Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Oktober 2009
Aktenzeichen: 19 W (pat) 308/09
(BPatG: Beschluss v. 05.10.2009, Az.: 19 W (pat) 308/09)
Tenor
Das Patent 40 16 720 wird aufrechterhalten.
Gründe
I.
Für die am 24. Mai 1990 im Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 24. November 2005 veröffentlicht worden. Es betrifft Verfahren und Vorrichtung zum Ultraschallbonden.
Gegen das Patent hat die H... GmbH in P..., mit Eingabe vom 20. Februar 2006, eingegangen am 22. Februar 2006, beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Begründung Einspruch erhoben, der Gegenstand des Patents sei nicht neu oder beruhe zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die nicht zur mündlichen Verhandlung erschienene Einsprechende stellte schriftsätzlich den Antrag:
das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Patentinhaberin beantragt:
das Streitpatent im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise, das Streitpatent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 48 gemäß Hilfsantrag 1, Patentansprüche 1 bis 48 gemäß Hiflsantrag 2, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2006, übrige Unterlagen, Beschreibung und fünf Blatt Zeichnungen, jeweils wie erteilt.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung von Gliederungsbuchstaben entsprechend einer Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
"1. Ultraschallbonder mit einem Ultraschall-Bonderwerkzeug, welches durch einen daran befestigten Wandler zu Ultraschallschwingungen anregbar ist, wobei der Ultraschallbonder folgende Merkmale aufweist:
2.
Es ist eine Haupt-Halterungsvorrichtung (12) vorgesehen, welche zumindest teilweise längs einer Z-Achse bewegbar ist;
3.
das Bonderwerkzeug (90) ist bezüglich der Z-Achse mittels einer flexiblen Verbindung beweglich gehaltert;
4.
es sind Liefereinrichtungen (98) vorgesehen, die bezüglich der Z-Achse mittels einer flexiblen Verbindung beweglich gehaltert sind 5.
und mit deren Hilfe dem Ende des Bonderwerkzeugs (90) ein Draht (96) zuführbar ist;
6.
es ist eine Schneidvorrichtung (132) vorgesehen sind, 7.
die mit der Haupt-Halterungsvorrichtung (12) derart verbunden ist, dass sie deren Bewegungen in Richtung der Z-Achse direkt folgt, 8.
und mit deren Hilfe in einen durch eine Bondverbindung festgelegten Draht ein Schnitt zum Abtrennen des Drahtes (96) herstellbar ist, 9.
wobei die Schneidvorrichtung (132) mittels der Haupt-Halterungsvorrichtung (12) zum zumindest teilweisen Schneiden des Drahtes (96) bewegbar ist."
Werkzeug von der Einschnittstelle in dem Draht wegbewegt wird." Der geltende Patentanspruch 29 lautet unter Einfügung von Gliederungsbuchstaben entsprechend der Merkmalsanalyse der Einsprechenden:
"1. Verfahren zum Ultraschallbonden eines Drahtes an ein Substrat mit dem Ultraschallbonder nach Anspruch 1, 2.
wobei eine Haupt-Halterungsvorrichtung, welche zumindest teilweise längs einer Z-Achse bewegbar ist, und 3.
wobei ein Bonderwerkzeug bezüglich der Z-Achse beweglich gehaltert ist;
4.
Liefereinrichtungen, mit deren Hilfe dem Ende des Bonderwerkzeugs ein Draht zuführbar ist und 5.
eine Schneidvorrichtung, 6.
wobei das Bonderwerkzeug und die Liefereinrichtungen unabhängig von der Schneidvorrichtung gehaltert sind, vorgesehen sind 7.
und bei dem das Bonderwerkzeug in eine vorgespannte Stellung gegen den Draht bewegt wird, 8.
der Draht mittels Ultraschallbonden durch das Bonderwerkzeug mit dem Substrat verbunden wird, 9.
die Schneidvorrichtung zum mindestens teilweisen Schneiden des Drahts mittels der Haupt-Halterungsvorrichtung bewegt wird, 10.
wobei die Schneidvorrichtung längs der Z-Achse relativ zu dem Bonderwerkzeug und den Liefereinrichtungen bewegt wird, 11.
die Bewegung der Schneidvorrichtung bezüglich des Bonderwerkzeugs durch Anschlageinrichtungen begrenzt wird, 12.
nach dem Schneiden des Drahtes die Schneidvorrichtung, das Bonderwerkzeug und die Liefereinrichtungen zurückgezogen werden und 13.
dann der Draht dadurch durchtrennt wird, dass das Bonderwerkzeug von der Einschnittstelle in dem Draht bewegt wird."
