Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2003
Aktenzeichen: 5 W (pat) 402/02
(BPatG: Beschluss v. 16.01.2003, Az.: 5 W (pat) 402/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. September 2001 aufgehoben.
Das Gebrauchsmuster 296 23 670 wird teilweise gelöscht, nämlich im Umfang des Schutzanspruchs 1.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I Der Antragsgegner ist eingetragener Inhaber des durch Abzweigung aus der europäischen Patentanmeldung 0 826 128 mit Anmeldetag 15. April 1996 hervorgegangenen Gebrauchsmusters 296 23 670. Für die Voranmeldung wurden die Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 195 14 232.2 vom 15. April 1995, 195 26 461.4 vom 20. Juli 1995 und 195 28 914.5 vom 7. August 1995 in Anspruch genommen. Die Schutzdauer ist auf 8 Jahre verlängert.
Das Gebrauchsmuster ist mit 18 Schutzansprüchen eingetragen.
Der Schutzanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Einrichtung zur automatischen Schmierstoffabgabe mit einem in einem Zylinder (4) angeordneten Kolben (3) und einem damit verbundenen elektromotorischen Antriebsmittel (1) und einem Spritzwasser- und/oder Explosionsschutz gewährenden Einschalter (21), welcher in einer Öffnung (27) des Gehäuses der Einrichtung angeordnet ist, dessen Kontur im eingeschalteten Zustand innerhalb der Außenkontur der Schmierstoffabgabeeinrichtung liegt, welcher einem Kontaktmittel (25) zugeordnet ist, welcher bei Aktivierung wenigstens zwei Kontakte (34) des Kontaktmittels miteinander verbindet, welcher Dichtungsmittel (29) aufweist, die ein Eindringen oder Heraustreten von Medien in oder aus der Einrichtung verhindern;
mit einer Zylinderwandung, die wenigstens teilweise aus transparentem Material besteht;
wobei der Kolben und/oder der dem Kolben zugeordnete Dichtungskörper wenigstens teilweise mit einer gut sichtbaren Farbe versehen sind, die die Ablesbarkeit des Kolbenstands im Zylinder unterstützen;
wobei der Zylinder (4) und das Gehäuse lösbar miteinander verbunden sind;
wobei die Einrichtung einen Ausgabebereich (6) mit einer Ausgabeöffnung (8) aufweist, welche durch eine Kappe verschließbar ist, wobei der Ausgabebereich außenseitig mit einem Gewinde (95) versehen ist und daß die Verschlußkappe (92) einen größeren Außendurchmesser aufweist als das Gewinde (93);
wobei der Kolben (3) mit einer im Querschnitt konvexen Form versehen ist, wobei die konvexe Form des Kolbens der Form der Innenwandung des Zylinderkopfes angepaßt ist;
wobei das Antriebsmittel (1) ein Schrittmotor ist, der über eine Spindel den Kolben antreibt;
wobei der Schrittmotor batteriegetrieben ist;
wobei auf dem Kolbenrand des Kolbens (3) ein Dichtungskörper (16) vorgesehen ist;
wobei die Antriebsmittel (1) zum Antrieb des Kolbens (3) in dem an dem Zylinder (4) anschließenden Gehäuse (18) angeordnet sind;
wobei das Gehäuse (18) den Zylinder (4) in einem Überlappungsbereich (19) umfaßt;
wobei das Gehäuse (18) und der Zylinder (4) lösbar mit einem Gewinde miteinander verbunden sind;
wobei das Gehäuse (18), der Zylinder (4) sowie der Kolben (3) aus Kunststoff bestehen."
Wegen des Wortlauts der übrigen eingetragenen Schutzansprüche wird auf die Akte verwiesen.
Die Antragstellerin hat am 6. Oktober 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, das Gebrauchsmuster teilweise zu löschen, nämlich im Umfang des eingetragenen Anspruchs 1. Zur Begründung hat die Antragstellerin mangelnde Schutzfähigkeit des angegriffenen Gebrauchsmusters iSv § 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG geltend gemacht. Folgende Druckschriften sind als Stand der Technik genannt worden.
