Finanzgericht Hamburg:
Gerichtsbeschei vom 18. April 2013
Aktenzeichen: 1 K 89/12
(FG Hamburg: Gerichtsbeschei v. 18.04.2013, Az.: 1 K 89/12)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Auskunftsersuchens.
Der Kläger ist eine insbesondere auf den Verbraucherschutz abzielende Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Versicherungswirtschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Er hat nach § 2 Ziff. 1 seiner Satzung den Zweck zu erreichen, dass nur vertrauenswürdige Personen Versicherungs-, Bauspar- und sonstige Finanzdienstleistungsprodukte vermitteln. Hierzu unterhält er einen Auskunftsverkehr mit seinen Mitgliedern und deren Mitgliedsunternehmen.
Der Kläger speicherte über alle im Außendienst tätigen Vermittler diejenigen Informationen, die eine Beurteilung von deren Verlässlichkeit erlaubten. Hierzu gehörten Informationen darüber, für welche Versicherungsgesellschaft die jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig waren. Informationen über die Höhe der Einkünfte, die die Versicherungsvermittler bzw. -makler bezogen, erhielt der Kläger nicht. Die Teilnahme an dem Verfahren des Klägers war für die Versicherungsvermittler oder Versicherungsmakler freiwillig. Im Gegenzug zur Teilnahme sicherte der Kläger den Versicherungsvermittlern bzw. -maklern die Vertraulichkeit der Daten zu.
Die Steuerfahndung des Beklagten ermittelte anhand der in den Datensätzen der Finanzverwaltung gespeicherten Gewerbekennzahl für Versicherungsmaklerinnen und -makler sowie der Kennzahl für Schätzungsbescheide aufgrund Nichterfüllung der Erklärungspflichten in den Veranlagungszeiträumen 2006 bis 2009 insgesamt 251 Personen. Diese Zahl entsprach knapp 5 % der Steuerpflichtigen in A mit der gespeicherten Gewerbekennzahl für Versicherungsmaklerinnen und -makler.
Der Beklagte ersuchte den Kläger mit Bescheid vom 08.11.2011, bezogen auf die von dem Beklagten ermittelten Personen, um Auskunft über alle Versicherungsunternehmen, für die diese Personen tätig sind oder waren und den Zeitraum der Tätigkeit bei dieser Gesellschaft bzw. diesen Gesellschaften. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 17.11.2011, bei dem Beklagten eingegangen am 18.11.2011, Einspruch ein.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27.03.2012 zurück. Zur Begründung bezog sich der Beklagte auf sein Schreiben an den Kläger vom 02.03.2012. In diesem Schreiben verwies der Beklagte auf steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Versicherungsvertreter im Freistaat Sachsen, die Schätzungsbescheide gegen sich ergehen ließen und die dadurch niedrigere Steuern gezahlt hatten als sie tatsächlich hätten zahlen müssen, was durch an den Kläger gerichtete Einzelauskunftsersuchen aufgedeckt worden sei. Dies sei der Anlass für das Auskunftsersuchen an den Kläger gewesen. Es sei davon auszugehen, dass die aufgrund einer Schätzung festgesetzte Steuer für den einzelnen Steuerpflichtigen finanziell günstiger sei als die Erklärung der konkret erzielten Einnahmen. Ziel des Auskunftsersuchens sei es, Daten darüber zu erheben, für welche Versicherungsgesellschaften die Steuerpflichtigen im Einzelnen tätig waren, um im Anschluss daran an die so bekannt gewordenen Versicherungsgesellschaften herantreten zu können. Zwar unterlägen die Versicherungsunternehmen einer permanenten Außenprüfung. Allerdings sei es im Rahmen dieser Außenprüfungen nicht tatsächlich erfüllbar, mit der notwendigen Detailtiefe Kontrollmitteilungen zu erstellen. Das Auskunftsersuchen stelle den Beginn der Ermittlungen des Beklagten dar. Es sei geeignet und auch verhältnismäßig. Im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Ermessens sei das Interesse des Beklagten an der Erlangung der Auskünfte höher zu bewerten als das Interesse an der Vertraulichkeit des Verfahrens des Klägers. Das Auskunftsersuchen sei auch dem Kläger zumutbar. Datenschutzrechtliche Bedenken stünden dem Auskunftsersuchen nicht entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom 02.03.2012 verwiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.04.2012 Klage.
