Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 26. November 2010
Aktenzeichen: 25 U 65/09
(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 26.11.2010, Az.: 25 U 65/09)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 12.Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Kasselvom 3. April 2009 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, ohnebehördliche Erlaubnis Altedelmetalle im Reisegewerbeanzukaufen.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegendiese Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld von bis zu250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zusechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft, die insgesamt zweiJahre nicht übersteigen darf, am gesetzlichen Vertreter derBeklagten zu vollziehen ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 455,90 EUR nebstZinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligenBasiszinssatz seit dem 21. November 2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert wird für den ersten und den zweitenRechtszug auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch.
Die Klägerin befasst sich ebenso wie die Beklagte mit dem An- und Verkauf von Edelmetallen.
Die Beklagte kauft Edelmetalle nicht nur in ihrer in Stadt1 gelegenen Niederlassung an. Sie führt darüber hinaus regelmäßig kurzzeitige Ankaufsaktionen außerhalb ihrer Niederlassung in Räumlichkeiten durch, die ihr zu diesem Zweck von anderen Gewerbetreibenden zur Verfügung gestellt werden.
Derartige Ankaufsaktionen führte die Beklagte unter anderem am 29. Mai 2008 in Stadt2, am 28. August 2008 in Stadt3 und am 29. August 2008 in Stadt4 in den Räumen örtlicher Friseurbetriebe durch.
Diese Ankaufsaktionen machte die Beklagte durch die vorherige Verteilung von Handzetteln bekannt, die sie in die Briefkästen der im Umkreis der jeweiligen Friseurbetriebe gelegenen Haushalte einwerfen ließ. Mit den im Wesentlichen gleich lautenden Handzetteln wurden die Anwohner dazu €eingeladen€, am angegebenen Tag in den Räumen des näher bezeichneten Friseurbetriebs Altedelmetalle an einen Goldschmied zu verkaufen.
Die Beklagte war bei Durchführung der Ankaufsaktionen nicht im Besitz einer Reisegewerbekarte. Sie hatte die Ankaufsaktionen auch nicht der zuständigen Behörde angezeigt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte verhalte sich wettbewerbswidrig, weil sie unerlaubt Altedelmetalle im Reisegewerbe ankaufe.
Mit ihrer Klage hat sie einen Anspruch auf Unterlassung dieses Verhaltens geltend gemacht. Darüber hinaus hat sie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt.
Im Übrigen wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 69 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 3. April 2009 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe mit den Ankaufsaktionen kein Reisegewerbe betrieben, weil sie nicht, wie in § 55 Abs. 1 GewO vorausgesetzt, ohne vorherige Bestellung tätig geworden sei. Die Initiative zur Leistungserbringung sei nämlich nicht von der Beklagten, sondern von deren Kunden ausgegangen, die die Beklagte in den von ihr genutzten Räumen hätten aufsuchen müssen. Auch sei der Zweck der §§ 55 ff. GewO, die Kunden vor Überrumpelung zu schützen, nicht berührt, weil sich die Kunden der Beklagten wegen der vorhergehenden Einladungen auf den Besuch hätten vorbereiten können. Die Tätigkeit der Beklagten sei somit nicht gemäß § 55 Abs. 2 GewO erlaubnispflichtig und daher auch nicht wettbewerbswidrig gewesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 9. April 2009 zugestellte Urteil am Montag, dem 11. Mai 2009 Berufung eingelegt und diese am 9. Juni 2009 begründet. Sie hält an ihrer Auffassung fest, die Beklagte habe unerlaubt ein Reisegewerbe betrieben. Insbesondere sei die Beklagte nicht auf vorhergehende Bestellung der Kunden tätig geworden.
Die Klägerin beantragt,
abändernd die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, gemäß § 890 ZPO zu unterlassen, Altedelmetalle im Reisegewerbe nach §§ 55 ff. GewO anzukaufen, soweit keine Erlaubnis vorliegt; an die Klägerin 455,90 EUR an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit (20. November 2008) zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Auch in der Sache selbst hat das Rechtsmittel Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin sowohl der geltend gemachte Unterlassungsanspruch als auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
1. Gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG, §§ 55 Abs. 2, 56 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GewO kann die Klägerin von der Beklagten verlangen, dass sie den unerlaubten Ankauf von Altedelmetallen im Reisegewerbe unterlässt.