1. deutsches Gebrauchsmuster 93 09 575 2. taiwanesische (Republic Of China) Patentschrift 193 310 mit einerenglischen Übersetzung einer durch das Aktenzeichen ROC 80 214 553 und die gleiche Figurendarstellung mit der Patentschrift 193 310 verbundenen Beschreibung.
3. US-Patentschrift 5 271 528 4. deutsche Offenlegungsschrift 43 30 793 5. internationale Patentanmeldung 89/08 800 6. deutsches Gebrauchsmuster 89 00 076.
Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag widersprochen.
Nach mündlicher Verhandlung am 18. September 2001 hat die Gebrauchsmusterabteilung I durch Beschluß vom selben Tage den Teillöschungsantrag zurückgewiesen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Als Begründung hat die Gebrauchsmusterabteilung die Auffassung vertreten, der Gegenstand des angegriffenen Schutzanspruches 1 sei neu iSv § 3 GebrMG, weil aus keiner der Entgegenhaltungen eine derartige Einrichtung mit allen ihren Merkmalen hervorgehe. Im übrigen beruhe die geschützte Erfindung auf einem erfinderischen Schritt.
Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie meint, daß der Gegenstand des angegriffenen Schutzanspruches auf keinem erfinderischen Schritt beruhe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht hat sie ua ausgeführt, daß der angefochtene Gegenstand aus einer Vielzahl von Merkmalskomplexen mit für sich bekannten Einzelmerkmalen zusammengefügt sei, die keinen besonderen, synergetischen Effekt entwickelten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei vielmehr durch bloße Aggregation an sich bekannter Merkmale bzw. Merkmalsgruppen gebildet, die der Fachmann bereits bei routinemäßiger Prüfung des Standes der Technik für die Lösung der Aufgabe herangezogen hätte. Sie macht weiter geltend, daß - mit Blick auf die als Kern der Erfindung herausgestellte spritzwasser- und/oder explosionsgeschützte Anordnung eines elektrischen Einschalters an einem automatischen Schmierstoffgeber - der Fachmann in der taiwanesischen Patentschrift (Entgegenhaltung 2, kurz E2) und in der internationalen Patentanmeldung WO 89/08800 (E5) hinreichende Anregungen zur Auffindung der diesbezüglichen Merkmale des Anspruchs 1 erhalten hätte.
Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Gebrauchsmuster 296 23 670 im Umfang des Anspruchs 1 zu löschen.
Der Antragsgegner stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, daß der maßgebliche Fachmann ein auf dem Gebiet der Schmierstoffgeber erfahrener Fachhochschulingenieur des allgemeinen Maschinenbaus sei und meint weiter, daß die im Anspruch 1 angegebene Merkmalskombination zum einen neu sei und im übrigen auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Eine nur routinemäßige Prüfung des entgegengehaltenen Standes der Technik hätte den Fachmann nicht zu der Entwicklung der geschützten Merkmalskombination geführt; insbesondere auch deswegen nicht, weil der Fachmann ohne Kenntnis der Erfindung keinen Anlaß gehabt habe, aus der Vielzahl der Entgegenhaltungen Teilmerkmale herauszugreifen und sie in der beanspruchten Weise zu kombinieren. Außerdem bestreitet der Antragsgegner die Gültigkeit der der taiwanesischen Patentschrift 193 310 (Entgegenhaltung 2) zugeordneten englischsprachigen Übersetzung.
II Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie hat auch Erfolg, denn der Löschungsantrag ist begründet.
Der Gegenstand des eingetragenen Schutzanspruchs 1 ist nicht schutzfähig im Sinne des § 15 Abs 1 Nr 1 iVm §§ 1 bis 3 GebrMG.
1. Die eingetragene Einrichtung zur automatischen Schmierstoffabgabe gemäß Anspruch 1 mag zwar neu sein. Sie beruht jedoch nicht auf einem erfinderischen Schritt.
