Verwaltungsgericht Freiburg:
Beschluss vom 14. Mai 2002
Aktenzeichen: 7 K 553/02

(VG Freiburg: Beschluss v. 14.05.2002, Az.: 7 K 553/02)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 4.000,-- Eurofestgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügung des Landratsamts Emmendingen vom 8. März 2002, mit der ihm die Fahrerlaubnis entzogen, die Abgabe des Führerscheins angeordnet und für den Fall der nicht fristgemäßen Ablieferung dessen zwangsweise Wegnahme angedroht wurde, wiederherzustellen bzw. anzuordnen, ist nach § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG zulässig, aber unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis wird durch die bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehende hohe Wahrscheinlichkeit begründet, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist und somit ernstlich befürchtet werden muss, dass er bereits vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden wird. Gegenüber diesem öffentlichen Interesse, Teilnehmer am Straßenverkehr vor Gefahren für Leib und Leben zu schützen, muss das private Interesse des Antragstellers, vorläufig weiterhin im Besitz der Fahrerlaubnis zu bleiben, zurückstehen.

2Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers sind § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung - FeV - in Verbindung mit Anlage 4 Nr. 9.1. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen. Nach Ziff. 9.1 der Anlage 4 FeV schließt die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes - BTMG - (außer Cannabis) die Fahreignung aus. Der Antragsteller hat, wie sich aus dem toxikologischen Gutachten - Untersuchung einer Blut- und Urinprobe auf Drogen- und Medikamentenbestandteile - des Instituts für Rechtsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom 3. Dezember 2001 ergibt, am 30. September 2001 (oder kurz zuvor) Cannabisprodukte (Haschisch, Marihuana) sowie Amphetamine, Methamphetamin und Kokain konsumiert. Die drei letztgenannten Mittel sind in der Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 BTMG als Betäubungsmittel aufgeführt. Der Antragsteller weist somit einen Eignungsmangel auf. In § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Anl. 4 FeV hat der Verordnungsgeber eine Bewertung der Auswirkungen bestimmter Verhaltensweisen und Erkrankungen auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorgenommen, indem er die auf wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen und bereits im Gutachten "Krankheit und Kraftverkehr" zusammengefassten Erkenntnisse in die FeV integriert und damit normativ als für den Regelfall zutreffend gekennzeichnet hat. § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Ziff. 9.1 Anl. 4 FeV beinhaltet daher den Erfahrungssatz, dass schon die Einnahme von Amphetamin, Methamphetamin und Kokain die Fahreignung ausschließt (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Beschl. v. 21.11.2000 - 7 B 11798/00 - und Urt. v. 23.05.2000 - 7 A 12289/99 -; OVG Saarlouis, Beschl. v. 22.11.2000 - 9 W 6/00 -). An diese normative Wertung ist die Kammer gebunden, solange keine Umstände im Einzelfall vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Derartige Umstände, die die Regelannahme der Anl. 4 FeV entkräften, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

3Die Einwendungen des Antragstellers greifen nicht durch. Dass das Landratsamt Emmendingen in dem angefochtenen Beschluss den zu Grunde liegenden Vorfall auf den 17.12.2001 statt auf den 30.09.2001 datiert hat, ist unerheblich, denn es handelt sich offensichtlich um eine bloße Falschdatierung; auch der Antragsteller hatte keinerlei Zweifel, welcher Vorfall der Verfügung zu Grunde liegt. Selbst wenn das Landratsamt den Vorfall nicht nur versehentlich falsch datiert, sondern tatsächlich die Vorstellung gehabt hätte, der Vorfall habe sich erst am 17. Dezember 2001 ereignet - was schon in Anbetracht des Gutachtens vom 3. Dezember 2001 einigermaßen unwahrscheinlich ist -, würde dies nichts an der Richtigkeit der Entscheidung ändern, denn die Entziehung der Fahrerlaubnis stand nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist angesichts der nachgewiesenen Nichteignung des Antragstellers gemäß §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die zwingende Folge. Zu Unrecht wertet der Antragsteller das o.g. Gutachten auch als ein lediglich vorläufiges Gutachten, mit dem sich die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht ausreichend begründen lasse. Zwar wird in dem Gutachten darauf hingewiesen, dass eine weitere Beurteilung nur nach Kenntnis näherer Fallumstände erfolgen könne. Damit wird jedoch nicht die Feststellung, dass der Antragsteller die o.g. Stoffe konsumiert habe, in Zweifel gezogen. Es ist vielmehr lediglich ein Hinweis, dass eine Beurteilung weiterer Fragen - zu denken wäre etwa an Menge und Zeitpunkt, Häufigkeit des Konsums etc. - eben nur nach Kenntnis näherer Einzelheiten erfolgen könne. Unerheblich ist auch, dass keinerlei Fahrauffälligkeiten beim Antragsteller festgestellt wurden. Für einen Eignungsausschluss i.S.d. § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Ziff. 9.1 der Anl. 4 FeV genügt nämlich bereits der Nachweis des (einmaligen) Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz angeführten Rauschmittels (außer Cannabis) (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 21.11.2000 und Urt. v. 23.05.2000, jeweils a.a.O.).

Unerheblich ist, ob der Antragsteller tatsächlich seit dem 28. bzw. 30.09.2001 keinerlei Drogen mehr konsumiert und ob zum jetzigen Zeitpunkt seine Fahreignung wieder gegeben ist. Hiervon kann nämlich nicht ausgegangen werden, solange dies nicht durch die in der Fahrerlaubnisverordnung vorgesehenen Nachweise (vgl. §§ 11, 14 FeV) belegt ist. Offen bleiben kann, ob diesem Umstand überhaupt im hier streitigen Fahrerlaubnisentziehungsverfahren und nicht erst im Verfahren auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis Rechnung zu tragen ist (so OVG Koblenz, Beschluss vom 21.11.2000, a.a.O.). Es kann mithin von der - erneuten - Fahreignung des Antragstellers derzeit nicht ausgegangen werden, was die Anordnung der sofortigen Vollziehung berechtigt.

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins beruht auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG. Die aus den §§ 1, 2, 19, 20, 26 und 28 LVwVG beruhende Androhung unmittelbaren Zwangs ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 25 Abs. 2, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG.






VG Freiburg:
Beschluss v. 14.05.2002
Az: 7 K 553/02


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