Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 15. März 2011
Aktenzeichen: I-20 U 69/09

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 15.03.2011, Az.: I-20 U 69/09)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 3. März 2009 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

- für Elektrohaushaltsgeräte und/oder Spirituosen und/oder Nacht-sichtgeräte und/oder Grillgeräte und/oder Putzmittel und/oder Son-nenliegen zu werben, sofern diese Artikel nicht am ersten Gültig-keitstag der Werbung sowie - soweit nicht ausdrücklich für den Verkauf an nur einem bestimmten Tag geworben wird - am Folgetag ganztägig käuflich erwerbbar sind;

- für Tiefkühlkost mit dem Hinweis „Preisknaller“ in Verbindung mit dem Hinweis „nur gültig am ...“ unter Angabe eines bestimmten Datums zu werben, sofern der beworbene Artikel am Geltungstag der Werbung nicht ganztägig käuflich erwerbbar ist.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,-- € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 945,-- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2007 zu zahlen.

III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,-- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Gründe

A.

Der klagende Verein begehrt von der Beklagten, einer Einzelhandelskette, die bundesweit Supermärkte betreibt, Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten wegen mehrer als irreführend beanstandeter Werbemaßnahmen. Es geht um mehrere Fälle, in denen die Beklagte jeweils Produkte verschiedener Kategorien zum Verkauf ab einem bestimmten Tag bewarb, die in ihren Filialen nach der Behauptung des Klägers entgegen der jeweiligen Werbeankündigung entweder überhaupt nicht erhältlich oder bereits ganz kurze Zeit, überwiegend bereits wenige Stunden nach Ladenöffnung am ersten werbemäßig angekündigten Verkaufstag ausverkauft gewesen sein sollen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 348 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme hinsichtlich der Produkte "Nachtsichtgeräte" und "Sonnenliegen" zur Unterlassung verurteilt und die Klage im Übrigen, hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten in vollem Umfang, abgewiesen. Gegen die teilweise Abweisung der Klage wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und vertritt weiter die Auffassung, die von ihm vor allem mit dem Hauptantrag vorgenommenen Verallgemeinerungen seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig. Im Übrigen behauptet er weiterhin, dass die Beklagte in den von ihm erstinstanzlich aufgeführten Fällen irreführend geworben habe, weil die jeweilige Ware nicht oder nicht ausreichend lange erhältlich gewesen sei.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

a) für sortimentsfremde Angebotsartikel zu werben, sofern diese Artikel nicht am ersten Gültigkeitstag der Werbung, sowie - soweit nicht ausdrücklich für den Verkauf an nur einem bestimmten Tag geworben wird - am Folgetag ganztägig käuflich erwerbbar sind;

b) für Tiefkühlkost mit dem Hinweis "Preisknaller" in Verbindung mit dem Hinweis "nur gültig am (es folgt ein bestimmtes Datum)" zu werben, sofern der beworbene Artikel am Geltungstag der Werbung nicht ganztägig käuflich erwerbbar ist;

hilfsweise,

a) für Elektrohaushaltsgeräte und/oder Spirituosen und/oder Nachtsichtgeräte und/oder Grillgeräte und/oder Putzmittel und/oder Sonnenliegen ("Garten und Camping") zu werben, sofern diese Artikel nicht am ersten Gültigkeitstag der Werbung sowie - soweit nicht ausdrücklich für den Verkauf an nur einem bestimmten Tag geworben wird - am Folgetag ganztägig käuflich erwerbbar sind;

b) für Tiefkühlkost ("Haushalt und Küche") mit dem Hinweis "Preisknaller" in Verbindung mit dem Hinweis "nur gültig am (es folgt ein bestimmtes Datum)" zu werben, sofern der beworbene Artikel am Geltungstag der Werbung nicht ganztägig käuflich erwerbbar ist;

weiter hilfsweise,

a) für Bügeleisen und/oder DVD/VCR Dual Recorder und/oder Luxusfeuerstellen und/oder Fensterreiniger und/oder Kaffeevollautomaten und/oder Video-Computerzubehör und/oder Nachtsichtgeräte und/oder Schnaps und/oder Sonnenliegen zu werben, sofern diese Artikel nicht am ersten Gültigkeitstag der Werbung sowie - soweit nicht ausdrücklich für den Verkauf an nur einem bestimmten Tag geworben wird - am Folgetag ganztägig käuflich erwerbbar sind;

b) für Entenkeulen mit dem Hinweis "Preisknaller" in Verbindung mit dem Hinweis "nur gültig am (es folgt ein bestimmtes Datum)" zu werben, sofern der beworbene Artikel am Geltungstag der Werbung nicht ganztägig käuflich erwerbbar ist;

