Landesarbeitsgericht Köln:
Beschluss vom 28. Juni 2011
Aktenzeichen: 12 TaBV 1/11

(LAG Köln: Beschluss v. 28.06.2011, Az.: 12 TaBV 1/11)

1. § 32 BDSG soll lediglich eine vorläufige und der Klarstellung dienende Regelung zum Arbeitnehmerdatenschutz treffen, ohne damit die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Datenschutz in Beschäftigungsverhältnissen weiter auszudehnen. Daraus folgt, dass erforderlich gemäß § 32 BDSG jeweils der Datenumgang ist, den Bundesarbeitsgericht und Bundesverfassungsgericht bereits in der Vergangenheit als zulässig erachtet haben. Erforderlichkeit ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn ein Verzicht auf die Datenverarbeitung nicht sinnvoll oder unzumutbar wäre und keine weniger eingriffsintensiven Mittel zur Verfügung stehen, die in gleicher Weise zur Zweckerreichung geeignet sind.

2. Auch die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 BetrVG umfassen Überwachungsaufgaben, die sich auf das einzelne Arbeitsverhältnis beziehen, so dass sie ohne personenbezogene Daten nicht ausführbar sind.

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 24.11.2010

– 2 BV 52/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Herausgabe von Gleitzeitlisten der im Betrieb der Beteiligten zu 2. beschäftigten Angestellten an den Antragsteller.

Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat der Zentrale .

Die Beteiligte zu 2. erstellt Zeitnachweise für ihre Arbeitnehmer, wobei dem sowohl eine Betriebsvereinbarung des Antragstellers mit der Beteiligten zu 2. zur gleitenden Arbeitszeit vom 21.09.2009 sowie eine Gesamtbetriebsvereinbarung "Zeiterfassung" des Gesamtbetriebsrats der D GmbH mit der Beteiligten zu 2. zu Grunde liegt.

In der Gesamtbetriebsvereinbarung ist unter Ziffer 9 unter der Überschrift "Kontrollrechte der Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrates" folgendes geregelt:

"a. Der örtliche Betriebsrat erhält bis zum fünften Arbeitstag jeden Kalendermonats die Zeitnachweisliste aller Beschäftigten des Standortes seines Zuständigkeitsbereichs.

b. Der Betriebsrat bzw. der Gesamtbetriebsrat haben jederzeit das Recht der Systemüberprüfung. Alle notwendigen Unterlagen sind ihm auszuhändigen. Der Datenschutzbeauftragte hat jederzeit Zugriff auf das System. § 80 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz bleibt unberührt".

Die Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 6 Rechte des Betriebsrats

Der Betriebsrat erhält jeweils zum 10. des Folgemonats auf Antrag von der Personalabteilung eines Aufstellung über die angefallenen Stundensalden der Arbeitnehmer oder einzelne Arbeitnehmer, bzw. für AT-Angestellte die nach den Bestimmungen der GBV Zeiterfassung erstellten Unterlagen.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat im Schreiben vom 23.07.2004 gegenüber der Beteiligten zu 2. die Ansicht vertreten, dass eine Einsichtnahme der personenbezogenen Daten des Gleitzeitsystems durch den Betriebsrat nur mit einer Einwilligung der betroffenen Mitarbeiter im Sinne des § 4 a Bundesdatenschutzgesetz zulässig sei. Insoweit führt er wörtlich aus:

"Ein Informationsrecht des Betriebsrats im Rahmen der automatisierten Gleitzeitverarbeitung besteht nur im Rahmen seiner Aufgabenstellung, so wie es sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergibt. Dies bedeutet, dass der Betriebsrat in diesem Zusammenhang auch die Rechtmäßigkeit des praktizierten und in der Betriebsvereinbarung geregelten Gleitzeitverfahrens im Allgemeinen überwachen darf. Ein eigenständiges Einsichtsrecht des Betriebsrates in konkrete Gleitzeitkonten von Beschäftigen (Personaldaten) ergibt sich hieraus nicht. Es widerspräche auch dem Recht der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf informationelle Selbstbestimmung".

