Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 20. Mai 2008
Aktenzeichen: 3 U 225/07

(OLG Hamburg: Beschluss v. 20.05.2008, Az.: 3 U 225/07)

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

1. Das landgerichtliche Urteil ist richtig. Die Berufung enthält keine durchgreifenden Angriffe.

2. Die Berufungsbegründung zeigt Rechtsfehler bei der Feststellung der Tatsachengrundlage oder bei der Begründung des Urteils nicht auf. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

3. Die Berufungsbegründung gibt lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:

Der Beklagte verteidigt sich im Wesentlichen damit, dass der auf seiner Homepage befindliche Hinweis €Preisangaben inkl. gesetzl. MwSt. und zzgl. [Versandkosten]€ den Anforderungen der Preisangabenverordnung (PAngVO) genüge.

Die Klägerin hat mit den Anlagen JS 5 und JS 6 Ausdrucke des Angebots des Beklagten zur Akte gereicht und dazu vorgetragen, dass der o.g. Hinweis auf die gesetzliche Mehrwertsteuer und die Versandkosten -im Rahmen des am 31. August 2006 abrufbaren Internetangebots des Beklagten- erst bei einem Herabscrollen auf das Ende der Seite sichtbar wird (Anlagen JS 5 und JS 6). Zudem befand sich auf der Startseite kein entsprechender Sternchenhinweis (Anlage JS 12).

Soweit der Beklagte demgegenüber Ausdrucke seines Internetangebots vom 22. und 27. September 2006, auf denen der o.g. Hinweis nicht nur am Ende, sondern auch am Anfang der einzelnen Seiten angebracht war (Anlage K 1), vermögen diese die Gestaltung des Internetangebots im August 2006 (Anlagen JS 5 und JS 6) nicht zu widerlegen. Zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr genügt es auch nicht, den angegriffenen Internetauftritt aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Abmahnung (Anlage JS 7) abzuändern. Insoweit ist vielmehr die Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich.

In der Gestaltung vom 31. August 2006 (Anlagen JS 5 und JS 6) genügt der Hinweis auf die zusätzlich anfallenden Versandkosten nicht den Anforderungen, die nach der neueren BGH-Rechtsprechung an die preisangabenrechtlichen Hinweise zu stellen sind.

Die Vorschriften der PAngV sind dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zweck der PAngV ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (BGH GRUR 2008, 84, 86 € Versandkosten; BGH, Urteil vom 4. Oktober 2007, Az.I ZR 22/05, Nr. 21, -Umsatzsteuerhinweis, zitiert nach BeckRS 2008, 07177).

Der Beklagte, der Verbrauchern im Rahmen ihres Internetauftritts Waren zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags im Sinne des § 312 b BGB anbietet, ist bei einer Werbung unter Angabe von Preisen verpflichtet, zusätzlich zur Angabe der Endpreise i.S.d. § 1 Abs. 1 PAngV die in § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zu machen. Er hat deshalb gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 PAngV auch anzugeben, ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen (BGH GRUR 2008, 84, 86 - Versandkosten).

Die Art und Weise, in der die Hinweise gemäß § 1 Abs. 2 PAngV zu geben sind, richtet sich nach § 1 Abs. 6 PAngV. Wer Angaben nach der PAngV zu machen hat, ist gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV verpflichtet, diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Diese Voraussetzungen sind bei dem beanstandeten Internetauftritt des Beklagten nicht erfüllt.

Ein unmittelbarer räumlicher Bezug der Hinweise zu den Abbildungen der Waren oder ihren Beschreibungen wird durch § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV allerdings nicht zwingend gefordert (BGH GRUR 2008, 84, 86 - Versandkosten; BGH, Urteil vom 4. Oktober 2007, Az. I ZR 22/05, Nr. 22, -Umsatzsteuerhinweis, zitiert nach BeckRS 2008, 07177).

Die Bestimmung des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV, wonach die nach § 1 Abs. 2 PAngV zu machenden Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sind, kann im Einzelfall auf unterschiedliche Weise erfüllt werden (BGH GRUR 2008, 84, 86 € Versandkosten). In jedem Fall müssen die Angaben der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Wenn wie hier Waren des täglichen Gebrauchs beworben und angeboten werden, ist dabei maßgeblich auf den durchschnittlichen Nutzer des Internets abzustellen. Dieser ist mit den Besonderheiten des Internets vertraut; er weiß, dass Informationen zu angebotenen Waren auf mehreren Seiten verteilt sein können, die untereinander durch elektronische Verweise (€Links€) verbunden sind (BGH GRUR 2008, 84, 86 - Versandkosten).

