Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 28. Mai 2009
Aktenzeichen: Xa ZR 10/05

(BGH: Beschluss v. 28.05.2009, Az.: Xa ZR 10/05)

Tenor

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I. Die Beklagte war Inhaberin des am 9. März 1989 angemeldeten, mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten und im Verlauf des Berufungsverfahrens durch Zeitablauf erloschenen europäischen Patents 333 045 (Streitpatents), das ein Vakuumtransportsystem für Abwasser betrifft. Das Streitpatent umfasst neun Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Französisch:

"Procede d'evacuation d'eaux usees par aspiration et refoulement à l'aide d'une pompe dans lequel un collecteur tubulaire (42) est relie par un passage d'aspiration (33) à ladite pompe et reoit lesdites eaux usees sous la forme de bouchons successifs, ainsi que des masses d'air consecutives à ces bouchons et provenant de l'atmosphre, et ladite pompe aspire ces bouchons et ces masses d'air consecutives en abaissant la pression d'air dans ledit collecteur à une pression d'aspiration inferieure à la pression atmospherique, et refoule par un passage de refoulement (34) lesdites eaux usees sous une pression d'evacuation superieure à ladite pression d'aspiration et suffisante pour permettre leur evacuation, caracterise par le fait que ladite pompe mise en oeuvre est une pompe à anneau liquide (P) qui est en outre munie d'un passage d'alimentation en eau (19) pour recevoir un debit minoritaire d'une eau d'alimentation propre à former et/ou entretenir un anneau liquide dans cette pompe."

Wegen des Wortlauts der weiteren Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin, deren 100-prozentige Tochtergesellschaft J. AS von der Beklagten aus dem Streitpatent in Anspruch genommen wird, hat mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemacht, das Streitpatent sei nicht patentfähig, weil sein Gegenstand nicht neu sei, jedenfalls aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Sie hat beantragt, das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt, hilfsweise hat sie das Streitpatent in der Fassung von drei Hilfsanträgen verteidigt.

Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihr Klageziel weiterverfolgt hat.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat in erster Linie die Verwerfung der Berufung als unzulässig und in zweiter Linie die Zurückweisung der Berufung beantragt. Hilfsweise hat sie weiterhin das Streitpatent in der Fassung der drei in erster Instanz gestellten Hilfsanträge verteidigt.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Professor Dr.-Ing. M. G. , Universität Karlsruhe, Fachgebiet Strömungsmaschinen, ein schrift- liches Gutachten erstattet.

Im Hinblick auf das Erlöschen des Streitpatents haben die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

II. Die übereinstimmende Erledigungserklärung hat zur Folge, dass die Parteien nicht mehr um die Frage der Nichtigerklärung des Streitpatents streiten und das angefochtene Urteil wirkungslos ist; gemäß § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91a ZPO ist nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Diese Entscheidung hat auf der Grundlage des bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung von den Parteien Vorgebrachten sowie der bis dahin erhobenen Beweise zu erfolgen. Auf dieser Grundlage entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben, denn die zulässige Berufung hätte voraussichtlich teilweise Erfolg gehabt.

1. Die Berufung war zulässig. Allerdings enthält die Berufungsbegründung nicht ausdrücklich die nach § 111 Abs. 3 Nr. 1 PatG erforderliche Erklärung, inwieweit das Urteil des Bundespatentgerichts angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge). Aus dem Zusammenhang der Berufungsgründe ergibt sich jedoch, dass die Klägerin das Streitpatent in demselben Umfang wie in der ersten Instanz angegriffen hat und hat erreichen wollen, dass das Patent unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt für nichtig erklärt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht dies für die Zulässigkeit der Berufung aus (Urt. v. 06.04.2004 - X ZR 155/00, Ls. in Mitt. 2005, 22; v. 13.01.2004 - X ZR 124/02, Schulte-Kartei PatG 110 - 122 Nr. 64, m.w.N.).

