Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. März 2010
Aktenzeichen: 15 W (pat) 364/05

(BPatG: Beschluss v. 11.03.2010, Az.: 15 W (pat) 364/05)

Tenor

Das Patent wird beschränkt aufrechterhaltenauf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 39 gemäß "einzigem Antrag", überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung und Zeichnungen ebenfalls gemäß "einzigem Antrag", überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Gründe

I.

Auf die am 29. August 2002 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 102 40 548 mit der Bezeichnung

"Adsorptionsmaterial, Verfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung"

erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 102 40 548 B4 ist der 28. Juli 2005.

Hauptanspruch 1 und nebengeordnete Ansprüche 41, 42, und 43 der erteilten Patentansprüche lauten:

Gegen die Erteilung des Patents haben W... GmbH in P... (Einsprechende 1) mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2005 und T... GmbH in N... (Einsprechende 2) mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2005 Einspruch eingelegt.

Die Einsprechende 1 führt aus, dass der Gegenstand des erteilten Patents nicht patentfähig sei, weil er nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Außerdem würde das Patent die Erfindung teilweise nicht so deutlich und vollständig offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Sie stützt sich auf die Druckschriften D1 EP0465817B1 D2 US5391426A D3 EP0525409A2 D4 DE19829975A1 D5 DE19519869C2 D6 US5024594A D7 EP0827451B1 D8 US4194041A D9 US4862730A D10 DE4034798C2 D11 US4532316A D12 EP 0 784 097 A1.

Die Einsprechende 2 führt aus, dass es dem Streitpatent an der Neuheit und einer erfinderischen Tätigkeit mangele und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus gehe. Sie stützt sich auf die zusätzlichen Druckschriften D13 DE2951827A1 D14 DE2829599A1 D15 DE2804154B1 D16 DE3939373A1 D17 US4872220A D18 US5017424A D19 WO 94/01198 A1 D20 WO 95/33007 A1 D21 DE 198 29 975 A1 D22 DE4003765A1 D23 DE3917336A1 D24 DE 195 19 869 A1 D25 WO 96/37365 A1.

Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2008 zog die Einsprechende 2 ihren Einspruch zurück. Die Einsprechende 2 ist somit nicht mehr am Verfahren beteiligt.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten. In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2010 verteidigt sie das Streitpatent mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Patentansprüchen 1 bis 39 gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik.

Hauptanspruch 1 und nebengeordnete Ansprüche 36, 37 sowie 38 gemäß dem einzigen Antrag lauten:

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 39 gemäß "einzigem Antrag", überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung und Zeichnungen ebenfalls gemäß "einzigem Antrag", überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Die Einsprechende 1, im Folgenden die Einsprechende, beantragt, das Patent im vollen Umfang zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1.

Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH, GRUR 2007, 859 -Informationsübermittlungsverfahren I und BGH, GRUR 2007, 862 -Informationsübermittlungsverfahren II, BGH, GRUR 2009, 184 -Ventilsteuerung).

2.

Die rechtzeitig und formgerecht eingelegten Einsprüche sind zulässig, denn es sind im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik innerhalb der Einspruchsfrist die den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).

3.

Das Adsorptionsmaterial gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 als auch die Verfahren zur Herstellung des Adsorptionsmaterials gemäß den geltenden Patentansprüchen 36 und 37 sowie die Verwendung des Adsorptionsmaterials gemäß Patentanspruch 38 erweisen sich als patentfähig (PatG §§ 1 bis 5). Außerdem offenbart das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Das Patent war deshalb beschränkt aufrecht zu erhalten (PatG § 61 Abs. 1).

4.

Als zuständiger Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Verfahrenstechnik mit langjähriger Tätigkeit und großer Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung von Adsorptionsmaterialien, insbesondere für den ABC-Einsatz, anzusehen.

5.

Der Gegenstand des Patents geht nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus, in der sie beim Deutschen Patentund Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).