In einem weiteren Schreiben vom 13.07.2010 widersprach der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit einer Weitergabe von Personalaktendaten an den Betriebsrat im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements und kündigte widrigenfalls eine Überprüfung an, ob eine Beanstandung nach § 25 BDSG vorgeschlagen werde. In diesem Schreiben führt er wörtlich aus:

"Die allgemeine Aufgabe des Personal-/Betriebsrates darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarung durchgeführt werden (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG), ist als Grundlage für das Überlassen der Personaldaten sämtlicher Arbeitnehmer, die innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, nicht erforderlich. Diese allgemeine Aufgabe ist ebenso ohne personenbezogene Angaben zum Beschäftigten erfüllbar, wie beispielsweise die der konkreten Mitbestimmung unterliegende Frage von Regelungen zur betrieblichen Umsetzung einer sich aus Normen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ergebenden konkreten Handlungspflicht des Arbeitgebers (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Eine personenbezogene Unterrichtungspflicht des Betriebsrates ist lediglich dann erforderlich, wenn die Erfüllung der gesetzlich zugewiesenen Aufgabe, wie zum Beispiel bei der Mitbestimmung, bei personellen Einzelmaßnahmen (§ 99 – 105 BetrAVG) ohne die personenbezogenen Daten nicht möglich wäre".

In seiner Sitzung vom 27.04.2010 beschloss der Antragsteller, die Beteiligte zu 2. zur Herausgabe der Zeitnachweislisten ab dem 01.04.2010 aufzufordern.

Nachdem dies unter Hinweis auf den Datenschutz nicht erfolgt war, beschloss der Antragsteller in einer weiteren Sitzung vom 18.05.2010 den Anspruch gerichtlich durchzusetzen.

Mit dem bei dem Arbeitsgericht Bonn am 14.07.2010 eingegangenen Antrag vom 12.07.2010 macht der Antragsteller zunächst die Auskunft über die geleisteten Arbeitszeiten und mit Antrag vom 30.09.2010 zuletzt die Herausgabe der Zeitnachweislisten geltend.

Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, einen Anspruch auf Herausgabe der Zeitnachweislisten zu haben.

Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,

die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, ihm die Zeitnachweise aller Beschäftigten am Standort B für den Zeitraum ab dem 01.04.2010 zu übergeben;

die Beteiligte zu 2. zu verurteilen, ihm die Zeitnachweislisten aller Beschäftigten am Standort B jeweils am 10. Werktag eines jeden Kalendermonats zu übergeben.

Die Beteiligte zu 2. hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich auf die Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten berufen und hat die Ansicht vertreten, dass einer Herausgabe der Arbeitszeitnachweise die Vorgaben des Datenschutzes entgegenstünden. Dem Antragsteller stehe kein eigenständiges Einsichtsrecht bzw. Informationsrecht hinsichtlich der konkreten Gleitzeitkonten zu, da dies dem Recht der Mitarbeiter auf informationelle Selbstbestimmung widerspreche. Eine Betriebsvereinbarung könne das Bundesdatenschutzgesetz nicht abbedingen. Grundsätzlich seien die allgemeinen Überwachungsaufgaben gemäß § 80 Abs. 1 BetrVG hinsichtlich der Einhaltung von Betriebsvereinbarungen auch ohne personenbezogene Angaben erfüllbar.

Das Arbeitsgericht Bonn mit Beschluss vom 24.11.2010 den Anträgen entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe gegen die Beteiligte zu 2. ein Rechtsanspruch darauf, dass die geltenden Betriebsvereinbarungen abredegemäß durchgeführt würden. Jedenfalls habe er ein Unterrichtungsanspruch, wenn und soweit er nur mit Hilfe der begehrten Auskünfte überprüfen könne, ob der Arbeitgeber eine zu Gunsten der Arbeitnehmer geltende Betriebsvereinbarung richtig durchführt. Die Verpflichtung aus der Betriebsvereinbarung verstoße ersichtlich nicht gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Der Betriebsrat sei datenschutzrechtlich Teil der verantwortlichen Stelle, also dem Arbeitgeber zugeordnet. Er sei in die arbeitsvertragliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unmittelbar eingebunden, weshalb ihm auch ohne Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften personenbezogene Daten übermittelt werden könnten. Es sei nicht Aufgabe des Datenschutzes, die Schutzrechte des Betriebsrates unmöglich zu machen oder auch nur zu erschweren. Im Übrigen sei die Weitergabe der personenbezogenen Daten der an der gleitenden Arbeitszeit teilnehmenden Arbeitnehmer auch erforderlich gemäß § 32 BDSG, da der Betriebsrat nur so sein Überwachungsrecht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ausüben könne.

