Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Mai 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 212/03
(BPatG: Beschluss v. 09.05.2005, Az.: 30 W (pat) 212/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Mai 2003 insoweit aufgehoben, als er die Löschung der angegriffenen Marke auch für die Waren "Pflaster, Verbandmaterial; Sonnenbrandsalben und Sonnenschutzmittel für medizinische Zwecke; Desinfektionsmittel; Fruchttee und Kräutertee für Genusszwecke" angeordnet hat. Insoweit wird der Widerspruch aus der Marke 1 122 386 zurückgewiesen und im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Am 12. Januar 2001 unter der Nummer 300 56 155 in das Markenregister eingetragen und am 15. Februar 2001 veröffentlicht worden ist MagniGum für "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, insbesondere Fruchttee, Kräutertee, isotonische Getränke, Vitamine, Salze und Spurenelemente; Auszüge aus Heilpflanzen; Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Sonnenbrandsalben und Sonnenschutzmittel für medizinische Zwecke; Desinfektionsmittel; medizinische Kaugummis; Diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke, insbesondere Vitamine, diätetische Salze und Spurenelemente in Form von Brausepulver, Brausetabletten und Kaubonbons; Fruchttee und Kräutertee für Genußzwecke; Getreidepräparate (ausgenommen Futtermittel), Getreidekeime und Blütenpollen für Schlankheits- und Stärkungskuren sowie als Aufbaukost für werdende und stillende Mütter; Knoblauchpräparate; Hefezubereitungen; Kaugummi".
Widerspruch erhoben hat am 5. April 2001 die Inhaberin der Marke 1 122 386 Magium, eingetragen seit dem 24. Mai 1988 für "Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Mittel gegen Magnesiummangel".
Die ursprünglich erhobene Nichtbenutzungseinrede ist nach Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Benutzung nicht aufrechterhalten worden.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 122 386 Magium gelöscht. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt, dass angesichts identischer und ähnlicher Waren der Markenabstand nicht ausreiche, um klangliche Verwechslungsgefahr ausschließen zu können.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Sie meint, dass der der Widerspruchsmarke entnehmbare Hinweis auf "Magnesium" zu einer Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke führe; angesichts unterschiedlicher Bedeutungsgehalte der Marken und zum Teil nur entfernt ähnlicher Waren reiche der Abstand der Marken aus, um die Gefahr von Verwechslungen verneinen zu können.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Mai 2003 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 1 122 386 Magium zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Widersprechende hält mit näheren Ausführungen den Beschluß der Markenstelle für zutreffend und wendet sich insbesondere gegen eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung zB BGH WRP 2004, 1037, 1038 - EURO 2000; BGH WRP 2004, 1173, 1174 - URLAUB DIREKT; BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; BGH GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling).
Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus, da Anhaltspunkte, die in eine andere Richtung weisen könnten, nicht erkennbar sind. Von der beschreibenden Sachangabe "Magnesium" hebt sich die Marke Magium mit der Auslassung von drei Buchstaben "nes" in der Wortmitte so deutlich ab, dass auch in Verbindung mit Mitteln gegen Magnesiummangel von einem normalen Schutzumfang ausgegangen werden kann. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke auch erwogene Schwächung durch Hinweis auf "Magie" (= Zauberkunst) ist weder durch die Wortbildung noch durch die Waren nahegelegt.
Ausgehend von der Registerlage können die Marken bei folgenden Waren zur Kennzeichnung identischer bzw engähnlicher Waren verwendet werden: "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, insbesondere Fruchttee, Kräutertee, isotonische Getränke, Vitamine, Salze und Spurenelemente; Auszüge aus Heilpflanzen; Babykost; medizinische Kaugummis; Diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke, insbesondere Vitamine, diätetische Salze und Spurenelemente in Form von Brausepulver, Brausetabletten und Kaubonbons; Getreidepräparate (ausgenommen Futtermittel), Getreidekeime und Blütenpollen für Schlankheits- und Stärkungskuren sowie als Aufbaukost für werdende und stillende Mütter; Knoblauchpräparate; Hefezubereitungen; Kaugummi". Soweit dabei nicht Mittel gegen Magnesiummangel als solche in Betracht kommen - wie bei den Waren "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; medizinische Kaugummis; Kaugummi" -, handelt es sich um Waren, die Magnesium als Zusatzstoff enthalten können. Magnesium ist ein an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligter, wichtiger Mineralstoff, den der Körper nicht selbst produzieren kann und der ihm deshalb zugeführt werden muß; Magnesiummangel tritt insbesondere auch bei den im Warenverzeichnis ausdrücklich aufgeführten Schlankheitskuren sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit auf (vgl http://www.meinegesundheit.de/413.0html).