Der ursprüngliche Anspruch 42, aus dem sich der erteilte Patentanspruch 1 ableitet, ist bezüglich der Wasserdampfdurchlässigkeit der Sperrschicht nicht beschränkt. Eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem eingegrenzten Bereich der Wasserdampfdurchlässigkeit gemäß ursprünglichem Hauptanspruch 1 liegt deshalb nicht vor.

6.

Das Patent beschreibt die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

Das Argument der Einsprechenden, dass die Lehre des geltenden Anspruchs 30 (Anspruch 35 des Patents in der erteilten Fassung) nicht so deutlich offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne, kann den Senat nicht überzeugen. Gemäß Unteranspruch 30 soll die Adsorptionsschicht zu mindestens 50 % für die zu adsorbierenden Gifte und Kampfstoffe frei zugänglich sein. Dazu ist in der ursprünglichen Beschreibung offenbart, dass die Aktivkohleschicht, die zwischen der Sperrschicht und dem nach Innen der Körperseite zugewandeten Trägermaterial liegt, an der Innenseite zugänglich sein soll, so dass an Beschädigungen oder sonstigen undichten Stellen eingedrungene Gifte sehr schnell adsorbiert werden und nicht durch die Haut des Trägers aufgenommen werden. Außerdem soll von stark kontaminierten Anzügen für den Träger keinerlei Gefahr ausgehen vgl. S. 1 Z. 30 bis S. 2 Z. 4 der ursprünglichen Beschreibung bzw. Abs. [0005] der Patentschrift. Die zusätzliche Aktivkohleschicht soll außerdem ein Durchschlagen von z. B. Hautgiften durch die Sperrschicht verhindern -vgl. S. 3 Abs. 2 der ursprünglichen Beschreibung bzw. Abs. [0012] der Patentschrift. Durch die Angaben in den geltenden Ansprüchen 19 bis 24 (ursprüngliche Ansprüche 47 i. V. m. 2 bis 7 bzw. Ansprüche 24 bis 29 der Patentschrift) erhält der Fachmann auch genügend Hinweise, mit welchen Maßnahmen die mindestens 50 % Zugänglichkeit der Adsorptionsschicht für die zu adsorbierenden Gase erreicht werden können: u. a. soll das Trägermaterial luftdurchlässig sein und ein Flächengewicht von 50 bis 300 g/m2 aufweisen.

Damit ist der Fachmann insgesamt in der Lage, die im Patent beschriebene technische Lehre auszuführen.

7. Das Streitpatent betrifft ein Adsorptionsmaterial, insbesondere für die Herstellung von Schutzmaterialien wie Schutzanzügen, Schutzhandschuhen, Schutzabdeckungen (z. B. für Krankentransporte) und dergleichen, insbesondere für den ABC-Einsatz, sowie Verfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung in den zuvor genannten Schutzmaterialien. Zum Stand der Technik wird im Streitpatent ausgeführt, dass es grundsätzlich drei Typen von Schutzanzügen gebe: Die luftund wasserdampfundurchlässigen Schutzanzüge, die mit einer für chemische Gifte undurchlässigen Gummischicht ausgestattet seien und sehr schnell zu einem Hitzestau führen, die luftund wasserdampfdurchlässigen Schutzanzüge, die den höchsten Tragkomfort böten, und schließlich Schutzanzüge, die mit einer Membran ausgestattet seien, die zwar Wasserdampf, nicht aber die erwähnten Gifte hindurch ließen. Schutzanzüge gegen chemische Kampfstoffe, die für einen längeren Einsatz unter den verschiedensten Bedingungen gedacht seien, dürften beim Träger zu keinem Hitzestau führen. Daher verwende man hauptsächlich luftdurchlässige Materialien. Die luftdurchlässigen, permeablen Schutzanzüge besäßen im Allgemeinen eine Adsorptionsschicht mit Aktivkohle, welche die chemischen Gifte sehr dauerhaft binde, so dass auch von stark kontaminierten Anzügen für den Träger keinerlei Gefahr ausgehe. Der große Vorteil dieses Systems sei, dass die Aktivkohle auch an der Innenseite zugänglich sei, so dass an Beschädigungen oder sonstigen undichten Stellen eingedrungene Gifte sehr schnell adsorbiert würden. Unter extremen Bedingungen, beispielsweise wenn ein Tropfen eines eingedickten Giftes aus größerer Höhe auf eine etwas offene Stelle des Außenmaterials auftreffe und bis zur Kohle durchschlage, könne die Kohleschicht aber örtlich kurzzeitig überfordert sein. Schutzanzüge mit einer für Wasserdampf durchlässigen, aber für Gifte, insbesondere Hautgifte, undurchlässigen Membran hätten den Nachteil, dass an undichten Stellen eingedrungene Gifte im Inneren des Schutzanzuges verblieben und durch die Haut des Trägers aufgenommen würden. Auch sei die mit bekannten Materialien erreichte Wasserdampfdurchlässigkeit nicht immer zufriedenstellend, insbesondere nicht unter extremen Einsatzbedingungen vgl. Abs. [0003] bis [0010].

