Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 25. August 2016
Aktenzeichen: 2 K 92.15
(VG Berlin: Urteil v. 25.08.2016, Az.: 2 K 92.15)
Tenor
Soweit die Klägerin und der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Senatsverwaltung für Finanzen vom 14. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 16. Februar 2015 verpflichtet, der Klägerin Zugang zu der unter dem Geschäftszeichen ID-VV 9171-15/2005 geführten Akte (Stand: 26. Juni 2014) zu gewähren, soweit er ihr diese nicht bereits zugänglich gemacht hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Zugang zu Akten des Beklagten.
Die Beteiligten schlossen im Jahr 2000 bedingte Kaufverträge über Grundstücke, die in Berlin Mitte um das Areal der Komischen Oper herum belegen sind. Sie vereinbarten die Eintragung von Auflassungsvormerkungen zugunsten der Klägerin, die wiederum diesbezügliche Löschungsbewilligungen an den Beklagten übergab. Später entstand Streit über die Wirksamkeit der Verträge und die Verwendung der Löschungsbewilligungen.
Am 30. Juni 2014 beantragte die Klägerin bei der Senatsverwaltung für Finanzen unter Berufung auf das Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG Bln) die Gewährung von Akteneinsicht in die dort zu den Geschäftszeichen IE 22-01/2875, IG 32-01/2875 und ID-VV 9171-15/2005 geführten Akten, wobei sie angab, es gehe hierbei weder um personenbezogene Daten noch um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Mit Bescheid der Senatsverwaltung für Finanzen vom 14. Juli 2014 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, im Falle der Offenlegung der begehrten Dokumente seien u.a. nachteilige Auswirkungen bei der Durchführung eines mit der Klägerin geführten Zivilrechtsstreits zu befürchten. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid der Senatsverwaltung für Finanzen vom 16. Februar 2015 zurück. Zur Begründung trug er vor, die Akten IE 22-01/2875 und IG 32-01/ 2875 seien bei der Senatsverwaltung für Finanzen nicht mehr vorhanden, sondern lange vor dem Antrag der Klägerin dem Liegenschaftsfonds Berlin GmbH und Co. KG (im Folgenden: Liegenschaftsfonds) übergeben worden. Zwischenzeitlich habe die BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (im Folgenden: BIM) diese Aktenbestände übernommen. Im Übrigen bestehe der geltend gemachte Anspruch schon deshalb nicht, weil die Klägerin mit ihrem Antrag allein Privatinteressen verfolge und die in Rede stehenden Akten nicht bei hoheitlichem Handeln angefallen seien. Jedenfalls stünden der begehrten Akteneinsicht verschiedene Ausschlussgründe entgegen.
Mit der am 18. März 2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Akten IE 22-01/2875 und IG 32/01/2875 lägen auch heute noch bei der Senatsverwaltung für Finanzen vor. Selbst wenn die Akten beim Liegenschaftsfonds bzw. der BIM (gewesen) seien, stehe dies dem Anspruch auf Informationszugang nicht entgegen, da diese Gesellschaften bloße Dienstleister des Beklagten seien. Das Vorliegen von Ausschlussgründen habe der Beklagte nicht plausibel dargelegt.
Im Laufe des Klageverfahrens € das Grundbuchamt hatte die Löschung der Auflassungsvormerkungen zuvor aus formalen Gründen verweigert € hat der Beklagte gegen die Klägerin Klage vor dem Landgericht Berlin auf Abgabe von Löschungsbewilligungen erhoben (22 O 46/16). Weiter hat der Beklagte der Klägerin teilweise Informationszugang zu der unter dem Geschäftszeichen ID-VV 9171-15/2005 geführten Akte gewährt (vgl. im Einzelnen Anlage B 13); insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Senatsverwaltung für Finanzen vom 14. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 16. Februar 2015 zu verpflichten, ihr Zugang zu den unter den Geschäftszeichen IE 22-01/2875, IG 32-01/2875 und ID-VV 9171-15/2005 geführten Akten (Stand: 26. Juni 2014) zu gewähren, soweit der Beklagte ihr diese nicht bereits zugänglich gemacht hat.
Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.