weiter hilfsweise,

a) für Rowenta Acti Line Dampfbügeleisen und/oder einen AEG DVD/VCR Dual Recorder und/oder eine Luxusfeuerstelle und/oder einen Maxxi-Fensterreiniger und/oder einen Kaffee- und Espresso-Vollautomaten und/oder einen DAZZLE Video-Creator und/oder ein Nachtsichtgerät Night Spy by 3 x 42 und/oder einen Grappa Riserva und/oder eine Double-Sonnenliege zu werben, sofern diese Artikel nicht am ersten Gültigkeitstag der Werbung sowie - soweit nicht ausdrücklich für den Verkauf an nur einem bestimmten Tag geworben wird - am Folgetag ganztägig käuflich erwerbbar sind;

b) für tiefgefrorene Entenkeulen mit dem Hinweis "Preisknaller" in Verbindung mit dem Hinweis "nur gültig am (es folgt ein bestimmtes Datum)" zu werben, sofern der beworbene Artikel am Geltungstag der Werbung nicht ganztägig käuflich erwerbbar ist;

2. an den Kläger 945,-- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (14. Februar 2007) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag und behauptet insbesondere mit Vortrag zu den jeweiligen Einzelfällen, die beworbene Ware sei in ausreichendem Umfang vorrätig gehalten worden. Im Übrigen meint sie, dass die vom Kläger im Klageantrag vorgenommenen Verallgemeinerungen nicht zulässig seien.

Der Berichterstatter hat als beauftragter, vorbereitender Einzelrichter Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 4. Februar 2010 (Bl. 423 ff. GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 4. Mai 2010 (Bl. 454 ff. GA) und vom 31. August 2010 (Bl. 481 ff. GA) Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg.

1. Allerdings ist der zum Unterlassungsbegehren zu 1. a) gestellte Hauptantrag nicht bestimmt genug, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger nennt dort als beworbene Waren, auf die sich das Verbot beziehen soll, allgemein "sortimentsfremde Angebotsartikel". Worauf sich dies im einzelnen beziehen soll, welche Waren derart als "sortimentsfremd" bezeichnet werden können, ist unklar, zumal jegliche angebotene Ware auf irgendeine Weise zum "Sortiment" der Beklagten gehört. Die Kriterien, unter denen die Sortimentsfremdheit im Einzelfall zu bestimmen wäre, sind für ein künftiges Vollstreckungsverfahren nicht geklärt. Auch wenn man dies anders sehen wollte, wäre jedenfalls eine Verallgemeinerung auf sämtliche "sortimentsfremden" Waren unabhängig von den Produktgruppen, die von den geltend gemachten Verletzungsfällen betroffen sind, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zulässig. Zur Bestimmung möglicher Verallgemeinerungen stellt sich nämlich die Frage, wie weit die ein Produkt betreffende Verletzungshandlung eine Wiederholungsgefahr für andere Produkte des Sortiments begründet, was also als eine im Kern gleichartige Verletzungshandlung Gegenstand des Unterlassungsanspruch ist (Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl. 2011, § 5 Rn. 8.22). Dabei ist eine Verallgemeinerung auf eine relativ große Produktgruppe zulässig, nicht aber auf das gesamte Sortiment (Bornkamm a.a.O. mit den Beispielen: Verallgemeinerung von einem CD-Player auf Produkte der Unterhaltungselektronik, von einem Mobilfunktelefon auf Geräte der Telekommunikation, von einem Notebook auf Computergeräte, und zwar unter Verweis auf BGH GRUR 2000, 907 - Filialleiterfehler; BGH GRUR 1996, 800 - EDV-Geräte). Eine Ausdehnung des Verbots auf sämtliche "sortimentsfremden" Artikel ist danach ebenso wenig zulässig wie die Erstreckung auf das gesamte Sortiment.