2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Abtransport von Abwässern durch Saugen und Fördern mit Hilfe einer Pumpe. Die Patentschrift bezeichnet eingangs Systeme zum Abtransport von Abwässern mittels Vakuum als seit Langem bekannt. Abwässer aus WC-Schüsseln, die oft wenig feste Stoffe enthielten, bewegten sich in den Vakuumauslassrohren in Form von Paketen, die den ganzen Durchmesser der Rohre einnähmen. Im Vergleich zum Abtransport der Abwässer mittels Schwerkraft habe die Vakuumentleerung drei Vorteile: Die für die Vakuumentleerung notwendigen Rohre hätten einen weitaus kleineren Durchmesser als diejenigen, die für die Schwerkraftentleerung notwendig seien. Die Vakuumentleerung funktioniere unabhängig von der Neigung der Rohre und erlaube deshalb, das Abwasser entsprechend dem Wert des Unterdrucks auf eine maximale Höhe anzuheben. Die Entleerung der Abwässer erfordere schließlich nur ein geringes Spülvolumen.

Zur Erzeugung des Vakuums seien verschiedene Lösungen bekannt:

Eine bekannte Technik bestehe darin, die Abwässer in einem Behälter aufzufangen, der mittels einer Vakuumpumpe unter Vakuum gesetzt werde. Um die Entleerung des Behälters durchzuführen, ohne den Betrieb der Anlage zu unterbrechen, sei es erforderlich, eine weitere Pumpe einzusetzen, die die Abwässer ansaugen könne. Da die Abwässer unter Vakuum gelagert würden, entstehe außerdem kein aerober Abbau der Stoffe.

Aus dem französischen Patent 2 502 666 sei zur Vermeidung dieser Nachteile bekannt, die Anlage durch eine Barometersäule zu ergänzen, die es ermögliche, die Abwässer kontinuierlich vom Unterdrucknetz zu einem Kollektor auf Atmosphärendruck zu transferieren. Ein Lagerbehälter sei dann nicht mehr unbedingt notwendig. Der Hauptnachteil dieser Technik bestehe darin, dass ein großer Höhenunterschied zwischen dem Kollektor und dem Tiefpunkt des Vakuumsystems bestehen müsse.

Eine weitere Lösung (US-Patentschrift 4 034 421 - K 3) verwende einen unter Atmosphärendruck stehenden Lagerbehälter. Eine Umwälzpumpe sauge die in diesem Behälter gelagerten Abwässer an und fördere sie unter Druck in eine Flüssigkeitsstrahlpumpe (Ejektor), von dem sie wieder in den Lagerbehälter gelangten. Diese Technik habe den Vorteil, dass der Lagerbehälter auf Atmosphärendruck bleibe, ohne die Anlage besonders kompliziert zu machen. Sie habe jedoch wegen der verwendeten Ejektoren einen schlechten Wirkungsgrad.

Eine vierte Möglichkeit bestehe darin, eine Vakuumpumpe mit archimedischer Spirale zu verwenden, um ein Vakuum in einem Behälter zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, der mit dem Abwassersammelnetz verbunden sei. Die hierzu eingesetzte spezielle Schraubenpumpe könne keine festen Stoffe transportieren. Deshalb müsse der Behälter so ausgerüstet sein, dass dort die Feststoffe aussortiert und zerkleinert werden könnten. Dadurch werde die Anlage wesentlich komplexer.

Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Streitpatent das Problem zugrunde, ein einfaches Verfahren zur Entleerung von Abwässern mit gutem energetischem Wirkungsgrad zur Verfügung zu stellen.

Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Die Abwässer werden durch Saugen und Fördern mit Hilfe einer Pumpe abgeleitet.

2. Mit der Pumpe ist über einen Saugeinlass (passage d'aspiration) ein rohrförmiger Kollektor verbunden.

3. Der Kollektor nimmt die Abwässer in Form von aufeinanderfolgenden Pfropfen (bouchons) sowie auf diese Pfropfen folgenden, der Atmosphäre entnommenen Luftmassen auf.

