Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Februar 2006
Aktenzeichen: 10 W (pat) 50/05

(BPatG: Beschluss v. 14.02.2006, Az.: 10 W (pat) 50/05)

Tenor

1. Der Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der versäumten Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrte mit Schreiben vom 7. März 2005 Einsicht in die Akte der Patentanmeldung 10 2004 058 459.1. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hat diesem Antrag durch Beschluss vom 13. Juni 2005 stattgegeben.

Gegen den Beschluss, der ihr durch einen am 11. Juli 2005 abgesandten eingeschriebenen Brief zugestellt worden ist, richtet sich die am 17. August 2005 eingelegte Beschwerde der Anmelderin. Die Beschwerdegebühr ist durch eine ebenfalls am 17. August 2005 eingegangene Einzugsermächtigung entrichtet worden.

Die zuständige Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts hat der Anmelderin mitgeteilt, dass die tarifmäßige Gebühr nicht innerhalb der Beschwerdefrist gezahlt worden sei und die Beschwerde daher als nicht erhoben zu gelten habe. Daraufhin hat die Anmelderin durch Schreiben vom 29. November 2005 beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der versäumten Beschwerdefrist zu gewähren.

Sie macht geltend, sie habe den angefochtenen DPMA-Beschluss Anfang August 2005 ihrem Verfahrensbevollmächtigten vorgelegt. Da dem Beschluss keine Zustellungsurkunde beigefügt gewesen sei, habe dieser sich beim Patentamt nach dem Zeitpunkt der Zustellung erkundigt. Erst nach zahlreichen Telefonaten mit verschiedenen Stellen des DPMA habe er schließlich in Erfahrung gebracht, dass der angefochtene Beschluss am 6. Juli 2005 zur Poststelle gegeben worden sei und dass die eigentliche Versendung vermutlich mindestens fünf Tage später stattgefunden habe. Eine konkrete Aussage über Versendung und Zugang des Beschlusses habe nicht getroffen werden können. Vor diesem Hintergrund sei kurzfristig eine Beschwerde eingelegt und eine Bankeinzugsermächtigung erteilt worden.

Die Rechtspflegerin hat die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Auf einen schriftlichen Hinweis des Berichterstatters vom 22. Dezember 2005 hat die Anmelderin nicht geantwortet.

II.

Die beantragte Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden. Wegen Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gilt die Beschwerde daher als nicht erhoben.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar statthaft, weil die Anmelderin eine Frist, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, nicht eingehalten hat (§ 123 Abs. 1 Satz 1 PatG). Dabei handelt es sich um die mit der Beschwerdefrist identische Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr (§ 6 Abs. 1 PatKostG i. V. m. § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG). Der gestellte Antrag ist daher so zu verstehen, dass er auf Wiedereinsetzung in diese Gebührenzahlungsfrist gerichtet ist.

Ausgehend vom 11. Juli 2005 als dem Tag der Versendung des Einschreibbriefs mit dem angefochtenen Beschluss gilt gemäß § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 Abs. 1 VwZG der 14. Juli 2005 als Zustellungstag. Die Beschwerdefrist endete somit - da der 14. August 2005 ein Sonntag und der 15. August 2005 am Dienstsitz des DPMA ein gesetzlicher Feiertag war - am Dienstag, den 16. August 2005 (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 222 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Nr. 4 PatKostZV am 17. August 2005 bewirkte Gebührenzahlung war demnach verspätet.

Etwas anderes würde gemäß § 4 Abs. 1 VwZG nur gelten, wenn der angefochtene Beschluss erst am 17. Juli 2005 oder noch später bei der Anmelderin eingegangen wäre. Diesbezüglich ist aber nichts vorgetragen.

2. Die in § 123 Abs. 2 PatG genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Antrags (Einhaltung der Antrags- und Begründungsfrist) liegen ebenfalls vor.

3. Die Frist ist aber nicht schuldlos versäumt worden.

a) Aus der dem Beschluss beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung geht klar hervor, dass die Beschwerdefrist, innerhalb derer die Beschwerdegebühr zu zahlen ist, einen Monat ab Zustellung des Beschlusses beträgt. Ferner ist in der Rechtsbehelfsbelehrung ausgeführt, dass bei Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes die Zustellung mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt gilt, sofern das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

b) Die Anmelderin konnte demnach annehmen, dass die einmonatige Beschwerdefrist frühestens mit Ablauf des Tages, an dem der Beschluss bei ihr eingegangen war, spätestens aber mit Ablauf des übernächsten Tages nach dem Eingang, zu laufen begonnen hatte.

Sollte der Brief am 12. Juli 2005 bei der Anmelderin eingegangen sein, konnte sie somit im für sie günstigsten Fall damit rechnen, dass der Brief (wie tatsächlich auch geschehen) am 11. Juli 2004 abgeschickt worden war. Daraus errechnet sich als (fiktives) Zustellungsdatum gemäß § 4 Abs. 1 VwZG der 14. Juli 2004, mit der weiteren Folge, dass die Beschwerdefrist - wie bereits erwähnt - am Dienstag, den 16. August 2005 abgelaufen ist. Letzteres hätte auch bei einem Briefeingang am 13. oder am 14. Juli 2005 gegolten.

Davon, dass die Beschwerdefrist erst am 17. oder 18. August 2005 enden würde, hätte die Anmelderin nur dann ausgehen dürfen, wenn das Einschreiben bei ihr erst am 15. bzw. 16. Juli 2005 eingegangen wäre. Diesbezüglich hat sie aber - wie schon erwähnt - nichts vorgetragen. Entsprechend der Regel des § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 Abs. 1 VwZG ist daher von einem Briefeingang am 14. Juli 2005 und von einem Ende der Beschwerdefrist am 16. August 2005 auszugehen.

c) Daraus folgt zugleich, dass die Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr auf Fahrlässigkeit beruht. Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte die Anmelderin wissen müssen, dass diese Frist bei Briefeingang am 12., 13. oder 14. Juli 2005 nicht erst am 17. August 2005 enden würde. Dies gilt auch dann, wenn das Datum der Versendung des Einschreibbriefs nicht aus dessen Poststempel erkennbar gewesen sein sollte. Die Anmelderin hätte unter Zuhilfenahme der Rechtsbehelfsbelehrung erkennen können, dass die Beschwerdefrist - und damit die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr - spätestens am 16. August 2005 ablaufen würde. Sie kann sich daher nicht darauf berufen, dass ihr das Patentamt keine genaue Auskunft zum Tag der Aufgabe des Einschreibbriefs zur Post geben konnte. Vielmehr stellt die vom DPMA erteilte Rechtsbehelfsbelehrung auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten eine ausreichende Information über das Beschwerderecht dar (vgl. BPatGE 40, 270 ff. = GRUR 1999, 569 ff.).

4. Da eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist somit ausscheidet, hat die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht erhoben zu gelten. Bei der Beschwerdeeinlegung, die unmittelbare rechtliche Wirkungen hervorruft, handelt es sich nicht um einen "Antrag", sondern um eine "sonstige Handlung" im Sinne dieser Vorschrift (vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 6 PatKostG Rn. 14 m. w. N.; ebenso BGH GRUR 2005, 184 für die Einspruchsgebühr). Dies hat zur Folge, dass die Gebühr nicht verfallen ist und der Anmelderin zurückerstattet wird.






BPatG:
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Az: 10 W (pat) 50/05


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