Gegen den ihr am 07.12.2010 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2. am 03.01.2011 Beschwerde eingelegt und die Beschwerde nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 07.03.2011 am 07.03.2011 begründet.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass sie der Ansicht ist, dass die Weitergabe personenbezogener bzw. individualisierter Daten zur Aufgabenwahrnehmung durch den Betriebsrat nicht gemäß § 32 Bundesdatenschutz erforderlich sei. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung habe im vorliegenden Fall Vorrang vor der GBV und der BV, weshalb sie nicht verpflichtet sei, dem Antragsteller die personenbezogenen bzw. individualisierten Zeitnachweislisten aller Beschäftigten am Standort B ohne deren Einwilligung zu übergeben.

Die Beteiligte zu 2. und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 24.11.2010 – 2 BV 52/10 – abzuändern und die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, auf Herausgabe der Nachweislisten zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 80 Abs. 1 BetrVG angewiesen zu sein. Insbesondere zur Frage der Überprüfung, ob das Arbeitszeitgesetz und die abgeschlossene Betriebsvereinbarung eingehalten werden, sei die Auskunft über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit hinsichtlich ihrer Dauer und der Lage unabdingbar. Eine Einwilligung der Arbeitnehmer sei insoweit nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Beteiligtenvorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

II. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 89 Abs. 2, 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Des Antragsteller hat einen Anspruch auf Herausgabe der Zeitnachweislisten der am Standort B der Beteiligten zu 2. Beschäftigten, der sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG ergibt. Danach ist der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten und ihm sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Zu den Aufgaben des Betriebsrats im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehören auch die allgemeinen Aufgaben nach dem Katalog des § 80 Abs. 1 BetrVG (BAG vom 21.10.2003 – 1 ABR 39/02 – Rdnr. 56 nach Juris). Diese Aufgaben sind vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte unabhängig. Eine Aufgabe des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, zu deren Durchführung er die hier gewünschte Unterrichtung bedarf, besteht jedenfalls nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in der Verpflichtung darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Betriebsvereinbarungen angewendet werden. Daher ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat Auskunft über die exakten Arbeitszeiten der Belegschaft zu geben, soweit dessen Überwachungsaufgaben nach § 80 BetrVG dies erfordert (LAG Köln vom 07.05.2008 – 3 TaBV 85/07 – Rdnr. 33 nach Juris; LAG Niedersachen vom 08.11.2004 – 5 TaBV 36/05 – Rdnr. 30 nach Juris). Im vorliegenden Fall hat der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Einhaltung der Arbeitszeitregelung nach dem Arbeitszeitgesetz, hier insbesondere § 3 des Arbeitszeitgesetzes, sowie nach der Betriebsvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit und der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Zeiterfassung zu überwachen. Dazu ist die Übergabe der Zeitnachweislisten erforderlich. Der Betriebsrat muss nachvollziehen, ob die Höchstarbeitszeit sowie die weiteren Regelungen der Betriebsvereinbarungen zur Rahmen- Kern- und Sollarbeitszeit insbesondere auch für Teilzeitbeschäftigte sowie die Handhabung des Gleitzeitkontos hinsichtlich Guthaben und Ausgleich eingehalten werden. Der Betriebsrat muss auch überprüfen können, ob die Höchstgrenze des Zeitguthabens gemäß § 5 der Betriebsvereinbarung eingehalten wird, was nur anhand der individuellen Arbeitszeit ermittelt werden kann, sowie ob und wie Freizeitausgleich erfolgt ist. Schließlich obliegt ihm auch die Überwachung des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Mutterschutzgesetzes. Insbesondere auch diese gesetzlichen Vorschriften können genau wie § 3 des Arbeitszeitgesetzes nur individuell für jeden Arbeitnehmer überprüft werden. Der Nachweis ist damit für die Aufgabenerfüllung durch den Betriebsrat im vorliegenden Fall erforderlich.

