Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. November 2010
Aktenzeichen: 27 W (pat) 209/09

(BPatG: Beschluss v. 23.11.2010, Az.: 27 W (pat) 209/09)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 13. März 2008 angemeldete und am 28. April 2008 für die Waren und Dienstleistungen

"Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker; Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen"

eingetragene Wortmarke 302 008 017 048 Bombaist Widerspruch erhoben worden aus der am 1. April 1996 angemeldeten und am 18. August 1999 eingetragenen Gemeinschaftswortmarke GM 122 622 la bamba nach teilweiser Löschung nur noch geschützt ist für

"Fruchtnektare und Fruchtsäfte".

Der Widerspruch wird auf alle Waren der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Waren/Dienstleistungen des angegriffenen Zeichens.

Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patentund Markenamts hat den Widerspruch mit Erstbeschluss vom 29. Januar 2009 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die Erstprüferin, die ihrer Entscheidung noch das ursprüngliche Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt hatte, hielt die Vergleichsmarken ausgehend von teilweiser Warenidentität bzw. teilweiser Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund des der Widerspruchsmarke vorangestellten Bestandteils "la" nicht für verwechselbar. Sie hat ausgeführt, der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke werde von beiden Wortbestandteilen geprägt, also auch von dem bestimmten Artikel in italienischer Sprache "la". Dieser dem inländischen Publikum in seiner Bedeutung und sprachlichen Herkunft weithin bekannte Artikel habe innerhalb einer kombinierten Marke für das inländische Publikum die Funktion, die sprachliche Herkunft der Marke zu zeigen. Somit sei es unzulässig, bei der markenrechtlichen Gegenüberstellung den Bestandteil "bamba" der Widerspruchsmarke isoliert kollisionsbegründend herauszugreifen.

Verwechslungsmindernd wirke außerdem die Tatsache, dass es sich bei der Widerspruchsmarke "la bamba" um einen feststehenden Gesamtbegriff handle, der als Bezeichnung für einen lateinamerikanischen Modetanz in den 70er Jahren, und wegen des Evergreens "la bamba" aus den 50er/60er Jahren, weithin bekannt sei.

Die von der Widersprechenden nicht begründete Erinnerung hat die Markenstelle mit Beschluss vom 13. Juli 2009 aus den Gründen des Erstbeschlusses zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Marken für verwechselbar. Die Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke seien mit den Waren der Widerspruchsmarke hochgradig ähnlich. Die Vergleichsmarken seien fast identisch. Das HABM habe in einer Entscheidung vom 3. Oktober 2006 eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken "Bomba" und "la Bamba" festgestellt.

Die Widersprechende stellt (sinngemäß) den Antrag, die Beschlüsse der Markenstelle vom 29. Januar 2009 und vom 13. Juli 2009 aufzuheben und die Marke 30 2008 017 048 zu löschen.

Die Markeninhaberin, die im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt hat, vertritt die Auffassung, die Marken seien nicht verwechselbar.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat keinen Erfolg. Die einander gegenüberstehenden Marken unterliegen auch nach der Auffassung des Senats keiner Gefahr der Verwechslung gemäß § 42 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 125b Nr. 1 MarkenG.

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder die Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren und Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und -davon abhängig -der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238, Nr. 18 f. -PICASSO; BGH GRUR 2007, 321, 322 -COHIBA). Nach diesen Grundsätzen besteht im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr.

a) Die zugunsten der Widerspruchsmarke allein noch geschützten Waren "Fruchtnektare und Fruchtsäfte" sind entfernt bis durchschnittlich ähnlich mit einem Teil der Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke, nämlich mit den Waren "konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 109 unter Hinweis auf BPatG 32 W (pat) 259/02); Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 108 zu Gelees unter Hinweis auf BPatG 28 W (pat) 77/88); Milch und Milchprodukte (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 109 unter Hinweis auf BPatG 32 W (pat) 263/03); Kaffee, Kakao (vgl. Richter/Stoppel. a. a. O., unter Hinweis auf BPatG 32 W (pat) 263/07); Tee, Zucker, Honig (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., unter Hinweis auf HABM BK R 192/01-4) sowie Speiseeis (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., unter Hinweis auf BPatG 32 W (pat) 216/04) und zu der Dienstleistung "Verpflegung von Gästen" (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 388 zum Verhältnis zu alkoholfreien Getränke unter Hinweis auf BPatG 25 W (pat) 264/03). Die übrigen Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke sind mit den Widerspruchswaren nicht ähnlich.

b) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

c) Den danach erforderlichen überdurchschnittlichen Abstand hält die jüngere Marke aufgrund des nur der Widerspruchsmarke vorangestellten Bestandteils "la" und des Buchstabens "o" statt des Buchstabens "a" ein. Schriftbildlich wird der zusätzliche Bestandteil "la" nicht übersehen werden.

Auch der klangliche Abstand ist, insbesondere wegen des Artikels "la" aber auch wegen des "o" statt des "a" ausreichend. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit kollidierender Marken kann der Artikel "la" nicht ohne Weiteres vernachlässigt werden (vgl. BGH GRUR 2005, 326, 327 il Padrone/il Portone in Bezug auf den bestimmten Artikel "il" der italienischen Sprache). Die Verbraucher haben keine Veranlassung, diesen Bestandtteil bei der Benennung wegzulassen. Als bestimmter Artikel und Substantiv sind die beiden Wörter der Widerspruchsmarke vielmehr aufeinander bezogen und bilden einen Gesamtbegriff, den der Verbraucher im Alllgemeinen als solchen wahrnehmen und nicht in seine Bestandteile zerlegen wird.

Gegen eine Verwechslungsgefahr spricht schließlich auch der von der Markenstelle im Erstbeschluss aufgezeigte Sinngehalt der Widerspruchsmarke, nämlich der bekannte gleichnamige Musiktitel "la bamba". Dieser Sinngehalt, der in der jüngeren Marke keine Entsprechung findet, erleichtert eine Unterscheidung in klanglicher Hinsicht. Hinzu kommt die Ähnlichkeit nur des jüngeren Zeichens mit dem bekannten deutschen Wort "Bombe".

Dass das HABM eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken bejaht haben soll, wie die Widersprechende behauptet hat, vermag keine andere Entscheidung zu begründen, da eine abweichende Entscheidung des HABM für den Senat keine Bindungswirkung hat.

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.

Dr. Albrecht Werner Kruppabr/Me






BPatG:
Beschluss v. 23.11.2010
Az: 27 W (pat) 209/09


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