Dem Streitpatent liegt dementsprechend das Problem zugrunde, ein Adsorptionsbzw. Schutzmaterial bereitzustellen, das die Nachteile des Standes der Technik vermeidet und sich insbesondere für die Herstellung von ABC-Schutzmaterialien wie Schutzanzügen, Schutzhandschuhen, Schutzabdeckungen und dergleichen eignet -vgl. Abs. [0011].

8. Dieses Problem soll nach Patentanspruch 1 durch ein Adsorptionsmaterial mit folgenden Merkmalen gelöst werden:

Adsorptionsmittel, aufweisend 2 ein Trägermaterial, 2.1 das flächig ist; 3 eine Adsorptionsschicht 3.1 auf Aktivkohlebasis; 4 eine Sperrschicht, 4.1 die Sperrschicht ist als kontinuierliche geschlossene Schicht auf dem Trägermaterial aufgebracht, 4.2 sie dient gleichzeitig als Haftschicht für die auf dem Trägermaterial abgewandten Seite der Sperrschicht angeordneten Adsorptionsschicht, 4.3 die Sperrschicht ist als ein mehrschichtiges Laminat und/ oder als ein mehrschichtiger Verbund aus drei miteinander verbundenen Schichten oder Lagen ausgebildet, 4.3.1 das Laminat oder der Verbund weist eine Kernschicht auf Basis eines Polymers auf Celluloseoder Polyurethangrundlage 4.3.2 und zwei mit der Kernschicht verbundene äußeren Schichten auf Basis eines Polyurethans auf, 4.4 die Sperrschicht hat eine Dicke von 1 bis 500 µm, 4.5 sie ist luftundurchlässig, 4.6 sie ist wasserdampfdurchlässig, 4.7 sie ist gegenüber Flüssigkeiten, Aerosolen sowie chemischen Giften und Kampfstoffen undurchlässig oder verzögert zumindest deren Durchtritt.

Der neue Patentanspruch 1 lässt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 42 (Merkmale 1, 2, 2.1, 3, 4, 4.2, 4.5, 4.6) und 47 i. V. m. Ansprüchen 30 bis 33 (Merkmal 3.1), Anspruch 8 (Merkmal 4.1), Anspruch 43 (Merkmal 4.3), Anspruch 44 (Merkmale 4.3.1, 4.3.2), Anspruch 9 (Merkmal 4.4) und Ansprüchen 12 und 13 (Merkmal 4.7) herleiten. Die nebengeordneten Ansprüche 36, 37 und 38 lassen sich bei geänderten Rückbeziehungen aus den ursprünglichen Ansprüchen 57, 58 und 59, die unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 35 und 39 aus dem ursprünglichen Anspruch 47 i. V. m. den Ansprüchen 17 bis 24, 27 bis 29, 9 bis 11, 14, 15, 46, 2 bis 7, 30 bis 40 und 60 herleiten. Die neuen Ansprüche 1 bis 39 finden ihre Stütze auch in den erteilten Ansprüchen 1, 30 bis 33, 15, 2, 3, 12, 16, 19, und 20 sowie 4 bis 14, 16 bis 18, 21 bis 44.