Dem steht nicht das Bundesdatenschutzgesetz entgegen. Dabei regelt § 4 Abs. 1 BDSG, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig ist, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Vorliegend ist nach Auffassung der Kammer gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG davon auszugehen, dass die Nutzung der Daten für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist, so dass die Weitergabe der Daten an den Betriebsrat nach § 4 Abs. 1 BDSG durch Rechtsvorschrift erlaubt ist. Damit ist eine Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer nicht einzuholen.

a. Insoweit kann dahinstehen, ob die abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen auf Grund ihrer normativen Wirkung gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG eine vorrangige Erlaubnis im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG bereits. Hierzu dürfte es wohl der herrschenden Meinung entsprechen, dass Betriebsvereinbarungen den Datenschutz gegenüber dem BDSG nicht einschränken können (so Kohler-Schomerus BDSG 10. Auflage § 4 Rdnr. 10 a).

b. Auch dürfte § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG nicht als vorrangige Norm im datenschutzrechtlichen Sinne zu qualifizieren sein (so Kohler-Schomerus BDSG 10. Auflage § 4 Rdnr. 8; Jordan/Bissels/Löw BB 2010 2889, 2891 m. w. N.). Eine Rechtfertigung der Datennutzung erfolgt nur bei solchen Rechtsvorschriften, die selbst eine konkrete Aussage bezüglich der Datenspeicherung, Verarbeitung oder Nutzung treffen (Kohler-Schomerus BDSG 10. Auflage § 4 Rdnr. 8). Das Bundesdatenschutzgesetz als "lex generalis" tritt nur zurück, wenn durch eine andere Norm in einem bestimmten Bereich unmittelbar der Umgang mit personenbezogenen Daten geregelt ist und nicht bereits dann, wenn lediglich eine Aufgabe beschrieben wird, zu deren Erfüllung personenbedingte Daten verarbeitet werden müssen. Da in § 80 Abs. 2 BetrVG die Erhebung und Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten nicht erwähnt wird, ist diese Vorschrift zu allgemein gefasst, um eine entsprechende Legitimationsgrundlage zu schaffen, die vorrangig zum Bundesdatenschutzgesetz ist (Jordan/Bissels/Löw BB 2010 2889, 2891).

c. Die Zulässigkeit einer Nutzung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat kann sich damit nur aus § 32 BDSG ergeben, wenn die Nutzung zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. § 32 BDSG ist die maßgebliche Bestimmung für den Umgang mit Daten im Arbeitsverhältnis (Erfurter Kommentar/Wank 11. Auflage 2011 § 32 BDSG Rn. 1). Dabei liefert das Gesetz keinen näheren Anhaltspunkte, welche Vorgehensweisen im Einzelnen erforderlich sind und welche nicht. Zu beachten bleibt, dass laut der Gesetzesbegründung die gesetzliche Regelung denen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis entspricht. Die Absicht des Gesetzgebers war, wie sich aus den Materialien unzweifelhaft ergibt, mit Einführung des § 32 Bundesdatenschutzgesetz lediglich eine vorläufige und der Klarstellung dienende Regelung zum Arbeitnehmerdatenschutz zu treffen, ohne damit die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Datenschutz in Beschäftigungsverhältnissen weiter auszudehnen (Bundestagsdrucksache 16/13657 Seite 21; Erfurter Kommentar/Wank 11. Auflage 2011 § 32 BDSG Rn. 1; Kohler-Schomerus BDSG 10. Auflage § 32 Rdnr. 2; BAG vom 16.11.2010 – 9 AZR 573/09 – Rdnr. 31 m. w. N.). Auch der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes vom 25.08.2010 führt zu § 32 Abs. 3 ausdrücklich auf, dass die unbeeinflusste Wahrnehmung der Rechte der Interessenvertretung durch die Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes nicht tangiert werden sollen, also auch insoweit eine Einschränkung nicht beabsichtigt ist. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass erforderlich jeweils der Datenumgang ist, den Bundesarbeitsgericht und Bundesverfassungsgericht bereits in der Vergangenheit als zulässig erachtet haben (Wybitul BB 2010 1085, 1086). Erforderlichkeit ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn ein Verzicht auf die Datenverarbeitung nicht sinnvoll oder unzumutbar wäre und keine weniger eingriffsintensiven Mittel zur Verfügung stehen, die in gleicher Weise zur Zweckerreichung geeignet sind (Jordan/Bissels/Löw aaO, Seite 2891). Die Daten müssen notwendigerweise erhoben werden, weil die berechtigten Interessen auf andere Weise nicht bzw. nicht angemessen gewahrt werden können. Hier können die Maßstäbe des Bundesverwaltungsgerichts aus der Entscheidung vom 04.09.1990 (6 P 28/87 – NJW 1991, 375) herangezogen werden, nach denen der Betriebsrat in der Regel für die Dauer der konkreten Ausübung des Beteiligungsrechts berechtigt ist, personenbezogene Daten der Arbeitnehmer einzusehen und zu speichern. Insoweit führt das Bundesverwaltungsgericht wörtlich aus: "In der Regel ist es ausreichend, wenn der Personalrat die jeweils erforderlichen Daten etwa in Form einer aktuellen Liste vom Dienststellenleiter erhält. Auf diese Weise lässt sich sowohl das Recht des einzelnen Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung als auch dem aufgabenbezogenen Informationsrecht des Personalrats im Rahmen der dabei erforderlichen Abwägung bestmöglich Rechnung tragen."