Indem die Beklagte am 29. Mai 2008 in Stadt2, am 28. August 2008 in Stadt3 und am 29. August 2008 in Stadt4 ohne behördliche Erlaubnis Altedelmetalle in den Geschäftsräumen verschiedener Friseurbetriebe angekauft hat, hat sie gegen die Bestimmungen der §§ 55 Abs. 2, 56 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GewO verstoßen. Da diese Bestimmungen verbraucherschützende Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG enthalten, hat die Beklagte entgegen dem Verbot des § 3 Abs. 1 UWG unlauter gehandelt, so dass sie ihr unzulässiges Verhalten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG zukünftig unterlassen muss. Diesen Unterlassungsanspruch kann die Klägerin als Mitbewerberin der Beklagten (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG geltend machen.
Im Einzelnen:
In den vorgenannten Fällen hat die Beklagte mit dem Ankauf von Altedelmetallen ein Reisegewerbe betrieben. Dies war unzulässig, weil die Beklagte nicht über eine Reisegewerbekarte verfügte (§ 55 Abs. 2 GewO) und der Beklagten auch keine Ausnahme vom Verbot des Ankaufs von Edelmetallen im Reisegewerbe bewilligt worden war (§ 56 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und Abs. 2 Satz 3 GewO).
Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO betreibt ein Reisegewerbe, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung Waren ankauft. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Beklagte hat den Ankauf der Altedelmetalle gewerbsmäßig - nämlich fortgesetzt, mit Wiederholungsabsicht und mit der Absicht der Gewinnerzielung (vgl. BVerwG, GewArch 1979, 96; BGH, NJW 1980, 1585) - außerhalb ihrer gewerblichen Niederlassung in Stadt1 durchgeführt. In den ihr zur Mitbenutzung überlassenen Räumen der Friseurbetriebe hat die Beklagte keine gewerblichen Niederlassungen begründet. Denn sie hat ihre gewerbsmäßige Tätigkeit dort nicht, wie in § 42 Abs. 2 GewO in der bis zum 27. Dezember 2009 geltenden Fassung bzw. in § 4 Abs. 3 GewO in der seit dem 28. Dezember 2009 geltenden Fassung vorausgesetzt, dauerhaft mittels einer festen Einrichtung ausgeübt (vgl. VG Minden, Urt. v. 25. 3. 2009, 3 K 224/09, juris Rdn. 24 ff.; Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, § 56 Rdn. 54). Dementsprechend hatte die Beklagte jedenfalls im Zeitpunkt der hier maßgeblichen Ankaufsaktionen nicht gemäß § 14 GewO angezeigt, dass sie in den Räumen der Friseurbetriebe eine Hauptniederlassung, eine Zweigniederlassung oder eine unselbständige Zweigstelle betreibt.
Die Beklagte ist auch ohne vorhergehende Bestellung tätig geworden.
Unter einer vorhergehenden Bestellung im Sinne von § 55 Abs. 1 GewO ist eine vom Kunden ausgehende und an den Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung zu hinreichend bestimmten Vertragsverhandlungen zu verstehen (VGH Stuttgart, GewArch 1997, 333 juris Rdn. 35). Eine solche Bestellung kann, entgegen der Auffassung des Landgerichts, nicht darin gesehen werden, dass die von der Beklagten durch Handzettel angesprochenen Kunden die Räume der Friseurbetriebe aufgesucht haben, um Altedelmetalle zu verkaufen. In der Kundgabe dieser Absicht gegenüber dem für die Beklagte tätigen Goldschmied lag nämlich bereits der Beginn der Vertragsverhandlungen, ohne dass dem irgendwelche Aufforderungen der Kunden zu deren Aufnahme vorausgegangen wären. Wollte man im Beginn der Vertragsverhandlungen eine vorhergehende Bestellung sehen, würde beispielsweise auch die Tätigkeit von Straßen- oder Markthändlern, die üblicherweise von potentiellen Kunden wegen des Verkaufs von Waren angesprochen werden, dem stehenden Gewerbe zuzurechnen sein, obwohl es sich hierbei nach allgemeiner Auffassung um typische Fälle des Reisegewerbes handelt (Landmann/Rohmer, § 55 Rdn. 30). Dies zeigt, dass der Beginn der Vertragsverhandlungen von der Aufforderung zu ihrer Aufnahme und damit von der vorhergehenden Bestellung unterschieden werden muss.