Den Verbrauchern ist allgemein bekannt, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen können. Die Trennung von Warenpreis und Versandkosten beruht darauf, dass beim Vertrieb im Wege des Versandhandels regelmäßig Preisaufschläge für Versandkosten anfallen, die zumeist eine variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung (bezogen auf das einzelne Stück) abnehmende Belastung darstellen. Dem Verkehr ist geläufig, dass die Versandkosten als Drittkosten neben dem Warenpreis gesondert und nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung erhoben werden. Die Versandkosten sind danach nicht schon deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Warenpreis auszuweisen, weil sie als Teil des Gesamt- oder Endpreises anzusehen wären. Da der durchschnittliche Käufer im Versandhandel mit zusätzlichen Liefer- und Versandkosten rechnet, genügt es, wenn die fraglichen Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die allerdings noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss (BGH GRUR 2008, 84, 86 f. - Versandkosten).

Diese Anforderungen der Rechtsprechung erfüllt der Internetauftritt des Beklagten nicht.

Allerdings kann - hierauf ist bereits hingewiesen worden - den gesetzlichen Erfordernissen des § 1 Abs. 6 PAngV auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden. Die notwendigen Hinweise können nicht nur jeweils unmittelbar neben den Preisen der einzelnen Waren stehen, sondern z.B. auch in einem hervorgehobenen Vermerk auf derselben Seite (einer sog. Sternchen-Fußnote) oder auch auf einer nachgeordneten Seite, auf die ein unzweideutiger Link verweist. In allen diesen Fällen kommt es maßgeblich auf die Ausgestaltung der Hinweise im Einzelnen an (BGH GRUR 2008, 84, 86 - Versandkosten).

Der auf der Bildschirmseite des Beklagten angebrachte Hinweis auf die Versandkosten erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht. Es kann bereits nicht davon die Rede sein, dass der von dem Beklagten auf seiner Internetseite angebrachte Hinweis €leicht erkennbar und gut wahrnehmbar€ ist. Er befindet sich am Fuße der Internetseite, und wird nur beim Herabscrollen zum Ende der Seite sichtbar.

Insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen Zuordnung zu den konkreten Produktangeboten. Der Hinweis am Fuß der Seite steht beziehungslos zu den einzelnen Produktangeboten. Auf ihn wird weder durch einen hervorgehobenen Vermerk auf derselben Seite (eine sog. Sternchen-Fußnote), noch durch einen unzweideutigen Link, welcher auf eine nachgeordnete Informationsseite verweist, hingewiesen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass der Kunde € was der Bundesgerichtshof ebenfalls als eine zulässige Form des Hinweises ansieht € vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendigerweise auf eine Seite geführt wird, auf der sich die notwendigen Versandkostenangaben befinden.

Damit hängt es letztlich vom Zufall ab, ob dem Interessenten der von der Beklagten an der Fußzeile der Bildschirmdarstellung angebrachte Hinweis zur Kenntnis gelangt, oder nicht. Dies reicht auch auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus, um einen Verstoß gegen §§ 4 Nr. 11 UWG, 1 Abs. 2 PAngV zu vermeiden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Beklagten angeführten BGH-Entscheidung (BGH, GRUR 2007, 159 ff. - Anbieterkennzeichnung im Internet). Zwar lässt der BGH es in dieser Entscheidung ausreichen, dass die Anbieterangaben nicht direkt auf der Eingangsseite, sondern erst mit zwei Klicks zugänglich sind. Anders als im vorliegenden Fall wird der Interessent auf diese Angaben jedoch im Wege €sprechender Links€, nämlich den Link €Kontakt€ und den weiteren Link €Impressum€ hingeführt. An einem solchen Hinweis, der den Interessenten veranlassen könnte, die Angaben zu den Versandkosten noch vor Einleitung des Bestellvorganges aufzusuchen, fehlt es jedoch vorliegend.

Die von der Klägerin beanstandete Werbung ist damit gemäß § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 PAngV wettbewerbswidrig und damit unzulässig. Der unzureichende Hinweis darauf, ob und in welcher Höhe Versandkosten anfallen, ist auch wettbewerblich relevant im Sinne von § 3 UWG.

Die zuerkannten Ansprüche sind somit begründet. Die Berufung des Beklagten hat keine Erfolgsaussichten.

4. Der Fall hat keinerlei grundsätzliche Bedeutung, und eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch zur Fortbildung des Rechts nicht geboten.

5. Der Beklagte kann binnenzwei Wochen Stellung nehmen. Soll die Berufung im Kosteninteresse zurückgenommen werden€






OLG Hamburg:
Beschluss v. 20.05.2008
Az: 3 U 225/07


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