Er ist der Auffassung, das Auskunftsersuchen sei rechtswidrig. Es handele sich um eine bloße Ermittlung "ins Blaue hinein". Es fehle an konkreten Momenten dafür, dass Versicherungsvertreter bzw. -makler Steuern verkürzt hätten. Das Auskunftsersuchen richte sich nur pauschal gegen eine Vielzahl von Versicherungsvertretern bzw. -maklern. Der Erlass von Schätzungsbescheiden lasse noch nicht den Schluss zu, dass der betroffene Steuerpflichtige Steuern verkürzt habe. Es sei unzulässig, eine Sammelauskunft zu verlangen, um dann erst Ermittlungen gegen einzelne Personen beginnen zu können. Der Beklagte habe nicht dargestellt, dass die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel geführt habe oder keinen Erfolg verspreche. Das Auskunftsersuchen sei zur Durchführung der Besteuerung bei Versicherungsvertretern und -maklern nicht erforderlich, weil der Beklagte die Gründe von Steuerpflichtigen, eine Schätzung hinzunehmen, nicht ausreichend gewürdigt habe. Zudem liefen alle Zahlungsflüsse über Konten. Die Versicherungsunternehmen unterlägen permanenten Betriebsprüfungen, bei denen Kontrollmitteilungen geschrieben und die begehrten Angaben eingesehen werden könnten. Das Auskunftsersuchen sei nicht geeignet, den von dem Beklagten begehrten Sachverhalt zu ermitteln, da lediglich Auskünfte erteilt werden könnten, für welche Versicherungsgesellschaften die betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig gewesen seien, nicht jedoch Auskünfte über die Höhe der Einkünfte. Die Höhe der Einkünfte sei erst von den jeweiligen Versicherungsunternehmen zu erfragen. Das Auskunftsersuchen sei nicht zuletzt unangemessen, weil das Interesse der Versicherungsvertreter bzw. -makler und der gesamten Versicherungswirtschaft an der vertraulichen Behandlung ihrer Daten gegenüber dem öffentlichen Interesse der Finanzverwaltung überwiegt. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass es durch die Sammelauskunft voraussichtlich zur Erzielung von Steuermehreinnahmen in relevanter Höhe kommen werde. Im Übrigen begegne das Auskunftsersuchen auch datenschutzrechtlichen Bedenken.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 08.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, das Auskunftsersuchen sei rechtmäßig, und verweist hierfür im Wesentlichen auf das in der Einspruchsentscheidung in Bezug genommene Schreiben vom 02.03.2012. Auskunftsersuchen anderer Steuerfahndungsstellen seien von dem Kläger beantwortet worden. Im Übrigen läge dem Beklagten eine Selbstanzeige eines Versicherungsvertreters vor, in der nach zu niedriger Schätzung für vier Jahre um rund 268.000 € höhere Gewinne erklärt worden seien, die zu Mehrsteuern von mehr als 100.000 € geführt hätten.
Dem Gericht hat ein Leitzordner des Beklagten "X .../.../... geschätzte Versicherungsvertreter und -makler ..." vorgelegen.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
I. Das Gericht entscheidet gemäß § 90a Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid.
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das mit Bescheid vom 08.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2012 gestellte Auskunftsersuchen des Beklagten ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Steuerfahndung handelte im Rahmen ihrer Aufgabe zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO). Hierbei war sie befugt, gemäß §§ 208 Abs. 1 Satz 2, 92 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO das Auskunftsersuchen an den Kläger zu stellen. Der Beklagte handelte auch im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens.