Er hat zu der unter dem Geschäftszeichen ID-VV 9171-15/2005 geführten Akte ein spezifiziertes Inhaltsverzeichnis vorgelegt, in dem er die darin enthaltenen Dokumente unter Nennung der jeweils geltend gemachten Ausschlussgründe mit Ziffern aufgelistet hat. Im Einzelnen trägt er zu den geltend gemachten Ausschlussgründen vor: Dem Zugang zu den Dokumenten mit der Ziffer 1 stehe § 6 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln entgegen, denn angesichts der zivilrechtlichen Auseinandersetzung der Beteiligten könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin personenbezogene Daten einzelner €Mitwirkender€ instrumentalisieren werde. Die Einsicht in die Unterlagen mit der Ziffer 2 sei durch § 7 IFG Bln gesperrt, wobei das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis in den Verhandlungsstrategien, den rechtlichen Einschätzungen der Senatsverwaltung und ihrer Anwälte und in Hintergrundinformationen zur Willensbildung und zum Handeln des Landes Berlin bestehe, die Rückschlüsse darauf zuließen, welche Ziele das Land mit welchen Mitteln verfolge. Bei Preisgabe dieser Informationen drohe ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden, was sich aus dem hohen Wert der betroffenen Grundstücke und daraus ergebe, dass diese der Komischen Oper zugeordnet seien und von ihr genutzt werden sollen. Bei den Dokumenten mit der Ziffer 3 liege der Ausschlussgrund des § 9 Abs. 1 Satz 2 IFG Bln vor. Mit der Klage vor dem Landgericht Berlin verfolge er die Verurteilung der Klägerin, formwirksame Löschungsbewilligungen abzugeben. Der Erfolg dieser Klage hänge maßgeblich von der Auslegung der Kaufverträge ab. Die fraglichen Dokumente enthielten ganz überwiegend Materialien zur rechtlichen Einschätzung der Verträge, zur Wertentwicklung der Grundstücke und zu den Zielen und Strategien des Beklagten bei Verhandlungen mit der Klägerseite. Die Klägerin könnte interne Rechtsgutachten, Verfahrensweisen und Strategiebesprechungen der Senatsverwaltung, des Liegenschaftsfonds und der BIM als Argumentation für ihre Interessen heranziehen; gleiches gelte für von Verantwortlichen der Komischen Oper und auf politischer Ebene geäußerte Anmerkungen und Bedenken. Die Unterlagen mit der Ziffer 4 seien durch den Ausschlussgrund des § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln geschützt, denn es handele sich hier um ein nicht abgeschlossenes Verwaltungsverfahren, das darauf gerichtet sei, einen Umgang mit den Grundstückskaufverträgen zu finden. Für Dokumente mit der Ziffer 5 greife der Ausschlussgrund § 10 Abs. 3 Nr. 1 IFG Bln, denn diese Unterlagen seien von oder für Senatoren, Staatssekretäre oder der/die Senatskanzlei gefertigt worden bzw. enthielten Beschlüsse oder Gesprächsthemen von Senatssitzungen oder ihrer Vorbereitung. Die Unterlagen mit der Ziffer 6 fielen unter § 10 Abs. 4 IFG Bln, da sie die rein innerbehördliche Willensbildung oder die Kommunikation zwischen Senatsverwaltungen beträfen. Die Dokumente zur Ziffer 7 seien durch § 11 IFG Bln gesperrt. Erhielte die Klägerin Zugang zu internen Informationen und wirkte sich dies im Zivilrechtsstreit für das Land Berlin nachteilig aus, hätte dies schwerwiegende Folgen, denn es sei von erheblichem öffentlichen Interesse, was und wann auf den Grundstücken gebaut werde und dass ein dem Verkehrswert entsprechender Kaufpreis fließe. Eine Prüfung im Einzelfall, welche Teile der Dokumente freizugeben seien, könne das Gericht nicht verlangen; eine solche Prüfung sei angesichts des damit verbundenen Aufwandes unzumutbar. Denn hierfür müssten entsprechend befähigte und mit dem Sachverhalt vertraute Beamte der Senatsverwaltung für Finanzen eingesetzt werden. Diese recht ranghohen Mitarbeiter könnten dann mehrere Tage keine andere Aufgabe mehr erfüllen, was die personelle Besetzung der Verwaltung nicht erlaube.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und € soweit erheblich € Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Gründe
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (vgl. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog).
Im Übrigen ist die Klage zulässig, teilweise unbegründet (I.) und teilweise begründet (II.). Der Antrag der Klägerin beim Beklagten ist, legt man diesen vom objektivierten Empfängerhorizont her aus, so zu verstehen, dass sie vollen Zugang zu den bezeichneten Akten begehrt. Aus dem Zusatz, es gehe bei der Akteneinsicht nicht um personenbezogene Daten bzw. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, ergibt sich nicht hinreichend deutlich, dass sie ihren Antrag eingeschränkt hat.
I. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin Zugang zu den unter den Geschäftszeichen IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 geführten Akten (Stand: 26.6.2014) begehrt. Der angegriffene Bescheid der Senatsverwaltung für Finanzen vom 14. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2015 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten; sie hat keinen Anspruch auf Zugang zu diesen Informationen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
Rechtsgrundlage für das Informationsbegehren der Klägerin ist § 3 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln. Danach hat jeder Mensch, nach Satz 2 der Vorschrift auch jede juristische Person, nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG Bln genannten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die Senatsverwaltung für Finanzen führt die Akten IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 nicht. Dabei kann dahinstehen, ob für die Frage, ob die Behörde die Akte führt, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. März 2010 € OVG 12 B 41.08 € Juris Rn. 19) oder des Eingangs des Antrags bei der Behörde (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 € BVerwG 7 C 2.15 € Juris Rn. 42) abzustellen ist, da eine Weggabe der Akten nach Antragseingang beim Beklagten nicht in Rede steht.
Die Akten werden von der öffentlichen Stelle geführt, wenn sie dort tatsächlich und dauerhaft vorliegen sowie Bestandteil der Verwaltungsvorgänge geworden sind. Hat die Behörde die Akten in dem Willen weggegeben, sich dieser nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft und endgültig zu entledigen, werden diese bei ihr nicht mehr im Sinne von § 3 Abs. 1 IFG geführt. Demgegenüber lässt sich das nur vorübergehende Versenden einer Akte, bei der die aktenführende Behörde weiterhin zuständig bleibt, nicht mit der endgültigen Aktenrückgabe an einen Dritten vergleichen und kann diesem Vorgang grundsätzlich auch nicht gleichgestellt werden. Ob die Behörde über die Akten noch in rechtlicher Hinsicht verfügt, d.h. sie trotz der aus ihrer Sicht endgültigen Weggabe wiederbeschaffen könnte, ist für die Frage des Führens der Akte unerheblich (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. März 2010, a.a.O., Rn. 18 f.).
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die zuvor unter dem Geschäftszeichen IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 geführten Akten nach Überzeugung des Gerichts vor Eingang des Antrags der Klägerin auf der Grundlage des mit dem Liegenschaftsfonds im Herbst 2003 geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (Anlage B 8) an diesen übergeben. Nach § 1 Abs. 1c) dieses Vertrages hat die Senatsverwaltung für Finanzen den Liegenschaftsfonds mit der Übernahme der Durchführung derjenigen Grundstückskaufverträge beauftragt, die sie € wie hier € in der Vergangenheit abgeschlossen hatte. Mit § 1 Abs. 3 des Vertrages hat sich die Senatsverwaltung für Finanzen verpflichtet, dem Liegenschaftsfonds alle zu dieser Aufgabe gehörenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen, wobei die Übergabe der Akten auf der Grundlage eines Übergabeprotokolls erfolgen sollte. Die Übergabe der Akten IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 ist auch tatsächlich erfolgt. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Verfügung vom 27. Februar 2004 (Anlage B 7) hat die Senatsverwaltung für Finanzen dem Liegenschaftsfonds, dort Herrn M., €Grundstücksakten€ in Form der €Bände 1-19€ zur €Komischen Oper€ übersandt. Der Zeuge M. hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt, er bzw. sein Team habe von der Senatsverwaltung für Finanzen mehrere Aktenbände zur Komischen Oper erhalten. Seine Angabe, er könne sich hieran noch erinnern, da es sich bei der Randbebauung Komische Oper um einen speziellen Fall gehandelt habe, mit dem er mehrere Jahre befasst gewesen sei, ist nachvollziehbar. Für diese Übergabe von Akten zur €Komischen Oper€ an den Liegenschaftsfonds spricht auch das vom Beklagten vorgelegte - wenngleich undatierte - Übergabeprotokoll (Anlage B 5). Anhaltspunkte dafür, dass die unter dem Geschäftszeichen IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 geführten Akten nicht bei den übersandten Grundstücksakten zur Komischen Oper gewesen sind, hat die Klägerin nicht vorgetragen; hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich. Denn bei den Akten IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 handelt es sich um wesentliche Vorgänge zur Randbebauung Komische Oper. So wird das Aktenzeichen IG 32-01/2875 in den Kaufverträgen vom 22. September 2000 zur Urkundenrolle Nr. €/2000 bzw. Nr. €/2000 genannt (Anlage K 11) und hat der Beklagte das Grundbuchamt Mitte ausweislich des Schreibens vom 17. Oktober 2000 unter dem Geschäftszeichen IE 22-01/2875 um die Übersendung grundbuchamtlicher Eintragungsmitteilungen gebeten (Anlage K 10). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Akten dem Liegenschaftsfonds nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt hat, sind ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich. Weder im Geschäftsbesorgungsvertrag noch in dem am 27. Februar 2004 verfügten Übersendungsschreiben ist von einer Rückgabe der Akten die Rede. Die dem Liegenschaftsfonds mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag übertragene Aufgabe ist schließlich bis heute nicht beendet; weder ist der Kaufvertrag bisher vollständig durchgeführt noch rückabgewickelt. Dafür, dass die Akten zu den Geschäftszeichen IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 tatsächlich nicht bei der Senatsverwaltung für Finanzen vorhanden sind, sondern bereits vor dem Antrag der Klägerin dem Liegenschaftsfonds übergeben wurden, spricht schließlich auch das von dem Beklagten vorgelegte Schreiben der BIM vom 22. Januar 2016 (Anlage B 6), die die Aufgaben des Liegenschaftsfonds zum 1. März 2015 übernommen hat. Darin gibt diese an, die Akten zu den vorgenannten Geschäftszeichen seien im Jahr 2003 dem Liegenschaftsfonds übergeben worden und lägen nunmehr bei ihr vor.
Der Einwand der Klägerin, die Senatsverwaltung für Finanzen führe die Akten IE 22-01/2875 und IG 32-01/2875 auch dann, wenn sie dem Liegenschaftsfonds übergeben wurden und sich nun bei der BIM befinden, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Die Übergabe der Akten an den Liegenschaftsfonds zur Durchführung der Grundstückskaufverträge ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mit einer bloßen Aktenverwahrung durch Dritte vergleichbar. Die Durchführung der Grundstückskaufverträge ist eine Sachaufgabe, bei der der Liegenschaftsfonds die überlassenen Akten nicht lediglich aufbewahrt, sondern mit diesen arbeitet, wie auch die von der Klägerin unbestrittene Tatsache zeigt, dass den Akten Unterlagen des Liegenschaftsfonds hinzugefügt wurden. Die Aufgabe der Durchführung der Grundstückskaufverträge wurde dem Liegenschaftsfonds nach § 1 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen, auch wenn es hierbei Abstimmungen mit der Senatsverwaltung für Finanzen gegeben und diese weiter maßgeblich Einfluss genommen hat. Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz regelt nicht, dass eine Behörde aktenführende Stelle bleibt, wenn sie sich einer Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Der Umstand, dass der Liegenschaftsfonds und die BIM als private juristische Personen keine auskunftsverpflichteten Stellen nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz sind, ändert hieran nichts. Ob etwas anderes gilt, wenn die öffentliche Stelle missbräuchlich, d.h. um einen Informationsanspruch nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz zu entgehen, ihre Akten einer von ihr gegründeten privatrechtlichen Gesellschaft überlässt, kann hier offen bleiben. Denn ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor (vgl. VG Berlin, Urteil vom 28. März 2006 € VG 2 A 55.04 €, Juris Rn. 14 ff.).
II. In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ist die Klage begründet. Soweit der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zugang zur Akte ID-VV 9171-15/2005 (Stand: 26.6.2014) abgelehnt und dem Begehren auch im Klageverfahren nicht abgeholfen hat, ist der Bescheid der Senatsverwaltung für Finanzen vom 14. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2015 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; die Klägerin hat einen Anspruch auf Zugang zu diesen Informationen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Zugang zu diesen Informationen ist § 3 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier gegeben (dazu unter 1.). Das Vorliegen von Ausschlussgründen hat der Beklagte nicht plausibel dargelegt (dazu unter 2.).
