Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. April 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 20/01
(BPatG: Beschluss v. 16.04.2002, Az.: 33 W (pat) 20/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 11. November 1996 die dreidimensionale Markesiehe Abb. 1 am Endefür die Waren
"Freischneidegeräte" (Klasse 7)
zur farbigen Eintragung, beansprucht wurde Schutz an der Farbkombination orange (RAL 2004) / grau (RAL 7035), in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 5. Oktober 1998 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen und diese Entscheidung mit Erinnerungsbeschluß vom 15. September 1999 bestätigt. In den Gründen ist ausgeführt worden, daß es sich um die naturgetreue Widergabe der angemeldeten Ware, nämlich "Freischneidegeräte" handle. Die konkret angemeldete Farbgebung "orange/grau" könne die Schutzfähigkeit nicht begründen. Es handle sich um zwei einheitliche Farben, die sich auf Gehäuseteile bzw Bedienungselemente bezögen. Derartige Gestaltungen seien bei technischen Geräten üblich und besäßen keinerlei betriebskennzeichnende Eigenart. Hinzu komme, daß gerade die Farbe "orange" bei technischen Geräten als Warnfarbe in hohem Maße freihaltungsbedürftig sei.
Gegen diese Entscheidung des Patent- und Markenamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle des Patentamts aufzuhebenund regt anderenfalls an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Sie trägt vor, daß sich die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke aus der Farbgebung ergebe. Die angemeldeten Farben seien die Hausfarben der Klägerin, die bei allen "Stihl"-Geräten konsequent verwendet würden. Lediglich Bedien- und Funktionsteile bzw Handgriffe, Griffrohre, Kabel etc. würden aus Gründen der leichten Verschmutzbarkeit und ggfs. ihrer thermischen Beanspruchung wegen schwarz eingefärbt. Diese Farbgebung werde nur von der Anmelderin, nicht jedoch von Mitbewerbern verwendet, so daß der Verkehr die in der spezifischen Farbkombination gestalteten Waren der Anmelderin zuordnen würde.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die angemeldete 3-D Marke ist im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht unterscheidungskräftig, so daß ihrer Eintragung jedenfalls das Schutzhindernis nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dabei ist es nicht zulässig, bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware selbst darstellen, gegenüber herkömmlichen Markenformen strengere Anforderungen an die Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu stellen (ständige Rechtsprechung des BGH vgl. BGH MarkenR 2001, 121, 123 - SWATCH; MarkenR 2001, 124, 125 -OMEGA). Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen die Ware selbst darstellenden Formmarke allein maßgebend, daß der angesprochene Verkehr - aus welchen Gründen auch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt.
Im vorliegenden Fall hat die Anmelderin nicht geltend gemacht, daß die für die Marke gewählte Form schutzbegründend sei, sondern daß sich die Unterscheidungskraft aus der gewählten Farbkombination der RAL Farben 2004/7035 ergebe. Grundsätzlich können 3-D Marken durch Farben bzw Farbenzusammenstellungen eine von Haus aus individualisierende Kennzeichnungskraft erlangen (so auch die ständige Rechtsprechung des BGH zu Farbmarken; s. insbes. BGH Mitt 1999, 231, 232 - Farbmarke magenta/grau). Es bedarf allerdings im Einzelfall einer sachgerechten Beurteilung der bildlichen Wirkung der Farbe oder Farbzusammenstellung unter Berücksichtigung ihrer gestalterischen Funktion sowie der auf dem betreffenden Warengebiet üblicherweise bestehenden Gepflogenheiten. So kann u.U. eine in ihrer Art eigenwillige und gegenüber den Aufmachungen anderer Konkurrenzprodukte ungewöhnliche Farbzusammenstellung einer Bildmarke durchaus ihre Unterscheidungskraft im wesentlichen begründen (vgl zB BPatG GRUR 1997, 285 f - VISA-Streifenbild). Im allgemeinen ist der Verkehr aber an farbliche Gestaltungen von Waren gewöhnt, wobei die Farbgebung, soweit sie nicht schon auf technischen, funktionalen oder praktischen Gründen beruht oder sogar vorgeschrieben ist, normalerweise dazu dient, ein ästhetisch ansprechendes Aussehen oder Design zu verleihen, auf Merkmale hinzuweisen, Teile voneinander abzusetzen oder Eigenschaften zu symbolisieren (vgl zB BPatGE GRUR 1999, 61, 63 f. - Aral-Blau I).