1.1 Die Merkmale des angefochtenen Anspruchs 1 lassen sich gemäß einem - vom Antragsgegner nicht widersprochenen - Vorschlag der Antragstellerin wie folgt in Merkmalsgruppen gliedern:
1. Einrichtung zur automatischen Schmierstoffabgabe mit einem in einem Zylinder angeordneten Kolben;
1.1. der Kolben ist mit einem elektromotorischen Antriebsmittel verbunden;
1.2. die Einrichtung weist einen Einschalter auf;
2. der Einschalter gewährt Spritzwasser- und/oder Explosionsschutz;
2.1 er ist in einer Öffnung des Gehäuses der Einrichtung angeordnet;
2.2 seine Kontur liegt im eingeschalteten Zustand innerhalb der Außenkontur der Schmierstoffabgabeeinrichtung;
2.3 er ist einem Kontaktmittel zugeordnet;
2.4 er verbindet bei Aktivierung mindestens zwei Kontakte des Kontaktmittels miteinander;
2.5 er weist Dichtmittel auf, die ein Eindringen oder Heraustreten von Medien in oder aus der Einrichtung verhindern;
3. Zylinder und Gehäuse sind lösbar miteinander verbunden;
3.1 das Gehäuse umfaßt den Zylinder in einem Überlappungsbereich;
3.2 das Gehäuse und der Zylinder sind lösbar mit einem Gewinde miteinander verbunden;
4. das Gehäuse, der Zylinder sowie der Kolben bestehen aus Kunststoff;
4.1 die Zylinderwandung besteht wenigstens teilweise aus transparentem Material;
4.2 der Kolben und/oder der dem Kolben zugeordnete Dichtungskörper sind wenigstens teilweise mit einer gut sichtbaren Farbe versehen, die die Ablesbarkeit des Kolbenstandes im Zylinder unterstützen;
5. der Kolben ist mit einer im Querschnitt konvexen Form versehen;
5.1. die konvexe Form des Kolbens ist der Form der Innenwandung des Zylinderkopfes angepaßt;
5.2. auf dem Kolbenrand ist ein Dichtungskörper vorgesehen;
6. die Antriebsmittel zum Antrieb des Kolbens sind in dem an den Zylinder anschließenden Gehäuse angeordnet;
6.1 das Antriebsmittel ist ein Schrittmotor, der über eine Spindel den Kolben antreibt;
6.2 der Schrittmotor ist batteriebetrieben.
7.1.1 der Ausgabebereich ist außenseitig mit einem Gewinde versehen;
7.1.2 die Verschlußkappe weist einen größeren Außendurchmesser auf als das Gewinde.
7. die Einrichtung weist einen Ausgabebereich mit einer Ausgabeöffnung auf, welche durch eine Kappe verschließbar ist;
Im weiteren wird auf diese Merkmalsgliederung Bezug genommen.
1.2 Der entgegengehaltene Stand der Technik hat dem Fachmann, wie er von dem Antragsgegner zutreffend definiert wurde, die Möglichkeit gegeben, die angegriffene Merkmalskombination als Lösung für die gestellte Aufgabe zu entwickeln, und zwar würde bereits eine nur routinemäßige Prüfung dieses Standes der Technik den Fachmann zur Entwicklung der angegriffenen Merkmalskombination führen.