1. Die Steuerfahndung des Beklagten stellte das Auskunftsersuchen zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO im Rahmen ihrer Befugnisse im Besteuerungsverfahren.
a) Die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle umfasst Nachforschungen sowohl nach unbekannten Steuerpflichtigen als auch nach bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten (Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208 AO Randziffer - Rz. - 29 m. w. N.). Dies betrifft auch den vorliegenden Fall der Versicherungsvertreter oder -makler, die Schätzungsbescheide gegen sich ergehen lassen. Denn es bestehen erfahrungsgemäß Anhaltspunkte dafür, dass diese Personen Steuertatbestände verwirklicht haben, wobei sich die Anhaltspunkte allerdings noch nicht zu einem steuerstrafrechtlichen Verdacht verdichtet haben (vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208 AO Rz. 29; Dumke, in: Schwarz, AO, Stand: Februar 2010, § 208 Rz. 47; Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 208 Rz. 40 ff.). Da Versicherungsvertreter oder -makler von Versicherungsunternehmen in der Regel Provisionen erhalten, die als Einnahmen zu versteuern sind, bestehen erfahrungsgemäß Anhaltspunkte für die Verwirklichung von Steuertatbeständen. Im Streitfall bezieht sich das Auskunftsersuchen auf steuerliche Sachverhalte, die der Finanzbehörde bisher unbekannt sind. Die Höhe der Einnahmen der Versicherungsvertreter bzw. -makler ist der Finanzbehörde nicht bekannt, weil diese Versicherungsvertreter bzw. -makler ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachgekommen sind.
b) Die Steuerfahndung darf jedoch nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO erst dann tätig werden, wenn hierfür ein hinreichender Anlass besteht. Ein solcher liegt vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte (z. B. wegen der Besonderheit des Objektes oder der Höhe des Wertes) oder aufgrund allgemeiner Erfahrung (auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung bestimmter Art angezeigt ist. Ermittlungen "ins Blaue hinein", Rasterfahndungen, Ausforschungsdurchsuchungen oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen sind unzulässig. Für ein berechtigtes Auskunftsverlangen ist aber ausreichend, dass die Steuerfahndung im Rahmen einer Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung nach pflichtgemäßem Ermessen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Auskunft zu steuererheblichen Tatsachen zu führen vermag (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 19.02.2009 II R 61/07, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2009, 1586 mit weiteren Nachweisen - m. w. N. -).
Nach diesen Grundsätzen bestand ein solcher hinreichender Anlass. Denn im Freistaat Sachsen hat sich herausgestellt, dass Versicherungsvertreter, die Schätzungsbescheide gegen sich ergehen ließen, nach steuerstrafrechtlichen Ermittlungen erheblich mehr Steuern zu zahlen hatten, was durch an den Kläger gerichtete Einzelauskunftsersuchen aufgedeckt wurde (vgl. Sächsisches Finanzgericht - FG -, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris; vgl. auch Dumke, in: Schwarz, AO, Stand: Februar 2010, § 208 Rz. 49, 51 m. w. N.).
Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich nicht um eine bloße Ermittlung "ins Blaue hinein". Vielmehr hat der Beklagte sein Auskunftsersuchen auf diejenigen Versicherungsvertreter bzw. -makler beschränkt, die ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht genügt haben (ca. 5 % der gesamten in A steuerpflichtigen Versicherungsvertreter bzw. -makler). Dabei ist unerheblich, welche Gründe für eine Schätzung vorgelegen haben, da als ausreichender Anhaltspunkt für den Anlass jeweils die fehlende Steuererklärung genügt (so auch Sächsisches FG, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Da die Steuerfahndung des Beklagten ausdrücklich nicht steuerstrafrechtlich tätig geworden ist, brauchten auch noch keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerverkürzung durch Versicherungsvertreter bzw. -makler vorzuliegen. Das Auskunftsersuchen richtet sich zudem nicht nur pauschal gegen eine Vielzahl von Versicherungsvertretern bzw. -maklern. Denn der Beklagte hat das Auskunftsersuchen auf diejenigen Versicherungsvertreter bzw.- Makler beschränkt, die ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht genügten. Des Weiteren kommt es nach dem Vorstehenden nicht darauf an, ob tatsächlich eine Selbstanzeige eines Versicherungsvertreters bei dem Beklagten vorliegt, wonach nach einer zu niedrigen Schätzung erhebliche Mehrsteuern festgesetzt worden sein sollen.