2. Die Berufung hat aber hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu 1. a) mit den Formulierungen des ersten Hilfsantrags Erfolg. Darin sind gewisse Verallgemeinerungen von den Einzelprodukten der jeweiligen Verletzungsfälle auf die Produktgruppen, denen sie angehören, vorgenommen. Das hält der Senat unter Berücksichtigung der bereits oben unter 1. dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für zulässig. Insbesondere stehen dem nicht die Ausführungen im Urteil des Senats vom 5. März 2002 (20 U 130/01, Anlage zur Klageschrift) entgegen. Dort ist lediglich ausgeführt, dass eine Ausdehnung des Verbots auf sämtliche Produkte eine unzulässige Verallgemeinerung darstellt. Es ist aber nicht jegliche Verallgemeinerung über das konkret betroffene Einzelprodukt hinaus ausgeschlossen, wie bereits ausgeführt. Nur wenn der Schuldner Gründe darlegt, aus denen sich etwas Spezifisches für ein bestimmtes Produkt ergibt, kommt eine Eingrenzung des Anspruchs auf eine engere Produktgruppe in Betracht (BGH GRUR 1987, 371 - Kabinettwein; Bornkamm a.a.O.). Derartiger Vortrag der Beklagten ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Hinsichtlich des Antrags zu 1. b) hat die Berufung des Klägers mit den Formulierungen des Hauptantrags Erfolg, der bereits eine Beschränkung auf die maßgebliche Produktgruppe ("Tiefkühlkost") enthält.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die auf Unterlassung gerichtete Klage hinsichtlich jeder der im ersten Hilfsantrag zu 1. a) und im Hauptantrag zu 1. b) genannten Produktgruppen Erfolg, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu jeder Kategorie mindestens ein Verletzungsfall festgestellt werden kann. Der Unterlassungsanspruch folgt jeweils zunächst aus § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. § 5 Abs. 5 UWG a. F., das heißt in der zur Tatzeit 2006 geltenden Fassung. Danach war es irreführend, für eine Ware zu werben, die unter Berücksichtigung der Art der Ware sowie der Gestaltung und Verbreitung der Werbung nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten ist. Als angemessen sieht die Bestimmung im Regelfall einen Vorrat für zwei Tage an, es sei denn, der Unternehmer weist Gründe nach, die eine geringere Bevorratung rechtfertigen. Wegen der Zukunftsbezogenheit des Unterlassungsanspruchs muss das Verhalten der Beklagten auch gegen das derzeit geltende Recht verstoßen. Das ist mit Blick auf § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (irreführende Angaben über die Verfügbarkeit der Ware) bzw. Nummer 5 des Anhangs zu § 3 UWG der Fall. Danach sind Warenangebote im Sinne des § 5a Absatz 3 UWG zu einem bestimmten Preis unzulässig, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es nach der genannten Bestimmung dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen. Eine derartige Aufklärung der Beklagten hat es in keinem der hier zu beurteilenden Fälle gegeben.

Im Einzelnen gilt für die jeweiligen Produktgruppen das Folgende:

a) Elektrohaushaltsgeräte

Hierzu hat der Kläger seinen Vortrag betreffend ein Rowenta-Bügeleisen bewiesen. Es sollte nach der Werbung der Beklagten in der Filiale in der K.straße in N. ab dem 2. Oktober 2006 für 19,99 € erhältlich sein. Tatsächlich hat der Zeuge W. seiner Aussage zufolge das Bügeleisen schon kurz, etwa 3 Stunden nach Ladenöffnung am ersten Verkaufstag nicht mehr erhalten können. Ob die Filiale mit dem Bügeleisen überhaupt nicht beliefert worden war, kann dahin stehen. Jedenfalls wurde dem Zeugen die beworbene Ware an dem beworbenen ersten Verkaufstag bereits wenige Stunden nach Ladenöffnung nicht mehr verkauft.

Unerheblich ist demgegenüber der Vortrag der Beklagten, die behauptet, das Bügeleisen in der betreffenden Filiale noch nach dem vom Zeugen genannten Zeitpunkt an andere Kunden verkauft zu haben. Entsprechend hat die Zeugin V. die von der Beklagten vorgelegten Kassenjournale erläutert. Hieraus mag sich in der Tat - die Richtigkeit der vorgelegten Belege unterstellt - folgern lassen, dass es weitere Buchungsvorgänge zum Verkauf des Bügeleisens an dem fraglichen Tag gab. Was der Hintergrund dieser Buchungen war, bleibt indes im Dunkeln. Das gilt insbesondere für die Frage, ob es sich um reguläre Verkäufe handelte. So mag es nicht auszuschließen sein, dass einzelne Exemplare des Bügeleisens für bestimmte Kunden, vielleicht auch für Angestellte der Beklagten, zurückgelegt, gleichsam "reserviert" wurden, so dass den Buchungen keine "regulären" Verkäufe zugrunde gelegen haben mögen. Dafür kann sprechen, dass dem Zeugen jedenfalls das Bügeleisen schon wenige Stunden nach Ladenöffnung nicht mehr verkauft wurde. Ebenso gab es bereits vor dem Beginn des beworbenen Verkaufszeitraums, nämlich schon am 30. September 2009, zwei gebuchte Verkäufe. Auch dies spricht für gewisse "irreguläre" Umstände, unter denen die gebuchten Vorgänge stattfanden. Nähere Einzelheiten dazu, was Hintergrund der Buchungen gewesen sein könnte, seien dahin gestellt. Die Beklagte hat jedenfalls - wie die Aussage des Zeugen belegt - das beworbene Bügeleisen nicht gegenüber jedem Werbeadressaten zum Verkauf bereit gehalten. Sollte dies daran gelegen haben, dass das Bügeleisen zwar vorrätig gewesen, aber nicht an jeden, sondern nur an ausgewählte Kunden abgegeben worden wäre, so beseitigte dies die Unlauterkeit nicht. Für die Irreführung maßgeblich ist der Umstand, dass der mit der Werbung angelockte Kunde die beworbene Ware nicht erhält - ob sie generell nicht vorrätig ist oder zwar vorhanden, aber nur ihm nicht verkauft wird, ist ohne Belang.