Ohne Berücksichtigung des taiwanesischen Beschreibungstextes (E2) und der zugeordneten englischen Übersetzung entnimmt der Fachmann bereits den 6 Figuren der Entgegenhaltung ROC 193 310 (eine Seite Text, zwei Seiten Zeichnungen mit 6 Figuren) eine Einrichtung zur automatischen Schmierstoffabgabe, beispielsweise zur Schmierstoffversorgung eines Maschinenlagers (s Fig. S 3). Sie besteht ua aus einem Zylinder- bzw. einem zylindrischen Gehäuseteil (10 in Fig. S 2 rechts oben; 11 in Fig. S 2 rechts unten) mit einem Kolben (20), der mit einem elektromotorischen, über einen Einschalter offensichtlich aktivierbaren Antriebsmittel (15) verbunden ist (s S 2 die beiden oberen Figuren). Der Einschalter ist in der Draufsicht (S 2 li Sp mittlere Figur) durch die Angaben "ON" und "OFF" gekennzeichnet und als Schiebeschalter erkennbar (Merkmale 1, 1.1, 1.2 der Anspruchsgliederung). Der Schalter sitzt ersichtlich in einer Gehäuseöffnung, denn nur sein Schiebeelement ragt aus der Gehäusekontur hervor, und er wirkt bei Aktivierung mit einem zwei Kontakte verbindenden Kontaktmittel zusammen (Merkmale 2., 2.1, 2.3, 2.4 des Anspruchs 1), andernfalls der Motorstromkreis nicht ein- oder ausgeschaltet werden könnte. Das Gehäuseteil (11 in Fig. S 2 rechts oben; in Fig. S 2 rechts unten ist es das obere Teil) umfaßt den Zylinder (10 in Figur S 2 rechts oben, 11 in Figur S 2 rechts unten) in einem Überlappungsbereich. Die überlappenden Bereiche sind mit Rillen am unteren Ende des Zylinders (10) und am oberen Ende des Gehäuseteils (11) dargestellt (S 2 Fig ob li), die der Fachmann zuallererst als Gewinde zum Zwecke der lösbaren Verbindung von Gehäuse und Zylinder deutet. (Merkmale 3., 3.1, 3.2). Der Kolbenboden (20) hat eine dem Gehäuse- bzw. dem Zylinderkopf (11) angenäherte konvexe Form, ist also der Innenwandung des Zylinderkopfes mehr oder weniger genau angepaßt, und am Kolbenrand ist ein Dichtring (24) vorgesehen (Fig S 2 re Sp). (Merkmale 5., 5.1, 5.2). Der Kolben ist über eine Schraubspindel (18) und ein Getriebe (16) mit dem Motor (15) mechanisch gekoppelt und so bei Motorbetrieb durch den Motor in axialer Richtung verstellbar. Als Energiequelle für den Antrieb des Motors sind 4 Stabbatterien (14) vorgesehen (S 2 li Sp obere u untere Fig). (Merkmale 6., 6.1, 6.2). Der bekannte Schmierstoffgeber umfaßt weiterhin einen Schmierstoff-Ausgabebereich mit einer Ausgabeöffnung (12) (S 2 Fig re Sp), die selbstverständlich durch eine Kappe verschließbar ist. Der Ausgabebereich bzw. Ausgabestutzen ist mit einem Außengewinde dargestellt (siehe Doppellinie am Außenrand des Ausgabestutzens), das benötigt wird, um den Schmierstoffgeber an einer Schmierstelle (vgl Fig. auf S 3) lösbar befestigen zu können. (Merkmale 7. und 7.1).
Der Einwand des Antragsgegners, daß der Kolbenboden beim Schmierstoffgeber nach E2 nur unvollkommen an die Zylinderkopfform angepaßt sei und daher eine vollständige Nutzung des Schmierstoffinhalts des Gebers nicht zulasse, ist deswegen unbeachtlich, weil der Anspruch 1 über den Umfang der Übereinstimmung zwischen konvexer Kolbenform und Zylinderkopfform nichts Näheres bestimmt.