2. Der Steuerfahndung der Beklagten steht die Befugnis zu, dass hier streitige Auskunftsersuchen gemäß §§ 208 Abs. 1 Satz 2, 92 Abs. 1 Satz 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO an den Kläger zu stellen.
a) Die Steuerfahndung des Beklagten war nicht verpflichtet, vor dem Auskunftsersuchen an den Kläger darzustellen, dass die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten, also die jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler, nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Denn gemäß § 208 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO gilt die Einschränkung des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO, in dem diese Voraussetzung normiert ist, für die Steuerfahndung bei der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht.
b) Die von dem Kläger begehrte Auskunft ist zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes erforderlich (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AO). Ein "für die Besteuerung erheblicher Sachverhalt" ist jeder Sachverhalt, dessen steuerliche Bedeutung nach dem Gesetz und der dazu vorliegenden Rechtsprechung ernstlich in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 16.01.2009 VII R 25/08, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 224, 201, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2009, 582). Erforderlich ist die Auskunft, wenn nach der allgemeinen Erfahrung der Behörde ein Kontrollbedürfnis besteht (Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93 AO Rz. 15), was angesichts des oben dargestellten hinreichenden Anlasses zu bejahen ist (vgl. zur Erforderlichkeit durch einen konkreten Anlass auch Rätke, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 93 Rz. 6).
c) Das Auskunftsersuchen des Beklagten entspricht dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, an dem sich jedwede Maßnahme der Finanzbehörden grundsätzlich messen lassen muss (vgl. BFH-Urteil vom 16.01.2009 VII R 25/08, BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582 m. w. N.). Diese Grenzen sind eingehalten, wenn das Auskunftsverlangen zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und, gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit, notwendig und verhältnismäßig erscheint, sowie dem Adressaten des Ersuchens die Erteilung der Auskunft möglich und zumutbar ist (BFH-Beschluss vom 21.03.2002 VII B 152/01, BFHE 198, 42, BStBl II 2002, 495 m. w. N.; Rätke, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 93 Rz. 12, 20 m. w. N.).
aa) Das Auskunftsverlangen ist zur Sachverhaltsaufklärung geeignet. Zwar stellt die Ermittlung der Versicherungsunternehmen, für die die Versicherungsvertreter bzw. -makler tätig sind, nur einen Zwischenschritt dar. Allerdings kann nach diesem Schritt durch dann darauf folgende weitere Auskunftsverlangen die tatsächliche Höhe der Einnahmen der jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler bei den jeweiligen Versicherungsunternehmen, die der Finanzbehörde noch unbekannt sind, ermittelt werden.
bb) Das Auskunftsverlangen ist erforderlich. Ein milderes Mittel, das den Kläger weniger belastet und gleich geeignet ist, ist nicht ersichtlich. Insbesondere dürften den Kläger jeweils einzeln gestellte Auskunftsersuchen mehr belasten, als das vorliegende Sammelauskunftsersuchen. Des Weiteren ist es nicht weniger belastend, an alle Versicherungsunternehmen Auskunftsverlangen zu stellen, um diejenigen zu ermitteln, mit denen die Vertreter Kontakt hatten. Denn die Versicherer haben gerade den Kläger ins Leben gerufen, um die entsprechenden Informationen zu sammeln (Sächsisches FG, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Entgegen der Auffassung des Klägers kann der Beklagte nicht darauf verwiesen werden, im Rahmen von Betriebsprüfungen bei den Versicherungsunternehmen entsprechende Kontrollmitteilungen zu schreiben. Im Rahmen dieser Außenprüfungen können Kontrollmitteilungen nicht mit der notwendigen Detailtiefe erstellt werden. Den Betriebsprüfern der Versicherungsunternehmen stehen keine Unterlagen über die Erfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten der jeweiligen Versicherungsvertreter bzw. -makler zur Verfügung stehen, wobei im übrigen § 30 AO zu beachten wäre.