Zu berücksichtigen ist weiter, dass bei den vorliegenden pharmazeutischen Erzeugnissen eine Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen nicht festgeschrieben ist, auch in tatsächlicher Hinsicht der Fachverkehr nicht im Vordergrund steht, so dass allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind. Auch insoweit ist aber davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl EuGH GRUR Int 2005, 44 ff, 45 Rdn 24 - SAT. 1; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24. - Lloyd/Loint's) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal). Bei den weiteren Waren stehen die allgemeinen Verkehrskreise im Vordergrund.
Unter Berücksichtigung der genannten Umstände hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand von der Widerspruchsmarke einzuhalten. Der erforderliche Abstand zur älteren Widerspruchsmarke reicht nach Auffassung des Senats - jedenfalls in klanglicher Hinsicht - im Bereich der genannten Waren nicht mehr aus, um Verwechslungen der Marken mit hinreichender Sicherheit ausschließen zu können; die weitere Frage einer schriftbildlichen Verwechslungsgefahr kann dahingestellt bleiben (vgl BGH MarkenR 1999, 57, 59 - LIONS).
Die Widerspruchsmarke Magium ist in der angegriffenen Marke MagniGum mit dem Lautbestand "Magium" völlig enthalten. Unter diesen Umständen kann der Unterschied in den im Wortinneren der angegriffenen Marke liegenden zusätzlichen Buchstaben "-n-G" nicht mehr als noch ausreichend angesehen werden, um - auch angesichts gleicher Silbenzahl - bei der gegebenen Warenlage Verwechslungen in markenrechtlich erheblichem Umfang auszuschließen.
Soweit sich die Inhaberin der angegriffenen Marke in der mündlichen Verhandlung für den ihrer Meinung nach ausreichenden Markenabstand wegen des im Bereich von Kaugummis vielfach verwendeten englischen Wortes "gum" auf eine englische Aussprache ihrer Marke bezogen hat, ist nicht zu erwarten, dass die jüngere Marke von einem weit überwiegenden Teil des angesprochenen inländischen Publikums entsprechend der englischen Phonetik [mägnigam] ausgesprochen werden wird. Zum einen geht es hier bei den Waren überwiegend nicht um "Kaugummi", so dass insoweit kein Anhalt besteht, über das englische Wort "gum" zu einer englischen Aussprache des Gesamtwortes MagniGum veranlasst zu sein. Zum Anderen geht es auch nicht um das Wort "Gum" in Alleinstellung; die Verbindung mit "Magni" ergibt vielmehr ein Gesamtwort, das keine englische Aussprache des Markenwortes nahelegt, zumal "Magni-" dem inländischen Publikum aus verschiedenen Fremdwörtern (Magnifikat, Magnitude, Magnifizenz) mit deutscher Aussprache geläufig sein dürfte.
Bei den Waren "Pflaster, Verbandmaterial; Sonnenbrandsalben und Sonnenschutzmittel für medizinische Zwecke; Desinfektionsmittel; Fruchttee und Kräutertee für Genusszwecke" ist indessen von einem nicht unerheblichen Abstand der Waren auszugehen. Soweit Magnesiumzusätze nicht schon von vornherein ausscheiden, liegt jedenfalls eine Darreichungsform vor, die für Magnesiumpräparate unüblich ist. Denn allgemein wird Magnesium in Form von Dragees, Brause-, Kau- oder Lutschtabletten, Granulat oder Injektionslösungen verabreicht. Daher liegt im Bereich dieser Waren ein deutlicher Abstand zu den Waren der Widerspruchsmarke vor. Bei dieser Warenlage reicht der oben genannte Unterschied in den Markenwörtern aus, um Verwechslungen in markenrechtlich erheblichem Umfang auszuschließen.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu
BPatG:
Beschluss v. 09.05.2005
Az: 30 W (pat) 212/03
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