Beizupflichten ist dem Landgericht zwar im Grundsatz darin, dass es für die Abgrenzung des Reisegewerbes vom stehenden Gewerbe anhand des Merkmals der vorhergehenden Bestellung maßgeblich darauf ankommt, ob die Initiative zur Leistungserbringung vom Gewerbetreibenden € dann Reisegewerbe - oder vom Kunden € dann stehendes Gewerbe - ausgeht (BVerfG, GewArch 2007, 294 juris Rdn. 26). Es trifft jedoch nicht zu, dass der Abschluss von Kaufverträgen über Altedelmetalle in den hier in Rede stehenden Fällen allein oder auch nur vorrangig auf Initiative der Kunden erfolgte. Vielmehr war es zunächst einmal die Beklagte, die sich durch die Einrichtung temporärer Ankaufsstellen in die räumliche Nähe ihrer potentiellen Kunden begab und diese durch Handzettel auf die nur einen Tag währende Möglichkeit zum Verkauf von Altedelmetallen in den Räumen eines örtlichen Friseurbetriebs hinwies. Auch insoweit entsprach die gewerbliche Tätigkeit der Beklagten derjenigen von reisenden Straßen- oder Markthändlern, die ihre Verkaufsstellen dort einrichten, wo sie von möglichst vielen Kunden angesprochen werden können (vgl. OVG Hamburg, GewArch 2007, 85 juris Rdn. 8; OVG Lüneburg, GewArch 2009, 415 juris Rdn. 10).
Anders als das Landgericht meint, gebietet es auch der Zweck der §§ 55 ff. GewO nicht, in Fällen der vorliegenden Art eine vorhergehende Bestellung anzunehmen.
Mit der eine präventive Zuverlässigkeitsprüfung (§ 57 GewO) ermöglichenden Erlaubnispflicht gemäß § 55 Abs. 2 GewO soll verhindert werden, dass die mit dem Reisegewerbe typischerweise verbundene Gefährdungslage von persönlich nicht zuverlässigen Reisegewerbetreibenden zum Nachteil potentieller Kunden ausgenutzt wird (VGH Stuttgart, GewArch 1997, 333 juris Rdn. 35).
Diese Gefährdungslage besteht zum einen darin, dass Kunden, die in ihrer Wohnung oder an einem sonstigen Ort außerhalb einer gewerblichen Niederlassung überraschend und unvorbereitet in Vertragsverhandlungen verwickelt werden, unüberlegt für sie nachteilige Geschäfte abschließen. Deshalb kann eine vorhergehende Bestellung nicht angenommen werden, wenn der Kunde durch das Verhalten des Gewerbetreibenden in eine Situation gebracht wird, die typischerweise die Gefahr einer Überrumpelung in sich birgt (BGH, MDR 1990, 520 juris Rdn. 25). Insoweit trifft es zwar zu, dass Kunden, die die temporären Ankaufsstellen der Beklagten wegen der zuvor ausgesprochenen €Einladungen€ zum Zweck des Verkaufs von Altedelmetallen aufsuchen, keiner Überrumpelungsgefahr unterliegen. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist es jedoch möglich, dass auch Kunden der jeweiligen Friseurbetriebe, die die €Einladungen€ nicht zur Kenntnis genommen haben, überraschend mit den Ankaufsaktionen konfrontiert werden. Hinsichtlich dieser Kunden, die häufig Edelmetallschmuck mit sich führen werden, ist eine Überrumpelungsgefahr nicht von der Hand zu weisen.