cc) Das Auskunftsverlangen ist angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinne). Danach ist abzuwägen, ob die Grundrechtsbeeinträchtigungen, die von einem an sich geeigneten und erforderlichen Mittel zur Durchsetzung von Allgemeininteressen ausgehen, schwerer wiegen als die durchzusetzenden Interessen. Eine informationsbezogene Maßnahme kann sich deshalb als schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung darstellen, weil sie auf eine Weise durchgeführt wird, die die Persönlichkeit erheblich berührt. Die rechtliche Bewertung des Eingriffs richtet sich bei einem Auskunftsersuchen nach der Intensität der Beeinträchtigung des Betroffenen, gegen den sich die behördliche Ermittlung richtet. Das Gewicht der Beeinträchtigung hängt auch davon ab, ob der von dem Auskunftsersuchen Betroffene anonym bleibt und welche Nachteile ihm aus der Ermittlungsmaßnahme drohen oder von dieser nicht ohne Grund befürchtet werden (BFH-Urteil vom 04.12.2012 VIII R 5/10, BFHE 239, 19, BFH/NV 2013, 431 m. w. N.). Im Streitfall sind danach das öffentliche Interesse an der gleichmäßigen Besteuerung und das Vertrauensverhältnis des Klägers zwischen seinen Mitgliedern sowie den Versicherungsvertretern und ihm sowie dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung abzuwägen (Sächsisches FG, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Im Streitfall ist das Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Festsetzung und Verwirklichung des Steueranspruchs höher zu gewichten als die klägerischen Interessen bzw. die Interessen der Mitglieder des Klägers und der betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler. Betroffener eines Auskunftsverlangen kann jeder sein. Auskunftsverweigerungsrechte stehen außer den in § 101 AO genannten Personen bzw. in den in § 103 AO genannten Fällen nur den in § 102 AO genannten Personen zu, zu denen der Kläger nicht gehört. Die Rechte des Klägers werden im Übrigen nur geringfügig eingeschränkt. Dabei ist im Hinblick auf das von dem Kläger vorgebrachte Vertrauensverhältnis zu berücksichtigen, dass die erteilten Auskünfte durch den Beklagten nach § 30 AO zu behandeln sind (so schon Sächsisches FG, Urteil vom 27.05.2010, 2 K 2181/09, juris). Es erscheint zudem zweifelhaft, dass sich die betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler auf ein Vertrauensverhältnis berechtigterweise berufen können, wenn sie selbst ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht genügen. Ferner sind auch keine schwerwiegenden Nachteile für die betroffenen Versicherungsvertreter bzw. -makler aufgrund des Auskunftsersuchens zu befürchten. Hierfür ist zu berücksichtigen, dass mit dem Auskunftsersuchen dem Kläger nur die Versicherungsvertreter bzw. -makler bekannt gemacht werden, gegen die Schätzungsbescheide erlassen wurden. Unabhängig von dem im Rahmen des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu prüfenden hinreichenden Anlass, ist mit der Bekanntgabe dieser Versicherungsvertreter bzw. -makler ein "Unwerturteil" als solches nicht verbunden. Wie auch der Kläger vorträgt, können die Gründe, eine Schätzung gegen sich ergehen zu lassen, vielfältig sein.
dd) Dem Kläger ist die Erteilung der Auskunft auch möglich und zumutbar. Der Kläger sammelt die gewünschten Daten seinem Satzungszweck entsprechend. Er kann sie auch tatsächlich herausgeben.
3. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (§ 102 FGO), bestehen nicht. Im Übrigen erfüllt der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung die notwendigen Begründungsanforderungen des § 121 Abs. 1 i. V. m. § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO. Der Beklagte hatte dem Kläger ausführlich mitgeteilt, warum er den Kläger auf Auskunft in Anspruch nimmt und warum das Auskunftsverlangen verhältnismäßig ist.
4. Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchens nicht (vgl. auch § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG -).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
FG Hamburg:
Gerichtsbeschei v. 18.04.2013
Az: 1 K 89/12
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