Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. März 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 67/00

(BPatG: Beschluss v. 07.03.2001, Az.: 28 W (pat) 67/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 8. November 1999 aufgehoben.

Die Erinnerung der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 21. Mai 1996 für "Milch und Milchprodukte" eingetragene Wortmarke 396 01 423 BÖNSEL ist Widerspruch erhoben aus der IR-Marke R 332 402 BONBEL die seit 1967 in der Bundesrepublik Deutschland Schutz ua für "lait et autres produits laitiers" genießt.

Die Markenstelle für Klasse 29 hat im Erstbeschluß die Löschung der angegriffenen Marke mit der Begründung angeordnet, es bestehe Verwechslungsgefahr, da angesichts identischer Waren der Abstand in schriftlicher Hinsicht nicht mehr ausreiche. Auf die Erinnerung der Inhaberin der jüngeren Marke wurde der Erstbeschluß aufgehoben und sinngemäß der Widerspruch zurückgewiesen, da wegen der Unterschiede in klanglicher Hinsicht eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei.

Gegen diese Entscheidung der Markenstelle richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle vom 8. November 1999 aufzuheben und die Löschung der Marke 396 01 423 zu beschließen.

Zur Begründung trägt sie vor, angesichts von Warenidentität und erhöhten Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke sei der von der jüngeren Marke einzuhaltende Abstand sowohl in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht nicht gewahrt.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt aus, die klanglichen Unterschiede würden vom Verkehr nicht überhört werden, der auch in schriftbildlicher Hinsicht angesichts der Kürze der Wörter die Abweichungen beachte.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet.

In Übereinstimmung mit dem Erstprüfer besteht nach Ansicht des Senats Verwechslungsgefahr iS des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen den einander gegenüberstehenden Marken.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist von der Ähnlichkeit der Marken, der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und der Ähnlichkeit der Marken auszugehen. Zwischen diesen Faktoren steht eine Wechselwirkung, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/TISSERAND).

Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist von der Registerlage auszugehen, nach der sich identische Waren und zwar "Milch und Milchprodukte" gegenüberstehen.

Demnach sind an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand strenge Anforderungen zu stellen, denen sie vor dem Hintergrund auch einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Ergebnis nicht mehr gerecht wird. Die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken insbesondere in schriftbildlicher Hinsicht sind so weitreichend, daß angesichts der Warensituation eine Verwechslungsgefahr nicht ausgeschossen werden kann. Gegenüber dem hinsichtlich Silben- und Buchstabenzahl übereinstimmenden Aufbau mit identischem Anlaut und Wortende verbleiben als Unterscheidungsmerkmal lediglich die Abweichungen in der Zeichenmitte in den Buchstaben O/Ö bzw B/S. Dabei handelt es sich gerade bei Schreibweise in Versalien um offensichtlich wenig signifikante Unterschiede, noch dazu, wenn man den Erfahrungssatz berücksichtigt, daß Waren des täglichen Bedarfs regelmäßig mit einer gewissen Flüchtigkeit erworben werden und die Kaufentscheidung aus dem ungenauen Erinnerungsbild heraus vorgenommen wird. Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin kann bei jeweils aus sechs Buchstaben bestehenden Marken nicht mehr von Kurzwörtern die Rede sein (vgl Althammer/Ströbele § 9 Rdn 101), so daß selbst markantere Abweichungen eine Unterscheidbarkeit angesichts der Zeichenlänge nicht ohne weiteres ausschließen, zumal beide Marken als Phantasiebezeichnungen anzusehen sind, so daß sich dem Verkehr auch keine begriffliche Stütze anbietet.

Die Beschwerde der Widersprechenden hatte damit Erfolg und führte unter Aufhebung des Erinnerungsbeschlusses zur Wiederherstellung der Erstprüferentscheidung.

Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) war nicht veranlaßt.

Stoppel Martens Kunzeprö






BPatG:
Beschluss v. 07.03.2001
Az: 28 W (pat) 67/00


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