Die Figuren 1 und 2 der Streitpatentschrift zeigen ein Adsorptionsmaterial gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel, welches sich insbesondere für die Herstellung von Schutzmaterialien aller Art (z. B. Schutzanzüge, Schutzhandschuhe, Schutzabdeckungen und dergleichen) eignet. Das Adsorptionsmaterial 1 weist ein insbesondere flächiges Trägermaterial 2, eine zumindest im Wesentlichen luftundurchlässige, wasserdampfdurchlässige Sperrschicht 3 und eine Adsorptionsschicht 4 auf, wobei die Sperrschicht 3 auf dem Trägermaterial 2 aufgebracht ist und gleichzeitig als Haftschicht für die auf der dem Trägermaterial 2 abgewandten Seite der Sperrschicht 3 angeordnete Adsorptionsschicht 4 dient. Bei der Ausführungsform gemäß Fig. 1 während bei der Ausführungsform gemäß Fig. 2 die Adsorptionsschicht durch ein Aktivkohleflächengebilde in Form eines Gewebes mit Kettund Schussfäden ausgebildet ist. Die Sperrschicht 3 weist in beiden Fällen eine Wasserdampfdurchlässigkeit von mindestens 20 l/m2 pro 24 h bei einer Dicke von 50 µm auf (bezogen auf eine Temperatur von 25¡C). Bei beiden Ausführungsformen ist auf die Adsorptionsschicht 4 noch ein Abdeckmaterial 5 aufgebracht.

9. Das im Patentanspruch 1 angegebene Adsorptionsmaterial ist gegenüber dem gesamten, in Betracht gezogenen Stand der Technik, neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Der beanspruchte Gegenstand ist neu. Aus keiner der in Betracht zu ziehenden Entgegenhaltungen ist ein Adsorptionsmaterial, insbesondere für die Herstellung von Schutzmaterialien bekannt, mit einer Sperrschicht, die als kontinuierliche geschlossene Schicht auf einem Trägermaterial aufgebracht ist (Merkmal 4.1) und gleichzeitig als Haftschicht für die auf der dem Trägermaterial abgewandten Seite der Sperrschicht angeordnete Adsorptionsschicht auf Aktivkohlebasis dient (Merkmal 4.2), wobei die Sperrschicht ein mehrschichtiges Laminat und/oder als ein mehrschichtiger Verbund aus drei miteinander verbundenen Schichten oder Lagen ausgebildet ist (Merkmal 4.3), wobei das Laminat oder der Verbund eine Kernschicht auf Basis eines Polymers auf Celluloseoder Polyurethangrundlage (Merkmal 4.3.1) und zwei mit der Kernschicht verbundene äußeren Schichten auf Basis eines Polyurethans aufweist (Merkmal 4.3.2).

Weitere Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.

b) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift EP 0 465 817 B1 (D1) betrifft ein Schutzmaterial, insbesondere gegen giftige Chemikalien -vgl. Sp. 1 Abs. 1. Das Material gemäß D1 besteht allgemein -vgl. Fig. 1 i. V. m. Sp. 3 Zn. 16 ff. -aus einer flüssigkeitsundurchdringlichen, vorzugsweise wasserdampfdurchlässigen Schicht 10. Diese Schicht umfasst einen Film oder eine Membran oder eine Beschichtung eines porösen oder monolithischen Materials, z. B. poröses Polyethylen oder poröses Polytetrafluorethylen (PTFE) oder einen Copolyetherester oder ein Polyurethan. Eine zweite äußerste monolithische Schicht kann zusätzlich als Schutzschicht vorgesehen sein, um u. a. die Dekontamination zu verbessern. Als dritte Schicht ist üblicherweise eine wasserdampfdurchlässige Schicht 11 vorgesehen, die feste Partikel 13 und Gewebe 12 klebend fixieren soll und bevorzugt aus Polyurethan besteht. Diese Schicht kann auch als flüssigkeitsundurchdringliche Schicht dienen. Schicht 11 ermöglicht Gas adsorbierende oder mit Gas reagierende Mittel zu fixieren. Aktivkohle ist als gebräuchlichstes Mittel bezeichnet -vgl. Sp. 4 Zn. 40 bis 47.