Den Figuren läßt sich allerdings nicht zweifelsfrei entnehmen, daß der Motor ein Schrittmotor ist (Merkmal 6.1), daß der Einschalter Spritzwasser- und/oder Explosionsschutz gewährt, daß im eingeschalteten Zustand seine (Außen-) Kontur innerhalb der Außenkontur des Schmierstoffgebers liegt und daß er Dichtungsmittel aufweist, die zum Zwecke des Spritzwasser- und/oder Explosionsschutzes ein Eindringen oder Heraustreten von Medien in oder aus der Einrichtung verhindern (Merkmale 2. , 2.2 und 2.5 nach obiger Merkmalsgliederung). Auch erschließen sich dem Fachmann aus den Figuren nicht die Merkmale der Merkmalsgruppe 4, wonach das Gehäuse, der Zylinder und der Kolben aus Kunststoff bestehen und zur Sichtbarmachung des Kolben- oder des Schmierstoff-Füllstandes die Zylinderwandung teilweise transparent und der Kolben oder der ihm zugeordnete Dichtungskörper wenigstens teilweise mit Farbe versehen sind (Merkmale 4., 4.1 und 4.2). Es fehlt ferner das dem Ausgabebereich zugeordnete Merkmal (7.2) einer Verschlußkappe, deren Außendurchmesser größer als der Außengewindedurchmesser am Ausgabebereich ist.
Der Senat ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daß der Fachmann am beanspruchten Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters ohne größere Schwierigkeiten die vorstehend aufgezeigten Unterschiedsmerkmale bei dem im übrigen bekannten Schmierstoffgeber verwirklichen konnte. Denn diese Merkmale sind einzeln oder in Gruppen eigenständigen Problemstellungen zuzuordnen, für die der einschlägige Stand der Technik bereits entsprechende Lösungen anbietet oder für die sich die angegebenen Merkmale zur Problemlösung im Rahmen des durchschnittlichen Wissens und Könnens des Fachmannes aufdrängen.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners erkennt der Fachmann am Ausgabestutzen des Schmierstoffgebers nach E2 ein Außengewinde, weil es in der im Maschinenbau üblichen Weise als Doppellinie dargestellt ist, welche Darstellung überdies auch aus der WO 89/08800 (E5) hervorgeht (vgl Fig 3 Pos 4 iVm Fig 1 Pos 4). Ohne weiteres bietet sich dem Fachmann dieses Gewinde für das Aufbringen einer Kappe an, wenn der gefüllte Schmierstoffgeber nach E2 für eine spätere Nutzung an einer Schmierstelle gelagert und ein Austritt von Schmierstoff oder ein Eindringen von Schmutz in den Vorratsraum des Schmierstoffgebers vermieden werden soll, wobei sich dann zwangsläufig ergibt, daß der Außendurchmesser der Kappe größer als der des Gewindes am Ausgabestutzen ist.
In der E2 ist zwar nicht ausgeführt, aus welchem Werkstoff Gehäuse/Zylinder und Kolben des gezeigten Schmierstoffgebers hergestellt sind. Der Fachmann zieht aber im Rahmen seines durchschnittlichen Wissens und Könnens neben anderen Materialien jedenfalls auch Kunststoff in Betracht, wenn dem keine besonderen Hinderungsgründe entgegenstehen. Der Antragsgegner hat zu solchen Hinderungsgründen nichts vorgetragen, und sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Im übrigen erhält der Fachmann dazu bereits Anregung durch die WO 89/08800 (E5, siehe Anspruch 8). Der Behälter des in E5 beschriebenen Schmierstoffgebers ist aus einem transparenten Kunststoffmaterial gefertigt, um die Lage des Kolbens bzw den vorhandenen Schmierstoffvorrat sichtbar zu machen (S 13 Abs 1). Die Sichtbarmachung der Kolbenstellung entsprechend Merkmal 4.2 des Anspruchs 1 durch Färben des Kolbens oder der Kolbenringe zu verbessern, liegt in Kenntnis der E5 für den Fachmann auf der Hand, wenn er die Ablesbarkeit der Kolbenstellung, z.B. unter schlechten Lichtverhältnissen, verbessern will. Im übrigen macht der einschlägige Stand der Technik bereits vom Färben der Kolbenringe zu diesem Zweck Gebrauch (siehe E4, Sp 3 Z 45 bis 50).