Als Aufgabenstellung ist in der Patentschrift (Absatz 0018) angegeben, ausgehend vom Stand der Technik und den dabei auftretenden Problemen ein verbessertes Bondverfahren sowie einen verbesserten Ultraschallbonder anzugeben, mit dem die Mängel des Standes der Technik überwunden und weitere wichtige Vorteile erreicht werden.
Die Patentinhaberin vertritt in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt, ihre Erfindung unterscheide sich vom Stand der Technik dadurch, dass die Schneidvorrichtung der Haupt-Halterungsvorrichtung direkt folge, während der Bonderkopf und die Liefervorrichtungen dort flexibel gehaltert seien. Implizit gehe daraus eine Entkopplung von Bonderkopf und Liefervorrichtungen einerseits und Schneidvorrichtung andererseits hervor.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere dem Wortlaut der Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen wird auf den Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
II.
Die nach § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 begründeten Zuständigkeit des Senats wird durch die in der Zwischenzeit erfolgte Aufhebung dieser Vorschrift nicht berührt (vgl. auch BGH GRUR 2009, 184 -Ventilsteuerung).
Der Einspruch gegen das Patent ist zulässig, jedoch unbegründet und er bleibt daher erfolglos.
Nach Überzeugung des Senats ist der hier zuständige Fachmann FH-Ingenieur oder Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik mit einschlägiger Erfahrung in der Konstruktion von Ultraschallbondvorrichtungen.
Nach Auffassung des Senats liest der Fachmann beim Patentanspruch 1, der eine Vorrichtung zum Gegenstand hat, die im auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Verfahrensanspruch 29 genannten Vorrichtungsmerkmale implizit mit, insbesondere das Merkmal, dass das Bonderwerkzeug und die Liefereinrichtungen unabhängig von der Schneidvorrichtung gehaltert sind.
Der im Rahmen des Prüfungsund Einspruchsverfahrens genannte Stand der Technik steht der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.
Den nächstkommenden Stand der Technik zum Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sieht der Senat in der Vorrichtung zum Ultraschallbonden gemäß DE-OS 22 47 581.
Die DE-OS 22 47 581 (vgl. Figuren 3 bis 5) hat folgendes zum Gegenstand: einen 1.
Ultraschallbonder mit einem Ultraschall-Bonderwerkzeug (Seite 8, Abs. 2, Zeile 7 Anpressstempel 10 als Bonderwerkzeug), der durch einen daran befestigten Wandler 22 zu Ultraschallschwingungen anregbar ist, wobei der Ultraschallbonder folgende Merkmale aufweist:
2.
Es ist eine Haupt-Halterungsvorrichtung (zwingend vorhanden) vorgesehen, welche zumindest teilweise längs einer Z-Achse bewegbar ist, 3.
das Bonderwerkzeug 10 ist bezüglich der Z-Achse mittels einer flexiblen Verbindung beweglich gehaltert (Brückensatz Seite 6 / Seite 7);
4.
es sind Liefereinrichtungen (16, nicht beschriebene Führung 21 in Figur 3 sowie die auf Seite 8, unterer Absatz, genannte Drahtführungsbohrung) vorgesehen, die bezüglich der Z-Achse mittels einer flexiblen Verbindung beweglich gehaltert sind (zumindest das Werkzeug 16 mit der integrierten Drahtführungsbohrung 18), 5.
und mit deren Hilfe dem Ende des Bonderwerkzeugs 10 ein Draht 3 zuführbar ist;
6.
es ist eine Schneidvorrichtung 11 vorgesehen, 7teilw. die mit der Haupt-Halterungsvorrichtung verbunden ist, 8. und mit deren Hilfe in einen durch eine Bondverbindung festgelegten Draht 3 ein Schnitt zum Abtrennen des Drahtes 3 herstellbar ist (Seite 9, vorle. Abs. bei Seite 10 Abs. 1).