1. Die Klägerin ist eine juristische Person i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 IFG Bln. Die Senatsverwaltung für Finanzen gehört als Behörde des Landes Berlin zu den informationspflichtigen Stellen gemäß § 2 Abs. 1 IFG Bln. Die unter den Geschäftszeichen ID-VV 9171-15/2005 geführten Akten sind auch Akten im Sinne des § 3 Abs. 2 IFG Bln. Ob die von der Klägerin begehrten Informationen im Zusammenhang mit einem privatrechtlichen Handeln der Senatsverwaltung für Finanzen angefallen sind, kann dahinstehen, da das Berliner Informationsfreiheitsgesetz den Auskunftsanspruch auch bei privatrechtlichem Handeln der Behörde gewährt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Oktober 2007 € OVG 12 B 11.07 € Juris Rn. 18 m.w.N.). Offen bleiben kann hier auch, ob die Klägerin € wie der Beklagte meint € mit ihrem Informationszugangsbegehren allein Privatinteressen verfolgt, da der geltend gemachte Anspruch keinen bestimmten Zweck des Auskunftsersuchens verlangt (vgl. VG Berlin, Urteil vom 7. Oktober 2010 € VG 2 K 71.10 € Juris; Abgeordnetenhaus von Berlin, Drs. 13/1623, S. 5).
2. Der Beklagte muss das Vorliegen von Ausschlussgründen plausibel darlegen (dazu unter a.). Sein Vortrag zu den geltend gemachten Ausschlussgründen genügt diesen Anforderungen nicht (dazu unter b.). Die Darlegungsanforderungen sind hier auch nicht wegen eines unzumutbaren Verwaltungsaufwandes reduziert, da der Beklagte auch diesen nicht substantiiert dargetan hat (dazu unter c).
a. Der Beklagte muss das Vorliegen von Ausschlussgründen plausibel darlegen. Dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Gericht das Vorliegen von Ausschlussgründen prüfen kann. Erforderlich ist hierfür eine einzelfallbezogene, hinreichend substantiierte und konkrete Darlegung, aus welchen Gründen öffentliche oder private Schutzbelange dem geltend gemachten Anspruch auf Informationsgewährung entgegenstehen. Diese Anforderungen an die Darlegung eines gesetzlichen Ausschlussgrundes gelten grundsätzlich auch dann, wenn sich das Informationsbegehren auf umfangreiche Aktenbestände bezieht. Auch in einem derartigen Fall genügt es nicht, wenn das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes von der Behörde lediglich behauptet wird. Vielmehr ist auch hier grundsätzlich für die einzelne Information, d.h. Blatt für Blatt (ggf. Wort für Wort) darzulegen, welcher Ausschlussgrund im Einzelnen eingreift. Nur so kann das Gericht prüfen, ob die Akte vollumfänglich vom Ausschlussgrund betroffen oder nach § 12 IFG Bln bezogen auf einzelne Aktenteile Informationszugang zu gewähren ist (vgl. zu den Darlegungsanforderungen im IFG Bund: BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 € BVerwG 7 C 2/15 € Juris Rn. 17).
b. Ausgehend hiervon hat der Beklagte die von ihm geltend gemachten Ausschlussgründe nicht plausibel dargetan. Im Einzelnen:
(1) Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln besteht das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nicht, soweit durch die Akteneinsicht oder Aktenauskunft personenbezogene Daten veröffentlicht werden und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass überwiegend Privatinteressen verfolgt werden oder der Offenbarung schutzwürdige Belange der Betroffenen entgegenstehen und das Informationsinteresse das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung nicht überwiegt. Ausgehend von den Angaben des Beklagten kann das Gericht bereits nicht feststellen, ob und inwieweit die genannten Dokumente personenbezogene Daten i.S.d. der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Satz 1 BlnDSG bzw. § 3 Abs. 1 BDSG enthalten. Die Angabe des Beklagten, es gehe um Daten €Mitwirkender€, reicht insofern nicht aus.
(2) Nach § 7 Satz 1 IFG Bln besteht das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nicht, soweit dadurch ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird oder den Betroffenen durch die Offenbarung ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen kann, es sei denn, das Informationsinteresse überwiegt das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig sind. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setzt neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 € 2 BvE 5/11 € Juris Rn. 182). Zwar ist der Beklagte als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht vom Schutz des § 7 Satz 1 IFG Berlin ausgenommen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Oktober 2007 € OVG 12 B 11.07 € Juris Rn. 24 f.). Jedoch hat der Beklagte bisher weder dargelegt, worin das exklusive kaufmännische oder technische Wissen bestehen soll, noch erklärt, worin die fortdauernde Wettbewerbsrelevanz der jeweiligen Information liegt. Der Vortrag, es gehe um Verhandlungsstrategien, rechtliche Einschätzungen und Hintergrundinformationen, bei deren Preisgabe wegen des hohen Wertes der Grundstücke und ihrer Zuordnung zur Komischen Oper ein wirtschaftlicher Schaden drohe, erfüllt diese Anforderungen nicht. Soweit der Beklagte zu § 7 Satz 1 2. Alt. IFG Bln pauschal geltend macht, durch die Offenlegung der fraglichen Dokumente könne ihm ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen, ist nicht dargelegt, worin dieser Schaden im Einzelfall konkret besteht. Die bloße Angabe, es gehe um wertvolle Grundstücke in exponierter Lage, reicht insoweit nicht aus.