Die D1 gibt dem Fachmann Hinweise zur Bereitstellung eines Adsorptionsmittels (Merkmal 1) mit einer optionalen flächigen Abdeckschicht (Merkmal 2, 2.1), einer Adsorptionsschicht aus Aktivkohle 13 (Merkmal 3, 3.1) und zwei dazwischen liegenden Schichten 10 und 11. Die Schichten 10 und 11 sollen flüssigkeitsundurchdringlich und wasserdampfdurchlässig sein, woraus der Fachmann schließt, dass sie als Sperrschichten zu verstehen sind (Merkmale 4, 4.6, 4.7). Die Sperrschicht schließt sich flächig an die Abdeckschicht an (Merkmal 4.1) und dient auf seiner anderen Seite als Haftschicht für die Partikel 13 aus Aktivkohle (Merkmal 4.2).

Der Fachmann erhält aus D1 zwar Hinweise auf eine Sperrschicht mit drei miteinander verbundenen Lagen (Merkmal 4.3) -vgl. Beispiel 1 mit Figur 4 und Beispiel 3 mit Figur 5. Diese Sperrschichten bestehen jedoch aus Polyurethan-Lagen 42, 44 und PTFE-Lagen 41. Auch bestehen dort die Adsorptionsmittel in allen Beispielen aus Ionenaustauschermaterial. Hinweise auf dreilagige Sperrschichten aus PU (Polyurethan)/PU/PU, oder PU/Cellulose (Cel)/PU sind aus D1 nicht zu entnehmen.

Die Druckschrift US 5 391 426 A (D2) betrifft ein Schutzmaterial gegen giftige Gase und Chemikalien -vgl. Sp. 1 Zn. 13 bis 21. Gemäß den Ansprüchen besteht das Schutzmaterial aus einer luftundurchlässigen, wasserdampfdurchlässigen Schicht 11 aus im Wesentlichen Polyalkylenimin. Diese ist zwischen zwei biegbare, wasserabstoßende, wasserdampfdurchlässige mikroporöse Schichten 13, angeordnet -vgl. Anspruch 1. Die biegbaren Schichten bestehen bevorzugt aus PTFE oder Polyetherpolyester -vgl. die Ansprüche 2 bis 5. In oder auf mindestens einer der biegbaren Schichten ist ein Adsorptionsmaterial 16 für Gase, insbesondere Aktivkohle, angeordnet -vgl. die Ansprüche 6 bis 8. Aus der Beschreibung geht hervor, dass die biegbaren Schichten 13 neben dem bevorzugten PTFE aus einer Vielzahl von anderen Materialien bestehen können, darunter Polyetherpolyurethan -vgl. Sp. 2 Zn. 16 bis 29. Das Adsorptionsmaterial für Gase kann auch in einer separaten Schicht 15 angeordnet sein, die aus jedwedem wasserdampfdurchlässigen Material bestehen kann. Für Schicht 15 ist neben mehreren Beispielen auch Polyurethan erwähnt -vgl. Sp. 3 Zn. 29 bis 40. Eine Schicht auf Cellulosegrundlage ist in D2 nirgends offenbart.

Weder aus den Beispielen 1 bis 7 noch aus der Beschreibung mit den Figuren 1 bis 6 erhält der Fachmann Anstöße, eine dreischichtige Sperrschicht mit den Merkmalen 4.3.1 und 4.3.2 (PU/Cel/PU) oder (PU/PU/PU) in Erwägung zu ziehen. Alle Beispiele beschreiben nur eine Sperrschicht aus PTFE/Polyethylenimin/PTFE mit verschiedenen Weichmachern -vgl. "Examples". Auch die Beschreibung mit den Figuren beschränken sich auf Sperrschichten aus Polyalkylenimin und PTFE. Selbst wenn der Fachmann entgegen der Offenbarung der bevorzugten Schichtmaterialien PTFE für Schicht 13 und jedwedem wasserdampfdurchlässigen Material für Schicht 15 aus der großen Anzahl der möglichen Materialien Polyurethan auswählen sollte, so hätte er gemäß Figur 3 eine (PU/Polyalkylenimin/PU)-Sperrschicht und gemäß Figur 5 eine (Polyalkylenimin/PU/PU)-Sperrschicht geschaffen. Auch die Zusammenschau mit D1 kann hier nicht weiterführen.