Anders als im Patentanspruch 1 angegeben, folgt gemäß DE-OS 22 47 581 das Messer 11, also die Schneidvorrichtung, aber nicht direkt der Bewegung der Haupt-Halterungsvorrichtung in Richtung der Z-Achse und ist daher auch nicht mittels Haupt-Halterungsvorrichtung zum Schneiden des Drahtes bewegbar, (Figuren 5 abis 5d). Vielmehr lehrt die DE-OS 22 47 581 (Brückensatz Seite 6 / Seite 7) ausdrücklich, dass die Schneidvorrichtung 11 mit dem Werkzeug 1 (= Liefereinrichtung) und dem Werkzeug 10 (= Bonderkopf) über Gelenke verbunden ist und federnd, also flexibel gehaltert ist (Brückensatz Seiten 6/7). Weiter wird gemäß DE-OS 22 47 581 das Messer 11 nicht durch die Bewegung der Haupt-Halterungsvorrichtung betätigt sondern durch einen Drehmagneten und eine daran angeschlossene Schubstange (Seite 7. Abs. 1).
Auch aus den anderen im Prüfungsoder Einspruchsverfahren genannten Druckschriften ist keine Schneidvorrichtung im Zusammenhang mit einer Bondvorrichtung zu entnehmen, so gestaltet ist, dass die Schneidvorrichtung mit der HauptHalterungs-Vorrichtung derart verbunden ist, dass sie deren Bewegung in Richtung der Z-Achse direkt folgt (Restmerkmal 7), wobei die Schneidvorrichtung mittels der Haupt-Halterungsvorrichtung zum zumindest teilweisen Schneiden des Drahtes bewegbar ist (Merkmal 9.).
Aus der US 4 309 928 ist zwar eine Schneidvorrichtung bekannt, bei der ein Werkzeug (pressure pad 45) bezüglich der Z-Achse mittels einer flexiblen Verbindung (spring 51) beweglich an einer Haupt-Halterungsvorrichtung (punch plate 73) gehaltert ist, während eine Schneidvorrichtung (shear plate 27) mit der Haupt-Halterungsvorrichtung (punch plate 73) derart verbunden ist, dass sie deren Bewegungen in Richtung der Z-Achse direkt folgt, wobei die Schneidvorrichtung (shear plate 27) mittels der Haupt-Halterungsvorrichtung (punch plate 73) zum Schneiden von Drähten (wires 15) bewegbar ist. Da aber die US 4 309 928 keine Bondvorrichtung betrifft, sondern eine Drahtschneidemaschine zur Herstellung von Bürstenkontakten, wie sie bei drehenden elektrischen Maschinen eingesetzt werden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Fachmann für die Konstruktion von Ultraschallbondvorrichtungen ausgehend von einem Ultraschallbonder nach der DE-OS 22 47 581, aus dieser Druckschrift überhaupt gekannt hat, eine Anregung geholt hätte.
Die übrigen Entgegenhaltungen liegen noch weiter vom Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ab, so dass sie weder für sich noch in Zusammenschau mit anderen Entgegenhaltungen der Aufrechterhaltung des Patentanspruchs 1 nicht entgegenstehen.
Somit ist der Ultraschallbonder gemäß Patentanspruch 1 neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
Auch der auf ein Verfahren zum Ultraschallbonden eines Drahtes an ein Substrat mit dem Ultraschallbonder nach Anspruch 1 gerichtete Patentanspruch 29 ist durch die DE 22 47 581 weder vorweggenommen noch nahegelegt, auch nicht in einer Zusammenschau mit anderen Entgegenhaltungen, da keine der entgegengehaltenen Druckschriften ein Verfahren zum Ultraschallbonden offenbart, bei dem die Schneidvorrichtung zum zumindest teilweisen Schneiden des Drahts mittels der Haupt-Halterungsvorrichtung bewegt wird (Merkmal 9).
Somit ist auch das Verfahren zum Ultraschallbonden gemäß Patentanspruch 29 neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die auf die Patentansprüche 1 oder 29 rückbezogenen Patentansprüche 1 bis 28 sowie 30 bis 51 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung und genügen ebenso wie die übrigen Unterlagen den an sie zu stellenden Anforderungen. Da dem Hauptantrag der Patentinhaberin, das Streitpatent in erteiltem Umfang aufrechtzuerhalten, stattgegeben wurde, kamen deren Hilfsanträge nicht zum Tragen.
Somit war das Patent -wie geschehen -unverändert aufrechtzuerhalten.
Bertl Kirschneck Groß J. Müller prö
BPatG:
Beschluss v. 05.10.2009
Az: 19 W (pat) 308/09
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8e0ef2fb9c46/BPatG_Beschluss_vom_5-Oktober-2009_Az_19-W-pat-308-09