4. Die Pumpe saugt die Pfropfen und die nachfolgenden Luftmassen an, indem sie den Luftdruck im Kollektor auf einen Saugdruck unterhalb des Atmosphärendrucks senkt.

5. Die Pumpe gibt die Abwässer durch einen Förderauslass mit einem Auslassdruck ab, der höher als der Ansaugdruck ist und ausreicht, um die Abförderung zu erlauben.

6. Als Pumpe wird eine Flüssigkeitsringpumpe eingesetzt.

7. Die Pumpe ist mit einem Wasserversorgungseinlass versehen.

8. Der Wasserversorgungseinlass stellt einen geringen Wasserzufluss zur Verfügung, der ausreicht, einen Flüssigkeitsring in der Pumpe zu bilden oder aufrechtzuerhalten.

Die Flüssigkeitsringpumpe hat danach die Funktion, den Luftdruck im Kollektor auf einen Unterdruck zu senken, der geeignet ist, die aufeinander folgenden Pfropfen und Luftmassen anzusaugen, und einen Förderdruck zu erzeugen, der ausreicht, um die Abwässer unter einem gegenüber dem Saugdruck höheren Auslassdruck über den Förderauslass der Pumpe abzuleiten. Die Patentschrift bezeichnet es als Vorteil der Erfindung, dass die Flüssigkeitsringpumpe gleichzeitig die Funktion einer Vakuumpumpe, einer Wasserpumpe und eines Zerkleinerers für weiches Material erfülle, weniger elektrische Leistung benötige als eine Anlage mit Ejektoren gleicher Saugkraft und schließlich ein Lagerbehälter nicht zwingend erforderlich sei (Sp. 5 Z. 21-29).

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung sowie in der Fassung der Hilfsanträge war durch die in der Berufungsinstanz vorgelegte nachveröffentlichte ältere europäische Patentanmeldung 287 359 (K 17) vorweggenommen. Bei dem Abwassersammelsystem nach der K 17 wird ein Vakuumtank verwendet, der mittels einer luft- und flüssigkeitsdurchlässigen Trennplatte in zwei Kammern geteilt ist, und zwar in eine erste Kammer, an die das Kollektorsystem angeschlossen ist, und eine zweite Kammer, an die ein Saugrohr angeschlossen ist, über das die Schraubenpumpe oder eine andere Vakuumpumpe wie etwa eine Strahlpumpe für ein Vakuum im Vakuumtank sorgt. Mit der ersten Kammer steht ein Zerhacker oder Zerkleinerer in Verbindung, der Feststoffe zerkleinern und diese über ein Verbindungsrohr mit der Flüssigkeit aus der ersten Kammer zur zweiten Kammer transportiert, von der sie über die Pumpe zu einem Speichertank oder dergleichen gepumpt wird.

Die Beklagte macht geltend, bei dem Abwassersammelsystem nach der K 17 seien die Merkmale 2 und 6 nicht verwirklicht. Dies trifft nicht zu.

a) Es fehlt zunächst nicht an der erfindungsgemäßen Verbindung des Saugeinlasses der Pumpe mit einem rohrförmigen Kollektor (Merkmal 2). Patentanspruch 1 besagt dazu nicht mehr, als dass der rohrförmige Kollektor über einen Saugdurchlass mit der Pumpe verbunden ist. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Beschreibung (Sp. 5 Z. 6-9) der Auslassstutzen über eine Rohrleitung "directement" mit der Entleerungs- oder Abwasserleitung verbunden ist. Im vorangehenden Satz (Sp. 5 Z. 5/6) wird über den Ansaugstutzen hingegen nur gesagt, dass er an das Sammelnetz angeschlossen sei. Dementsprechend wird in Figur 5 gezeigt und in Spalte 5 Zeilen 31 bis 37 beschrieben, dass bei einer bevorzugten Anordnung vor der Pumpe eine Falle angeordnet ist, die dazu dient, sehr schwere Teilchen zurückzuhalten, die zufällig oder versehentlich in die Sammelanlage für Abwässer eingeführt werden und die Flüssigkeitsringpumpe beschädigen könnten. Gemäß einer anderen bevorzugten Anordnung wird zwischen dem Vakuumnetz oder der Flüssigkeitsringpumpe ein Rückschlagventil und vor dem Ventil eine Vakuumsonde angeordnet (Sp. 5 Z. 46-53). Die Anordnung weiterer Bauteile zwischen Pumpe und Kollektorsystem steht danach der Verbindung des Saugeinlasses der Pumpe mit einem rohrförmigen Kollektor im Sinne des Streitpatents nicht entgegen.