Soweit die Beklagte im Übrigen zu den bundesweiten Beschaffungszahlen und zu den nach Ablauf der Verkaufsaktion noch nicht verkauften Resten vorträgt, ist auch das unerheblich, weil dies nichts darüber aussagt, wie die Bevorratung auf die einzelnen Filialen aufgeteilt worden ist. Es kommt nämlich auf eine ausreichende Verfügbarkeit bezogen auf jede Filiale an, zumal auch die Werbung nicht nur für einzelne, sondern für alle Filialen gilt (vgl. BGH GRUR 2000, 911 - Computerwerbung). Zu der auf die betreffende Filiale bezogenen Situation fehlt jeder Vortrag der Beklagten. Auch die Zeugin V. konnte hierzu keine Angaben machen.

b) Spirituosen

Auch hinsichtlich der Spirituosen hat der Kläger seinen Vortrag des Verletzungsfalls bewiesen. Das betrifft einen Grappa Riserva, der nach einer Werbung der Beklagten ab dem 7. Dezember 2006 für 7,99 € pro Flasche erhältlich sein sollte. Tatsächlich hat der Zeuge K. ausgesagt, den Grappa bereits am zweiten Verkaufstag in einer Filiale der Beklagten in W. nicht mehr erhalten zu haben. Er hat darüber hinaus ausgesagt, dass sich auf seine Nachfrage die Filialleiterin auch bemüht habe, die Flasche in einer anderen Filiale zu erhalten, jedoch auch damit ohne Erfolg geblieben sei.

Dem gegenüber ist der Vortrag der Beklagten zu den Kassenjournalen des betreffenden Tages und zu den bundesweiten Beschaffungszahlen aus den bereits vorstehend hinsichtlich des Bügeleisens dargelegten Gründen unerheblich. Der Zeuge M. hat auch lediglich hierzu, also insbesondere zu der bundesweiten Kalkulation ausgesagt, was indes völlig offen lässt, wie sich die Belieferung der konkreten Filialen in W. gestaltete.

c) Nachtsichtgeräte

Hinsichtlich dieser Warengattung hat das Landgericht die Beklagte bereits - von dieser unangefochten - zur Unterlassung verurteilt; dieser Verletzungsfall ist somit nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens.

d) Grillgeräte

Auch hinsichtlich einer "Luxus-Feuerstelle" ist ein Wettbewerbsverstoß anzunehmen. Sie sollte der Werbung zufolge ab dem 27. Juli 2006 für 49,-- € erhältlich sein, was aber in der Filiale G. der Beklagten nicht der Fall war. Das sieht der Senat als von der Beklagten nicht bestritten an, worauf im Beweisbeschluss vom 4. Februar 2010 hingewiesen wurde, ohne dass die Beklagte dem widersprochen hätte. Nach dem Vortrag des Klägers soll eine Verkäuferin der Filiale der Kundin K. gegenüber bereits um 8:15 Uhr des ersten Verkaufstages die Auskunft erteilt haben, der Artikel stehe überhaupt nicht zur Verfügung. Der Senat versteht den Vortrag der Beklagten dahin, dass sie die fehlende Verfügbarkeit des Artikels nicht bestreiten will. Sie trägt zwar einerseits vor, es sei für sie nicht "nachvollziehbar", dass der Artikel für die Zeugin nicht erhältlich gewesen sein soll, andererseits führt sie aber aus, der Artikel sei für die Zeugin nachträglich beschafft worden. Eine derartige Nachbestellung wäre jedoch nicht notwendig gewesen, wenn der Artikel im beworbenen Verkaufszeitraum tatsächlich - in der betreffenden Filiale oder anderweit - verfügbar gewesen wäre. Dafür, dass letzteres tatsächlich nicht der Fall war, spricht auch der lange Zeitraum, den die Beklagte zur Ersatzbeschaffung benötigte. Der Kundin wurde nämlich nach dem eigenen Vortrag der Beklagten erst am 26. Oktober 2006 mitgeteilt, dass der Artikel in die dem Wohnsitz der Zeugin nächstgelegene Filiale geliefert werde (Schreiben in Anlage B 7, Bl. 87 GA).

