Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 11. Juli 2007
Aktenzeichen: 2a O 24/07

(LG Düsseldorf: Urteil v. 11.07.2007, Az.: 2a O 24/07)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung von dem Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen, unter der Internetdomain „hapimag-a-aktien.de“ Zeitwohnrechte in Form von Hapimag-Aktien zum Kauf oder Verkauf anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr im Zusammenhang mit der vorstehend unter Ziff. I bezeichneten Handlung entstanden ist und künftig entstehen wird.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, über die vorstehend unter Ziff. I bezeichnete Verletzungshandlung und zwar unter Angabe

a) aller Umsätze, die über die genannten Internetdomain abgewickelt wurden, aufgeschlüsselt nach Anzahl der Aktienkäufe und -verkäufe, Zeitpunkt der Übertragung und erwirtschafteter Umsatz durch die Aktienkäufe und -verkäufe, sowie

b) von Namen und Anschrift der Verkäufer und Käufer der Aktien.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,- Euro.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein in der Schweiz niedergelassenes Unternehmen, das seit über 40 Jahren Ferienwohnrechte auf Punktebasis vermittelt. Sie ist Inhaberin der im Jahre 1998 angemeldeten internationalen N2 "HXXXXXXX", Reg.nr. IR-6XXXXXXX. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Unter den Schutz der N2 fällt u.a. die Vermittlung von Zeitwohnrechten (Ferienwohnrechten). Für die Klägerin sind darüber hinaus die Internetdomains hXXXXXX.com und hXXXXXXX-aaktien.com eingetragen. Die Domain hXXXXXX.de wird von einem mit der Klägerin verbundenen deutschen Unternehmen gehalten.

Die Zeitwohnrechte der Klägerin werden in Form von Aktien vermittelt, wobei sog. B-Aktien in der Nebensaison nutzbar sind. Ob die übrigen Aktien, die für die Haupt- und Nebensaison gelten, von der Klägerin unter dem Begriff A-Aktie vertrieben werden, so die Behauptung der Klägerin, oder dieser Begriff von der Beklagten geprägt wurde, so die Beklagte, ist streitig.

Die Beklagte vertreibt Ferienwohnrechte aus zweiter Hand. Sie wurde im Jahre 1993 von Herrn H, der zuvor 8 Jahre lang Handelsvertreter der Klägerin war. Die Beklagte ist Inhaberin der Internetadresse www.hXXXXXX-aaktien.de, unter der sie unabhängig und unlizenziert sog. gebrauchte HXXXXXXXA-Aktien vermittelt. Wegen der Gestaltung der Website wird auf die Anlage K 3 verwiesen. Die Beklagte bewirbt die Internetdomain sehr intensiv über die Suchmaschine "Google". Dabei wird die Bewerbung der Domain stets dann unter Google bei den Werbeanzeigen angezeigt, wenn ein Internetnutzer den Namen der Klägerin unter Google eingibt. Es erscheint dann die Anzeige "HXXXXXAktien HXXXXXXX aus zweiter Hand - T2 GmbH preiswert, schnell und sicher www. HXXXXX-A-Aktien.de" (Anlage K 4, Bl. 19 der GA).

Die Klägerin mahnte die Beklagte aufgrund des vorstehenden Sachverhaltes mit Schreiben vom 19.12.2006 ab und forderte die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Diese lehnte die Abgabe einer solchen jedoch ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei nicht berechtigt, die streitgegenständliche Domain zu besitzen, da sowohl ihre N2 als auch ihr Unternehmenskennzeichen verletzt werde.

Sie behauptet darüber hinaus, seit dem Jahre 1970 werde von ihr der Begriff A-Aktie verwandt und sei dem Verkehr als Produktname bekannt.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, ihr Geschäftsführer habe zur Unterscheidung der von der Klägerin vertriebenen Aktien bereits im Jahre 1994 den Begriff HXXXXXXA-Aktien erfunden und intensiv beworben. Diese Werbung sei stets von der Klägerin streng beobachtet worden. Dank dieser Werbung habe sich der Begriff im Verkehr durchgesetzt und werde praktisch von allen Mitbewerbern und Privatpersonen verwandt. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, eine Kennzeichenverletzung liege nicht vor. Eine Zuordnungsverwirrung sei nicht gegeben, da der Verkehr keinesfalls die Vorstellung habe, dass die Klägerin ihre Produkte unter der Internetseite der Beklagten anbiete. Dem Verkehr sei bekannt, so behauptet sie, dass sie von der Klägerin unabhängig sei. Demgemäss sei es ihr nicht verwehrt, den Begriff zum Inhalt ihrer Domain zu machen, zumal bei Aufruf der Domain auch die T GmbH erscheine.