b) Die Entgegenhaltung beschreibt auch eine Flüssigkeitsringpumpe im Sinne des Merkmals 6.

Dieser Begriff bezeichnet, wie oben dargestellt, eine Pumpe, die mit Hilfe eines abdichtenden Flüssigkeitsrings an der Gehäuseperipherie arbeitet und die gleichzeitig die Funktion einer Vakuumpumpe, einer Wasserpumpe und eines Zerkleinerers für weiches Material erfüllt. Weitergehende konstruktive Vorgaben bezüglich dieser Pumpe enthält Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht. Insbesondere verlangt er nicht, dass es sich um eine Flüssigkeitsringpumpe mit Rotorschaufeln handelt. Diese Ausgestaltung der Flüssigkeitsringpumpe gibt vielmehr erst Patentanspruch 8 an. Hieraus folgt, dass auch andere Flüssigkeitsringpumpen als solche mit Rotorschaufeln durch Patentanspruch 1 erfasst sind.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist eine derartige Pumpe in der Druckschrift K 17 dargestellt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in dem Berufungsurteil im Verletzungsrechtsstreit festgestellt, dass auch eine Schraubenpumpe, wie sie von der Verletzungsbeklagten verwendet wird, eine gewisse Zerkleinerungsfunktion auszuüben vermag. Andere Erkenntnisse stehen dem Senat nicht zur Verfügung; vielmehr sind auch die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die - mit einem Flüssigkeitsring arbeitende - Schraubenpumpe nach der Druckschrift K 17 eine Flüssigkeitsringpumpe im Sinne des Merkmals 6 darstellt.

4. Die Beklagte hätte jedoch voraussichtlich mit Erfolg einen Patentanspruch verteidigen können, der die Flüssigkeitsringpumpe dahin näher charakterisiert, dass es sich um eine Pumpe mit Schaufelrotor handelt.

a) Eine solche Pumpe wird in der Beschreibung - und in den ursprünglichen Unterlagen - erläutert. Bereits bei der Darstellung des Standes der Technik wird in Bezug auf die dort als vierte bekannte Technik zur Erzeugung des Vakuums bezeichnete Lösung ein System mit einer Schraubenpumpe beschrieben, wie sie auch in der K 17 zur Anwendung kommt, um ein Vakuum in einem Behälter zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, der mit dem Sammelnetz der Abwässer verbunden ist. Zu dieser Technik wird ausgeführt, dass die Pumpe keine festen Stoffe transportieren könne und der Behälter deshalb so ausgerüstet sein müsse, dass er die Feststoffe aussortieren und zerkleinern könne. Dadurch werde die Anlage wesentlich komplexer. Dem wird das Prinzip einer Flüssigkeitsringpumpe wie aus der französischen Patentanmeldung 2 127 865 bekannt gegenübergestellt und dazu ausgeführt, dass diese Pumpe einen Rotor mit Schaufeln aufweise, der von einem Elektromotor angetrieben werde (Sp. 3 Z. 36-43). Hervorgehoben wird dies auch bei der Darstellung der Vorteile der Erfindung, die darin liegen, dass eine einzige drehende Maschine für die dreifache Funktion einer Vakuumpumpe, einer Wasserpumpe und eines Zerkleinerers ausreiche (Sp. 5 Z. 21-29).