Die Druckschrift EP 525 409 A2 (D3) betrifft eine Pulveradsorptionsschicht mit einem mehrschichtigen Schichtlaminat. Dabei soll eine gute Wasserdampfdurchlässigkeit und eine Adsorption giftiger Dämpfe und Gase gewährleistet sein -vgl.

S. 2 Zn. 36 bis 38. Das flüssigkeitsabstoßende und wasserdampfdurchlässige Laminatmaterial soll umfassen a) mindestens zwei Schichten eines porösen Films aus Fluorpolymeren mit b) einer unporösen Schicht eines wasserdampfdurchlässigen Klebers auf den gegenüberliegenden Oberflächen der Fluorpolymeren. Zwischen den Fluorpolymeren befindet sich eine Adsorptionspartikelschicht, die an die Kleberschichten gebunden ist -vgl. Anspruch 1. Die Klebeschicht kann aus wasserdampfdurchlässigem Polyurethan bestehen -vgl. Anspruch 2. Mindestens eine äußere Fluorpolymerschicht ist mit einem Gewebe laminiert -vgl. Anspruch 5. Ein mehrschichtiges Laminat ist in Figur 3 beschrieben. Das Laminat besteht aus Gewebe 4, das mit einem diskontinuierlich aufgebrachten Kleber 5 auf der Fluorpolymerschicht 1 befestigt ist. Eine Klebeschicht 2 hält die Adsorptionspartikel. Die D3 offfenbart dem Fachmann damit eine dreilagige Sperrschicht aus Fluorpolymer als Kernschicht und äußeren Klebeschichten aus bevorzugt Polyurethan. Eine Sperrschicht aus PU/PU/PU oder PU/Celulose/PU ist in der D3 nicht offenbart. Der Fachmann müsste außerdem noch das passende Adsorptionsmittel aus Kohlenstoff, Aluminiumoxid oder Silikat auswählen -vgl. Anspruch 4 und S. 3 Zn. 20 bis 26. Hinweise auf Sperrschichten mit den Merkmalen 4.3.1 oder 4.3.2 sind in der D3 nirgends gegeben. Solche Sperrschichten werden auch nicht i. V. m. den Druckschriften D1 und D2 nahegelegt.

Die Druckschrift US 5 024 594 A (D6) betrifft ein mehrschichtiges Material für Schutzkleidung. Das Schutzmaterial umfasst drei Elemente: eine Gewebeschicht 1, eine Adsorptionsschicht und eine Lage aus einer Kompositschicht -vgl. Sp. 4 Zn. 25 bis 27. Die Kompositschicht umfasst eine mikroporöse Trägermembran, die mit einer ultradünnen permselektiven Membran bedeckt ist -vgl. Anspruch 1. Im Hinblick auf Anforderungen bei Uniformen oder Tarnkleidung ist ein Schutzmaterial beschrieben -vgl. Figur 2 -, mit Gewebeschicht 11, einer mikroporösen Trägerschicht 12, einer permselektiven Schicht 13 (Kompositschicht 12, 13) und einer Adsorptionsschicht 15. Dies entspricht der Ausführungsform gemäß Anspruch 3, wonach die Adsorptionsschicht der Haut zugewandt ist. Für diesen Fall werden für die Adsorptionsschicht 15 verschiedene Polymere vorgeschlagen, wie Polysulfon, Polyethylen, Polytetrafluoroethylen u. a., jedoch kein Polyurethan. Trägerschicht 12 soll wasserdampfdurchlässig -vgl. Sp. 8 Zn. 60 u. 61 -, die permselektive Schicht 13 wasserdampfdurchlässig und für organische Dämpfe undurchlässig sein -vgl. Sp. 2 Zn. 45 bis 49 u. Sp. 4 Zn. 45 bis 49. Die mikroporöse Trägerschicht 12 kann aus einer Vielzahl von Polymeren, darunter Polyurethan bestehen, bevorzugt jedoch aus Polyamin -vgl. Sp. 8 Zn. 45 bis 64. Die mikroporöse Trägerschicht 12 umfasst ein Cellulosederivat -vgl. Sp. 11 Zn. 19 bis 36. Unter der Annahme, dass die Adsorptionsschicht zur Sperrschicht zugerecht wird, ist eine dreilagige Sperrschicht aus u. a. Polysulfon/Cellulosederivat/Polyurethan offenbart, jedoch keine PU/PU/PU oder PU/Cel/PU Sperrschicht. Eine Anregung, eine solche Sperrschicht einzusetzen, ist in D6 nicht gegeben. So ist die Verwendung von Polyurethan für die mikroporöse Trägerschicht 12 in D6 nicht zwingend vorgeschrieben, sondern als eine von sieben Polymerstoffgruppen genannt. Als besonders geeignet ist dort Polyamin hervorgehoben -vgl. Sp. 8 Zn. 45 bis 64 -, so dass der Fachmann diese Schicht aus einem anderen Polymeren als nach dem Streitpatent, nämlich Polyamin, ausführen würde.