Der Antragsgegner selbst hat für den Antrieb des Kolbens beim Schmierstoffgeber nach E2 bereits einen Schrittmotor unterstellt. Schrittmotoren eignen sich bekanntermaßen für die Realisierung kleiner Stellwege mit hoher Präzision. Derartig geringe Stellwege müssen auch für den Kolbenweg bei automatischen Schmierstoffgebern möglichst genau eingestellt werden können, da der relativ kleine Schmierstoffinhalt über eine längere Zeitspanne in sehr kleinen Dosen an die Schmierstelle abgegeben werden muß und schon kleine Dosierungsabweichungen eine Unterversorgung der Schmierstelle oder einen unnötigen Schmierstoffmehrverbrauch bewirken.
Nach Überzeugung des Senats wird der Fachmann bei routinemäßiger Prüfung des Standes der Technik auch eine Abdichtung des elektrischen Einschalters am Gehäuse des Schmierstoffgebers vornehmen, wenn der Schmierstoffgeber im Freien oder in einem explosionsgefährdeten Umfeld zum Einsatz kommen soll. Spätestens der Ausfall des Antriebs durch einen elektrischen Kurzschluß infolge des Eindringens von Regen- oder Spritzwasser in den Kontaktbereich des Einschalters oder die Entzündung von Gasen im Umfeld der Schmierstoffspender durch Funkenbildung beim Einschalten, wird dem Ursache und Wirkung ohne weiteres erkennenden Fachmann Veranlassung geben, dieser Gefahr durch Abdichtung einer denkbaren undichten Stelle im Einschalterbereich zu begegnen. Die Kontur des Einschalters im eingeschalteten Zustand dabei innerhalb der Außenkontur des Gehäuses zu halten, geht nicht über eine zweckmäßige Gestaltung hinaus, die im Rahmen des durchschnittlichen Könnens und Wissens des Fachmannes liegt. Auch hierfür findet der Fachmann in der E5 bereits ein Vorbild in Gestalt eines elektrischen Drehschalters (9), der bündig mit der Außenkontur des Gehäuses (7) in einer Vertiefung desselben eingebaut und zudem ebenfalls nach außen mittels Dichtungen (21,22) abgedichtet ist (Fig 3 iVm S 7 Abs 1).
Der Antragsgegner hat die Ansicht vertreten, daß der Fachmann, der einen elektromotorisch angetriebenen Schmierstoffgeber gemäß E5 weiter ausgestalten möchte, keine Anregungen aus Entgegenhaltungen erwarten würde, die druckgasangetriebene Schmierstoffgeber beschreiben (ua E4 u E5). Dem tritt der Senat nur für diejenige Fälle bei, in denen eine Fortbildung des Antriebs selbst beabsichtigt wird. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn die gegenüber E2 verbliebenen Unterschiedsmerkmale im angegriffenen Schutzanspruch 1 zielen jedenfalls auf antriebsunabhängige und bei beiden Arten von Schmierstoffgebern gleichermaßen anwendbare Problemlösungen ab (ua Sichtbarmachung des Schmierstoffinhalts, Werkstoffauswahl, Spritzwasserdichtheit, vollständige Nutzung des Schmierstoffinhalts etc). Sind - wie oben gezeigt - diese Lösungsmittel bekannt oder liegen sie für den Fachmann auf der Hand, dann würde die durch Übertragung dieser Merkmale auf einen Schmierstoffgeber nach E2 entstandene neue Merkmalskombination nur dann auf einem erfinderischen Schritt beruhen, wenn durch sie eine neue, nicht durch die Summe der bekannten Wirkungen der Einzelmaßnahmen vorhersehbare technische Gesamtwirkung entstünde. Das ist jedoch nicht der Fall, wie bereits im einzelnen dargelegt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 18 Abs 2 GebrMG iVm §§ 84 Abs 2 PatG, 91 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.
Werner Dr. Pösentrup Frühauf Pr
BPatG:
Beschluss v. 16.01.2003
Az: 5 W (pat) 402/02
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