Im vorliegenden entscheidungserheblichen Warenbereich der Freischneidegeräte sind Einfärbungen der auf dem Markt angebotenen Produkte in Deutschland durchaus bekannt und gebräuchlich, wie der Senat anhand einiger Beispiele nachgewiesen hat. Demnach gibt es Freischneidegeräte von unterschiedlichen Herstellern in den Farben Blau bzw verschiedenen Rot-/Orangetönen (vgl zB Gardena-Prospekt Sommer 2001 oder www. bimex.ch/de - Freischneidegeräte der Firma Yanmar). Die Farben Rot/Orange bzw Blau sind dabei jeweils mit den Farben Schwarz/Grau für Griffe, Kabel uä kombiniert.
Zwar trägt die Anmelderin vor, daß die von ihr beanspruchte spezielle RAL Farbkombination in den Tönen Orange und Grau konsequent von ihr für sämtliche Produkte, Werbematerialien uä verwendet würde, so daß die angesprochenen Verkehrskreise, hier auch das allgemeine Publikum, von Haus aus die so gekennzeichneten Waren allein deshalb der Anmelderin zuordnen würden. Hinsichtlich der Farbe Orange ergeben sich aber für den Senat diesbezügliche Bedenken auch aus der Tatsache, daß die Anmelderin mit den Anlagen K24 und K26 zwei hauseigene Kataloge vorgelegt hat, bei denen die Farbtöne des auf dem jeweiligen Deckblatt sich befindenden Schriftzuges Stihl in orange, erheblich voneinander abweichen. Der Farbton Grau, der wie ausgeführt, in verschiedenen Schattierungen bei den Produkten zahlreicher Mitbewerber der Anmelderin verwendet wird, ist ein Grundton, dem in der Regel lediglich funktionale Bedeutung zukommt. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, daß das hier beanspruchte Freischneidegerät den Farbton Schwarz und einen weiteren Grau/Silberton für den Griff enthält, wobei nicht einmal die Anmelderin selbst behauptet, daß diesen weiteren Farben herkunftshinweisende Bedeutung zukommt. Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise daher annehmen, daß Freischneidegeräte in jeder beliebigen Farbkombination von Grau/Schwarz-Tönen mit einer anderen Farbe auf dem Markt auftreten können, so daß ein Erscheinungsbild in der beanspruchten Farbkombination Orange/Grau nicht ausgefallen oder ungewöhnlich ist und somit bereits deshalb nicht betriebskennzeichnend zu wirken vermag.
Dahingestellt bleiben kann, ob sich die gewählte Farbkombination für die angemeldeten Waren im Verkehr gemäß § 8 Abs 3 MarkenG durchgesetzt hat. Die Anmelderin hat trotz eines entsprechenden Hinweises im Ladungszusatz zum Termin zur mündlichen Verhandlung keine geeigneten Unterlagen zur diesbezüglichen Glaubhaftmachung vorgelegt.
Der Senat hält es nicht für angebracht, die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 MarkenG zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordert. Denn die Entscheidung des Senats beruht auf den in ständiger Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen der Beurteilung der Unterscheidungskraft bei dreidimensionalen Marken und konnte sich auf konkretes Anschauungsmaterial über die Marktgepflogenheiten stützen.
Winkler Richter v. Zglinitzki ist durch Urlaub verhindert zu unterschreiben.
Winkler Dr. Hock Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/33W(pat)20-01.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 16.04.2002
Az: 33 W (pat) 20/01
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