(3) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 2. Fall IFG Bln besteht das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nicht, soweit und solange durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts nachteilige Auswirkungen für das Land Berlin bei der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens zu befürchten sind. Zwar €läuft€ zwischen den Beteiligten ein Gerichtsverfahren, da das Verfahren 22 O 46/16 vor dem Landgericht Berlin noch anhängig ist. Der Einwand der Klägerin, dieses Verfahren sei nicht zu berücksichtigen, da der Beklagte die dortige Klage nur erhoben habe, um den von ihr begehrten Informationszugang auszuschließen, überzeugt angesichts des Streitwertes (8,8 Mio. Euro), des Inhalts und der Vorgeschichte des dortigen Verfahrens schon tatsächlich nicht. Jedoch hat der Beklagte auch insoweit nicht plausibel dargelegt, dass bei Preisgabe der fraglichen Dokumente nachteilige Auswirkungen für das Land Berlin bei der Durchführung dieses Gerichtsverfahrens zu befürchten sind. Dabei kann offen bleiben, ob dieser Ausschlussgrund nur die Rechtspflege vor Beeinträchtigungen durch das Bekanntwerden verfahrensrelevanter Informationen oder € wie der Beklagte vertritt € auch die nach zivilprozessualen Grundsätzen vorausgesetzte Gleichbehandlung der Parteien im Zivilprozess (€Waffengleichheit€) und damit den Beklagten als Prozesspartei vor Ausforschung schützt. Jedenfalls hat er nicht nachvollziehbar dargelegt, dass eine Interessensbeeinträchtigung bei Preisgabe der einzelnen Dokumente tatsächlich zu befürchten ist. Die pauschale Darlegung, die fraglichen Dokumente enthielten €ganz überwiegend€ Materialien zur rechtlichen Einschätzung der Verträge genügt insoweit nicht. Die Unterlagen sollen nach dem Vorbringen des Beklagten auch Informationen zur Wertentwicklung der Grundstücke, zu den Interessen des Beklagten und zu seinen Zielen und Strategien bei den Verhandlungen mit der Klägerin enthalten; insoweit ist ein Zusammenhang mit dem konkreten Rechtsstreit € 22 O 46/16 € nicht hinreichend deutlich erkennbar, zumal auch Äußerungen Dritter, wie des Liegenschaftsfonds, der BIM bzw. Vertretern der Komischen Oper und auf politischer Ebene geäußerte Anmerkungen und Bedenken enthalten sein sollen.
(4) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln besteht das Recht auf Akteneinsicht oder -auskunft bis zum Abschluss eines Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht für die Ergebnisse von abgeschlossenen Verfahrenshandlungen eines Verwaltungsverfahrens, die für die Entscheidung verbindlich sind, wozu insbesondere Ergebnisse von Beweiserhebungen sowie bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsverfahren verbindliche Stellungnahmen anderer Behörden gehören. Es kann dahinstehen, ob €Verwaltungsverfahren€ i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln auch Verfahren im fiskalischen Aufgabenbereich erfasst. Denn der Beklagte, der den Rücktritt von den Kaufverträgen erklärt hat und deren Rückabwicklung betreibt, hat bereits nicht dargelegt, welche konkrete Entscheidung seitens des Beklagten noch getroffen werden soll. Ausgehend hiervon kann das Gericht nicht prüfen und feststellen, ob und inwieweit die fraglichen Dokumente Entwürfe zu dieser Entscheidung bzw. Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung enthalten.
(5) Gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 1 IFG Bln besteht das Recht auf Akteneinsicht oder -auskunft nicht, soweit sich Akten auf die Beratung des Senats und der Bezirksämter sowie deren Vorbereitung beziehen. Die bloße Angabe des Beklagten, die fraglichen Dokumente seien von oder für bestimmte Personen gefertigt bzw. gäben die Themen von Senatssitzungen oder ihre Vorbereitung preis, legt bereits nicht dar, dass und inwieweit sich die in Rede stehenden Unterlagen auf Beratungen, d.h. die Besprechung, Beratschlagung und Abwägung, mithin den eigentlichen Vorgang des Überlegens, beziehen. Nur dieser Vorgang, nicht jedoch auch Tatsachengrundlagen und das Ergebnis der Willensbildung sind von § 10 Abs. 3 Nr. 1 IFG Bln geschützt; dies gilt auch für die Vorbereitung der Beratung.