Diese Ausführungen in der Beschreibung sind zwar nicht geeignet, das Merkmal 6 enger auszulegen. Bei ausdrücklicher Beschränkung des Patentanspruchs 1 auf eine solche Pumpe hätte der Neuheit der Gegenstand der K 17 jedoch nicht entgegengestanden, denn diese gibt keine Flüssigkeitsringpumpe mit Schaufelrotor an.

b) Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hätte der Patentfähigkeit des auf eine Pumpe mit Schaufelrotor beschränkten Gegenstands des Patentanspruchs 1 auch der erstinstanzlich angeführte Stand der Technik nicht entgegengestanden.

aa) Das Bundespatentgericht hat seine entsprechende Beurteilung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die hinsichtlich der Neuheit allein entgegengehaltene US-Patentschrift 1 678 909 (K 4) beschreibe eine zur Verwendung unter anderem in Abwassersystemen in Betracht kommende Pumpenanordnung. Als zu fördernde Medien würden Gase und Flüssigkeiten genannt. Dass die geförderten Abwässer aus aufeinander folgenden Pfropfen sowie auf diese folgenden Luftmassen bestehen könnten, sei dieser Veröffentlichung ebenso wenig zu entnehmen wie ein Hinweis darauf, dass die Pumpenanordnung in einem Vakuumsammelsystem eingesetzt werde, in dem eine alternierende Abfolge von Gas und Fest-Flüssig-Paketen gefördert werde.

Die Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents habe sich für den Fachmann - einen mit der Konstruktion von Vakuumtransportsystemen für Abwasser befassten Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau - auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben. Die Erfindung gehe von einem Verfahren aus, wie es in der - in der Beschreibung diskutierten - US-Patentschrift 4 043 421 (K 3) erläutert sei. Eine Anregung, die dort verwendete Flüssigkeitsstrahlpumpe durch eine andere Pumpe zu ersetzen, sei dieser Druckschrift nicht zu entnehmen und ergebe sich auch nicht aus der US-Patentschrift 1 678 909 (K 4). Die dort beschriebene Pumpe arbeite lediglich bei der Förderung von Gasen als Flüssigkeitsringpumpe, bei der Förderung von Flüssigkeiten jedoch als Zentrifugalpumpe. Zwar sei dem Fachmann bekannt, dass mit Flüssigkeitsringpumpen auch weiche Feststoffe gefördert werden könnten. Der grundlegende Gedanke der Erfindung, eine Flüssigkeitsringpumpe zur Förderung von aus aufeinanderfolgenden Pfropfen sowie auf diese folgenden Luftmassen bestehenden Abwässer in einem Vakuumtransportsystem einzusetzen, habe jedoch kein Vorbild im Stand der Technik.

bb) Dies hätte voraussichtlich den Angriffen der Berufung standgehalten:

(1) Zu Recht hat das Patentgericht die Entgegenhaltung K 4 nicht als neuheitsschädlich angesehen.

Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist ein Verfahren, bei dem die Abwässer mittels einer Flüssigkeitsringpumpe (Merkmal 6) in einen rohrförmigen Kollektor gesaugt werden, der die Abwässer in Form von aufeinanderfolgenden Pfropfen sowie auf diese Pfropfen folgenden, der Atmosphäre entnommenen Luftmassen aufnimmt (Merkmale 2 und 3). Ein derartiges Verfahren ist in der K 4, wie das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht offenbart.