Unabhängig hiervon lässt sich das Vorliegen einer vorhergehenden Bestellung nicht allein mit dem Fehlen einer Überrumpelungsgefahr begründen. Zahlreiche gewerbliche Tätigkeiten, die unzweifelhaft dem Reisegewerbe zuzurechnen sind, bringen diese Gefahr nicht mit sich. Wer beispielsweise ein Volksfest besucht, wird nicht überrascht sein, dort eine Imbissbude vorzufinden, aus der heraus Bratwurst zum Kauf angeboten wird. Hieraus folgt jedoch keineswegs, dass der von Volksfest zu Volksfest ziehende Bratwurstverkäufer ein stehendes Gewerbe betreibt. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang verkannt, dass sich das Gefährdungspotential des Reisegewerbes keineswegs auf die Überrumpelungsgefahr beschränkt. Zu den spezifischen Gefahren des Reisegewerbes gehört es vielmehr auch, dass der Reisegewerbetreibende für den Kunden wegen der Anonymität des reisegewerblichen Verkehrs und der dafür typischen Flüchtigkeit des geschäftlichen Kontakts bei Rückfragen oder Reklamationen schwerer oder überhaupt nicht mehr greifbar ist. Erleidet der Kunde im vorangegangenen Beispiel durch die von ihm verzehrte Bratwurst eine Lebensmittelvergiftung, dann kann die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs daran scheitern, dass er den zwischenzeitlich weitergezogenen Bratwurstverkäufer nicht mehr ausfindig machen kann. Auch vor dieser Gefahr soll das in § 55 Abs. 2 GewO normierte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt den Kunden schützen (BVerfG, NVwZ 2001, 189, juris Rdn. 24; VGH Stuttgart, GewArch 1997, 333 juris Rdn. 40; Landmann/Rohmer, § 56 Rdn. 3). Eine derartige Gefahr besteht auch in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit nur kurzzeitig in ihm zur vorübergehenden Mitbenutzung überlassenen Räumen anderer Gewerbetreibender ausübt. Zwar mag die Beklagte tatsächlich nicht gewillt sein, diese Gefährdungslage zum Nachteil ihrer Kunden auszunutzen, weshalb sie etwa ihre Firma und ihre Geschäftsadresse in den €Einladungen€ zu den in Stadt3 und Stadt4 durchgeführten Ankaufsaktionen, wenn auch kleingedruckt, angegeben hat. Dies ändert jedoch nichts daran, dass nach Art und Umständen der ausgeübten Tätigkeit die Gefahr der €Anbieterflüchtigkeit€ objektiv besteht, weshalb eine präventive Kontrolle der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit der Beklagten erforderlich ist.
Schließlich hat das Landgericht übersehen, dass neben einem Verstoß der Beklagten gegen die Erlaubnispflicht gemäß § 55 Abs. 2 GewO auch eine Verletzung des Ankaufsverbots gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GewO in Rede steht, mit dem der Gesetzgeber eigenständige Zwecke verfolgt hat, nämlich die Verhinderung von Straftaten wie Hehlerei und Betrug (Landmann/Rohmer, § 56 Rdn. 55). Diese Zwecke stehen grundsätzlich auch dem Ankauf von Edelmetallen im Rahmen kurzzeitiger und an wechselnden Orten stattfindender Ankaufsaktionen entgegen, deren behördliche Überwachung nur schwer möglich ist.
Die Bestimmungen der §§ 55 Abs. 2, 56 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GewO, denen die Beklagte zuwider gehandelt hat, sind dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG). Sie enthalten Marktzutrittsregelungen und dienen dem Schutz der Verbraucher vor einer Gefährdung ihrer Rechtsgüter durch unzuverlässige Personen (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 19. 6. 2009, 38 O 28/09, juris Rdn. 15 für § 56 Abs. 1 Nr. 2 GewO; LG Limburg an der Lahn, Urt. v. 7. 4. 2010, 1 O 447/09, juris Rdn. 12; LG Wiesbaden, Urt. v. 14. 5. 2008, 11 O 8/08, juris Rdn. 19 für § 34d GewO). Die Beklagte hat somit unlauter gehandelt und muss ihr gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässiges Verhalten zukünftig unterlassen. Der Verstoß gegen die gewerberechtlichen Vorschriften indiziert die in § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG vorausgesetzte Wiederholungsgefahr. Diese ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte ihr Verhalten für zulässig hält.
2. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 UWG Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 455,90 EUR verlangen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 4. September 2008 hat abmahnen lassen. Hierdurch sind der Klägerin, was ebenfalls unstreitig ist, Rechtsanwaltskosten in Höhe von 455,90 EUR entstanden. Diese Aufwendungen muss die Beklagte der Klägerin erstatten.
Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Abwendungsbefugnis hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO in Verbindung mit §§ 542 Abs. 1, 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht. Insbesondere ist der Begriff des Reisegewerbes in der Rechtsprechung geklärt. Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist die Anwendung anerkannter Grundsätze auf den konkreten Einzelfall.
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf § 43 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO. Der Senat hat den von der Klägerin zur Berechnung der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in Ansatz gebrachten Streitwert von 10.000,00 EUR zugrunde gelegt. Soweit das Landgericht von einem geringeren Streitwert ausgegangen ist, weil die Parteien nicht €in direktem Wettbewerb€ stünden, widerspricht dies der von ihm getroffenen Feststellung, beide Parteien seien bundesweit tätig. Angesichts der gewerberechtlichen Problematik des Falls kann auch nicht die Rede davon sein, dass es sich um eine einfach gelagerte Sache im Sinne von § 12 Abs. 4 UWG gehandelt hat.
OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 26.11.2010
Az: 25 U 65/09
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