(6) Nach § 10 Abs. 4 IFG Bln soll die Akteneinsicht oder -auskunft versagt werden, wenn sich der Inhalt der Akten auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden bezieht. Auch diese Vorschrift schützt den behördlichen Willensbildungsprozess, d.h. nur den eigentlichen Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung, wie die Besprechung, Beratschlagung und Abwägung; die Tatsachengrundlagen und die Grundlagen der Willensbildung sind ebenso wie das Ergebnis der Willensbildung nicht geschützt (vgl. Urteil der Kammer vom 11. April 2013 € VG 2 K 48.13 € UA S. 5). Der bloße Vortrag des Beklagten, es gehe bei den fraglichen Dokumenten um die Kommunikation zwischen Senatsverwaltungen reicht hier ebenso wenig aus, wie die Angabe, die innerbehördliche Willensbildung sei betroffen.
(7) Gemäß § 11 IFG Bln darf außer in den Fällen der §§ 5 bis 10 die Akteneinsicht oder Aktenauskunft nur versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde. Hiervon sind Beeinträchtigungen und Gefährdungen des Bestands und der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner wesentlichen Einrichtungen, insbesondere Beeinträchtigungen der inneren und äußeren Sicherheit erfasst (vgl. zum Begriff des Nachteils nach § 99 VwGO: BVerwG, Beschluss vom 14.6.2012 € BVerwG 20 F 10.11 € Juris Rn. 8 m.w.N.). Es kann dahinstehen, ob die Vorschrift auch fiskalische Interessen des Landes schützt. Denn der Beklagte hat bereits nicht plausibel dargelegt, dass die Preisgabe der in Rede stehenden Dokumente einen entsprechenden Nachteil für das Land Berlin verursachen würde. Der Verweis des Beklagten auf den Zivilrechtsstreit 22 O 46.16 hilft hier nicht weiter, da nicht nachvollziehbar dargetan ist, dass die Preisgabe der Dokumente für den Beklagten in dem konkreten Rechtsstreit nachteilig wäre. Soweit der Beklagte ausgeführt hat, es gehe auch um den Bestand der Oper, ist ein Zusammenhang mit den in Rede stehenden Unterlagen nicht substantiiert dargelegt.
c. Die Anforderungen an die Darlegungslast des Beklagten sind entgegen der Auffassung des Beklagten hier nicht im Hinblick auf einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand abgesenkt.
Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz regelt nicht, wie es sich auswirkt, wenn die Darlegung der Ausschlussgründe für die informationspflichtige Stelle mit einem unzumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden ist. Der Ausschlussgrund des § 11 IFG Bln erfasst diesen Fall nicht, denn dieser knüpft allein an Nachteile an, die durch €das Bekanntwerden des Akteninhalts€, mithin die Offenlegung der begehrten Informationen entstehen. Der von der Behörde beklagte Nachteil, die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Behörde sei nicht mehr möglich, wird jedoch nach dem Vortrag des Beklagten nicht durch die Offenlegung der Dokumente, sondern die Prüfung und Darlegung der dieser Offenlegung entgegenstehenden Ausschlussgründe verursacht. Auch die Vorschrift des § 14 Abs. 1 IFG Bln, wonach ein späterer Termin für die Gewährung der Akteneinsicht bzw. € auskunft bestimmt werden kann, wenn durch die sofortige Gewährung des Informationszugangs im Einzelfall die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgabe der öffentlichen Stelle beeinträchtigt wird, hilft hier nicht weiter, denn auch sie knüpft allein an die Gewährung des begehrten Informationszugangs an. Gleichwohl muss den Schwierigkeiten, vor denen die informationspflichtige Behörde im Hinblick auf die erforderliche Prüfung der Unterlagen sowie eine gegebenenfalls gebotene Beteiligung von Drittbetroffenen steht, wenn Einsicht in außerordentlich umfangreiche Aktenbestände begehrt wird, Rechnung getragen werden. Denn Unmögliches kann naturgemäß von der Behörde nicht verlangt werden (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 € BVerwG 7 C 2/15 € Juris Rn. 17 zum IFG). Ob und wie sich ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand auf die Darlegungslast der Behörde auswirkt, kann hier offen bleiben.