Wie bereits oben ausgeführt, ist die Übergabe der Nachweislisten an den Betriebsrat zur Ausübung seiner Kontrollrechte nach § 80 Abs. 1 BetrVG erforderlich. Insbesondere reicht für diese Ausübung nicht aus, dass die Gleitzeitlisten ohne Bezug zu den personenbezogenen Daten zur Kontrolle überreicht werden. Eine Kontrolle auf dieser Grundlage ist aus den oben angeführten Gründen, da es sich um die individuellen Parameter des jeweiligen Arbeitsverhältnisses handelt, nicht möglich. Es ist nicht ersichtlich, dass der Maßstab der Erforderlichkeit im Rahmen des § 32 BDSG an anderer ist als bei der Frage der Erforderlichkeit der Vorlage von Unterlagen nach § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG. Insoweit ist dem Schreiben des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vom 22.09.2010 zuzustimmen, das eine personenbezogene Unterrichtungspflicht des Betriebsrats lediglich dann erforderlich ist, wenn die Erfüllung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben ohne die personenbezogenen Daten nicht möglich wäre. Dies ist aber vorliegend wie aufgezeigt der Fall. Insbesondere kann nicht in der in dem Schreiben angeführten Allgemeinheit angenommen werden, dass die Erforderlichkeit nur bei der Mitbestimmung bei personalen Einzelmaßnahmen vorliegt. Auch die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 BetrVG umfassen Überwachungsaufgaben, die sich auf das einzelne Arbeitsverhältnis beziehen, so dass sie ohne personenbezogene Daten nicht ausführbar sind. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass nach der gesetzlichen Regelung "in diesem Rahmen" nach § 80 Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz BetrVG auch ein Einsichtsrecht in die Gehaltslisten erforderlich sein kann.

3. Nach alledem hat der Antragsteller auch einen Anspruch auf Übergabe der Zeitnachweislisten für die Zukunft, wobei sich der Zeitpunkt aus der Regelung in der Betriebsvereinbarung ergibt.

Da sich der Anspruch unmittelbar aus § 80 Abs. 2 BetrVG ergibt, kann dahingestellt bleiben, ob sich dieser Anspruch auch als Durchführungsanspruch aus der Betriebsvereinbarung ergibt.

III. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, da es sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen diesen Beschluss kann von der Beteiligten zu 2.

R E C H T S B E S C H W E R D E

eingelegt werden.

Für den Antragsteller ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Die Rechtsbeschwerde muss

innerhalb einer Notfrist* von einem Monat

nach der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361 2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

Rechtsanwälte,

Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Rechtsbeschwerdeschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Brand Dr. Scharnke Lindauer






LAG Köln:
Beschluss v. 28.06.2011
Az: 12 TaBV 1/11


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