Des weiteren beruft sich die Beklagte auf den Einwand der Verwirkung. Sie behauptet dazu unter Hinweis auf die Anlage B 4, auf die verwiesen wird, die streitgegenständliche Domain sei bereits am 22.05.1999 für sie, die Beklagte, eingetragen worden. Seitdem sei die Domain intensiv benutzt und beworben worden (Anlage B 5), was der Klägerin auch bekannt sei. Beides bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

Die Beklagte ist - wie erkannt - zur Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft verpflichtet.

Der Unterlassungsanspruch, wonach die Beklagte nicht berechtigt ist, den Domainnamen hXXXXXXXX-a-Aktien.de zur Werbung, zum Vertrieb etc. von Zeitwohnrechten in Form von HXXXXXXXX-Aktien zu verwenden, folgt aus § 14 II Nr. 2, V MarkenG.

Danach ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der N2 im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der N2 und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die N2 und das Zeichen erfassten X oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der N2 gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Die Klägerin ist Inhaberin der internationalen N2 "hXXXXXXXXX".

Die Beklagte handelt unter Verwendung der N2 im geschäftlichen Verkehr, indem sie die Registrierung der Internetdomain www.hXXXXXXXXX-aaktien.de herbeigeführt hat und die Internetdomain zum Vertrieb gebrauchten HXXXXXXA-Aktien nutzt.

Zwischen der N2 der Klägerin und der Domainbezeichnung besteht Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 MarkenG.

Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls im wesentlichen auf drei Faktoren an, nämlich die Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung, die Zeichenähnlichkeit sowie die X- und Dienstleistungsähnlichkeit, wobei diese drei Faktoren dergestalt in Wechselwirkung zueinander stehen, dass ein hochgradiges Vorliegen eines Faktors dazu führen kann, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem geringeren Grad der Verwirklichung eines anderen Faktors zu bejahen ist (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 15 Rz. 50 m.w.N.).

Der Klagemarke kommt vorliegend jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Anhaltspunkte für eine Schwächung sind weder dargetan noch ersichtlich.

Eine X- und Dienstleistungsähnlichkeit ist zu bejahen, da die Klagemarke u.a. für die Vermittlung von Zeitwohnrechten eingetragen ist. Ein entsprechendes Betätigungsfeld hat die Beklagte.

Schließlich ist eine Zeichenähnlichkeit zu bejahen. Der Bestandteil "HXXXXXXXX" der Internetdomain weist gegenüber der Klagemarke Zeichenidentität auf. Diesem Bestandteil in dem Domainnamen kommt eine prägende Stellung zu, da der Zusatz "A-Aktien" lediglich das Produkt erfassende und damit beschreibende Funktion hat und daher im Gesamteindruck des aus mehreren Worten zusammengesetzten Zeichens zurücktritt. Auf wen der Name A-Aktie zurückzuführen ist, ist vorliegend unerheblich. Dem Zeichenbestandteil käme allenfalls prägende und beachtliche Bedeutung zu, wen man damit sofort die Beklagte als Urheberin und einzig Benutzende in Verbindung bringen würde. Das lässt sich aber aus dem Vorbringen der Beklagten nicht ausreichend entnehmen. Nach ihrem eigenen Vortrag nutzen diesen Begriff vielmehr auch Mitbewerber.

Den Ansprüchen der Klägerin steht auch § 23 Nr. 3 MarkenG nicht entgegen.

Der Beklagten ist es in der angegriffenen Weise nicht gestattet, die N2 als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware/Dienstleistung zu benutzen. Denn ein entsprechendes Recht gewährt § 23 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn die Benutzung des Kennzeichens dafür notwendig ist und die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Bereits an einer Notwendigkeit in der gewählten Form fehlt es vorliegend. Eine solche ist nur dann zu bejahen, wenn die Benutzung praktisch das einzige Mittel dafür darstellt, der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über diese Bestimmung zu liefern, um das System eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Markt für diese Ware zu erhalten (EuGH, GRUR 2005, 509 ff.).

Die Verwendung der N2 ist zwar in der Regel eine branchenübliche Art und Weise zur Identifizierung des Hauptproduktes, so dass die Nutzung des Kennzeichens innerhalb des Internetauftritts grundsätzlich gestattet ist. Die Notwendigkeit hinsichtlich der gewählten Bestimmungsangabe muss allerdings nach ihrem konkreten Umfang und der Form der Darstellung zu bejahen sein (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 2. Auflage § 23 Rz. 72).

Die Verwendung des Kennzeichens zeichnet sich hier durch einen von § 23 Nr. 3 MarkenG nicht mehr gedeckten Überschuss aus, da die Bezeichnung der Internetdomain in der gewählten Form nicht erforderlich ist, um auf den Verkauf von gebrauchten Ferienwohnrechten hinzuweisen. Ausreichend geschehen kann dies, indem die Beklagte etwa die N2 innerhalb ihres Internetauftritts erwähnt oder aber dem Domainnamen ihren eigenen Namen hinzufügt, wie dies z.B. im Rahmen der Google-Werbung geschehen ist. Über dieses erforderliche und zulässige Maß geht die hier gewählte Form hinaus.