Zwar hat der gerichtliche Sachverständige bezweifelt, dass bei dem erfindungsgemäßen Verfahren tatsächlich Pfropfen am Saugeinlass ankommen. Der Grund hierfür ist jedoch der Umstand, dass Wasser in horizontalen Rohren die Tendenz hat, sich über die Länge am Rohrboden auszubreiten, so dass nur bei sehr kleinen Rohrdurchmessern, wenn die Oberflächenspannung eine dominierende Rolle spielt, und bei kleinen Strömungsgeschwindigkeiten Luft- und Flüssigkeitskolben über längere Strecken stabil sein können. Hingegen bilden sich in vertikalen Rohren solche Kolben, die auch als über längere Strecken stabil bezeichnet werden können. Ihre Förderung mittels einer Flüssigkeitsringpumpe ist in der US-Patentschrift nicht offenbart. Die dort beschriebene modifizierte "Nash-Pumpe" arbeitet vielmehr, wenn sie, wie in der Schrift erörtert, etwa als Sumpfpumpe verwendet wird, als Zentrifugalwasserpumpe ("This will lift the water up to the pump which will thereafter act as a centrifugal pump, lifting and pumping the water from the sump", S. 2 Z. 52-55). Gerade zu diesem Zweck sind zwei zusätzliche Auslässe (G) im Pumpengehäuse vorgesehen und mit Rohren (H) verbunden, die vorzugsweise an ein einzelnes, über eine beträchtliche Höhe nach oben geführtes und mit einem Sammelrohr (J) verbundenes Rohr (I) angeschlossen sind, in dem ein geodätischer Druck aufgebaut wird. Zu Recht hat der gerichtliche Sachverständige auch in dieser räumlichkörperlichen Konfiguration der verwendeten Pumpe einen Unterschied zu der erfindungsgemäß verwendeten Flüssigkeitsringpumpe gesehen, bei der für solche zusätzlichen Auslässe kein Raum ist.

(2) Auch die Bewertung des erfindungsgemäßen Verfahrens als durch den erstinstanzlich erörterten Stand der Technik nicht nahegelegt erscheint zutreffend.

Die US-Patentschrift 4 034 421 (K 3) stellt als besonderen Vorteil heraus, das mittels der Ejektorfunktion einer auf der Druckseite der Umwälzpumpe angeschlossenen Flüssigkeitsstrahlpumpe das erforderliche Vakuum hergestellt werden könne. Darüber hinaus ermögliche die Flüssigkeitsstrahlpumpe eine gute und effiziente Vermischung der nach Spülen des WC in die Vakuumleitungen gesaugten Luft mit der umlaufenden Flüssigkeit; sie arbeite außerdem weitaus geräuschärmer als eine herkömmliche Vakuumpumpe. Die Schrift gab dem Fachmann, dem - wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat - schon im Anmeldezeitpunkt der K 3 die gegenüber einer Flüssigkeitsringpumpe geringere Effizienz einer Flüssigkeitsstrahlpumpe bekannt war, daher keine Veranlassung, die für das System der K 3 gerade als besonders geeignet erkannte Flüssigkeitsstrahlpumpe zu ersetzen.

Erst recht kam dafür keine Flüssigkeitsringpumpe in Betracht, die vornehmlich zum Komprimieren und Evakuieren von Gasen eingesetzt worden ist. Auch in dem von der Klägerin vorgelegten Pumping Manual (6. Aufl. 1979 - K 8) heißt es lediglich, Flüssigkeitsringpumpen seien eine sehr gute Wahl für Aufgaben, bei denen Gase einen hohen Flüssigkeitsgehalt hätten oder korrosiv seien; selbst gelegentliche weiche Feststoffe ließen sie nahezu unbeeinträchtigt. Dementsprechend gibt die K 4 ausdrücklich an, dass die "Nash-Pumpe" besonders an Gase angepasst sei und bei der Handhabung von Flüssigkeiten nicht effizient arbeite (S. 1 Z. 45-48). Gerade deswegen wird sie nach der K 4 so modifiziert, dass sie bei der Förderung von Flüssigkeiten als Zentrifugalpumpe arbeiten kann.

Der Richtigkeit dieser Überlegung des Bundespatentgerichts steht auch der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin hervorgehobene Umstand entgegen, dass erfindungsgemäß überwiegend Gas transportiert wird. Denn ungeachtet dessen lag das zu bewältigende technische Problem nicht im Gastransport, sondern im Abtransport des mit Feststoffen durchsetzten Abwassers.

Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Achilles Berger Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 23.11.2004 - 3 Ni 32/03 (EU) -






BGH:
Beschluss v. 28.05.2009
Az: Xa ZR 10/05


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