Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 25. September 2000
Aktenzeichen: 1 BvR 1520/00
(BVerfG: Beschluss v. 25.09.2000, Az.: 1 BvR 1520/00)
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde nebst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft die Frage, ob der Regisseur eines Films, auf dessen Mitwirkung die Produzentin vor Fertigstellung der Arbeiten verzichtet, die endgültige Bearbeitung und Ausstrahlung des Films aus Gründen des Urheberschutzes und der Kunstfreiheit verhindern kann.
I.
Der Beschwerdeführer führte für einen Fernsehfilm Regie. Nach den Dreharbeiten und dem Rohschnitt des Films beendete die Produzentin die Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer, wozu sie nach dem geschlossenen Regievertrag jederzeit berechtigt war.
Der Beschwerdeführer beantragte, der Produzentin mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, die Filmproduktion ohne seine Mitwirkung zu beenden und den Film öffentlich auszustrahlen.
Unter Aufhebung der erstinstanzlichen stattgebenden Entscheidung hat das Berufungsgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, gegen die vertraglichen Regelungen des Regievertrags bestünden keine rechtlichen Bedenken. Der Urheber könne sich vertraglich wirksam verpflichten, Nutzungsrechte an einem zukünftigen Werk einzuräumen. Entsprechend der abschnittsweisen Herstellung eines Films seien die Nutzungs- und Bearbeitungsrechte insoweit auf die Produzentin übergegangen, wie sie mit den der Beendigung der Zusammenarbeit vorausgegangenen Arbeitsschritten entstanden seien. Der Schutz des § 93 Urheberrechtsgesetz (UrhG) gegen gröbliche Entstellungen schließe Bearbeitungen als solche nicht aus. Das Recht des Urhebers werde zwar grundrechtlich geschützt, ein Anspruch darauf, an einer bestimmten Filmproduktion mitzuwirken, könne aber nur vertraglich begründet werden, und das Recht, Bearbeitungen der Ergebnisse zu untersagen, könne durch einen solchen Regievertrag wirksam abbedungen werden. Eine unangemessene Benachteiligung des Beschwerdeführers, der sein Honorar erhalten habe, könne nicht festgestellt werden.
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Berufungsgerichts rügt der Beschwerdeführer vor allem, das Gericht habe bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechtsgesetzes die Bedeutung und Tragweite des Urheberpersönlichkeitsrechts und der Kunstfreiheit verkannt.
III.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.
Auslegung und Anwendung einfachen Rechts ist Aufgabe der Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht kontrolliert nur, ob Verfassungsrecht grundlegend verkannt wurde (BVerfGE 18, 85 <92 f.>). Das Berufungsgericht hat den Schutzzweck des Urheberpersönlichkeitsrechts und der Kunstfreiheit bei seiner Urteilsfindung nicht verkannt; die §§ 12 Abs. 1, 93 UrhG gewähren auch in der Auslegung und Anwendung des Berufungsgerichts einen wirksamen Schutz des Künstlers und Urhebers sowie seines Werks. Im Urteil wird berücksichtigt, dass das Urheberrecht außerhalb des Kernbereichs des Urheberpersönlichkeitsrechts keinen absoluten Schutz des Urhebers vor jedweder Nutzung seines Werks vorsieht, sondern einen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten trifft. Das ist, auch im Hinblick auf die als verletzt gerügte Kunstfreiheit, sachgerecht. Ein Film wird nicht allein vom Regisseur schöpferisch gestaltet. Vielmehr wirken an seiner Herstellung andere Künstler eigenschöpferisch mit. Soweit die Kunstfreiheit und das Urheberpersönlichkeitsrecht eines einzelnen Mitwirkenden nur zu Lasten derselben Rechte anderer Mitwirkender durchgesetzt werden können, ist ein Ausgleich herbeizuführen. Das Berufungsgericht hat diese verfassungsrechtliche Lage nicht verkannt und die Grundrechtspositionen des Beschwerdeführers bei seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
BVerfG:
Beschluss v. 25.09.2000
Az: 1 BvR 1520/00
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