Zudem führt die Verwendung der klägerischen N2 im Domainnamen bei den angesprochenen Verkehrskreisen zu dem unrichtigen Eindruck, dass es sich um die Internetseiten der Klägerin selber oder aber um die eines autorisierten Vertriebshändlers der Klägerin handelt. Damit liegt ein Verstoß gegen die guten Sitten vor. Bei der Bezeichnung der Domain mit dem Namen eines Markeninhabers erwartet der durchschnittlich informierte und interessierte Betrachter ausschließlich das Angebot von der Klägerin oder eines in ihrem Vertriebsnetz eingebundenen Händlers. Der Umstand, dass der Verkehr - wie die Beklagte behauptet - möglicherweise weiß, dass die Beklagte nicht zum Unternehmen der Klägerin gehört oder mit dieser verbunden ist, ist unerheblich. Denn es erschließt sich erst nach Öffnen der Internetseite, dass es sich nicht um eine Internetseite der Klägerin handelt. Dieser Hinweis auf den nachfolgenden Internetseiten steht einem Markenrechtsverstoß aber nicht entgegen. Hier ist zwar klar ersichtlich, dass sich der Suchende auf einer Internetseite der Beklagten befindet, da sich dort deutlich der Firmenname der Beklagten wiederfindet. Die von § 14 MarkenG erfasste Irreführung geschieht jedoch bereits durch die Verwendung des geschützten Kennzeichens im Domainnamen. Hierdurch alleine wird der Internetnutzer zu einem Aufruf der Internetseiten der Beklagten verleitet. Eine zulässige Verwendung einer N2 in einer Domain, die von einem Dritten benutzt wird, läge daher allenfalls vor, wenn sowohl durch lokalisierende als auch auf das Fehlen einer Dauerverbindung hinweisende Zusätze eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise - und zwar im Domainnamen selber - vermieden wird (LG N I, CR 2001, 416 f.; Ingerl/Rohnke, Nach § 15 Rz. 131).

Unerheblich ist auch der Umstand, dass durch die bei Google ersichtliche Werbung keine Irreführung erfolgen kann, weil dort die Beklagte als Initiator klar zu erkennen ist. Denn mit der Klage greift die Klägerin nicht die Form dieser Werbung, sondern lediglich die Internetadresse an.

Soweit die Beklagte sich auf eine Verwirkung beruft, hat ihr Vorbringen ebenfalls keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung gem. § 21 MarkenG sind nicht vorgetragen.

Aber auch die Voraussetzungen für die gem. § 21 IV MarkenG anwendbaren allgemeinen Grundsätze der Verwirkung von Ansprüchen sind nicht ausreichend dargetan. Für die Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruchs gem. § 242 BGB ist insbesondere erforderlich, dass durch eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung eines Kennzeichens ein Zustand geschaffen ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muss (BGH GRUR 2006, 56, 59). Vorliegend fehlt es an einem ausreichenden Vortrag dazu, dass die Beklagte durch die Benutzung der Internet-Domain einen wertvollen Besitzstand erworben hat. Darüber hinaus lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht hinreichend entnehmen, dass die Klägerin von der behaupteten Werbung Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. Die Angaben zu den vorgelegten Werbeanzeigen sind völlig unsubstantiiert. Es ist nicht konkret ersichtlich, was wann wo abgedruckt wurde. Zudem ist die Domain in den zur Akte gereichten Anzeigen nicht enthalten. Auch lässt sich der vorgelegte Auszug zur Domaingeschichte bisher nicht mit dem Vortrag der Beklagten überein bringen, da danach in den Jahren ......#/......Inhaberin der streitgegenständlichen Domain das SXXXXXXX war. Wer oder was dahin steckt, ist nicht erkennbar, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte seit diesem frühen Zeitpunkt unter der Internetadresse wirbt.

Der auf Feststellung eines Schadensanspruchs gerichtete Antrag der Klägerin hat in der Sache gem. § 14 II, VI MarkenG in Verbindung mit § 256 ZPO gleichfalls Erfolg. Die Beklagte hat jedenfalls fahrlässig gehandelt. Dem Geschäftsführer der Beklagten hätte sich als ehemaligem Mitarbeiter der Klägerin die Unzulässigkeit der Domainbezeichnung aufdrängen müssen. Jedenfalls hätte es der Beklagten oblegen, die Rechtslage zu überprüfen.

Der Auskunftsanspruch resultiert aus den § 19 I, II MarkenG sowie § 19 V MarkenG in Verbindung mit § 242 BGB. Die begehrte Auskunft ist zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs erforderlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I 1, 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 15.000,- Euro






LG Düsseldorf:
Urteil v. 11.07.2007
Az: 2a O 24/07


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