Die Druckschrift EP 0 827 451 B1 (D7) befasst sich mit einem Laminat zum Rückhalt von organischen Dämpfen, Aerosolen und biologischen Wirkstoffen. Eine Adsorptionsschicht auf Basis von Aktivkohle gemäß Merkmal 4.1 ist in D7 nicht offenbart, so dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber D7 neu ist.

Das Laminat gemäß D7 weist mindestens drei Schichten auf, wobei mindestens eine Schicht eine ganzflächig von Polymeren auf Cellulosegrundlage ausgebildete Sperrschicht ist und mindestens die beiden übrigen der mindestens drei Schichten als flüssigkeitssperrende und wasserdampfdurchlässige Trennschichten auf jeder Seite der Sperrschicht angeordnet sind -vgl. Anspruch 1. Gemäß Anspruch 3 enthält die Trennschicht Polymere auf Copolyetherestergrundlage. Bezüglich der dreischichtigen Laminate entnimmt der Fachmann der D7 die Lehre, eine innere Schicht aus Polymeren auf Cellulosegrundlage und die beiden äußeren Schichten aus Polymeren auf Copolyetherestergrundlage bereitzustellen. Dazu wird er durch die Ausführungsbeispiele auch bestärkt, die nur solche Schichtlaminate betreffen. In D7 ist ausgeführt, dass in einer weiteren Ausführungsform auch Zwischenschichten aus verschiedenen Membranen und/oder getränkten bzw. beschichteten Geweben, Vlies, Filz etc., eingesetzt werden können -vgl. Abs [0060]. Die der Außenschicht und/oder Innenschicht zugewandten Zwischenschichten können mit einem Kleber, vorzugsweise einem wasserdampfdurchlässigen und wasserdichten Kleber mindestens abschnittsweise wie punkt-, gitter-, strich-, und/oder streifenförmig verklebt werden, wobei sich als Kleber herkömmliche Dispersions-, Lösungsmittel-, Schnelloder Reaktionskleber eignen -vgl. Abs. [0061]. Polyurethan ist in diesem Zusammenhang als Kleber genannt, der aufgrund seiner geringen Quellfähigkeit und maximalen Laminathaftung und Klebekraft eine chemische oder auch wässrige mechanische Waschbehandlung ermöglicht -vgl. Abs. [0062]. Selbst unter der Annahme, dass der Fachmann aus der großen Menge von möglichen Klebern gerade Polyurethankleber auswählen und eine mögliche Zwischenschicht an der Innenschicht zugewandten Seite mit der Innenschicht flächig verkleben würde, hätte nur zu einer Sperrmembran aus PU/Cel/Polymeren auf Copolyetherestergrundlage geführt. Anlass auf der gegenüberliegenden Seite der Innenschicht noch eine zusätzliche Zwischenschicht anzubringen und diese ebenfalls mit einem Polyurethankleber flächig zu verkleben, hatte er jedenfalls nicht. Hinweise darauf konnte er auch nicht aus den übrigen Dokumenten entnehmen.