e) Putzmittel

Auch hierzu hat der Kläger seinen Vortrag bewiesen. Danach sollte ein Fensterreiniger der Werbung zufolge ab dem 16. Oktober 2006 für 7,99 € erhältlich sein, was tatsächlich für die Filiale B. für diesen Tag vormittags bereits nicht zutraf. Das folgt aus der Aussage der Zeugin L. Sie konnte sich noch daran erinnern, am ersten Tag des beworbenen Verkaufszeitraums eine Filiale der Beklagten aufgesucht zu haben. Das ließ sich bei ihrer Vernehmung auch noch anhand der Kopie einer E-Mail zusätzlich nachvollziehen, die die Zeugin vom Kläger an diesem Tag, dem 16. Oktober 2006, nachmittags als Reaktion auf ihre unverzügliche Beschwerde erhalten hatte. Auch wenn die Kundin sich an die vom Kläger behaupteten Bemühungen, den Reiniger dann im Internet zu erwerben, nicht mehr erinnern konnte, so geht aus ihrer Aussage doch hinreichend deutlich hervor, dass der Reiniger jedenfalls in einer der Filialen der Beklagten nicht erhältlich war. Wegen des allgemeinen Vortrags der Beklagten zur bundesweiten Kalkulation ihrer Beschaffungen und zu ihren Kassenjournalen kann auf die vorstehenden Ausführungen unter a) Bezug genommen werden.

f) Sonnenliegen

Hinsichtlich dieser Warengattung hat das Landgericht die Beklagte bereits - von dieser unangefochten - zur Unterlassung verurteilt; dieser Verletzungsfall ist somit nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens.

g) Tiefkühlkost

Schließlich hat auch der Antrag zu 1. b), in diesem Fall mit der Formulierung des Hauptantrags, Erfolg. Er betrifft die Bewerbung von Tiefkühlkost mit dem Hinweis "Preisknaller" und dem Hinweis auf einen bestimmten Verkaufstag, an dem das Angebot gültig sein soll, wenn letzteres für diesen Tag nicht zutrifft. Auch insoweit hat der Kläger seinen Vortrag bewiesen. Das betrifft tiefgefrorene Entenkeulen, die nach der Werbung vom 7. Dezember 2006 in dem Magazin "Das kleine Preismagazin" für den 11. Dezember 2006 mit dem Zusatz "Nur gültig am 11. Dezember" als "Montags Preisknaller" für 0,99 € beworben wurden. Tatsächlich waren die Entenkeulen aber an diesem Tag bereits spätestens um 9:15 Uhr in einer Filiale in G. nicht mehr zu erhalten, wie die Zeugin P. ausgesagt hat. Auch nach Rücksprache mit einer Kassiererin hat die Zeugin keine Ware erhalten können. Hierzu hat die Beklagte lediglich allgemein erklärt, es hätte damals "Hamsterkäufe" gegeben. Ob dies, wenn ja in welchem Umfang auch für die fragliche Filiale in G. gilt, ist ebenso offen wie weitere Einzelheiten der Kalkulation der Beklagten hinsichtlich der Bevorratung in dieser Filiale.

Die Auffassung der Beklagten, dieser Vorfall sei nicht streitgegenständlich, trifft nicht zu. Der Vorfall hinsichtlich der Entenkeulen ist in der Klageschrift eingehend geschildert (Bl. 8 f. GA). Unter den Beweisantritten findet sich auch der Vorfall in G. unter Benennung der Frau P. als Zeugin (Bl. 10 GA). Die Auffassung der Beklagten, dieses Geschehen sei nicht Teil des Streitgegenstands, ist vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen.

3. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Geltend gemacht sind die Aufwendungen für fünf Abmahnungen zu je 189,-- €, insgesamt 945,-- €. Hiergegen wendet die Beklagte sich nicht gesondert. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 75.000,-- €, folgend der Festsetzung des Landgerichts.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 15.03.2011
Az: I-20 U 69/09


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