Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 21. August 2007
Aktenzeichen: 1 L 911/07
(VG Köln: Beschluss v. 21.08.2007, Az.: 1 L 911/07)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin für die Zeit vom 01. April 2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren 1 K 1706/07, längstens bis zum 31. März 2009, ein monatliches Überlassungsentgelt in Höhe von 00,00 EUR in den Varianten CuDA 2Dr und CuDA 2DR hochbitratig vorläufig zu genehmigen,
ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist statthaft. Zwar sieht § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG im Verfahren nach § 123 VwGO die Anordnung der vorläufigen Zahlung eines beantragten höheren Entgeltes durch das Gericht selbst vor, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgeltes besteht. Die Kammer legt die Bestimmung jedoch einschränkend dahingehend aus, dass keine Anordnung einer Zahlung durch das Gericht selbst erfolgen darf, sondern lediglich eine Verpflichtung der Regulierungsbehörde zur Erteilung einer vorläufigen höheren Entgeltgenehmigung in Betracht kommt,
vgl. Beschlüsse der Kammer vom 31. Oktober 2005 und 19. Dezember 2005 - 1 L 1586/05 - sowie vom 04. April 2006 - 1 L 2056/05 -.
Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf Genehmigung des geforderten höheren Entgeltes zusteht. Von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist dann auszugehen, wenn eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines derartigen Anspruchs spricht als für das Nichtbestehen des Anspruchs.
vgl. Beschluss der Kammer vom 18. Mai 2005 - 1 L 3263/04 -.
Dabei ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht im Hinblick auf den Umstand, dass das Gericht möglicherweise abschließend für den Leistungszeitraum bis zum Ergehen einer Hauptsachenentscheidung über den materiellrechtlichen Anspruch entscheidet, die Prüfdichte im Eilverfahren zu erhöhen. Insbesondere ist im vorliegenden Eilverfahren für die Einholung von Sachverständigengutachten kein Raum (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2 und 294 Abs. 2 ZPO). Soweit die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfen sollte, kann diesen gegebenenfalls im Klageverfahren nachgegangen werden.
Das Bestehen eines Anspruchs der Antragstellerin auf Genehmigung des von ihr beanspruchten höheren monatlichen Entgeltes für die Überlassung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung in Höhe von 00,001 EUR (statt der genehmigten 00,00 EUR) ist nicht wahrscheinlicher als das Nichtbestehen dieses Anspruchs. Es ist vielmehr offen, ob ein derartiger Anspruch besteht.
Dies gilt zunächst insoweit, als die Antragstellerin geltend macht, der von der Bundesnetzagentur (BNetzA) angesetzte Gemeinkostenzuschlag von 0,49 EUR sei zu niedrig; richtig sei ein Gemeinkostenzuschlag von mindestens 0,59 EUR.
Es ist in diesem Zusammenhang nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Ansatz der BNetzA, gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 TKG ihre Entgeltentscheidung anhand eines Kostenmodells zu treffen, fehlerhaft gewesen wäre. Nach der genannten Norm kann - soweit die der Behörde vorliegenden Kosteninformationen nicht ausreichen - die Entscheidung auf einer Prüfung nach Satz 1 Nr. 1 (Vergleichsmarktbetrachtung) oder 2 (Kostenmodell) beruhen. Dass die vorgelegten Kosteninformationen nicht ausreichten, ist im angefochtenen Bescheid (Seiten 9 ff.) ausführlich begründet worden und wird von der Antragstellerin auch nicht substantiiert bestritten. Damit dürfte das Vorgehen anhand eines Kostenmodells nicht zu beanstanden sein.
Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der BNetzA bei Anwendung des von ihr gewählten IPRI-Kostenmodells ein methodischer Fehler unterlaufen wäre bzw. dass die der Ermittlung des Gemeinkostenzuschlags zugrunde gelegten absoluten Kostenwerte des Fremdleistungskostenanteils unzutreffend ermittelt worden wären. Insoweit trägt die Antragstellerin vor, es sei methodisch falsch, den Fremdleistungsanteil der Antragstellerin an den Gesamtkosten unverändert in das IPRI-Branchenprozessmodell zu übernehmen, ohne gleichzeitig andere Parameter der Matrix anzugleichen. Hiergegen wendet die BNetzA ein, das gewählte Modell solle nicht die Kostenrechnung der Antragstellerin nachbilden, sondern vielmehr der Ermittlung effizienter Gemeinkosten dienen, ohne dass auf die Kostenrechnung der Antragstellerin zurückgegriffen werden müsse. Diesem Gedanken widerspreche die Anerkennung einer absoluten Kostenhöhe; zugleich würde auf diese Weise das Erfordernis der Vorlage ausreichender Kostenunterlagen unterlaufen. Zudem sei in der Modellrechnung an zwei Stellen eine Veränderung der Fremdleistungskostenanteile erfolgt; damit einhergehend würden jeweils die Personal- und Sachkostenanteile sowie die relative Personalkapazität des Prozesses entsprechend angepasst. Eine darüber hinausgehende Parameterveränderung entspreche weder der Systematik des Modells noch sei sie erforderlich.
Vor diesem Hintergrund ist im Rahmen des vorliegenden summarischen Verfahrens nicht abklärbar und daher offen, ob die BNetzA mit Hilfe des von ihr gewählten IPRI-Branchenprozessmodells sowie durch seine konkrete Anwendung den Gemeinkostenzuschlag wahrscheinlich so hätte ermitteln müssen, wie dies von der Antragstellerin mit komplizierten Erwägungen für richtig gehalten wird. Dies kann nur durch Inanspruchnahme externen Sachverstands geschehen, was den Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens sprengen würde.
Ebenso wenig ist nach Auffassung der Kammer überwiegend wahrscheinlich, dass anstelle des von der BNetzA zugrundegelegten realen kalkulatorischen Zinssatzes in Höhe von 8,07 % richtigerweise ein solcher in Höhe von real 9,11 % anzusetzen gewesen wäre.
Insoweit verweist das Gericht auf seine diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss vom 19. Dezember 2005 - 1 L 1586/05 -, die vorliegend sinngemäß gelten und an denen es auch nach nochmaliger Überprüfung seiner Rechtsauffassung festhält. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass für das Vorliegen eines Beurteilungsspielraumes bei der Festlegung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG zusätzlich der Schlussantrag des Generalanwalts vom 18. Juli 2007 in der Rechtssache C-55/06 (Rz. 91 ff.) spricht. Diesem zufolge verfügen die nationalen Regulierungsbehörden bei der Prüfung der Kostenorientierung der Preise für den Zugang zur TAL über einen Beurteilungsspielraum, der insbesondere die Methode zur Berechnung der Kosten sowie Fragen der Ermittlung von kalkulatorischen Zinsen und angemessenen Abschreibungszeiträumen erfasst.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Hälfte des in Hauptsacheverfahren auf Erteilung einer Entgeltgenehmigung nach der Rechtsprechung der Kammer anzusetzenden Wertes zugrundegelegt worden ist.
Dieser Beschluss ist nach § 137 Abs. 3 S. 1 TKG unanfechtbar.
VG Köln:
Beschluss v. 21.08.2007
Az: 1 L 911/07
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