ search€hl=de&q=Music-Flash&btnG=Google-Suche&meta=Ir..."). So finden sich hier Aussagen wie:
- "O2 Music Flash ... 'O2 can do - und lädt die Cebit-Gäste zu einem Gratiskonzert der zur Zeit erfolgreichsten Girls-Group!'" (vgl. "Party.at" unter "http://www.party.at/Photos/Archiv.2007/Streifen.2007.03.17.007/"),
- "BELA B.
Music-Flash in Berlin" (vgl. "motor.de" unter "http://www.motor.de/ news/1091376;music_flash_in_berlin.html")
oder - "O2-MUSICFLASH 2RAUMWOHNUNG" (vgl. "Intro - O2-Musicflash" unter "http://www.intro.de/ news/23039450").
Auch von Dritten wird die Anmeldermarke fast ausschließlich als Eigenname eingesetzt, so z. B. im Zusammenhang mit einem Radiosender (vgl. "radiomusicflash.de" unter "http://www.radiomusicflash.de/"; "radioforen.de" unter "http://www.radioforen.de/showthread.php€t=23685"), einer Fotogalerie (vgl. "Foto: music flash" unter "http://de.fotolia.com/id/123717") oder einem Tonstudio (vgl. "Musicflash Studios Berlin" unter "http://www.musicflash.de/").
Lediglich ein Beleg konnte ermittelt werden (vgl. "kampnagel" unter "http://www.kampnagel.de/€page=spuren_detail&detail=223"), in dem die Wortfolge "Musicflash" in Kombination mit weiteren Begriffen wie eine beschreibende Angabe gebraucht wird ("Wir ... entwickeln mit der Video-Musicflash-Performance von ... neue Formate, ... ."). Allerdings wird in der gleichen Fundstelle in anderem Zusammenhang die Begriffskombination "Music-Flash" wiederum kennzeichnend verwendet ("Wir werden mit der thematischen Spur Musicflash Musik als das präsentieren, was sie ist: ... ."). Insofern kann ihr keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen werden.
c) Zwar können auch bisher noch nicht lexikalisch nachweisbare Bezeichnungen als verständliche Sachaussagen erkannt und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise aufgefasst werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, § 8, Rdnr. 66). Die ermittelten Belege sprechen allerdings dafür, dass der Verkehr die angemeldete Marke nicht als Sachangabe, sondern vielmehr als Kennzeichen ansieht. Zudem lässt sich auch unter Zugrundelegung des Begriffsgehalts "Musikeinblendung" ein eindeutig beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht ohne Weiteres herstellen. Einige von ihnen stehen bereits auf Grund ihrer Zweckbestimmung nicht mit Musik in einem unmittelbaren Zusammenhang (z. B. "Schifffahrts- und Rettungsapparate und -instrumente"). Andere Waren und Dienstleistungen können zwar in mehr oder weniger ausgeprägter Form der Wiedergabe, Speicherung, Beschreibung oder Verwaltung von Musik dienen (z. B. "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und/oder Daten", "Datenträger", "Schallplatten", "kulturelle Aktivitäten", "Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen", "Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten" oder "Speicherung von Daten in Computerdatenbanken"). Allerdings ist bei ihnen nicht klar erkennbar, in welchem Zusammenhang sie mit einer Musikeinblendung stehen. In der Praxis wird diese zwar häufig eingesetzt, um während der Wiedergabe von optischen bzw. akustischen Signalen eine Unterbrechung zu überbrücken oder eine emotionale Reaktion zu verstärken. Es finden sich jedoch keine Belege, die darauf schließen lassen, dass es Gegenstände und Tätigkeiten gibt, die speziell auf die Einblendung von Musik ausgerichtet sind (vgl. "Google-Trefferliste" unter "http://www.google.de/search€hl=de&newwindow=1&q=Musikeinblendung&btnG=S..."). Insofern ist es auch nicht naheliegend, dass der Verkehr gerade den angemeldeten Waren und Dienstleistungen diese Funktion beimisst.
Weitere Bedeutungen der Anmeldemarke, die einen beschreibenden Sinngehalt vermitteln könnten, sind nicht erkennbar.
Angesichts der unter b) erwähnten Belege kann die Anmeldemarke im Übrigen nicht als geläufiges Werbeschlagwort angesehen werden, das sich unabhängig von einem beschreibenden Sinngehalt nicht als Hinweis auf einen bestimmten Anbieter eignen würde.
2. Des Weiteren stellt die Wortfolge "Music-Flash" auch keine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.
Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD).
Unter Berücksichtigung der Ausführungen unter 1. kann dem gegenständlichen Zeichen nicht ohne Weiteres eine klar beschreibende Aussage entnommen werden. Zudem lässt sich im Verkehr seine Verwendung als Sachangabe, insbesondere in Verbindung mit den gegenständlichen Waren und Dienstleistungen, nicht belegen. Auch liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird. Das gegenständliche Zeichen kommt folglich als beschreibende Angabe nicht in Betracht, so dass an ihm weder ein gegenwärtiges noch ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis besteht.
Andere absolute Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich, so dass der Beschwerde stattzugeben war.
Grabrucker Dr. Mittenberger-Huber Dr. Kortbein Ko
BPatG:
Beschluss v. 02.04.2008
Az: 29 W (pat) 22/07
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