Denn der Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, dass mit der Prüfung und Darlegung der Ausschlussgründe im Einzelfall von der informationspflichtigen Stelle Unmögliches, d.h. Unzumutbares verlangt wird. Von Unzumutbarkeit kann nur bei einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand ausgegangen werden. Ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand liegt vor, wenn die Darlegung der Ausschlussgründe im Einzelfall einen im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbaren Aufwand an Kosten oder Personal erfordern würde oder aber auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der Behörde erheblich behindern würde. Die informationspflichtigen Behörden müssen € mit Blick auf das Informationsfreiheitsgesetz Berlin - Vorsorge dafür treffen, dass durch die Aufbereitung und Sichtung der Akten sowie Zusammenstellung der Unterlagen aus Anlass von Informationszugangsbegehren die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer sonstigen Aufgaben nicht erheblich beeinträchtigt wird. Sie sind daher grundsätzlich gehalten, sich in ihrer Arbeitsorganisation und Aktenführung auf die mit der Erfüllung von IFG-Anträgen verbundenen (Zusatz-)Aufgaben einzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016, a.a.O, Juris Rn. 23 f. zu § 7 Abs. 2 IFG Bund).
Ausgehend hiervon hat der Beklagte keinen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand dargelegt. Er hat zunächst angegeben, dass zur Darlegung der Ausschlussgründe im Einzelfall bezogen auf rund 3000 Blatt (6 Aktenordner) mehrere ranghohe Beamte mehrere Tage benötigten. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin beispielhaft für drei Dokumente erläutert, wie lange die Durchsicht konkret gedauert hat. Weiter hat der Behördenvertreter ausgeführt, dass das Justiziariat der Senatsverwaltung für Finanzen mit sieben Juristen und drei sonstigen Mitarbeitern besetzt sei, im Fachreferat ID, wo die Durchsicht der Unterlagen erfolgen würde, hierfür jedoch nur schätzungsweise 3 bis 4 mit der Sache vertraute Mitarbeiter zur Verfügung stünden. Der Beklagte hat damit den voraussichtlichen Aufwand für die weitere Substantiierung der Darlegungen weder in zeitlicher noch personeller Hinsicht hinreichend konkret benannt; auch die Angaben in der mündlichen Verhandlung reichen für die erforderliche exemplarische Darlegung nicht aus. Auch hat der Beklagte den behaupteten Aufwand nicht ins Verhältnis zum Erkenntnisgewinn der Klägerin gesetzt. Schließlich fehlt es an substantiiertem Vortrag dazu, ob und inwiefern die weitere Substantiierung der Darlegungen bzw. die Vornahme der Schwärzungen die ordnungsgemäße Wahrnehmung vorrangiger Sachaufgaben erheblich beeinträchtigen würde; der Vortrag des Beklagten erschöpft sich insofern in einer bloßen Behauptung. Ausgehend hiervon kann nicht angenommen werden, dass der vermehrte Arbeitsanfall nicht durch organisatorische Vorkehrungen innerhalb der Behörde vorübergehend kompensiert werden könnte. Dies gilt umso mehr, als die Senatsverwaltung für Finanzen in der Lage war, binnen der gesetzten Frist von ca. vier Wochen ca. 3000 Blatt durchzusehen und € unterteilt nach Dokumenten € das vorliegende spezifizierte Inhaltsverzeichnis zu erstellen, zumal sich das Begehren der Klägerin nach der teilweisen Klaglosstellung und der Einschränkung des Klagebegehrens nur noch auf ca. 1500 Blatt bezieht und die Senatsverwaltung für Finanzen insgesamt rund 580 Mitarbeiter beschäftigt (vgl. https://www.berlin.de/sen/finanzen/ueber-uns/leitung-organisation/).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die aus dem Tenor ersichtliche Kostenquote ergibt sich aus dem wechselseitigen Grad des Unterliegens der Klägerin und des Beklagten und € soweit es den übereinstimmend für erledigt erklärten Streitstoff betrifft € billigem Ermessen. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten dem Beklagten aufzugeben, denn insoweit hat dieser die Klägerin ohne Änderung der Sach- und Rechtslage klaglos gestellt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob und wie im Anwendungsbereich des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen und wann hiervon auszugehen ist, zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
BESCHLUSS
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
VG Berlin:
Urteil v. 25.08.2016
Az: 2 K 92.15
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8f6ea1d64297/VG-Berlin_Urteil_vom_25-August-2016_Az_2-K-9215