Die Druckschriften WO 95/33007 A1 (D20) und WO 96/37365 (D25) offenbaren den gleichen Inhalt wie die D7.

Die Druckschrift US 5 017 424 A (D18) beschäftigt sich mit einem Kompositmaterial für Schutzanzüge -vgl. Sp. 1 Abs. 1. Das Kompositmaterial umfasst -vgl. Anspruch 1 -eine erste innere Schicht, die aus Polyurethan bestehen kann -vgl. Anspruch 17 -, eine zweite äußere Schicht aus einem Gewebe, eine dritte Zwischenschicht aus dehnbarem Gewebe mit Adsorptionspartikeln, wie Aktivkohle -vgl. Sp. 2 Zn. 36 bis 41 -zwischen erster und zweiter Schicht. Auf dem dehnbaren Gewebe kann u. a. ein Polyurethanfilm aufgebracht sein -vgl. Sp. 2 Zn. 48 bis 53. Zwischen dritter und zweiter Schicht kann zusätzlich noch eine vierte Schicht zum Schutz der Aktivkohle Verwendung finden. Die vierte Schicht kann einen Polyurethanfilm umfassen. Eine fünfte alleräußerste Gewebeschicht, die der inneren ersten Schicht entspricht, ist optional vorgesehen. Damit kann der D18 eine Sperrschicht entnommen werden, die aus Polyurethan, Polyurethanfilm/Gewebe mit Aktivkohle, Polyurethanfilm besteht. Eine dreilagige Sperrschicht aus PU/PU/PU, oder PU/Cel/PU entsprechend dem Streitpatent ist in D18 nicht offenbart. Der Fachmann hatte auch keinen Anlass die Lehre aus D18 dahingehend zu interpretieren, die Aktivkohleschicht an einer anderen Stelle anzubringen.

Die erfindungsgemäße Lösung, ein Adsorptionsmaterial, insbesondere für die Herstellung von Schutzmaterialien bereitzustellen, das die Merkmale 4.1 bis 4.3.2 aufweist, hat weder aus den in Betracht zu ziehenden Entgegenhaltungen noch deren Zusammenschau nahe gelegen. Vielmehr begründet gerade die spezielle Kombination der Merkmale die erfinderische Tätigkeit.

Die anderen Entgegenhaltungen liegen vom Gegenstand des Streitpatents weiter weg und geben bezüglich der Merkmale keinerlei Hinweise oder Anstöße.

c) Auch die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 36, 37 und 38 sind neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit. Patentansprüche 36 und 37 betreffen Verfahren zur Herstellung des Adsorptionsmaterials. Patentanspruch 38 betrifft die Verwendung des Adsorptionsmaterials zur Herstellung von Schutzmaterialien aller Art.

In keiner der entgegen gehaltenen Druckschriften D1 bis D25 sind die Verfahren zur Herstellung des streitgemäßen Adsorptionsmaterials in der Gesamtheit der Merkmale, insbesondere der Merkmale 4.1 bis 4.3.2 beschrieben und werden von diesen Druckschriften auch nicht nahe gelegt, vgl. die Ausführungen zu Patentanspruch 1. Dies gilt auch für die Verwendung gemäß Patentanspruch 38.

d) In Verbindung mit Patentanspruch 1 haben auch die darauf direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 35 und 39 Bestand, da sie vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsformen und Verwendung des im Anspruch 1 angegebenen Adsorptionsmaterials beschreiben.

F. Feuerlein Schwarz-Angele Dipl.-Chem. Zettler ist Lange im Urlaub und deshalb an der Unterschrift gehindert.

F. Feuerlein Fa






BPatG:
Beschluss v. 11.03.2010
Az: 15 W (pat) 364/05


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